Sterbehilfe - Versuchte Sterbehilfe im Gelderner Hospiz

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Brigitte Bührlen
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Recht und Gerechtigkeit

Beitrag von Brigitte Bührlen » 01.08.2010, 01:32

Danke für die profunden Antworten auf meine Fragen!

Herr Barth:
....und außerdem sollten wir Juristen uns nicht ganz so wichtig nehmen!


@ Da Juristen dem Recht (auch der Gerechtigkeit?) verpflichtet sind und ihm Raum verschaffen sollen/wollen sind sie außerordentlich
wichtig für das gesellschaftliche Zusammenleben in unserem Staat :wink:
Welche Rechte hat der Staat an mir, welche Rechte meine Familie?

Diese Frage ist interessant und kann hier nur in dem vermuteten Kontext einer eher salomonischen Antwort zugeführt werden: keine!
@ hm, interessant!

Hat der Staat ( also die Summe der Einzelnen) nicht grundsätzlich das Recht darauf zu achten, dass ihm der einzelne Staatsbürger zur Verfügung stehe?
Hat die Familie (im Sinne von lebenspartnerschaftlichem Verbund in der kleinsten Zelle der Gesellschaft ) nicht das Recht festzulegen, wie ihr hilfsbedürftiges Mitglied aus einem engen Lebenszusammenhang heraus individuell versorgt wird?
Im Übrigen sollte hier ein Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht genügen.
@ Wo endet das Selbstbestimmungsrecht ?

Herr Schenker:
Insoweit liegt die Komptenz bei Betreuer bzw. Bevollmächtigten. Die Angehörigen und sonstige Vertrauenspersonen sind in die Ermittlungen einzubinden
@ Heisst das, dass sie (Angehörige/ Betreuer/ Bevollmächtigte) eingebunden werden sollen oder müssen?
Nur wenn Angehörige diese Rechtsmacht haben (per Vollmacht oder als rechtliche Betreuer eingesetzt), können sie umfassend agieren.
@ ......... so lange es ein Betreuungsrichter zulässt ?

Frau Merck:
Es geht um differenzierte Betrachtungen!
@ Einverstanden!

Erwähnenswerte Tatsachen sind auch:
Ca.70% der in Pflegestufen erfassten Menschen werden zu Hause von Angehörigen , Freunden und sonstigen Nahestehenden versorgt.
Pflegestufenunabhängig werden ca.80% zu Hause versorgt!

Nach wie vor stirbt ein Gutteil der Menschen zu Hause betreut von Angehörigen.

Ohne den in der Regel ehrenamtlichen Einsatz von Angehörigen, Lebenspartnern, Freunden u.ä. würden Pflege und Sterbebegleitung in Deutschland zusammenbrechen.

Gaby Modig
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Angehörige - Es geht um differenzierte Betrachtungen!

Beitrag von Gaby Modig » 01.08.2010, 08:22

Hallo Brigitte,

ich denke, dass wir grundsätzlich über die Wichtigkeit der Angehörigen und Ehrenamtler nicht streiten müssen.

Allerdings gibt es doch einige Dinge, Regeln, die es zu beachten gilt:

Solange in einem Familienverband Einvernehmen im Miteinander besteht, steht der Staat nicht auf der Matte. Gegenseitige Hilfen und Unterstützungsleistungen sind nahezu unbegrenzt möglich. Demjenigen, dem geholfen wird, obliegt ja letztlich die Entscheidung darüber, welche Hilfe und Unterstützung er braucht und anzunehmen bereit ist. Selbstbestimmungsrecht!

Gerät allerdings jemand in eine Situation, in der eigene Entscheidungen nicht mehr möglich sind, muss der Staat ggf. eingreifen, um sicher zu stellen, dass am Wohl des Betroffenen ausgerichtet gehandelt wird (§ 1896 ff. BGB). Dazu wird ggf. ein Betreuer eingesetzt. Diesen kann man aber verhindern durch eine entsprechende Vollmacht. Es wird dann für den Angehörigen mittels der vorgesehenen Rechtsmacht gehandelt. Darüber wacht der Staat - und das ist grundsätzlich gut so. Ob es insoweit ggf. zu Fehlern im Behörden- und Justizsystem (Betreuungsgericht) kommt, ist ein anderes Thema. Es gibt ja auch Rechtsmittel.

Soweit der Wille einer Person zu ermitteln ist, sind die §§ 1901a und b BGB maßgeblich. Danach gibt es für die Angehörigen nur Beteiligungsmöglichkeiten, aber keine eigene Entscheidungsmacht. Die liegt beim Betreuer oder Bevollmächtigten (ist ggf. Angehöriger). Nicht einmal der Arzt hat Entscheidungsmacht.

Dass rd. 70 % der pflegebedürftigen Menschen Zuhause versorgt werden, ist richtig. Allerdings muss die konkrete Versorgung und Pflege unterschiedlich gesehen werden. Auf jeden Fall sind viele Angehörige mit eingebunden. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, die konkreten Pflegesituationen sind sehr verschieden (manchmal auch nicht gut!).

Gestorben wird aber idR. nicht Zuhause. 80 bis 90% der Menschen sterben entweder im Krankenhaus oder im Pflegeheim!

Ehrenamtlicher Einsatz ist wichtig und notwendig. Das macht aber die Ausrichtung an bestimmten Vorschriften (Betreuungsrecht usw.) nicht entbehrlich.

Die pauschalierende These: alle Macht den Angehörigen ist nicht umsetzbar!

Es grüßt Gaby Modig
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

WernerSchell
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Angehörigenrechte - gesonderter Diskussionsteil

Beitrag von WernerSchell » 01.08.2010, 08:54

Da in der Sterbehilfeangelegenheit Geldern zunehmend über die allgemeinen Angehörigenrechte diskutiert wird, sollten die diesbezüglichen Beiträge gesondert in einer anderen Forumsrubrik eingestellt werden. Die entsprechenden Texte wurden bereits nach dort übernommen:
Angehörigenrechte in der Diskussion
viewtopic.php?p=53661#53661
Soweit die Sterbehilfeproblematik in Geldern erörtert wird, sollten die weiteren Beiträge hier eingestellt werden.

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Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 01.08.2010, 09:16

Verehrte Frau Bührlen.

Ich darf eines vorweg nehmen: ich unterstelle einfach mal, dass Sie selbst um die Antworten wissen und – so mein Eindruck – eher doch die Debatte auf eine (rechts)philosophische Ebene heben – ein Anliegen, was ich bemerkenswert und gut finde.

In diesem Sinne werde ich also ein Statement zu den weiter aufgeworfenen Problemen abgeben, auch wenn dieses natürlich nur fragmentarisch sein kann


Zitat:
....und außerdem sollten wir Juristen uns nicht ganz so wichtig nehmen!


@ Da Juristen dem Recht (auch der Gerechtigkeit?) verpflichtet sind und ihm Raum verschaffen sollen/wollen sind sie außerordentlich
wichtig für das gesellschaftliche Zusammenleben in unserem Staat

Smile, nun, das mag so sein, wenngleich ich mich doch zugleich auch in der Rolle eines Dienstleisters sehe und erster Linie bemüht bin, die Interessen der Mandantschaft wahrzunehmen; manchmal bleibt hier die Frage , was wohl aus rechtsethischer Perspektive „gerecht“ sein möge, „auf der Strecke“. Stellen Sie sich vor: der Zivilprozess wird von der sog. Dispositionsmaxime beherrscht und dies bedeutet im Kern, dass die Parteien den Beginn, den Verlauf und auch das Ende weitestgehend selbst bestimmen. Nehmen wir also einen Kündigungsrechtsstreit, in dem der Arbeitgebervertreter „hoch pokert“, ggf. wohlwissend darum, dass die Gegenseite, ebenfalls durch einen Anwalt vertreten, nicht so „dogmatisch präsent ist“. Soll dann der Vertreter der Arbeitgeberseite einen rechtlichen Hinweis erteilen, dass ggf. der Kollege nunmehr ein Gegenargument zu bringen hat, der den eigenen Prozeßerfolg in Frage stellt? „Recht und Gerechtigkeit“ sind durchaus eherne Ziele, aber der Prozeßalltag sieht vielfach anders aus; es mögen sich einige Kollegen an meiner Aussage stören, aber meine Erfahrung ist schlicht, dass „vielfach auch im Prozess“ gelogen oder eben an ganz entscheidender Stelle geschwiegen wird. Dies mag man/frau bedauern und den Glauben an die „Justiz“ verlieren, dürfte aber weitestgehend der Realität entsprechen.

Im Übrigen neige ich deshalb auch dazu, nicht immer sofort einen „Fall“ kommentieren zu müssen; der „Teufel steckt im Detail“ und bezogen auf das Thema hier im Thread wäre es natürlich reizvoll, einen Blick in die Akten nehmen zu können, um so sich positionieren zu können; auch die Frage, welche Bedeutung nun der unlängst getroffenen BGH-Entscheidung in Sachen Sterbehilfe zukommt, ist mehr als reizvoll; aber da die Entscheidung noch nicht veröffentlicht ist und ich es für sinnvoll erachte, den Urteilstext (!) über die PM des BGH hinaus zu lesen, muss ich mich gedulden (auch wenn es schwer ist, sich vornehm zurück zu halten, während andere Kommentoren entweder die Entscheidung „feiern“ oder „verwerfen“).
Und ungeachtet der Rechtsauffassung anderer Kollegen möchte ich doch eine Lanze für die Hospizleiterin brechen, die im Moment der Handlung richtig gehandelt hat!
Sofern dann in der Folge darüber spekuliert wird, wer zu welchem Zeitpunkt welche Pflichten „vernachlässigt“ hat, sollte man/frau zunächst zur Kenntnis nehmen, dass es aus der Sicht des Hospizes um die „Abwehr“ eines „Angriffs“ auf die körperliche Integrität des Patienten ging.


Zitat:
Welche Rechte hat der Staat an mir, welche Rechte meine Familie?

Diese Frage ist interessant und kann hier nur in dem vermuteten Kontext einer eher salomonischen Antwort zugeführt werden: keine!


@ hm, interessant!

Hat der Staat ( also die Summe der Einzelnen) nicht grundsätzlich das Recht darauf zu achten, dass ihm der einzelne Staatsbürger zur Verfügung stehe?

Klare Frage, klare Antwort: Nein! (es sei denn, wir reden einer besonderen Gattungsethik das Wort und statten das Individuum mit „Pflichten“ aus – eine Vision, bei der ich auswandern würde)

Hat die Familie (im Sinne von lebenspartnerschaftlichem Verbund in der kleinsten Zelle der Gesellschaft ) nicht das Recht festzulegen, wie ihr hilfsbedürftiges Mitglied aus einem engen Lebenszusammenhang heraus individuell versorgt wird?

Diesbezüglich wird sicherlich zu differenzieren sein; sofern es dem Willen des Familienmitglieds entspricht, mag dies so sein. Andererseits bleibt es freilich der Familie unbenommen, Einfluss auf die individuelle Versorgung zu nehmen, in dem diese zusätzliche finanzielle Beiträge entrichtet (wie dies auch im Fall der Hospizbetreuung der Fall ist).

Zitat:
Im Übrigen sollte hier ein Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht genügen.


@ Wo endet das Selbstbestimmungsrecht ?

Klare Frage: Ich meine, an den Rechten Dritter und im Einzelfall an den „objektiven Werten“ unserer Verfassungsordnung, wenngleich hierdurch nicht alle „Kollisionen“ gelöst werden (denken wir an die Kollision auf höchster Abstraktionsebene: Würde gegen Würde).

Wenn Sie mögen, verehrte Frau Bührlein, würde ich Ihnen einen aktuellen Beitrag von Horst Dreier empfehlen, der u.a. zur Konzeption der Grundrechte überzeugend Stellung bezieht


Der freiheitliche Verfassungsstaat als riskante Ordnung (in RW – Heft 1/2010, S. 11 ff.)

v. Horst Dreier, (in RW – Heft 1/2010, S. 11 ff.)

Quelle: Universität Würzburg >>> http://www.jura.uni-wuerzburg.de/filead ... ternet.pdf <<< (pdf.).

Mit freundlichen Grüßen
L. Barth
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WernerSchell
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Re: @Bührlen

Beitrag von WernerSchell » 01.08.2010, 09:25

Lutz Barth hat geschrieben:Verehrte Frau Bührlen.
Ich darf eines vorweg nehmen: ich unterstelle einfach mal, dass Sie selbst um die Antworten wissen und – so mein Eindruck – eher doch die Debatte auf eine (rechts)philosophische Ebene heben – ein Anliegen, was ich bemerkenswert und gut finde.
In diesem Sinne werde ich also ein Statement zu den weiter aufgeworfenen Problemen abgeben, auch wenn dieses natürlich nur fragmentarisch sein kann
......
Textübernahme nach
viewtopic.php?p=53666#53666
Bitte dort zur Angehörigenproblematik weiter diskutieren.

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valenta
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Debatte nur um zu debattieren

Beitrag von valenta » 01.08.2010, 11:08

Herr Barth scheint in seiner Penetranz nicht zu stoppen, eine kontroverse Debatte um jeden Preis (auch den eines allein von ihm erkannten "Clash of civilisations" verschiedener weltanschaulicher Ideologien) anzuheißen.

Dabei geht es doch wirklich nicht darum, wer exakt mit welcher punktuellen Aktion rechtswidrig bzw. strafwürdig gehandelt hat. Vielmehr hat die Sozietät RA Putz und Steldigner den Zusammenhang nach jetzigem Erkenntnisstand unübertroffen so charakterisiert:

"Auf beiden Seiten fehlte es an der qualifizierten fachlichen Führung der Beteiligten. Bei den Angehörigen mag das verzeihlich sein, auf Seiten des Hospizes fehlt aber ersichtlich die notwendige Professionalität, die ein solcher Betreiber inzwischen haben muss! Ganz offensichtlich versteht das Hospiz in Geldern seine Funktion fehl. Es braucht sich nicht zu wundern, wenn nun Misstrauen entsteht."

Dem ist, solange keine neuen Erkenntnisse oder Entwicklungen folgen, nichts hinzuzufügen.

Rene Valenta

Lutz Barth
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Clash of civilisations!?

Beitrag von Lutz Barth » 01.08.2010, 16:03

Nun - ob der von mir befürchtete "Kulturkampf" der Ideologien als These einzig meiner Fantasie oder einer "getrübten" Wahrnehmung geschuldet ist, mag ein Jeder selbst beurteilen und da ist es mir dann allerdings doch wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieser "Kulturkampf" der Werte durchaus real ist und sich unmittelbar auch auf die Sterbehilfedebatte durchschlägt, bis hin zur Generierung von moralischen Pflichten für die Individuen.

Interessant finde ich freilich, dass die Hinweise von Valenta exakt den Text einer entrüsteten Email-Zuschrift vom Inhalt widerspiegeln, die ich persönlich im Zuge des hier eröffneten Threads erhalten habe. Auch in dieser Mail wurde darauf hingewiesen, dass dies "Unsinn" sei und ich mich mit solchen Gedanken "disqualifiziert" habe.

Hiermit muss und kann ich leben und sehe derartigen Hinweisen durchaus mit Gelassenheit entgegen.
Um es auf einen Punkt zu bringen: Die Debatte brauche ich nicht anzuheizen, sondern diese wird in der Literatur geführt.

Problematisch ist allerdings die Behauptung, ich würde hier mit "Penetranz" versuchen, eine Diskussion zu entfachen.

Fakt ist, dass der Text der PM der Rechtsanwälte durchaus ergänzungswürdig ist, zumal aus einer Retroperspektive es wohl immer leichter erscheint, das Augenblicksereignis zu interpretieren.

Stellen wir ab auf den Moment des "Tatgeschehens", dann hat das Hospiz in der konkreten Situation völlig richtig gehandelt und eine drohende Gefahr für das Leib und Leben abgewendet. Punkt um!

Und die weitergehenden Fragen - die im Übrigen auch in der o.a. besagten Mail thematisiert wurden - mögen durchaus Anlass zur kritischen Refelxion bieten, wenngleich es auch hier gilt, nicht vorschnell irgendwelche Schlüsse zu ziehen, zumal der Patient sicherlich aufgrund eines Vertrages in dem Hospiz betreut wurde, an dem mehrere (!) Parteien involviert sind.

Es verbleibt im Übrigen bei der ganz entscheidenden Frage der medizinischen Indikation, die - so jedenfalls ganz überwiegend in der medizinischen Fachliteratur - wohl auch nicht selten die künstliche Ernährung nach sich zieht. Nun kann es freilich sein, dass der Patient nicht so "zügig gestorben ist", wie man/frau sich das vorgestellt hat und dass im Zweifel hieraus Konsequenzen für die Unterbringung in einem Hospiz zu ziehen sind, wenngleich damit aber das Problem des rechtswidrigen Angriffs im Moment der Tatbegehung keineswegs gelöst ist.

Sofern nun in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen könnte, dass sich das Hospiz nicht wundern darf, dass nun Misstrauen entstanden ist, kann ebenso leidenschaftlich dafür eingetreten werden, dass es immerhin couragierten Mitarbeitern gelegentlich zu verdanken ist, dass derartige Angriffe abgewehrt werden.

Und mit Verlaub - wir alle geben eine Einschätzung ab und wissen nicht um den Inhalt einer möglichen Patientenverfügung, eines möglichen mutmaßlichen Willens und insbesondere der ärztlichen Expertise mit der genauen medizinischen Indikation, so dass ich es persönlich jedenfalls für nicht vertretbar erachte, ggf. dem Hospiz mangelnde Professionalität vorzuwerfen, auch wenn insoweit die Frage des "Verdursten und des Verhungerns" medizinisch hinreichend abgeklärt ist.

Andererseits liegt aber gerade hier für mich ein Aspekt, den es gilt, zumindest in den Horzizont allfälliger Betrachtungen einzubeziehen: Sofern die künstliche Ernährung medizinisch bei Huntington-Patienten indiziert ist, bedarf es dann wohl einer weiteren medizinischen Indikation, die nunmehr diese künstliche Ernährung für nicht mehr notwenig erachtet; mithin wäre eine Revision der Indikationsentscheidung anbefohlen, die zugleich eine Diagnose erfordert, die dann ein anderes therapeutisches Vorgehen bedingt.

Hierüber kann ich allerdings nichts dem in der Öffentlichkeit mitgeteilten und zugänglichen Sachverhalt entnehmen und da darf denn auch schlicht einmal die These geäußert werden, dass dann der Hinweis auf das "Verhungern und das Verdursten" durchaus plausibel erscheint, wenn und soweit die Sterbephase noch nicht - ich betone noch nicht (!) - eingetreten ist, die trotz der medizinischen Indikation im Rahmen der Primärerkrankung (namentlich Huntington) ggf. eine abändernde Indikationsstellung erfordert.

Und im Übrigen mit Verlaub: Freilich geht es um den ganz konkreten Einzelfall, denn immerhin war das Rechtsgut des Lebens bedroht und aus der Perspektive des Patienten ggf. sein Selbstbestimmungsrecht, wenn es denn diesbezüglich eine Willensäußerung gab oder der mutmaßliche Wille feststellbar war.

Ferner ist es nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, dass der konkrete Wille des Patienten den Arzt eben nicht entlastet, eine medizinische Indikation zu stellen und - sofern hier ggf. Revisionsbedarf besteht - auch diese Revisionsentscheidung unabhängig vom Willen des Patienten zu treffen, wenngleich freilich der Patient stets das Recht hat, eine auch noch so vernünftige Behandlung abzulehnen.

Ob dieses "Nachfragen" nun als "penetrant" empfunden wird oder nicht, stellt sich für mich nicht, denn ich halte es als ein Gebot der Fachlichkeit, hierauf hinzuweisen, wobei freilich eine Stellungnahme dort an Grenzen stoßen muss, wo wir eben nicht den Sachverhalt kennen.

Gleichzeitig möchte ich aber nochmals die Gelegenheit nutzen, darauf hinzuweisen, dass ich es bisher auch davon Abstand genommen habe, dass Urteil des BGH zur Sterbehilfe zu kommentieren, da dieses noch nicht (!) veröffentlicht worden ist. Nun ist es freilich reiner Zufall, dass auch diesbezüglich der Kollege Putz unmittelbar involviert war, aber ich neige nicht dazu, ohne die konkreten Entscheidungsgründe zu kennen, gleichsam ein Urteil zu "feiern" oder zu "verteufeln". Insofern verwundert mich schon die eine oder andere Stellungnahme, zumal es wohl außerhalb der Betrachtung zu liegen scheint, dass ggf. auch die Rechtsprechung des BGH durchaus der Kritik zugänglich ist. Ob dies allerdings auf die Sterbehilfeentscheidung des BGH zutrifft, kann erst sinnig dann gewertet werden, wenn der entsprechende Entscheidungstext zugänglich ist.
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

Brigitte Bührlen
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Recht - Gewissen - Ethik

Beitrag von Brigitte Bührlen » 02.08.2010, 00:54

Sehr geehrter Herr Barth,

ich danke Ihnen für die differenzierte Antwort!
Recht unter rechtsethischen Aspekten zu beleuchten halte ich für wichtig.
„Recht und Gerechtigkeit“ sind durchaus eherne Ziele, aber der Prozeßalltag sieht vielfach anders aus; es mögen sich einige Kollegen an meiner Aussage stören, aber meine Erfahrung ist schlicht, dass „vielfach auch im Prozess“ gelogen oder eben an ganz entscheidender Stelle geschwiegen wird. Dies mag man/frau bedauern und den Glauben an die „Justiz“ verlieren, dürfte aber weitestgehend der Realitätentsprechen.
In der Bevölkerung werden häufig solche Erfahrungen gemacht.
Der Glaube an Justitia hat -subjektiv empfunden- flächendeckend Schaden genommen.
@Wo endet das Selbstbestimmungsrecht?
........ Ich meine, an den Rechten Dritter und im Einzelfall an den „objektiven Werten“ unserer Verfassungsordnung,
@ leider sind manche "objektiven Werte " nicht justitiabel.
wie mir nach einem Gespräch mit Herrn Di Fabio klar geworden ist.

@Welchen Stellenwert hat juristisch gesehen das Gewissen?
Hat das Gewissen Rechtsstatus?

Was den "Fall" der Sterbehilfe in Geldern betrifft, so enthalte ich mich einer Stellungnahme, da mir die Details, die "Entwicklung" bis zur Handlung der Ehefrau nicht bekannt sind.
Bei jeder Durchtrennung eines PEG Schlauches zu jubeln halte ich aber für problematisch.

Mit besten Grüßen,
Brigitte Bührlen

PS: Danke für den Hinweis auf die hochinteressante Abhandlung von Herrn Dreier!

Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 02.08.2010, 05:48

Guten Morgen, Frau Bührlen.

Gerne nehme ich aus meiner Sicht zu den weiter aufgeworfenen Fragen Stellung, auch wenn diese den „Kern“ des Problems betreffen und eine größere „Abhandlung“ erfordern.


Zitat:
@Wo endet das Selbstbestimmungsrecht?
........ Ich meine, an den Rechten Dritter und im Einzelfall an den „objektiven Werten“ unserer Verfassungsordnung,

@ leider sind manche "objektiven Werte " nicht justitiabel.
wie mir nach einem Gespräch mit Herrn Di Fabio klar geworden ist.

Dem ist in der Tat so und führt auch so manchen Verfassungsrechtler an die Grenzen des „Rechts“. Diesbezüglich teile ich die Einschätzung von Herrn Di Fabio und zwar insbesondere mit Blick auf Art. 1 GG, der bereits vom grammatikalischen Wortlaut her einen „Wertekonflikt“ programmiert hat, wonach eben die Würde des Menschen zu achten und zu schützen! Hier könnte es zu einer „Pflichtenkollision“ kommen.

Hierzu ist bereits viel gedacht worden und die Studie von Heiner Bielefeld

Menschenwürde – Der Grund der Menschenrechte (November 2008)

vermittelt hierzu ein sehr schönen Überblick.
Vgl. dazu >>> http://www.institut-fuer-menschenrechte ... e_2008.pdf <<< (pdf.)

@Welchen Stellenwert hat juristisch gesehen das Gewissen?
Hat das Gewissen Rechtsstatus?

Nun – aus meiner Sicht ja, denn immerhin ist es ein zunächst vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht und weil dem so ist, muss jedenfalls in einer Gesamtschau der Grundrechte u.a. die Rechtsprechung des BGH kritischer reflektiert werden, wonach letztlich die Gewissensfreiheit der Mitarbeiter mit Blick auf die Sterbehilfe-Problematik quasi auf Null reduziert wird.

Nicht selten wird – auch mit Blick auf den hier diskutierten Fall – eine „lebensbejahende Sonderethik“ u.a. der Hospizbewegung mit ihrem Alleinvertretungsanspruch kritisiert. Diese Kritik ist zunächst mit Blick auf den Alleinvertretungsanspruch insofern berechtigt, weil unsere Verfassung für die verschiedensten „Werte!, Moralen oder Wertanschauungen“ und damit auch Bereichsethiken offen ist und demzufolge sich eine Monopolisierung verbietet. Im Diskurs selbst ist für mich das Toleranzprinzip von überragender Bedeutung und hieraus in Verbindung insbesondere mit Art. 4 GG folgt dann eine doch eher moderate Lösung für die Konflikte. Weder die Gewissens, Bekenntnis- oder Religionsfreiheit müssen wir „opfern“, um so das Selbstbestimmungsrecht des Patienten schützen zu können, noch darf das Selbstbestimmungsrecht der Patienten zur Fremdbestimmung führen.

In diesem Sinne sind m.E. aus verfassungsrechtlicher Perspektive die verschiedenen Bereichsethiken dergestalt geschützt, als dass es in erster Linie den Individuen gestattet ist, in Anlehnung hieran ihr „Sterben“ auszurichten.

Und wenn ich bereits oben im Thread zu bedenken gegeben habe, dass wir tunlichst einen „Kulturkampf“ zu vermeiden haben, dann halte ich natürlich trotz der zwischenzeitlichen Kritik hieran unverändert fest, weil dieser „Kulturkampf“ nicht selten eben Ausdruck mangelnder Toleranz ist und im Übrigen die diskursive Wertedebatte mit „Werten“ überfrachtet wird, die nach allgemeiner Verbindlicheit streben, dies allerdings nicht mit der Grundkonzeption insbesondere der Grundrechte vereinbar ist, da nach unserer Verfassung sich der Staat ethisch und moralisch „neutral“ zu verhalten hat (auch wenn dies nicht immer der Fall ist).

Bei dieser Gelegenheit war es denn auch die gestrige Sendung von Anne Will interessant, in der es u.a. um die Rolle der Medien in laufenden Straf- resp. Ermittlungsverfahren ging (illustriert am Beispiel Kachelmann).

Übertragen wir diese Diskussion auf den vorliegenden Sterbehilfefall, so wird deutlich, dass es ein Gebot der Fairness ist, nicht vorschnell einen Stab zu brechen oder mit klugen Weisheiten aufzuwarten, von denen wir nicht wissen, ob diese nicht doch Gegenstand der Erörterungen zwischen Verwandten, Krankenkasse, Hospiz oder sonst wem auch immer waren. Insofern teile ich voll und ganz Ihre Auffassung, dass man/frau sich einer Stellungnahme jedenfalls mit Blick auf den konkreten Einzelfall solange zu enthalten hat, bis die Details bekannt sind oder bekannt werden (manchmal auch durch Indiskretionen).

Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen: Derzeit dem Hospiz vorzuhalten, es fehle ihm ersichtlich die notwendige Professionalität, halte ich durchaus für „starken Tobak“, zumal dieser Vorwurf (gewollt oder ungewollt) mit einer weiteren Vermutung untermauert und ins gewünschte (?) Licht gerückt wird: „Wenn Hospize dazu dienen, Behandlungen gegen die ärztliche Indikation und/oder gegen den Patientenwillen fortzusetzen oder dafür zu sorgen, dass sie fortgesetzt werden, dann kann man sich oder seine Angehörigen tatsächlich im Hospiz nicht mehr gut aufgehoben fühlen.“

Was für eine Aussage, betont sie doch einerseits Binsenweisheiten und offenbart aber zugleich auch das Dilemma mangelnder Sachverhaltskenntnis: Behandlungen gegen den Willen des Patienten durchzuführen, ist schlicht strafbar, während demgegenüber die „Sorge“ dafür, ggf. für eine Fortsetzung der künstlichen Ernährung (auch gegenüber dem „Willen“ der Verwandten) einzutreten, einer kritischen Reflexion bedarf, denn immerhin gibt es wohl eine medizinische Indikation zur künstlichen Ernährung und sofern diesbezüglich der Wille des Patienten nicht bekannt ist (auch nicht in Form eines mutmaßlichen Willens), so spricht die Abwehr eines Abbruchs einer künstlichen Ernährung gerade für die Wahrnehmung auch von Obliegenheitsverpflichtungen gegenüber dem Patienten, wenn und soweit dieser nicht eigens in der Lage ist, den „Angriff“ abzuwehren.

Nun – wir werden vielleicht in der Folge mehr zum Sachverhalt erfahren und wer will da schon ausschließen, dass im Zweifel sich der Sachverhalt so darstellt, dass all diejenigen, die vorschnell mit einem besonderen „dienstbeflissenen“ Eifer zur „Verurteilung“ gerade aus moralischer resp. ethischer Perspektive beigetragen haben, sich ebenso mit besonderem Eifer zu entschuldigen haben.

Gruß
Lutz Barth
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"Ruhe" eingekehrt?!

Beitrag von Lutz Barth » 13.08.2010, 07:33

Der vorliegende Thread scheint beendet zu sein, obgleich doch gewichtige Fragen offen geblieben sind und eigentlich einer Klarstellung bedurft hätten.

Nun - sei es drum; vielleicht wird demnächst wieder intensiver über den "Fall" diskutiert, wenn und soweit Pressemitteilungen herausgegeben werden, die erneut mehr Fragen aufwerfen denn Antworten liefern.

Lutz Barth
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Gaby Modig
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Geldern und die Sterbehilfe

Beitrag von Gaby Modig » 22.08.2010, 11:47

Lutz Barth hat geschrieben: .... vielleicht wird demnächst wieder intensiver über den "Fall" diskutiert, wenn und soweit Pressemitteilungen herausgegeben werden, die erneut mehr Fragen aufwerfen denn Antworten liefern. ----
.... ich würde mir auch wünschen, über die Angelegenheit in Geldern Näheres zu erfahren. Dies auch deshalb, weil gerade die Ärzte anfangen, über eine Suizidbeihilfe zu diskutieren:
viewtopic.php?t=14072
Offensichtlich wird es doch bald Regelungen geben, die eine weitergehendere Patientenselbstbestimmung ermöglichen, mit ärztlicher Unterstützung.

MfG Gaby
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Lutz Barth
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@ Frau Modig

Beitrag von Lutz Barth » 22.08.2010, 18:00

In der Tat dürfen wir auf den Fortgang der Sache gespannt sein und da ist es denn schon wichtig, Informationen aus "erster Hand" zu erfahren und nicht über Pressemitteilungen, denen notwendig etwas Spekulatives anhaften muss, da der Sachverhalt nicht hinreichend bekannt ist.

Jedenfalls halte ich es für unangemessen, den "Stab" frühzeitig zu brechen und mit Weisheiten aufzuwarten, die mehr Fragen denn Antworten aufwerfen.

Insofern ist es bedauerlich, dass einige Verfasser der o.a. Pressemitteilungen sich im Nachgang hierzu in dezentes Stillschweigen hüllen, wobei freilich ein Forum kein Anspruch darauf erheben kann, dass sich die Autoren hierzu nochmals positionieren.

Nun - "Klappern gehört zum Geschirr", so mein vorläufiges Fazit.

:wink:
Lutz Barth
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Rüdiger Bastigkeit
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Patientenwille - Patientenautonomie - was denn sonst ?

Beitrag von Rüdiger Bastigkeit » 23.08.2010, 09:18

Guten Morgen an alle im Forum!

Seit geraumer Zeit wird hier - kompetent und sachlich - über die Patientenautonomie (am Lebensende) diskutiert. Im Mittelpunkt stehen dabei die Strafrechtsentscheidungen des LG Fulda vom 30.04.2010 und des BGH vom 25.06.2010. Hinzu kommen Erörterungen über einen Sterbehilfefall in Geldern:

viewtopic.php?t=14607
viewtopic.php?t=14370
viewtopic.php?t=11710
viewtopic.php?t=14475

Aktuell ergaben sich weitere Diskussionen über Veränderungen bezüglich einer Sterbehilfe-Beihilfe durch die Ärzteschaft:

viewtopic.php?t=14072
viewtopic.php?t=14639
viewtopic.php?t=14652


Da rechtsdogmatische Fragestellungen oder sonstige theoretische Erörterungen über Recht, Ethik, Sitte und Moral nicht so sehr mein Ding sind, möchte ich einfach aus der praktischen / pflegerischen Hinsicht sagen:

Ich halte es für richtig, dass (endlich) der eindeutige Patientenwille ohne jegliche Einschränkungen anerkannt und durchgesetzt wird. Das war bislang wegen zahlreicher Einwände seitens der Ärzteschaft, Kirchenvertreter, moralisierenden Juristen .... (usw.) nicht immer möglich. Dass der BGH (Strafrecht) hier jetzt Position bezogen hat, ist eine gute Sache (und damit bewegt er sich mit dem Zivilsenat auf einer verfassungsrechtlich klaren Linie).
Ich halte wenig davon, über die verschiedenen Begrifflichkeiten in der Sterbehilfedebatte (z.B. passive Sterbehilfe, indirektikte Sterbehilfe usw.) und gar über die Frage, was aktives und passives Handeln strafrechtlich bedeutet, zu diskutieren.
Für mich ist einfach wichtig, was der Patient will - und das gilt es umzusetzen. Dabei erkenne ich an, dass der Staat die aktive Tötung ausdrücklich - und auch weiterhin - mit Strafe bedroht. Allerdings bedarf diese Vorschrift möglicherweise einer Veränderung, weil es Situationen geben kann, wo eine aktive Sterbehilfe auf Verlangen gerechtfertigt erscheinen kann und sich der Staat mit seinem Strafanspruch zurück nehmen muss. Auch im ärztlichen Berufsrecht erscheinen mir Veränderungen wichtig.

Die hier im Forum angesprochenen kritischen Stimmen von Brysch, Tolmein und Kirchenvertretern sind auch für mich nicht nachvollziehbar. Da wollen wohl einige Leute das "Rad wieder zurückdrehen". Oder haben sie einfach nichts verstanden?

Mit freundlichen Grüßen
Rüdiger Bastigkeit
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Wenn Paare sich beim Sterben helfen ....

Beitrag von Service » 11.10.2010, 06:41

Wenn Paare sich beim Sterben helfen – welche Strafen?

1) BGH: Tötung auf Verlangen muss wirklich ein „ausdrücklicher und ernstlicher“ Todeswunsch zugrunde liegen
Karlsruhe - 8.10. Das Bundesgerichtshof (BGH) hat einen Fall an das Landgericht zurückverwiesen, in dem ein 75jähriger Mann aus Niedersachsen nur wegen Tötung auf Verlangen zu 2 ½ Jahren Gefängnis verurteilt worden war - und nicht wegen Mord. Der Mann hatte angegeben, seine Frau auf ihren Wunsch hin erschossen zu haben. Die Vorinstanz, so der BGH am Donnerstag, habe jedoch nicht ausreichend geprüft, ob der Wunsch der Frau zu sterben tatsächlich vorab erklärt und dokumentiert worden sei. Der Ehemann wollte sich auch selbst töten – doch es misslang. Das Verfahren wird nun neu aufgerollt.

Richter müssen vermeintliche Sterbehilfefälle besonders genau unter die Lupe nehmen. Direkte und gezielte Sterbehilfe ist in Deutschland verboten und kann als „Tötung auf Verlangen“ zwar milder als Totschlag oder Mord bestraft werden. Entstammt der Todeswunsch jedoch nur einer „Augenblicksstimmung“ ohne „tiefere Reflexion des Tatopfers“, kann der Grund für die mildere Strafe entfallen, so der BGH.

Basierend auf: http://www.tagesspiegel.de/politik/bund ... 51702.html

2) 80-Jährige half bei Freitod von Ehemann nach: Bewährungsstrafe
FÜRTH - 4.10. „Aus Liebe“ wollte sie ihrem Ehemann helfen, in den Tod zu gehen — nun wurde eine 80-Jährige zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und einer Geldauflage von 4000 Euro verurteilt.

„... er hat nicht leiden sollen und ich habe ihn so lieb gehabt“, notierte Hanna F. am 29. September 2009. Sie deckte ihren Mann zu, legte den Abschiedsbrief und einige Orchideen auf seinen Leichnam. Dann wollte sie ihrem Wilhelm nach 59 Ehejahren in den Tod folgen. …Die beiden alten Menschen hatten Angst vor einem unwürdigen Tod, vor Schmerzen und vor dem Pflegeheim, schildert Anwalt Kefer. Deshalb beschlossen sie gemeinsam, ihr Leben zu beenden, bevor das eintreten konnte, wovor sie sich so fürchteten: durch Tod oder Altersheim auseinandergerissen zu werden.

Mit Fön in der Badewanne
Sie selbst wollte sich in der Badewanne mit Hilfe eines Föns das Leben nehmen. Doch sie stürzte unglücklich, fiel in die Wanne und verletzte sich an der Wirbelsäule. Tage später, erst am 3. Oktober 2009, wurde sie unterkühlt und stark geschwächt in ihrer Wohnung gefunden – da sich die Post stapelte, waren Nachbarn misstrauisch geworden und hatten den Sohn des Ehepaares alarmiert.

Als die verzweifelte Frau gefunden wurde, musste sie einige Wochen ins Krankenhaus. Das Erbe ihres Mannes schlug die Witwe aus, die Wohnung hat sie verlassen … Staatsanwalt Michael Schrotberger nahm zugunsten der Angeklagten nur eine versuchte Tötung an: Es ist nicht feststellbar, ob Wilhelm F. bereits nach der Einnahme der Medikamente verstarb; das Schöffengericht folgte der Argumentation des Anklägers.

Quelle: http://www.nordbayern.de/nuernberger-na ... t-1.216638

3) Kommentar von Elke Baezner (Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben)
… Lebensabend, das klingt nach einem erfüllten Dasein. Doch oft ist das eine Illusion. „Viele sind am Ende ihres Lebens extrem verzweifelt“, sagt Elke Baezner, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben (DGHS). Sie kennt sie, die Situationen, in denen Menschen sich „eine Tüte über den Kopf ziehen“. Oder Familienmitglieder bitten, ihnen beim Freitod zu helfen. …

… Wie in der Geschichte der Dame (80) aus Fürth: Sie musste 4000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen, weil sie zugegeben hatte, ihrem krebskranken Mann beim Suizid geholfen zu haben. Sie habe ihrem Mann, als er die Schlaftabletten genommen hatte, wie verabredet eine Plastiktüte über den Kopf gezogen. Um zu überprüfen, ob der Tod eintritt, setzte sie sich auf seinen Brustkorb. Um zu testen, ob er wirklich tot war, stach sie ihm mit einer Schere in den Hals. Bevor sie ging, legte sie Orchideen auf den Leichnam und einen Brief: Sie schrieb, dass sie es aus Liebe tat....

Dann stieg sie in die Badewanne, um dort ihrem Leben ein Ende zu setzen. Doch sie stürzte. Erst vier Tage später fand sie der Sohn.

Unendliche Lebensmüdigkeit
Solche Momente seien ein Armutszeugnis der Gesellschaft, sagt Elke Baezner. … Wer nur alt ist und das Gefühl habe, sein Leben gelebt zu haben, könne nicht auf Erlösung hoffen. „Viele sind das Leben unendlich leid. Sie wissen, besser wird es nicht mehr.“ Sie wollen in Würde sterben. Diese Menschen bräuchten zunächst Gesprächspartner. Ärzte, die zuhören, die Mut machen. Oder sogar den Wunsch zu sterben akzeptierten...

"… Ich kämpfe dafür, dass das auch in Deutschland mit allen erdenklichen Sorgfalts-Vorkehrungen möglich wird“, so Baezner.

Quelle: http://www.derwesten.de/nachrichten/pol ... 06746.html

4) Was macht eigentlich Margot Umbreit (65), deren Mann mit Chorea-Huntington seit über einem Jahr im Hospiz Geldern künstlich am Leben gehalten wird?
Siehe: http://just-info.de/pm/keine_Sterbehilf ... .1680.html

5) Ausgezeichnete Selbsthilfe-Seite „tettricks.de“
Georg Claus ist zu 100% schwerstbehindert und litt lange Zeit am sogenannten Locked in Syndrom. Seit 2009 betreibt er eine Internetplattform http://www.tettricks.de als Hilfeportal für betroffene Patienten und Angehörige. Seine Website macht Mut. Und er freut sich über jeden Aufruf und v. a. Eintrag ins Gästebuch.

Die Grundidee dieser Website ist es, diesen Betroffenen ein zusätzliches Informationsportal zu Verfügung zu stellen, um sich etwas besser in dem Dickicht an Informationen über Behörden und von Hilfsangeboten zurechtfinden zu können. Neu ist dort die Rubrik Therapien. Dort erklären Fach-Therapeuten Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie und Physiotherapie. Zudem gibt es interessante Unterseiten zu dem Thema Aphasie und Christel Eickhof erklärt die von Georg Claus sehr geschätzte Therapiemethode SRBT.

6) Weitere Nachrichten

Schauspieler Michael Caine: Sterbehilfe bei seinem Vater
Siehe: http://www.welt.de/vermischtes/prominente

Berlin- 8.10. Der Ehrenpreis des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes (DHPV) wurde am Freitag an den Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, verliehen.
Quelle: http://www.domradio.de/news/zdk-praesident-glueck

Quelle: Mitteilung vom 10.10.2010
http://www.patientenverfuegung.de

Presse
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Sterbehilfe - Eine Frau kämpft um ihren Mann

Beitrag von Presse » 22.10.2010, 06:44

Sterbehilfe - Eine Frau kämpft um ihren Mann
Niederrhein, 30.08.2010, Rosali Kurtzbach
Geldern. Margot Umbreit wollte ihrem Mann im Gelderner Hospiz Sterbehilfe leisten. Nach einem ersten Versuch tobt ein Rechtsstreit. Die 65-Jährige kämpft weiter darum, „dass er in Ruhe gehen kann.“
.... (mehr)
http://www.derwesten.de/nrz/niederrhein ... 30395.html

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