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Unterrichtsreihe zum Thema "Sterbehilfe"
Kommentar zum Aufbau der Unterrichtsreihe

Die beiden Texte M1 Sterbehilfe in den Niederlanden und M2 Ist Euthanasie zu rechtfertigen? erfüllen die didaktische Funktion eines Problemaufrisses. Sie haben die Aufgabe, eine Distanz zum zu behandelnden Problem herzustellen, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen soll, zwei Positionen und deren Begründung kennenzulernen. Der die niederländische Euthanasieregelung referierende Text sowie die kritische Stellungnahme des Philosphen Hans Jonas thematisieren kontrovers die Rolle des Arztes. Ist es sinnvoll, daß er sein hergebrachtes Berufsverständnis unter allen Umständen bewahrt (Hippokratischer Eid), oder soll er die Aufgabe des Tötens erhalten? Die Phase des Problemaufrisses soll mit der Feststellung der kontroversen Rolle des Arztes abgeschlossen werden.

Gleichzeitig soll aber als Ergebnis des ersten Textes mit gesichert werden, daß in den Niederlanden eine Ausweitung der Gruppe von Menschen gefordert wird, die das Recht erhalten sollen, einen Euthanasietod zu sterben: kranke und pflegebedürftige Patienten in Altersheimen, Koma-Patienten, psychisch und geistig Kranke, die nicht mehr leben wollen, schwerbehinderte Neugeborene. Entscheidend ist ein gemeinsames Merkmal, das diese Menschen besitzen: Ihnen ist es verwehrt, selbständig den Wunsch zu äußern, sterben zu wollen. Es müssen also andere stellvertretend entscheiden, ob diese Menschen weiterleben oder sterben sollen. Hier muß die Lehrerin bzw. der Lehrer die gesellschaftliche bzw. politische Brisanz der Frage verdeutlichen, ob die Würde des menschlichen Lebens durch einen Dritten definiert werden darf?

Das Mitleid, das man angesichts eines leidenden Menschen empfindet, dem die ärztliche Kunst bestenfalls Linderung , aber keine Heilung verschaffen kann, ist nicht nur als eine Frage der beruflichen oder persönlichen Ethik zu betrachten, sondern ist in einem historischen Kontext zu sehen. In der Entwicklung der Industriegesellschaft ist die Frage nach der "Brauchbarkeit" und dem Nutzen von Individuen gestellt. Dabei raten wir, daß die Lehrerin bzw. der Lehrer zunächst der Ängste vor dem eigenen Sterben bewußt werden soll. Dazu gehört legitimerweise auch der Wunsch, sich einen qualvollen Tod ersparen zu wollen. Ein solcher auf der individuellen Ebene gerechtfertigter Wunsch ist nach unserer Auffassung nicht von gesellschaftlichen Bezügen zu trennen und erfordert dann andere Kriterien als diejenigen, die bei einer individuellen und persönlichen Entscheidung anzulegen sind. Neben dem notwendigen möglichst bewußten Rückgriff auf die persönlichen Wünsche und Entscheidungen des oder der Lehrenden ist natürlich die persönliche Ebene und Vorstellungswelt der Schülerinnen und Schüler zu respektieren.

In dieser ersten Phase können und sollen diese persönlichen Vorstellungen auch mit thematisiert werden. Nach unseren Vorstellungen ist dies mit der Hilfe dieser beiden Texte möglich. Gerade der sachorientierte Zeitungstext als auch die Stellungnahme von Hans Jonas geben sowohl Raum für Äußerungen persönlicher Einstellungen als auch für notwendigerweise distanzierte Stellungnahmen. Die anschließenden unterrichtlichen Phasen sollen den Blick für die historischen und gesellschaftlichen Dimensionen erweitern, derer es bedarf, um die Urteilsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler für die in dieser Unterrichtsreihe zu behandelnden Fragen zu schärfen. Dies geschieht mit Hilfe der Tafelbilder B 1- B 4 und den vertiefenden Texten M 3 - M 5 in der Sequenz II "Historischer Durchgang". In der anschließenden Phase werden, ausgehend von der im Interview mit Hans Jonas angelegten Argumentationsstruktur, einige weitere Probleme zur Behandlung angeboten. In M 12 geht es um die von Jonas abgelehnte "Mitleidsethik" und die Gefahr des Abstumpfens gegenüber dem Leid. M 13 nimmt den historisch belasteten Begriff des "Lebensunwerten" kritisch auf, dessen Geschichte in der Sequenz II behandelt wird. In M 14 wird vom Fragesteller die Position Singers referiert, der das Recht auf Leben nicht an das Menschsein bindet, sondern Kriterien für eine Person aufstellt. Mit dieser Position setzt sich Jonas kritisch auseinander.

Harald Schumacher / Hans Werner Küster

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