Steigende Rentenlücken und Lebenserwartung -
Aktuelle DIA- Studie belegt fehlende Vorbereitung der Bevölkerung
Die Bevölkerung hat zwar registriert, dass zukünftig die gesetzliche Rente
sinken und die Lebenserwartung steigen wird – das Ausmaß und die Folgen
beider Faktoren werden jedoch dramatisch unterschätzt. Dies zeigt eine neue
Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) und fordert konkrete
politische Konsequenzen.
„Bei realistischer Einschätzung der Lebenserwartung werden
59 Prozent aller Haushalte die entstehende Rentenlücke mit dem heutigen
Sparverhalten nicht füllen können", so einer der Autoren der Unter-
suchung, Professor Dr. Axel Börsch-Supan vom Mannheimer Forschungsinstitut für
Ökonomie und demografischen Wandel (MEA).
Unterschätzung des Vorsorgebedarfs um 40
Prozent
So wird die tatsächliche Lebenserwartung – unter
Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts gemäß den Prognosen der
Rürup-Kommission – um etwa fünf bis sieben Jahre unterschätzt. Diese
Lebenserwartung liegt für Männer bei 81,59 und für Frauen bei 87,45 Jahren.
Entsprechend verlängert sich die zu erwartende Rentenbezugsdauer auf 17,4 Jahre
für Männer und 24,2 Jahre für Frauen. Dies entspricht einer dramatischen
Unterschätzung des Vorsorgebedarfs um etwa 40 Prozent.
Monatliche Rentenlücke von rund 150 Euro
Die Rentenreformen von 2001 und 2004 und die daraus folgende
Absenkung des Nettorentenniveaus bedeuten im ersten Rentenbezugsjahr eine Lücke
von durchschnittlich 150 Euro im Monat: Bei den heute 40 bis 49-jährigen 215
Euro, den 50-59-jährigen 112 und den älteren Haushalten (60 Jahre und älter)
61 Euro. Die anfängliche Rentenlücke steigt bei den Älteren in der Mitte
ihrer Bezugszeit mit 125 Euro auf mehr als das Doppelte, da sich der
Nachhaltigkeitsfaktor bei ihnen – anders als bei den Jüngeren schon beim
Renteneintritt – erst später auswirkt. Aus derzeitigem Finanzvermögen
(inklusive betrieblicher Altersvorsorge) und zukünftigen Ersparnissen aus dem
laufenden Einkommen können mehr als die Hälfte (59 Prozent) der Haushalte
diese Deckungslücken nicht füllen. Etwa ein Drittel verfügt über gar kein
Finanzvermögen und spart auch nichts. Es sind insbesondere jene, die unbedingt
sparen müssten und ungebremst in die Altersarmut laufen.
Opting-Out statt Obligatorium
MEA- Chef Professor Dr. Axel Börsch-Supan fordert
Konsequenzen, spricht sich dabei aber gegen die Einführung eines Obligatoriums
aus. „Gerade diejenigen, die am wenigsten sparen, dürften auch am häufigsten
unregelmäßige Beschäftigungsverhältnisse haben und sind daher mit einem
Obligatorium nur schwer erreichbar. Eine Sparpflicht würde zudem, da es vom
Staat verordnet ist, diesen in die Haftung oder gar Renditegarantien
einbeziehen. "Er plädiert dagegen für das so genannte „Opting-Out"-Modell
bei der Entgeltumwandlung: Dies sind Altersvorsorgepläne, die bei einem
Beschäftigungsverhältnis automatisch in Kraft treten, wenn nicht explizit
dagegen Einspruch erhoben wird. Solche Modelle erreichen in den USA
Beteiligungsraten von über 85 Prozent. Bei Vorsorgeplänen, bei denen man sich
aktiv für eine Beteiligung aussprechen muss, zunächst aber unversorgt bleibt,
liegen die Beteiligungsraten nur bei einem Drittel. „Mehr Information über
das Ausmaß der Rentenlücken und eine konsequente Einführung von
Opting-Out-Verträgen bei der Entgeltumwandlung können die große Keule des
Obligatoriums verhindern. Es ist höchste Zeit, beide Instrumente
einzusetzen", so DIA-Sprecher Bernd Katzenstein.
Die Studie „Rentenlücken und Lebenserwartung - Wie sich die
Deutschen auf den Anstieg vorbereiten" kann unter http://www.dia-vorsorge.de
angefordert werden.
Quelle: Pressemitteilung vom 2.8.2005
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