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Im Zusammenhang mit einer stationären Krankenhausbehandlung von Kindern können einzelne pflegerische Aufgaben bei der „Mitaufnahme einer Begleitperson" auf diese zur Wahrnehmung ganz oder teilweise übertragen werden

Es ist allgemein üblich und aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, daß im Zusammenhang mit einer stationären Krankenhausbehandlung von Kindern einzelne pflegerische Aufgaben bei der „Mitaufnahme einer Begleitperson" auf diese zur Wahrnehmung ganz oder teilweise übertragen werden. Die Übernahme solcher Aufgaben ist oft der Beweggrund für die Mitaufnahme. Es stellen sich bei der pflegerischen Betreuung von Kindern gleichwohl immer wieder Rechtsfragen; Pflegende sind nicht selten verunsichert und fürchten eine Haftung für Unachtsamkeiten oder gar Fehlern der Begleitpersonen. Es hat daher in der Vergangenheit immer wieder Anfragen gegeben, wie man sich verhalten solle.

Dazu läßt sich allgemein sagen:

  1. Die Entscheidung darüber, welche Tätigkeiten auf Begleitpersonen übertragen werden können, bestimmt sich nach dem wohlverstandenen Interesse des (kleinen) Patienten. Dabei muß bedacht werden, daß einerseits den Eltern das Vertretungsrecht/Sorgerecht ihres Kindes obliegt (einschließlich der Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts!), andererseits dem Krankenhaus eine Garantenstellung gegenüber dem Patienten auferlegt ist (= die Sicherheit des Patienten ist oberstes Gesetz!). Ähnlich der Aufgabenübertragung bei der Injektionstätigkeit kann man sagen: Je geringer die theoretische und praktische Gefährdungsmöglichkeit des Patienten ist, desto eher darf die Pflegekraft/der Arzt eine Verrichtung zur Durchführung einer Begleitperson übertragen. Die Grundzüge der bei einer Aufgabenverlagerung zu beachtenden Regeln sollten in einer entsprechenden Dienstanweisung des Krankenhausträgers näher bestimmt werden.
  2. Die Person, der pflegerische Aufgaben zur Verrichtung übertragen werden, muß zur Übernahme körperlich geeignet und zuverlässig sein (Vorsicht ist z.B. bei Übermüdung, seelischer Überlastung, Drogenabhängigkeit und Wochenbettpsychose angezeigt). Dabei kann es darauf ankommen, ob die Verrichtungen auch zu Hause durchgeführt würden und die tätig werdende Person dafür genügende Erfahrung besitzt (z.B. Verabreichung von Mahlzeiten, Sitzwache, Baden und Wickeln eines Säuglings nach Anleitung, Fiebermessen, Insulininjektionen, Beachtung von Hygieneregeln). Der Aufgabenübertragung sollte eine auf den Einzelfall abgestellte Einweisung, Aufklärung, Einübung (Hinweise auf Gefahren und Verhalten bei Zwischenfällen!) voraufgehen. Die Einweisung/Aufklärung sollte in einem Gespräch erfolgen und nicht durch Elternbriefe u.ä. ersetzt werden. Schriftliche Informationen können zwar ein Gespräch vorbereiten, sollten dieses aber auf keinen Fall ersetzen.
  3. Dem Übertragenden verbleiben nach einer Aufgabenübertragung Sorgfaltspflichten (Aufsichts- und Kontrollpflichten), deren Anforderungen je nach den Umständen des Einzelfalles unterschiedlich sind; je mehr die übertragene Aufgabe den Charakter eines Heileingriffes besitzt, um so strenger sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten (Gefahrenlage entscheidet!). So ist es also erforderlich, daß sich eine Pflegekraft unter Berücksichtigung des konkreten Krankheitszustandes trotz des Daseins einer Begleitperson regelmäßig von dem Befinden des Patienten selbst überzeugt (z.B. Infusionstherapie, deren Durchführung weitgehend der Begleitperson übertragen wurde, Kontrolle des zu schließenden Gitterbettes) und, wenn nötig, zur Abwendung einer Gefahr eingreift. Die Störung der Nachtruhe einer Begleitperson (durch die kontrollierende Nachtschwester) darf kein Grund sein, eine gebotene SorZu Nachweiszwecken im Schadensfall dient in der Regel eine lückenlose gründliche Dokumentation in den Krankenunterlagen; sie sollte Auskunft geben über die Entscheidungsfindung (einschließlich Einweisung/Aufklärung) in den vorstehenden Punkten 1 und 2 sowie über die Beachtung der in Punkt 3 angesprochenen Sorgfaltspflichten (Aufsichts- und Kontrollpflichten). Bedeutsam kann in einem Haftungsfall sein, daß bei einer unvollständigen Krankendokumentation eine „Umkehr der Beweislast" möglich ist.
  4. Soweit eine Begleitperson entgegen den gegebenen Anweisungen ein Kind gefährdet, muß eingeschritten werden. Zunächst wird in aller Regel das Pflegepersonal aktiv werden müssen (erneute Belehrungen, verstärkte Kontrollen). Kommt eine Begleitperson den Anweisungen nicht nach, sind die vorgesetzten Dienstkräfte (ärztlicher Dienst, pflegerischer Dienst) zu informieren und um Entscheidung zu bitten, wie nunmehr verfahren werden soll. Es muß m.E. in diesem Zusammenhang erwogen werden, ob die Begleitperson nicht besser das Haus verläßt. Darüber muß aber letztlich auf „höherer Ebene" entschieden werden. Sinnvoll erscheint, das gesamte Verfahren der Aufnahme von Begleitpersonen, Verhalten, Folgen bei Pflichtwidrigkeiten usw. in der wähnten Dienstanweisung genau zu beschreiben. Dann wissen alle Beteiligten rechtzeitig, was zu tun ist.
  5. Für das Pflegepersonal ist es auf jeden Fall wichtig, alle getroffenen Maßnahmen und gegebenen Hinweise (auch an vorgesetzte Dienstkräfte) zu dokumentieren. Eine Dokumentation von Unzulänglichkeiten entbindet aber nicht von der fortbestehenden Pflicht, Schäden von Patienten abzuwenden bzw. sorgfältig zu arbeiten.
  6. Orientiert man sich an diesen Grundsätzen, wird eine Pflegekraft wohl kaum unmittelbar zur Haftung herangezogen werden können. Zu fragen wäre im übrigen, ob es eine Haftpflichtversicherung gibt. Besteht sie seitens des Krankenhauses nicht, sollte eine solche Absicherung von den Pflegekräften gefordert werden.

Literaturhinweise:

Werner Schell