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Anerkennung von Pflegebedürftigkeit in der Pflegeversicherung

Problembeschreibung (in Kürze) und Frage:
Auf Grund verschiedener Gesundheitsstörungen, u.a. Lungensarkoidose, habe ich bei meiner Pflegekasse (BEK) die Anerkennung als Pflegebedürftige (nach Stufe I) beantragt. Dazu sah ich mich veranlasst, weil ich für mehrere Verrichtungen fremde Hilfe brauche. So ist es zum Beispiel nötig, dass ich über 24 Stunden mittels entsprechender Geräte Sauerstoff zuführen muss.
Nun wurde mir die Anerkennung als Pflegbedürftige verweigert, weil in dem eingeholten Gutachten des MDK nur ein täglicher Hilfebedarf von 15 Minuten festgestellt wurde. Dafür soll es kein Pflegegeld geben. Ist das so in Ordnung? Was kann ich jetzt machen?

Stellungnahme:

Es ist rechtlich betrachtet schlicht so, dass in der beschriebenen Angelegenheit die Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit, und zwar nach der Stufe I, angestrebt wurde. Das daraufhin von der Pflegekasse eingeholte Gutachten konnte aber eine solche Pflegebedürftigkeit im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung (Sozialgesetzbuch – SGB XI -) nicht feststellen, da der relevante tägliche Pflegebedarf nur rund 15 Minuten beträgt. Daraufhin musste die Pflegekasse den gestellten Antrag ablehnen. Diese Mitteilung hat den Charakter eines Verwaltungsaktes, der grundsätzlich mit Widerspruch und Klage (vor den Sozialgerichten) angegriffen werden kann. Es sollte überprüft werden, ob ein solcher Weg Aussicht auf Erfolg haben kann.
Dabei wäre zu berücksichtigen: Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen (§ 14 Abs. 1 SGB XI).

Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen in diesem Sinne sind: 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.

Pflegebedürftige Personen sind einer von 3 Pflegestufen zuzuordnen (§ 15 SGB XI):

  • Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
  • Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.
  • Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt
1. in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen (auf die Grundpflege müssen mehr als 45 Minuten entfallen),
2. in der Pflegestufe II mindestens 3 Stunden betragen (auf die Grundpflege müssen mindestens 2 Stunden entfallen) und
3. in der Pflegestufe III mindestens 5 Stunden betragen (auf die Grundpflege müssen mindestens 4 Stunden entfallen).

Bei der Anwendung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) wird (nach dem Nachrangprinzip) eine weitere Pflegestufe („0") zu Grunde gelegt. Sie soll den Pflegebedarf erfassen, der unter-/außerhalb der Pflegestufen I - III der SPV anzusiedeln ist.

Die verschiedenen Pflegestufen im Überblick
(nach Griep/Renn „Pflegesozialrecht")

VStufe 0

VStufe I

VStufe II

VStufe III

pflegebedürftig i.S. von § 68 BSHG (außerhalb von I - III)

erheblich pflegebedürftig

schwerpflegebedürftig

schwerstpflegebedürftig

Bedarf nach den Einzelumständen

1x täglich Hilfebedarf für 2 Verrichtungen und ...

3x täglich Hilfebedarf zu verschiedenen Tageszeiten und ...

Hilfebedarf rund um die Uhr, auch nachts und ...

 

...zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung, bei einem Zeitaufwand im Tagesdurchschnitt für die Hilfe durch eine nicht professionelle Pflegeperson von mindestens

 

90 Minuten, davon mindestens 45 Minuten Grundpflege

3 Stunden, davon mindestens 2 Stunden Grundpflege

5 Stunden, davon mindestens 4 Stunden Grundpflege

Quelle: Schell, W. „Staatsbürgerkunde, Gesetzeskunde und Berufsrecht für die Pflegeberufe in Frage und Antwort". Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1998

Literatur:
König, J. „Der MDK – Mit dem Gutachter eine Sprache sprechen. Schlütersche, Hannover 2000
Kühn/Werner: Taschenatlas zur Pflegeversicherung. Asgard Verlag, Sankt Augustin 2001
Scheele, N. „RSS-Ratgeber Pflegerecht. Verlag R.S. Schulz, Starnberg 1999