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»Eckpunktepapier zu einem Gesetz zur Qualitätssicherung und zur Stärkung des Verbraucherrechte in der Pflege (Pflege-Qualitätssicherungsgesetz - PQsG)«

Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität

Wachsame Medien haben - mit bemerkenswertem Augenmaß - vor allem in Pflegeheimen Missstände aufgezeigt, die unerträglich sind und daher, wo immer sie auftreten, aus der Sicht aller Beteiligten mit Nachdruck beseitigt werden müssen. Das rechtfertigt es aber nicht, eine ganze Branche in Misskredit zu bringen. Das wird auch den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Pflegeheimen und Pflegediensten nicht gerecht, die sich mit großem Engagement um pflegebedürftige Menschen kümmern. Denn trotz der in vielen Berichten aufgezeigten Missstände leistet der größte Teil der Pflegeanbieter in aller Regel gute Arbeit.
Es ist zu befürchten, dass Mängel in der Pflege auch in Zukunft nicht allerortens ausgeschlossen werden können. Hier müssen in jedem Einzelfall der Sachverhalt konkret ermittelt und alsdann die erforderlichen Konsequenzen gezogen werden. Dabei darf aber eines nicht aus dem Auge verloren werden:

Pflegequalität kann - dauerhaft wirksam - nicht von außen in die über 8.500 Pflegeheime und fast 13 000 Sozialstationen und Pflegedienste im Land "hineinkontrolliert" werden. Sie muss von innen heraus - aus der Eigenverantwortung der Einrichtungsträger und aus der Mitverantwortung der Leistungsträger - entwickelt werden. Dies ist die Grundphilosophie des Gesetzentwurfes zur Qualitätssicherung in der Pflege.

Die Ziele des Gesetzentwurfes sind:

  • Stärkung der Eigenverantwortung der Pflegeselbstverwaltung
  • Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität
  • Bessere Kooperation von Heimaufsicht und Pflegeselbstverwaltung
  • Stärkung der Verbraucherrechte

Damit knüpft das BMG an die breite Qualitätsdiskussion an, die in den letzten Jahren die Öffentlichkeit und auch die Pflegeeinrichtungen selbst, ihre Träger und Trägervereinigungen, das Personal und die Berufsverbände erfasst hat.
Große Trägervereinigungen sind mit eigenen Initiativen zur Qualitätssicherung in die Offensive gegangen. Sie wollen die Verantwortung für die Sicherung und Weiterentwicklung der Pflege- und Versorgungsqualität in ihren Mitgliedseinrichtungen nicht mehr allein den Heimaufsichtsbehörden oder dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überlassen, sondern eigene Qualitätssicherungskonzepte entwickeln, die zugleich ihr Selbstverständnis widerspiegeln.
Dahinter steht zugleich die Absicht, mit unabhängigen Zertifizierungen nach eigenem Qualitätsleitbild im Wettbewerb der Trägervereinigungen untereinander für die eigene "Wertegemeinschaft" zu werben. Der Gesetzentwurf des BMG greift diese positive Entwicklung auf und macht dafür den Weg durch entsprechende Öffnungsklauseln frei.

Zu den einzelnen Schwerpunkten des Gesetzes:

Erster Schwerpunkt:
Stärkung der Eigenverantwortung der Pflegeselbstverwaltung

Ansatzpunkt ist die Klarstellung und Stärkung der Eigenverantwortung der Träger für die Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität in ihren Einrichtungen. Sie gilt unabhängig von dem Sicherstellungsauftrag der Pflegekassen. Diese Eigenverantwortung umfasst die Pflicht und das Recht der Träger, die personelle, räumliche und sächliche Ausstattung bereitzustellen, die für eine leistungs- und qualitätsgerechte Versorgung der von ihren Pflegeeinrichtungen in Obhut genommenen konkreten Klientel hier und heute erforderlich ist.

Die Mitverantwortung der Leistungsträger (Pflegekassen, Sozialhilfeträger) wird durch die Einführung einer Leistungs- und Qualitätsvereinbarung (LQV) mit der einzelnen Pflegeeinrichtung sichergestellt.

a) In der LQV werden die von der Pflegeeinrichtung erwarteten Leistungen nach der Art und der voraussichtlichen Entwicklung des zu betreuenden Personenkreises definiert und die dafür notwendigen personellen und sächlichen Anforderungen vertraglich abgesichert.
Dies kommt insbesondere demenzkranken Pflegebedürftigen in Pflegeheimen zugute, die zusätzlich zu den Leistungen der Grundpflege häufig einen hohen Bedarf an allgemeiner und sozialer Betreuung haben.
b) Die vertraglichen Festlegungen in der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung sind für alle Vertragsparteien in den Vergütungsverhandlungen als Bemessungsgrundlage für die Vergütungen unmittelbar verbindlich.

Die Vergütungen müssen leistungsgerecht sein und dem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, "seinen" (individuellen) Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die begriffliche Trennung von Leistung und Vergütung - mit der separaten Definition der Leistungen in der LQV - zwingt dazu, Art und Umfang der von der einzelnen Pflegeeinrichtung zu erbringenden und ihr daher zu vergütenden Leistungen nicht nach der "Kassenlage" zu bestimmen, sondern entsprechend dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ausschließlich nach Bedarf und Notwendigkeit.
Der Träger der Pflegeeinrichtung ist verpflichtet, mit dem in der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung als notwendig anerkannten Personal die Versorgung der Heimbewohner jederzeit sicherzustellen. Er hat bei Personalengpässen oder -ausfällen durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Versorgung der Heimbewohner nicht beeinträchtigt wird.
Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ein Pflegeheim nicht das Personal bereitstellt oder einsetzt, das für eine leistungs- und qualitätsgerechte Versorgung der Heimbewohner nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen notwendig ist, so hat der Träger auf Verlangen einer Vertragspartei in einem Personalabgleich nachzuweisen, dass seine Einrichtung das in der LQV als notwendig und ausreichend anerkannte Personal auch tatsächlich bereitstellt und bestimmungsgemäß einsetzt.
Die aus den Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen gewonnenen Daten zusammen bilden eine wichtige Quelle für die Einführung eines bundesweiten Pflegeheimvergleichs, der - wenn er eines Tages voll etabliert ist - die Versorgungsstrukturen, die Leistungen und Preise möglichst vieler Pflegeheime im Land transparent machen wird.
Die Leistungs- und Qualitätsvereinbarung hat Rückwirkungen auf die künftige Zulassung neuer Pflegeeinrichtungen. Diese müssen nicht nur (wie schon nach bisherigem Recht) die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten, sondern sich auf ein umfassendes Qualitätsmanagement verpflichten, das auf eine stetige Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität ausgerichtet ist.

Zweiter Schwerpunkt:
Sicherung, Weiterentwicklung und Prüfung der Pflegequalität

Die Einrichtungen werden verpflichtet, ein umfassendes Qualitätsmanagement einschließlich der Entwicklung moderner Personalbemessungsverfahren einzuführen. Ziel aller Anstrengungen muss es sein, die Ergebnisqualität zu erhöhen und aufrecht zu erhalten.
Der Medizinische Dienst wird ermächtigt, in regelmäßigen Abständen oder nach den Erfordernissen des Einzelfalls an Ort und Stelle überprüfen, ob die ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen die Leistungs- und Qualitätsanforderungen nach SGB XI weiterhin erfüllen. Örtliche Prüfungen in Pflegeheimen sind aber grundsätzlich nur nach vorheriger Terminabsprache mit dem Heimträger zulässig.
Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Pflege, Versorgung oder Betreuung in einem Heim mit schwerwiegenden Mängeln behaftet ist, sind unangemeldete Qualitätsprüfungen statthaft (Anlassprüfungen); sie dürfen nur im Zusammenwirken mit der zuständigen Heimaufsichtsbehörde durchgeführt werden (siehe dazu unten 3. Schwerpunkt).
Der Medizinische Dienst erhält die Befugnis, ambulante Pflegedienste bei ihrem Einsatz in der Wohnung des Pflegebedürftigen zu beraten und zu prüfen. Hier ist in jedem Fall die Zustimmung des Pflegebedürftigen erforderlich und ausreichend.
Die Sanktionsmöglichkeiten bei Feststellung von Qualitätsmängeln werden differenzierter ausgestaltet. Zusätzlich zur schon möglichen Kündigung des Versorgungsvertrages können die als Kostenträger betroffenen Vertragsparteien rückwirkend eine angemessene Kürzung der vereinbarten Pflegevergütungen fordern, soweit die damit bezahlten Leistungen ganz oder teilweise nicht erbracht worden sind oder erhebliche Qualitätsmängel aufweisen. Der vereinbarte oder festgesetzte Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung anteilig an die betroffenen Pflegebedürftigen oder deren Kostenträger zurückzuzahlen.
Der Gesetzentwurf öffnet den Weg für Qualitätsprüfungen unter Trägerverantwortung. Die Spitzenverbände der Pflegekassen können im Einvernehmen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände einer Trägervereinigung auf Bundesebene die Befugnis erteilen, die Sicherung und Prüfung der Leistungsqualität der ihnen zugeordneten Pflegeeinrichtungen in eigener Verantwortung wahrzunehmen. Das Nähere ist in einer Qualitätssicherungsvereinbarung der Beteiligten zu regeln, die auch mit mehreren Trägervereinigungen gemeinsam abgeschlossen werden kann. Anlassprüfungen können durch eine Qualitätssicherungsvereinbarung nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden; das gleiche gilt für die Prüfung von Pflegeeinrichtungen, die sich nicht an Prüfprogrammen ihrer Trägervereinigung beteiligen. Maßnahmen und Prüfungen nach dem Heimgesetz bleiben unberührt.
Die an einer Qualitätssicherungsvereinbarung beteiligten Trägervereinigungen werden verpflichtet, die Erkenntnisse und Erfahrungen, die sie aus der Durchführung von Qualitätsprüfungen gewinnen, wenigstens einmal jährlich in einem Bericht an die Spitzenverbände der Pflegekassen zusammenzufassen.

Dritter Schwerpunkt:
Zusammenarbeit mit der Heimaufsicht

Ein gemeinsames Anliegen mit der Heimrechtsnovelle ist die Förderung der Zusammenarbeit der staatlichen Heimaufsichtsbehörden mit den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung und mit den Sozialhilfeträgern. Das bedeutet:

  • gegenseitige Information und Beratung,
  • Terminabsprachen für eine gemeinsame oder arbeitsteilige Überprüfung von Heimen oder
  • Verständigung über die im Einzelfall notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr oder zur Qualitätssicherung.

Dabei ist sicherzustellen, dass Doppelprüfungen nach Möglichkeit vermieden und, insbesondere auch bei koordinierten Maßnahmen gegenüber Heimen, das Gebot der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.
Stellt der Medizinische Dienst bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach dem SGB XI Sachverhalte in einem Pflegeheim fest, die geeignet sind, das Wohl der Heimbewohner zu beeinträchtigen, hat er unverzüglich die zuständige Heimaufsichtsbehörde zu unterrichten.
Stellt die Heimaufsichtsbehörde bei Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem Heimgesetz in einem Pflegeheim Qualitätsmängel im Sinne des SGB XI fest, so hat sie zunächst den Landesverbänden der Pflegekassen Gelegenheit zu geben, die Mängel innerhalb einer angemessenen Frist mit den ihnen nach dem SGB XI zu Gebote stehenden Mitteln zu beseitigen; der Träger des betroffenen Pflegeheims ist von der Behörde über die Einschaltung der Landesverbände zu unterrichten. Werden die festgestellten Mängel von den Landesverbänden innerhalb der gesetzten Frist nicht behoben, kann die Heimaufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.
Besteht nach Einschätzung der Heimaufsichtsbehörde eine unmittelbare Gefahr für das Wohl der Heimbewohner, kann sie auch ohne vorherige Einschaltung der Landesverbände der Pflegekassen vorläufige Maßnahmen zur Sicherung der Pflege- und Betreuungsqualität nach pflichtgemäßem Ermessen treffen. Sie hat hierüber unverzüglich die Landesverbände zu unterrichten mit dem Ziel, sich über die Maßnahmen zu verständigen, die für eine dauerhafte Qualitätssicherung in dem betroffenen Heim geeignet und notwendig sind.
Zur Verwirklichung der engen Zusammenarbeit sind die Landesverbände der Pflegekassen und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung berechtigt und auf Anforderung verpflichtet, der zuständigen Heimaufsichtsbehörde die ihnen nach dem SGB XI zugänglichen Daten über die Pflegeheime, insbesondere über die Zahl und Art der Pflegeplätze und der betreuten Personen (Belegung), über die personelle und sachliche Ausstattung sowie über die Leistungen und Vergütungen der Pflegeheime mitzuteilen. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren.
Erkenntnisse aus der Beratung oder der Prüfung von Pflegeheimen durch den Medizinischen Dienst dürfen nur von den Landesverbänden der Pflegekassen und ohne Zustimmung des betroffenen Pflegeheims der zuständigen Heimaufsichtsbehörde nur dann mitgeteilt werden, wenn diese Erkenntnisse zur Abwehr drohender Gefahren für das Wohl der Heimbewohner nach dem Heimgesetz erforderlich sind.

4. Schwerpunkt
Stärkung der Verbraucherrechte

Übergreifendes Ziel ist es, die Rechte der Pflegebedürftigen in ihrer Eigenschaft als Verbraucher am "Markt" der ambulanten und stationären Pflege zu schützen und zu stärken. Es geht darum, pflegebedürftigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern dabei zu helfen,

  • trotz ihrer Abhängigkeit von fremder Hilfe weiterhin ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen,
  • sich in den "Institutionen" der Pflege, vor allem im Pflegeheim, zurechtzufinden und durch Mitwirkung Einfluss auf ihre Lebensgestaltung zu wahren.

Es geht darum, Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen durch Beratung Ängste zu nehmen und in Notfällen ort und unbürokratisch Hilfe zu vermitteln. Es geht darum, Pflegeeinrichtungen, welche die von ihnen in Obhut genommenen Pflegebedürftigen nicht mit der gebotenen Pflegequalität betreuen, auch finanziell zur Rechenschaft zu ziehen. Es geht mit anderen Worten um Lebensqualität in der Pflege.
Mit den Vorschlägen im Qualitätssicherungsgesetz zur Stärkung der Verbraucherrechte wird nicht brachliegendes Neuland betreten, sondern auf bewährten Wegen fortgeschritten. Folgende Neuerungen stärken die Verbraucherinnen und Verbraucher in ihren Rechten:

1. Die zuständige Pflegekasse benennt jedem Pflegebedürftigen, der bei ihr versichert ist, spätestens mit der Bewilligung seines Antrags auf Gewährung häuslicher, teil- oder vollstationärer Pflege eine sachkundige, ortsnah erreichbare Vertrauensperson, an die sich der Pflegebedürftige mit der Bitte um Rat oder Hilfe wenden kann. In Notfällen hat die Vertrauensperson sofortige Hilfe zu vermitteln.

2. Bei stationärer Pflege werden die Pflegeheime ausdrücklich verpflichtet, das für eine qualitätsgerechte Pflege, Versorgung und Betreuung ihrer besonderen Klientel erforderliche Personal bereitzustellen. Das kommt vor allem dementen Heimbewohnern zugute, die häufig einen besonders hohen Bedarf an allgemeiner und sozialer Betreuung haben. Die Pflegekassen können rückwirkend zugunsten ihrer Versicherten eine angemessene Kürzung der vereinbarten Pflegevergütungen fordern, soweit die damit bezahlten Leistungen ganz oder teilweise nicht erbracht worden sind oder erhebliche Qualitätsmängel aufweisen.

3. Bei Feststellung schwerwiegender, kurzfristig nicht behebbarer Mängel in der stationären Pflege sind die Pflegekassen verpflichtet, den betroffenen Heimbewohnern auf deren Antrag eine andere geeignete Pflegeeinrichtung zu vermitteln, welche die Pflege, Versorgung und Betreuung nahtlos übernimmt. Weitergehende Schadensersatzansprüche der Betroffenen nach dem Bürgerlichem Recht bleiben selbstverständlich unberührt.

4. Stellt der Medizinische Dienst schwerwiegende Mängel in der ambulanten Pflege fest, kann die zuständige Pflegekasse dem Pflegedienst die weitere Betreuung des Pflegebedürftigen vorläufig untersagen. Die Pflegekasse hat dem Pflegebedürftigen in diesem Fall einen anderen geeigneten Pflegedienst zu vermitteln, der die Pflege nahtlos übernimmt; dabei ist soweit als möglich das Wahlrecht des Pflegebedürftigen zu beachten.

5. Soweit der Träger der Pflegeeinrichtung die festgestellten Mängel zu vertreten hat, haftet er gegenüber den betroffenen Pflegebedürftigen oder deren Kostenträgern für die Kosten, die durch die Vermittlung einer anderen ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung entstehen.

6. Pflegebedürftige in Pflegeheimen wirken durch den von ihnen gewählten Heimbeirat bei der Vorbereitung der Pflegesatzverhandlungen zwischen dem Heimträger und den Kostenträgern (Pflegekassen, Sozialhilfeträgern) mit:

  • Der Heimträger ist verpflichtet, den Heimbeirat rechtzeitig vor der Aufnahme von Vergütungsverhandlungen mit den Pflegekassen zu einer geplanten Erhöhung der Pflegesätze oder Entgelte für Unterkunft und Verpflegung anzuhören. Dabei sind dem Heimbeirat an Hand nachvollziehbarer Unterlagen die wirtschaftliche Notwendigkeit und Angemessenheit der geplanten Erhöhung zu erläutern.
  • Dem Heimbeirat ist Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme zu geben. Diese Stellungnahme gehört zu den Unterlagen, die der Heimträger rechtzeitig vor Beginn der Pflegesatz- oder Entgeltverhandlungen den als Kostenträgern betroffenen Vertragsparteien vorzulegen hat. Sie ist bei den Vertragsverhandlungen angemessen zu berücksichtigen.
  • Der Heimträger hat jedem Heimbewohner und dem Heimbeirat Art, Höhe und Geltungsdauer der vereinbarten Pflegesätze und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
  • Eine einseitige Festlegung oder Erhöhung der Pflegesätze oder Entgelte über den nach SGB XI vereinbarten Vergütungsrahmen hinaus ist künftig auch dann nichtig, wenn der Heimbewohner der Erhöhung zugestimmt hat.


Diese Mitwirkungsrechte der Heimbewohner gelten für die Vorbereitung von Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen ihres Pflegeheimes entsprechend. Sie ergänzen die bewährten Regelungen des Heimgesetzes, die unberührt bleiben, und passen sie an die besonderen Interessen und Schutzbedürfnisse der Heimbewohner in Pflegeheimen an.

7. Für den individuellen Heimvertrag zwischen dem Träger eines zugelassenen Pflegeheims und den pflegebedürftigen Heimbewohnern sollen künftig neben den zwingenden Vorschriften des Heimgesetzes u.a. folgende zusätzlichen Schutzvorschriften gelten:

  • Die Aufnahme eines Pflegebedürftigen in ein Pflegeheim oder sein Verbleiben in dem Heim darf nicht von geldwerten Zuwendungen oder der Gewährung eines Darlehns an den Heimträger abhängig gemacht werden.
  • Der Heimvertrag, einschließlich der darin festgelegten Entgeltpflichten, endet mit dem Tod des Heimbewohners.
  • Der Heimvertrag kann von dem Heimbewohner ohne Angabe von Gründen mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines jeden Kalendervierteljahres gekündigt werden. Von dem Träger des Heims kann der Heimvertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, insbesondere, wenn ihm die Fortsetzung des Heimvertrages nicht mehr möglich ist oder eine unzumutbare Härte für ihn bedeuten würde. Die Kündigung bedarf der Schriftform; sie ist zu begründen.
  • Das Pflegeheim hat seine Leistungen im Rahmen seines Versorgungsauftrags einem verbesserten oder verschlechterten Zustand des Pflegebedürftigen anzupassen. Eine Änderung des Heimvertrages ist dafür nicht erforderlich. Die Zuordnung des Pflegebedürftigen zu einer anderen Pflegestufe bleibt der zuständigen Pflegekasse vorbehalten.
  • Soweit sich der Zustand des Pflegebedürftigen so verschlechtert, dass eine sachgerechte Pflege dem Pflegeheim im Rahmen seines Versorgungsauftrags nicht mehr möglich ist, hat der Träger unverzüglich die zuständige Pflegekasse zu unterrichten, mit dem Ziel, gemeinsam mit der Pflegekasse die Verlegung des Pflegedürftigen in eine geeignete andere Pflegeeinrichtung zu gewährleisten; dabei ist soweit als möglich das Wahlrecht des betroffenen Heimbewohners zu achten. Verletzt der Träger diese Pflicht, so haftet er für die Kosten, die dem Pflegebedürftigen oder dessen Kostenträgern für die Beschaffung eines Heimplatzes in einem anderen geeigneten Pflegeheim und für den Umzug in dieses Heim entstehen.

8. Bei häuslicher Pflege übernimmt der zugelassene Pflegedienst spätestens mit Beginn des ersten Pflegeeinsatzes auch gegenüber dem Pflegebedürftigen die Verpflichtung, diesen nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit zu pflegen und hauswirtschaftlich zu versorgen und dabei den vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung empfohlenen Pflegeplan auszuführen (Pflegevertrag). Der Pflegedienst hat dem Pflegebedürftigen und der zuständigen Pflegekasse unverzüglich eine Ausfertigung des Pflegevertrages auszuhändigen.

  • In dem Pflegevertrag sind Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der dafür mit den Kostenträgern nach dem SGB XI vereinbarten Vergütungen für jede Leistung oder jeden Komplexleistung gesondert zu beschreiben.
  • Der Anspruch des Pflegedienstes auf Vergütung seiner pflegerischen und hauswirtschaftlichen Leistungen ist unmittelbar gegen die zuständige Pflegekasse zu richten. Soweit die von dem Pflegebedürftigen abgerufenen Leistungen den von der Pflegekasse zu zahlenden leistungsrechtlichen Höchstbetrag überschreiten, darf der Pflegedienst dem Pflegebedürftigen für die zusätzlich abgerufenen Leistungen keine höhere als die nach dem SGB XI vereinbarte Vergütung berechnen.

Bayerischer Entwurf löst Probleme nicht

Der Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums unterscheidet sich in der Philosophie sowie in der politischen, verfassungsrechtlichen und fachlichen Einschätzung grundlegend von dem Entwurf des bayerischen Qualitätsprüfungsgesetzes, das auf eine Ausweitung der ordnungspolizeilich Eingriffsfunktionen der staatlichen Heimaufsicht setzt und darin die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung und die Sozialhilfeträger als Erfüllungsgehilfen einspannen will.
Ein Gesetz zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege, das seinen Namen verdient, erfordert geradezu ein Vorgehen, dass insbesondere folgende Probleme des bayerischen Entwurfs vermeidet:

  • Es ist verfassungsrechtlich bereits fraglich, ob eine staatliche Aufsichtsbehörde, wie die Heimaufsicht, mit der Befugnis ausgestattet werden kann, unangemeldet und ohne konkreten Anlass in fremde Häuser einzudringen.
  • Medizinischer Dienst und Sozialhilfeträger sind Organe von Leistungsträgern und als solche Partner der Träger von Pflegeeinrichtungen in einer gemeinsamen Selbstverwaltung zur Verwirklichung der Pflegeversicherung. Ihre Ausstattung mit polizeilichen Zutritts- und Kontrollbefugnissen würde ihren Status und die Definition ihrer Aufgaben im Gefüge des SGB XI völlig verändern. Damit würde letztlich die Grundidee der Selbstverwaltung für den Bereich der Pflegeversicherung in Frage gestellt.

In der Sache löst das Bayerische Qualitätsprüfungsgesetz selbst in Bayern die Probleme nicht. Diese liegen nämlich nicht darin, dass die Heimaufsichten nicht hinreichende Befugnisse haben, es fehlt vielmehr häufig das erforderliche Personal nach Zahl und Qualifikation.
Unzureichende personelle Ausstattung staatlicher Behörden auszugleichen, ist - im Falle der Heimaufsicht - ureigenste Aufgabe der Länder. Dieses Problem kann nicht dadurch gelöst werden, dass Organe der Selbstverwaltung (gar auf Kosten der Beitragszahler) als Handlanger staatlicher Aufsichtsbehörden dienstverpflichtet und mit ordnungspolizeilichen Befugnissen ausgestattet werden.
So bedauerlich und unakzeptabel die (gerade auch in Bayern) aufgedeckten Missstände in Pflegeheimen in jedem Einzelfall sind, sie sind kein Grund, eine "Strafaktion" gegen alle Pflegeeinrichtungen im Land zu starten, von denen die große Mehrzahl korrekt arbeitet. Zu Recht wird daher der "bayerische Weg" nicht nur von kirchlichen und freigemeinnützigen, sondern auch von privaten und kommunalen Heimträgern und Verbänden als Missachtung ihres Selbstverständnisses und politisch als Affront angesehen. Dabei ist nicht zu verkennen, dass der bayerische Entwurf durchaus eine Reihe positiver Ansätze enthält, die im weiteren Gesetzgebungsverfahren vertieft werden sollten.

Werner Schell (12.3.2000)