Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
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Die "Rechtliche Betreuung" hat in der Gesundheitsversorgung erheblich an Bedeutung gewonnen
Die mit der Patientenversorgung professionell oder ehrenamtlich befaßten Personen müssen aus vielerlei Gründen informiert sein!
Die Vorsorge für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit
Das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz - BtG)
-1- ist am 1.1.1992 unter dem Motto "Betreuen
statt Verwaltungen" in Kraft getreten. Es schuf vor allem das einheitliche
Rechtsinstitut der "Betreuung für Volljährige" und fügte die neuen Regelungen
in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ein (§ 1896 ff. BGB).
Das Betreuungsrecht gilt für Erwachsene, die aufgrund einer
psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre
Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können (§ 1896 Abs. 1 BGB).
Zahlreiche bedeutsame Änderungen des Betreuungsrechts brachte das am
1.1.1999 in Kraft getretene Betreuungsrechtsänderungsgesetz (BtÄndG).-2- So wurden zum Beispiel die Handhabung der Vorschriften
über die Vergütung der Betreuer -3- und verfahrensrechtliche Vorschriften in einigen Punkten verändert. Darüber hinaus wurde,
und dies ist für die ärztlichen Maßnahmen und die Unterbringung bzw. unterbringungsähnliche Maßnahmen besonders wichtig, die Bedeutung von schriftlichen
Vollmachten und damit zugleich die Fähigkeit der einzelnen Bürgerinnen und Bürger, in voller geistiger Klarheit über ihr künftiges Wohl und Wehe zu entscheiden, gestärkt!
Diese können für den Fall ihrer krankheits- oder altersbedingten Hilfsbedürftigkeit einer Person ihres Vertrauens eine Vorsorgevollmacht erteilen und damit die Bestellung
einer ihnen möglicherweise fremden Personen als Betreuer überflüssig machen. Andererseits ist sichergestellt, daß Vorsorgevollmachten in höchstpersönlichen
Angelegenheiten nicht voreilig erteilt und daß einschneidende Maßnahmen des Bevollmächtigten vom Vormundschaftsgericht kontrolliert werden. -4-
Institutionen und Personen, die mit Betreuungsaufgaben befaßt sein können: |
Vormundschaftsgericht (Richter/Rechtspfleger) |
Betreuungsbehörde
Betreuungsverein
Betreuer (ehrenamtlicher Betreuer bzw. Berufsbetreuer) |
|
"Anstöße" zu Betreuungsnotwendigkeiten u.a. durch Betroffene, Angehörige, Nachbarn, Freunde,
Bevollmächtigte, Betreuer, Ärzte, Pflegepersonal und sonstiges nichtärztliches Personal |
Bevollmächtigter/ andere Hilfe |
|
Selbsthilfe bzw. Bereithaltung von Vollmacht, Betreuungsverfügung, Patiententestament. |
Psychisch Kranke/körperlich, geistig und seelisch Behinderte mit Hilfebedarf |
Die "Rechtliche Betreuung" ist anderen - privaten oder öffentlichen - Hilfen
gegenüber nachrangig
Wo die Hilfe durch den Ehegatten, Verwandte, Freunde, Nachbarn, karitative
Einrichtungen oder die öffentliche Hand ausreicht, ist kein Raum für eine
"Rechtliche Betreuung". Entscheidend ist immer, ob eine Notwendigkeit zur
gesetzlichen Vertretung des Betroffenen besteht. "Vorsorgliche
Erklärungen" können eine "Rechtliche Betreuung" entbehrlich machen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu bestimmen, was in bestimmten Lebenssituationen, wie zum Beispiel bei Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit oder
beim Sterben, geschehen soll. Es wird dabei unter anderem unterschieden nach "(Alters)Vorsorgevollmacht", "Patientenverfügung" (sog. "Patiententestament" bzw. Patientenbrief) und "Betreuungsverfügung".
Form, Inhalt und Handhabung solcher Verfügungen sind gesetzlich nicht bzw. nur unvollkommen beschrieben. -5-
Die mit der Patientenversorgung professionell oder ehrenamtlich befaßten Personen müssen aus vielerlei Gründen über die rechtlichen Aspekte der
"vorsorglichen Erklärungen" informiert sein!
Die Zielsetzung solcher "vorsorglicher Erklärungen" läßt sich wie folgt kurz skizzieren:
- Mit einer "(Alters)Vorsorgevollmacht" wird eine Person benannt (ggf. auch mehrere), die im Falle eigener Entscheidungs- und Handlungsunfähigkeit
für den Vollmachterteilenden rechtswirksam handeln soll.
- Bei der Patientenverfügung (sog. "Patiententestament"
bzw. Patientenbrief) werden Wünsche hinsichtlich der medizinischen Behandlung und Pflege,
insbesondere für die Sterbephase geäußert. Es kann, wie bei der Vorsorgevollmacht, eine
Person benannt werden (ggf. auch mehrere), die die notwendigen Erklärungen abgeben soll.
- Mit einer "Betreuungsverfügung" wird eine Person
benannt (ggf. auch mehrere), die bei Eintritt einer Betreuungsbedürftigkeit nach § 1896
BGB vom Vormundschaftsgericht zum Betreuer bestellt werden soll. In einer solchen
Betreuungsverfügung können auch konkrete Wünsche hinsichtlich der Führung der
Betreuung geäußert werden (§ 1901a BGB).
Die Vorsorgevollmacht - sie kann auch Gesundheitsangelegenheiten umfassen
Auf die "Rechtliche Betreuung" kann insbesondere verzichtet werden, wenn der Betreute für den Fall seiner altersbedingten Geschäftsunfähigkeit
einer anderen Person eine Vorsorgevollmacht (§ 167 BGB) erteilt hat. Zur Überwachung des Bevollmächtigten kann ein Vollmachtbetreuer bestellt werden (§ 1896 Abs. 3 BGB).
§ 167 BGB lautet:
(1) Die Erteilung der Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu
Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll.
(2) Die Erklärung bedarf nicht der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist,
auf das sich die Vollmacht bezieht. |
Die Abfassung einer (zweckmäßigerweise schriftlichen) Vorsorgevollmacht
(Verfügung) kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten und Fragen aufwerfen: Was soll
verfügt werden? In welcher Form wird verfügt? Sollen mehrere Personen bevollmächtigt
werden? Und so weiter. Es kann daher als sinnvoll angesehen werden, bei der Formulierung
eines solchen Textes anwaltliche oder notarielle Beratungshilfe in Anspruch
zu nehmen. Der Notar kann auch den gewünschten Text protokollieren (= notariell
beurkunden). Eine solche Beurkundung hat den Vorteil, daß der Notar die
Geschäftsfähigkeit (bzw. Einwilligungsfähigkeit) des Erklärenden prüfen muß und die
Urkunde beim Notar hinterlegt werden kann. Soweit lediglich die Wahrnehmung von
Bankgeschäften in Frage kommen soll, kann die Vollmacht auf diesen rechtsgeschäftlichen
Teil beschränkt werden. Man spricht dann von einer Bankvollmacht. Diese
Bankvollmacht sollte zweckmäßigerweise in Abstimmung mit dem jeweiligen Kreditinstitut
errichtet werden. Soll die Vollmacht auch zu Verfügungen über Grundbesitz
berechtigen, so muß sie notariell beglaubigt oder beurkundet werden.
Wird eine Vollmacht für den Fall einer altersbedingten
Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit abgefaßt, spricht man auch von einer
Altersvorsorge-Vollmacht. Insoweit bestehen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten:
Erstreckt sich eine solche Vollmacht auf alle rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten (z.B.
Rechtsgeschäfte in Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten, Rentenangelegenheiten) und
persönlichen Angelegenheiten (z.B. Auswahl von Therapeuten, sozialen Diensten, Heimen und
Krankenhäusern sowie Abschluß der entsprechenden Verträge), spricht man auch von einer Generalvollmacht.
Wird die Vollmacht auf Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge beschränkt, spricht man
von einer Gesundheitsvollmacht. Es können mehrere auf verschiedene Rechtsbereiche
abgestellte Vollmachten nebeneinander bestehen.
Eine Gesundheitsvollmacht zur Einwilligung in ärztliche Maßnahmen bzw. zur Unterbringung muß
zwingend in schriftlicher Form erteilt werden (§§ 1904 Abs. 2 und 1906 Abs. 5 BGB)
Eine Gesundheitsvollmacht kann im übrigen mit einer
Patientenverfügung, einem sogenannten "Patiententestament", verbunden sein oder
auf einen unabhängig von der Vollmacht bestehenden Verfügungstext verweisen. Um
sicherzustellen, daß eine Gesundheitsvollmacht bzw. eine Patientenverfügung bei der
ärztlichen Versorgung gebührende Beachtung findet, ist es sinnvoll, die vorgesehenen
Bestimmungen mit dem Arzt des Vertrauens (z.B. dem Hausarzt) zu erörtern bzw. ihn über
den schriftlich geäußerten Willen zu unterrichten.
Muster einer (handschriftlichen) Vollmacht einschließlich Gesundheitsvollmacht:
Vollmacht
Ich erteile hiermit meiner Ehegattin, Frau .................. (Name
usw.) ................................., jederzeit widerruflich die Vollmacht, mich im
Falle einer eintretenden Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit zeitlich
unbegrenzt und unbeschränkt zu vertreten.
Die Bevollmächtigung erstreckt sich insbesondere auf folgende Aufgabenkreise:
· Alle rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten (z.B. Vermögensangelegenheiten) im Sinne einer Generalvollmacht.
· Sicherstellung einer erforderlichen ärztlichen und pflegerischen Versorgung (einschließlich der in § 1904 BGB genannten ärztlichen Maßnahmen). Näheres ergibt sich aus einer gesonderten Patientenverfügung.*
· Bestimmung des tatsächlichen und gewöhnlichen Aufenthaltes (z.B. Heim, Krankenhaus). Dabei ist zu berücksichtigen: Wenn möglich, möchte ich bis zu meinem Tod in meiner Wohnung bleiben!
· Veranlassung freiheitsentziehender Maßnahmen im zwingend erforderlichen Umfang (einschließlich der in § 1906 Abs. 1 - 4 BGB genannten Maßnahmen).
Sollte hierzu Veranlassung bestehen, wünsche ich die Einsetzung eines Vollmachtbetreuers im Sinne von § 1896 Abs. 3 BGB. Vollmachtbetreuer soll gegebenenfalls
sein:
.................................................... (Name usw.) ....................................................................
(Ort, Datum und Unterschrift des Vollmachtgebers; ggf. notarielle Beurkundung)
Der Arzt ...................................... wurde über meine(Gesundheits)Vollmacht unterrichtet.
Erneuerungsvermerke: ..........................................................................................................
* Dieser Zusatz kann
entfallen, wenn keine gesonderte Patientenverfügung errichtet wurde. |
Die Vorsorgevollmacht kann durch eine Patientenverfügung ergänzt werden
Die Patientenverfügung (sog. "Patiententestament",
Patientenbrief) -6-
hat ihre Grundlage im Selbstbestimmungsrecht des Patienten und ist die (meist
schriftliche) Erklärung einer Person, daß sie bei Eintritt eines näher bestimmten
Krankheits- oder Unfallzustandes (z.B. schwere Dauerschädigung des Gehirns), auch
außerhalb einer Betreuungsbedürftigkeit, bestimmte ärztliche Behandlungsmaßnahmen
nicht (mehr) wünscht, sondern lediglich Sterbebegleitung und -hilfe. -7-
Die Patientenverfügung ist ein gewichtiges Indiz für den mutmaßlichen
Willen des Patienten, an dem kein Arzt vorbeikommt! Denn das Recht des Arztes endet dort,
wo keine Einwilligung des Patienten in die Behandlung mehr vorliegt.
In
den von der Bundesärztekammer (BÄK) verabschiedeten "Grundsätzen zur
ärztlichen Sterbebegleitung" vom 11.9.1998 -8-
heißt es zu den Patientenverfügungen:
Patientenverfügungen sind verbindlich, sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation beziehen und keine
Umstände erkennbar sind, daß der Patient sie nicht mehr gelten lassen würde. Es muß
stets geprüft werden, ob die Verfügung, die eine Behandlungsbegrenzung erwägen läßt,
auch für die aktuelle Situation gelten soll. Bei der Entscheidungsfindung sollte der Arzt
daran denken, daß solche Willensäußerungen meist in gesunden Tagen verfaßt wurden und
daß Hoffnung oftmals in ausweglos erscheinenden Lagen wächst. Bei der Abwägung der
Verbindlichkeit kommt der Ernsthaftigkeit eine wesentliche Rolle zu. Der Zeitpunkt der
Aufstellung hat untergeordnete Bedeutung. Anders als ein Testament bedürfen
Patientenverfügungen keiner Form, sollten aber in der Regel schriftlich abgefaßt sein. |
Eine Patientenverfügung ("Patiententestament") kann mit einer
Altersvorsorge-Vollmacht (oder einer Betreuungsverfügung) verbunden werden. -9- Ein im Sterben liegender Mensch, der
aus eigener Kraft nicht mehr weiterleben und dessen Tod nur noch mit Hilfe technischer
Geräte hinausgezögert werden kann, hat Anspruch darauf, daß solche Maßnahmen
unterbleiben oder abgebrochen werden. Jemand, der diesem Verlangen nachkommt,
gleichgültig, ob durch Unterlassen oder aktives Tun, tötet nicht (auf Verlangen),
sondern leistet Beistand im Sterben. Diese Grundsätze ergeben sich aus dem Urteil des
Landgerichts (LG) Ravensburg vom 3.12.1986 - 3 KLs 31/86 -, mit dem ein Ehemann von dem
Vorwurf einer Tötung auf Verlangen freigesprochen worden war, weil er das Beatmungsgerät
bei seiner unheilbar kranken Ehefrau auf deren schriftlich geäußerten Wunsch
abgeschaltet hatte. -10-
Verfassungsrechtlich zulässige Sterbebegleitung und -hilfe im Überblick: |
Behandlung, Beistand und Pflege bei einem sterbenden Patienten
(= Hilfe beim Sterben) |
Sterbenlassen eines Patienten, weil damit dem Patientenwillen entsprochen wird
(= Hilfe zum Sterben) |
Alle
Maßnahmen, die bei einem Sterbenden den Todeseintritt erleichtern (z.B.
Schmerzausschaltung, Beistand durch psychische Betreuung), ohne das Leben zu verkürzen,
sind erlaubt.
Während des Sterbens dürfen im Rahmen
einer medizinisch indizierten Schmerztherapie auch Nebenfolgen in Kauf genommen werden,
die das Leben des Patienten u.U. verkürzen. |
Sterbenlassen
ist auch dann erlaubt bzw. Rechtspflicht, wenn nach dem eindeutigen (geäußerten oder
mutmaßlichen) Willen des Kranken keine weiteren Maßnahmen zur Lebenserhaltung bzw.
-verlängerung mehr angewendet werden sollen (= Selbstbestimmungsrecht). Eine solche
Willensäußerung (z.B. im Rahmen eines "Patiententestaments") ist auch dann zu
beachten, wenn sich der Patient (noch) nicht im Sterbeprozeß befindet. |
Quelle: Schell. W. "Staatsbürgerkunde, Gesetzeskunde und Berufsrecht für die Pflegeberufe in Frage und
Antwort". Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1998. |
Muster einer (handschriftlichen) Patientenverfügung:
Patientenverfügung
Für den Fall, daß ich nicht mehr in der Lage sein sollte, meine Angelegenheiten selbst zu regeln, verfüge ich im jetzigen Vollbesitz meiner geistigen
Kräfte:
Wenn bei schwerstem körperlichen Leiden, Dauerbewußtlosigkeit sowie
fortschreitendem geistigen Verfall keine Aussicht mehr auf Besserung im Sinne eines für
mich erträglichen und umweltbezogenen Lebens besteht,
o sollen an mir keine lebenserhaltenden Maßnahmen (z.B. Wiederbelebung, Beatmung, Dialyse) vorgenommen werden,
o wünsche ich keine Behandlung von Begleiterkrankungen,
o soll eine Behandlung abgebrochen werden,
o wünsche ich demgegenüber weitestgehende Beseitigung von Begleitsymptomen,
insbesondere von Schmerzen; eine damit unter Umständen verbundene Lebensverkürzung nehme
ich in Kauf,
o wünsche ich mir menschlichen Beistand,
o wünsche ich keine aktive Sterbehilfe.
Mit einer Obduktion zur Befundklärung bin ich einverstanden/nicht
einverstanden.
Mit einer Organentnahme zum Zweck der Transplantation bin ich
einverstanden /nicht einverstanden.
Als Vertrauensperson, die meinen geäußerten Willen gegebenenfalls näher
erläutern soll, benenne ich: .............................. (Name usw.)
.......................................................
Der Arzt ...................................... wurde über meine
Patientenverfügung unterrichtet.
Name: ........ Geburtsdatum: ....... Wohnort: ........ Ort, Datum:
........ Unterschrift: ........
Ich/Wir bestätige(n) mit meiner/unserer Unterschrift, daß Frau/Herr
............................
die Patientenverfügung im Vollbesitz ihrer/seiner geistigen Kräfte
verfaßt hat.
Namen: ........ Geburtsdaten: ........ Wohnorte: ........ Ort, Datum:
........ Unterschrift(en) des/der Zeugen: ........
Erneuerungsvermerke:
..................................................................................................... |
Vorsorgliche
Willensäußerungen sind auch im Rahmen einer Betreuungsverfügung möglich
Wünsche des Betreuungsbedürftigen sollen nicht nur dann beachtlich sein,
wenn er sie im Verfahren auf Betreuerbestellung oder während einer laufenden Betreuung
äußert (§§ 1897 Abs. 4 und 1901 Abs. 2 BGB). Schon in "guten Tagen" kann
jede Bürgerin und jeder Bürger durch eine Betreuungsverfügung (vielfach auch als
"Alterstestament" bezeichnet) vorsorglich Anordnungen für den Betreuungsfall
treffen (auch in Verbindung mit einer Patientenverfügung). Es können in einer
Betreuungsverfügung Vorschläge zur Auswahl des Betreuers oder Wünsche zur
Wahrnehmung der Betreuung geäußert werden (z.B.: Betreuer soll für die laufenden
Ausgaben auch auf das angesparte Vermögen zurückgreifen). Solche Anordnungen sind
grundsätzlich beachtlich, soweit sie dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderlaufen. Der
Betroffene ist nicht an sie gebunden; er kann sie später auch dann widerrufen, wenn er
geschäftsunfähig wird. Wer eine Betreuungsverfügung besitzt, hat sie unverzüglich an
das Vormundschaftsgericht abzuliefern, nachdem er von der Einleitung eines
Verfahrens über die Bestellung eines Betreuers Kenntnis erlangt hat (§ 1901a BGB).
Muster einer Betreuungsverfügung:
Betreuungsverfügung
Sollte für mich die Einrichtung einer Betreuung notwendig werden, soll mein Neffe ............................ (Name und Anschrift)
............................. zum Betreuer bestellt werden.
Bei der Führung der Betreuung ist zu beachten:
Es ist mein Wunsch, möglichst bis zu meinem Tod in meiner jetzigen Wohnung zu bleiben und
darin, ggf. mit Hilfe der sozialen Dienste, versorgt zu werden.
Sollte eine Heimunterbringung zwingend notwendig sein, möchte ich möglichst in einem
Einzelzimmer oder einer eigenen kleinen Wohneinheit untergebracht werden.
Das vorhandene Vermögen soll vollständig für meine Versorgung eingesetzt werden. Dieses
Vermögen wurde für die "alten Tage" angesammelt und soll für eine gute
Versorgung auch ausgegeben werden. Die Erhaltung des Vermögens (zur Vererbung) soll nicht
im Vordergrund stehen.
Hinsichtlich der Sorge für meine Gesundheit verweise ich auf die gesonderte
Patientenverfügung (bzw. die Gesundheitsvollmacht).*
............. (Ort, Datum und Unterschrift; ggf. notarielle Beurkundung) ..................................
Erneuerungsvermerke: ...........................................................................................................
* Dieser Zusatz kann entfallen, wenn keine gesonderte Patientenverfügung bzw. eine Gesundheitsvollmacht errichtet wurde. |
Was noch wichtig ist:
Jeder, der die Abfassung einer bestimmten "vorsorglichen
Erklärung" anstrebt, sollte sich umfassend informieren und gegebenenfalls auch
juristisch bzw. medizinisch beraten lassen. Erklärungen erfüllen nämlich nur dann ihren
Sinn und Zweck, wenn sie inhaltlich so gestaltet sind, daß sie von allen Beteiligten ohne
tatsächliche und rechtliche Probleme umgesetzt werden können. Es kann sich insbesondere
das Problem ergeben herauszufinden, welcher wirkliche Wille hinter einer Verfügung steht.
Eine Verfügung kann auch über das Ziel "hinausschießen" und Maßnahmen
bestimmen, deren Durchführung ernstlich nicht verlangt werden kann. Eine
Patientenverfügung muß zum Beispiel allen Beteiligten genügend Freiraum lassen, eine
der Menschenwürde entsprechende Sterbebegleitung zu gewährleisten!
Es ist auf jeden Fall ratsam, eine Patientenverfügung oder eine
Gesundheitsvollmacht handschriftlich anzufertigen. Damit wird zusätzlich die
Ernsthaftigkeit der getroffenen Entscheidungen signalisiert. Das bloße Ausfüllen eines
Formblattes (durch Ankreuzen) kann unter Umständen als Indiz dafür gewertet werden, daß
es an der nötigen Auseinandersetzung mit den zu beurteilenden Gesundheitsangelegenheiten
gemangelt hat. -11-
Um den fortgeltenden Willen zu dokumentieren, empfehlt es sich, eine
Vollmacht, aber auch eine Patientenverfügung bzw. eine Betreuungsverfügung, in einigen
Zeitabständen (z.B. jedes Jahr) durch einen mit Datum versehenen Zusatzvermerk (wie z.B.
"Inhalt überprüft und hiermit bestätigt") zu erneuern. Damit können Zweifel
an der Rechtsverbindlichkeit einer solchen Verfügung beseitigt werden.
Es macht Sinn, daß derjenige, der eine vorsorgliche Erklärung abgegeben
hat, einen schriftlichen Hinweis (einen sog. "Vorsorgeausweis") als Bestandteil
der Ausweispapiere bei sich trägt, aus dem sich ergibt, ob und gegebenenfalls wo eine
Vorsorgevollmacht bzw. sonstige Verfügung (gut auffindbar) hinterlegt worden ist. Es
sollte auf Kontaktpersonen (mit Anschriften und Telefonnummern) hingewiesen werden. Nur so
ist sichergestellt, daß die jeweilige Vollmacht und Verfügung auch Beachtung findet.
Literatur:
Bauer/Birk/Klie/Rink: Betreuungs- und Unterbringungsrecht (HK-BUR).
Heidelberger Kommentar. Loseblattsammlung; u.a. mit einer umfangreichen Formularsammlung
auf zwei Disketten und sämtlichen Anschriften der Betreuungsvereine bzw.
Betreuungsbehörden. C.F. Müller Verlag, Heidelberg
Eisenbart, B.: Patienten-Testament und Stellvertretung in
Gesundheitsangelegenheiten. Nomos Verlag, Baden-Baden 1998
Esslinger Initiative Vorsorgen - Selbst bestimmen (Hrsg.): Vorsorgen -
Selbst bestimmen - im Leben und Sterben. Patientenverfügung Gesundheitsvollmacht
Betreuungsverfügung. Ein Beratungshandbuch. Fachhochschule Esslingen, 1998
Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern: Vorsorgevollmacht und
Betreuungsrecht. Schwerin 1998
Knittel, B.: Betreuungsgesetz (BtG). Kommentar. Loseblattsammlung. Verlag
R.S. Schulz, Starnberg-Percha
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betreuungsstelle Frankfurt am Main:
Vorsorgevollmacht Betreuungsverfügung. Fachhochschulverlag, Frankfurt 1999
Raack/Thar: Betreuungsrecht. Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, Köln
1999
Schell, W.: Staatsbürgerkunde, Gesetzeskunde und Berufsrecht für die
Pflegeberufe in Frage und Antwort. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1998
Schell, W.: Sterbebegleitung und Sterbehilfe - Gesetze, Rechtsprechung.
Deklarationen (Erklärungen), Richtlinien, Stellungnahmen (Statements). Brigitte Kunz
Verlag, Hagen 1998
Schell, W.: Betreuungsrecht & Unterbringungsrecht. Das Recht der
volljährigen Personen mit einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen
oder seelischen Behinderung. Brigitte Kunz Verlag, Hagen 1999
Uhlenbruck, W.: Selbstbestimmtes Sterben durch Patienten-Testament
Vorsorgevollmacht Betreuungsverfügung. Verlag Klaus Vahle, Berlin 1997
Vgl. auch die Textbeiträge im Rechtsalmanach Nr. 13
-1-
vom 12.9.1990 (BGBl. I Seite 2002)
-2- vom 25.6.1998 (BGBl. I S. 1580)
-3- So wurde u.a. die Pauschale für
ehrenamtliche Betreuungen (etwa 75% aller Betreuungen) von 375 DM auf 600 DM erhöht (§
1835a BGB).
-4- Eine aktuelle auf die pflegerischen und
soziale Berufe abgestellte Darstellung des gesamten Themas der "Rechtlichen
Betreuung" in Schell, W. "Betreuungsrecht & Unterbringungsrecht."
Brigitte Kunz Verlag, Hagen 1999 (3. Auflage).
-5- Die von solchen Verfügungen
ausgehenden Rechtswirkungen werden daher sehr unterschiedlich eingeschätzt. Die
Verunsicherung und der Informationsbedarf in der Bevölkerung, aber auch bei den
Gesundheitsberufen ist groß.
-6- Gute Informationen zum Thema bieten
insbesondere die Veröffentlichungen von Eisenbart, B. "Patienten-Testament und
Stellvertretung in Gesundheitsangelegenheiten". Nomos Verlag, Baden-Baden 1998; und
Uhlenbruck, W. "Selbstbestimmtes Sterben durch Patienten-Testament Vorsorgevollmacht
Betreuungsverfügung". Verlag Klaus Vahle, Berlin 1997.
-7- Eine umfassende Darstellung der
insoweit maßgeblichen rechtlichten Aspekte in Schell, W. "Sterbebegleitung und
Sterbehilfe - Gesetze, Rechtsprechung, Deklarationen (Erklärungen), Richtlinien,
Stellungnahmen (Statements)". Brigitte Kunz Verlag, Hagen 1998. Die Veröffentlichung
bietet auch eine Übersicht der auf dem Gebiet der Sterbebegleitung und Sterbehilfe
tätigen Institutionen in Deutschland. Dazu gehört auch die Deutsche Hospiz Stiftung in
Dortmund, die u.a. eine Medizinische Patientenanwaltschaft vorstellt.
-8- Vollständig abgedruckt in Schell, W.
"Sterbebegleitung und Sterbehilfe - Gesetze, Rechtsprechung, Deklarationen
(Erklärungen), Richtlinien, Stellungnahmen (Statements)". Brigitte Kunz Verlag,
Hagen 1998.
-9- Wie man solche Verfügungen
zielgerichtet miteinander verbinden kann, ist einer kleinen preiswerten
Informationsschrift der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Betreuungsstelle Frankfurt am
Main "Vorsorgevollmacht Betreuungsverfügung" (1. Auflage 1999);
Fachhochschulverlag, Kleistr. 31, 60318 Frankfurt 1999, zu entnehmen.
Mustertexte bietet auch Bauer/Birk/Klie/Rink: Betreuungs- und Unterbringungsrecht (HK-BUR)
Heidelberger Kommentar (Loseblattsammlung mit einer umfangreichen Formularsammlung auf
zwei Disketten). C.F. Müller Verlag, Heidelberg.
-10- Das Urteil ist vollständig abgedruckt
in Schell, W. "Sterbebegleitung und Sterbehilfe - Gesetze, Rechtsprechung,
Deklarationen (Erklärungen), Richtlinien, Stellungnahmen (Statements)". Brigitte
Kunz Verlag, Hagen 1998.
-11-
In diesem Sinne können
die vorgestellten Mustertexte auch nur als Anregung für die Ausfertigung eines
handschriftlichen Textes verstanden werden!
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