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Unterrichtsreihe zum Thema "Sterbehilfe"


Sterbehilfe in den Niederlanden Autorentext nach Jeanette Goddar, Der freiwillige Tod von Marc E. Was hier als "aktive Sterbehilfe" unter Strafe steht, wird in den Niederlanden unter bestimmten Bedingungen praktiziert, in: "die tageszeitung", 3. Mai 1993, S. 12.

In den Niederlanden wird derzeit ein Gesetzentwurf im Parlament und in der Öffentlichkeit diskutiert, der die Euthanasie, also die absichtliche Beendigung eines Lebens durch einen anderen auf eigenen Wunsch, regelt. Grundsätzlich bleibt die Euthanasie, die aktive Sterbehilfe, eine strafbare Handlung, findet sie jedoch unter bestimmten Bedingungen statt, so wird von einer Strafverfolgung abgesehen. Das ab 1994 geltende Gesetz enthält einen 28 Punkte umfassenden "Bedingungskatalog", der von denjenigen Ärzten einzuhalten ist, die Euthanasie ausüben. Die wichtigsten Punkte lauten: Der Patient muß selbst mehrfach um Sterbehilfe gebeten haben, an einer tödlichen Krankheit ohne Aussicht auf Besserung seines Zustands leiden und über Alternativen, wie Schmerztherapien, informiert worden sein. Schließlich muß vor der Tötung ein weiterer Arzt hinzugezogen worden sein. In den meisten Fällen wird Euthanasie bei AIDS- und Krebspatienten in den letzten Wochen ihres Lebens angewandt.

In der niederländischen Öffentlichkeit wird die aktive Sterbehilfe überwiegend begrüßt. Befürworter des angestrebten Gesetzes betonen, hier werde ein bereits praktiziertes Verhalten legalisiert. So wurden bisher wegen der Praktizierung von Sterbehilfe angeklagte Ärzte in den meisten Fällen freigesprochen. Nach der Studie einer zu diesem Thema eingesetzen Regierungskommission bitten jährlich neuntausend NiederländerInnen um aktive Sterbehilfe. 25000 Menschen erwarten von ihren Ärzten, diese mögen dem Leben ihrer Patienten bei unerträglichen Schmerzen ein Ende bereiten. 1,8% aller Todesfälle in den Niederlanden gehen auf Sterbehilfe in Form einer tödlichen Injektion oder eines Bechers mit einer Giftmischung zurück. Als Motive für die Bitte, Sterbehilfe zu erhalten, wurden genannt: Der Verlust von Würde, verursacht durch unwürdiges Sterben, unerträgliche Schmerzen sowie die Abhängigkeit von anderen. 54% der befragten 405 Ärzte erklärten, bereits Euthanasie praktiziert zu haben, 24% äußerten, dies in den letzten zwei Jahren getan zu haben. 34% formulierten ihre Bereitschaft, unter bestimmten Voraussetzungen aktive Sterbehilfe ausüben zu wollen. 12% lehnten dies ab. Amsterdam ist die niederländische Stadt, in der die meisten Euthanasiefälle zu verzeichnen sind. Im Jahr 1992 waren dies 2oo von 800 unnatürlichen Todesfällen.

Die 40.000 Mitglieder umfassende "Nederlandse Vereniging voor Vrijwillige Euthanasie" kritisiert den vorliegenden Gestzentwurf mit folgenden Argumenten. Euthanasie sei strafrechtlich immer noch illegal, und die Zahl der Menschen, die nach diesem Gesetzentwurf das Recht hätten, um Euthanasie zu bitten, sei zu gering. Ausgeschlossen sind nämlich pflegebedürftige Menschen in Altersheimen, im Koma liegende Patienten, psychisch und geistig Kranke, die nicht mehr leben wollen.

Niederländische Kinderärzte diskutieren zur Zeit, ob Euthanasie bei Neugeborenen mit schweren Behinderungen zulässig sein soll. So sind in Amsterdam bisher vier schwerbehinderte Neugeborene den Euthanasietod gestorben. Eine pränatale Diagnose sagte diesen Ungeborenen eine Lebenserwartung von unter fünf Jahren voraus. In diesen Fällen war eine wichtige Bedingung des Gesetzentwurfs nicht erfüllt worden: Es fehlte die notwendige Zustimmung des Patienten. Bislang wurde keiner der beteiligten Ärzte gerichtlich verfolgt.

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