2. Neusser Pflegetreff am 26.04.2007:
Transparenz schafft Vertrauen
Das war die klare Botschaft, die in dem vom Pflege-Selbsthilfeverband
e.V. durchgeführten 2. Pflegetreff in den Mittelpunkt der
Veranstaltung am 26.04.2007 in Neuss-Erfttal gestellt wurde.
Der Neusser Werner Schell, machte zunächst vor den rd. 80 erschienenen Gästen auf das
reformbedürftige bundesdeutsche Pflegesystem aufmerksam. Es sei kein Wunder,
wenn in einer repräsentativen Emnid-Umfrage von Anfang 2007 dem deutschen
Pflegesystem von der Bevölkerung schlechte Noten erteilt wurden. Pflegende
Angehörige fühlten sich von Staat und Gesellschaft im Stich gelassen. Die
Emnid-Studie spreche schlicht von eklatanten Missständen im deutschen
Pflegesystem. Besonders verunsichert seien die Menschen, wenn sie nach einem
guten Heimplatz für einen Angehörigen suchen müssen. Sie wissen meist nicht,
ob sie den Trägerangaben, oft ergänzt durch werbewirksam aufgemachte
Hochglanzbroschüren, trauen dürfen. Nicht selten wird dann, um aufkommende
Bedenken auszuräumen, auf Zertifizierungen verwiesen. Es wird vorgegaukelt, als
sei die Heimqualität sozusagen amtlich bestätigt. Tatsache ist aber, dass den
Versprechungen und Zertifizierungsurkunden grundsätzlich misstraut werden muss.
Maßgeblich für die Suche nach einem guten Heim können ernstlich nur die
Pflegeumstände sein, die verdeutlichen, dass die Qualität eines Heimes
tatsächlich bei den Bewohnern ankommt. Daher ist es wichtig, die
Ergebnisqualität zu hinterfragen.
Helmut Wallrafen-Dreisow, selbst
ausgebildeter Altenpfleger und jetzt Geschäftsführer der Sozial-Holdung der
Stadt Mönchengladbach, berichtete sehr anschaulich über das von ihm mit
entwickelte und in Mönchengladbach praktizierte Konzept „Transparenz schafft
Vertrauen". Helmut Wallrafen-Dreisow verdeutlichte, dass z.B. die
Mönchengladbacher Pflegeeinrichtungen konsequent Offenheit für die Kunden
praktizieren. Die Qualitätsberichte seiner Einrichtungen wurden daher sogar ins
Internet gestellt. Damit wird auch Mut zur Lücke gezeigt. Denn längst nicht
alles überall gleichermaßen zufriedenstellend gewährleistet - aber man
arbeitet daran. Der Heimbewohner stehe im Mittelpunkt und seinen Bedürfnissen
müssen ohne Wenn und Aber Rechnung getragen werden. Leider seien die Mehrzahl
der Heime umgekehrt darum bemüht, nur die positiven Ergebnisse hervorzuheben
und die Mängel zu verschweigen. In einer lebhaften Diskussion ging der Referent
auf zahlreiche Fragen der ZuhörerInnen ein und meinte, dass die guten Heime
nichts zu verbergen hätten und sich einer offenen Präsentation nicht
verschließen sollten. Insoweit könne er die Initiativen des
Pflege-Selbsthilfeverbandes e.V. nur unterstützen.
Dann ging die 1. Vorsitzendes des Pflege-SHV, Frau Adelheid
von Stösser, ausgebildete Krankenschwester und Pflegegutachterin, auf die
in Planung befindlichen „Hotelsterne" (Gütesiegel) für Heime ein. Eine
solche Auszeichnung solle den pflegebedürftigen Menschen bzw. den Angehörigen
als Orientierungshilfe bei der Suche nach einem Heimplatz helfen. Das
Gütesiegelverfahren sei keine neue Zertifizierung, sondern einzig und allein
eine Bewertung der Ergebnisqualität. Das Gütesiegel soll schlicht und einfach
darauf Antwort geben, ob das, was Hochglanzbroschüren oder
Internetbeschreibungen ankündigen auch der erlebten Wirklichkeit entspricht.
Frau von Stösser deutete an, dass die Planungen für das Gütesiegel schon weit
gediehen seien und voraussichtlich im Sommer 2007 mit den ersten Probeläufen
gerechnet werden könne.
Werner Schell ging dann noch einmal
auf die finanziellen Bedürfnisse bei der pflegerischen Versorgung eines
Familienmitglieds ein. Diese könnten so immens sein, dass sich existenzielle
Fragen stellten. Renten und Pensionen gingen vollständig drauf und nicht selten
müsse das sonstige Vermögen (Erspartes, Haus und Hof) komplett eingesetzt
werden. Wenn letztlich die Sozialhilfe in Anspruch genommen werden müsse,
stellten sich für die Angehörigen die Frage nach dem Elternunterhalt. Diese
finanzielle Situation verstärke den Druck auf die durch Pflegeleistungen
ohnehin meist überlasteten Angehörigen beträchtlich und mache auch die Helfer
krank. Daher sei für den September 2007 eine größere Veranstaltung zum Thema
„Elternunterhalt, Finanzierung einer aufwendigen Pflege - Hilfe durch
Pflegeprofis oder Haushaltshilfen aus Osteuropa. Schließen sich diese
Dienstleistungen gegenseitig aus oder gibt es ein sinnvolles Miteinander?"
geplant.
Beim Pflegetreff meldete sich dann noch Frau Renate Föry,
Vertreterin einer polnischen Agentur zur Vermittlung von Haushaltshilfen, zu
Wort und stellte ihr Konzept vor, wie in legaler Art und Weise Hilfen für
deutsche Haushalte vermittelt werden können. Sie war bereits durch ihren
Auftritt bei Maybrit Illner („Berlin Mitte") am 25.01.2007 bekannt und
überzeugte mit ihren ersten kurzen Hinweisen zu einem Thema, dass immer mehr
Menschen interessiert.
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