Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
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Christliche Patientenverfügung
Handreichung und Formular
der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland in Verbindung mit den übrigen Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen in Deutschland
Herausgegeben vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland,
Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover
und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz,
Kaiserstraße 163, 53113 Bonn
Die Publikation wird bei der Deutschen Bischofskonferenz
und dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland
als Nr. 15 in der Reihe "Gemeinsame Texte" geführt.
- Vorwort
- Einführung
- Formular einer CHRISTLICHEN PATIENTENVERFÜGUNG mit Vorsorgevollmacht
- Erläuterungen
- Fragen über Fragen
- Anstöße zum Nachdenken
Vorwort
Der medizinische Fortschritt hat in den letzten Jahrzehnten zu einer schwierigen Situation
geführt: Einerseits können mit Hilfe moderner medizinischer Möglichkeiten Krankheiten
geheilt werden, die noch vor wenigen Jahren als unheilbar galten - andererseits kann der
Einsatz aller medizinisch-technischen Mittel der Intensivmedizin auch das Leiden und
Sterben von Menschen verlängern. Ein würdevolles Leben bis zuletzt kann also sowohl die
Anwendung als auch den Verzicht auf die Anwendung intensiver Medizin bedeuten. Eine letzte
Entscheidung muß aus der konkreten Lage des sterbenden Menschen heraus und von seinen
Wünschen und Bedürfnissen her getroffen werden.
Seit Ende der 70er Jahre gewinnt auch in Deutschland die Patientenverfügung immer mehr an
Bedeutung. Eine Patientenverfügung dokumentiert den Willen eines Menschen für den Fall,
daß er sich nicht mehr äußern und sein Selbstbestimmungsrecht in
Gesundheitsangelegenheiten nicht mehr wirksam ausüben kann. Mittlerweile ist eine große
Anzahl verschiedener Formulare im Umlauf, die sich in Form, Inhalt und Ausführlichkeit
erheblich unterscheiden. Von vielen Seiten wurde in den letzten Jahren an die Kirchen die
Bitte herangetragen, eine Patientenverfügung zu entwickeln, die sich in besonderer Weise
dem christlichen Glauben verpflichtet weiß. Da es sinnvoll erschien, eine solche
gemeinsam zu erarbeiten, wurde eine ökumenische Arbeitsgruppe eingesetzt. Wir danken den
Mitgliedern der Arbeitsgruppe, Dr. Dr. Ako Haarbeck, Bonn, Dr. Annegret Klaiber,
Frankfurt/Main, Priv.-Doz. Dr. Dr. Eckhard Nagel, Hannover, Professor Dr. Heinrich Pompey,
Freiburg i.Br., Heinz-Theo Rauschen, Bonn, Professor Dr. Johannes Reiter, Mainz, Dirk
Veltrup, Hannover, den Geschäftsführerinnen Dr. Ursula Beykirch, Bonn und in
Dr. Renate Knüppel, Hannover, die ihren medizinischen, juristischen und theologischen
Sachverstand in die Erarbeitung der Handreichung einbrachten.
Die Handreichung greift auf einige Texte zum Thema "Sterben und Tod" zurück,
die in den letzten Jahren von den Kirchen gemeinsam veröffentlicht wurden. Bei der
Patientenverfügung, die wir hier vorlegen, handelt es sich um die überarbeitete Fassung
eines Textes, der von der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern im November
1995 mit dem Titel "Sie sind dabei - Wenn andere für Sie entscheiden müssen.
Christliche Patientenverfügung" beschlossen und dessen Verwendung vom
Landeskirchenamt im Februar 1998 dankenswerterweise gestattet wurde. Die hier vorliegende
Christliche Patientenverfügung hat zwar den Titel und den Aufbau der bayerischen Fassung
übernommen, stellt aber unter Berücksichtigung der Verbesserungsvorschläge, Einwände
und Entwicklungen der letzten Jahre eine zum Teil erhebliche Fortschreibung dar.
Als Ergebnis liegt nunmehr nicht nur die Patientenverfügung vor, sondern eine
Handreichung, in die das Formular eingebettet ist. Dahinter steht die Absicht, in
verständlicher Sprache den christlichen Hintergrund zu beleuchten und einzelne Aspekte,
die sich beim Ausfüllen eines solchen Formulars aufdrängen, zu benennen. Die drei Teile
der Handreichung, Einführung - Formular - Erläuterungen, sind inhaltlich aufeinander
abgestimmt. Alle wichtigen im Formular der Patientenverfügung verwendeten Begriffe werden
in den Erläuterungen beschrieben, die als eine Art Glossar benutzt werden können. Zum
Schluß bietet die Handreichung darüber hinaus jeder und jedem Gelegenheit, sich anhand
von Fragen und Zitaten mit dem Thema Sterben und Tod und dem eigenen Sterben zu
beschäftigen.
"Christliche Patientenverfügung" bedeutet nicht, daß sie nur von Christen
benutzt werden kann, wohl aber, daß sie christliches Gedankengut zum Thema
Sterbebegleitung enthält, so beispielsweise eine deutliche Ablehnung aktiver Sterbehilfe.
Christliche Hoffnung für das Leben gründet sich auf die Auferstehung Jesu Christi von
den Toten. Der christliche Glaube schenkt uns die Gewißheit, daß es ein Leben nach dem
Tode gibt. Als Christen bezeugen wir, was in der Heiligen Schrift gesagt ist: "Gott
wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen
sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine
Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem
Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu." (Offb 21,3-5) Die Zuversicht auf die
Gegenwart Jesu Christi gibt Menschen den Mut, auch in den schwierigsten Situationen ihres
Lebens Zeichen des kommenden Reiches Gottes wahrzunehmen und weiterzugeben. So finden sie
die Kraft, Menschen auf der letzten Wegstrecke ihres Lebens, dem Sterben, zu begleiten.
Solches Begleiten macht die in unserem Leben verborgene, aber dennoch wirksame Kraft des
Heiligen Geistes erfahrbar und zeigt: Auch im Sterben sind wir von Jesus Christus und
seiner Gnade umfangen.
Bonn/Hannover, im Juli 1999
Bischof Karl Lehmann
Vorsitzender der Deutschen
Bischofskonferenz
Präses Manfred Kock
Vorsitzender des Rates
der Evangelischen Kirche in Deutschland
Einführung
Viele Menschen machen sich Sorgen über die letzte Phase ihres Lebens. Sie fragen sich:
Wie wird es mit mir zu Ende gehen? Werde ich einmal zu Hause sterben können oder wird man
mich ins Krankenhaus bringen? Werden dann Menschen bei mir sein, mir beistehen und Kraft
geben? Werde ich unerträgliche Schmerzen haben? Oder nur noch ohne Bewußtsein vor mich
hindämmern? So schwer solche Fragen sind, es ist gut, ihnen nicht auszuweichen. Denn zum
verantwortlichen Leben gehört auch das Bedenken des Todes und das Annehmen der eigenen
Sterblichkeit. Der christliche Glaube, dessen Mittelpunkt Sterben, Tod und Auferstehung
Jesu Christi ist, gibt Freiheit, auch über das eigene Sterben nachzudenken und
angemessene Vorsorge zu treffen.
In den letzten Jahrzehnten ist das Sterben zu Hause im Kreis der Familie, der Angehörigen
und Nachbarn selten geworden. Die weitaus meisten Menschen sterben in Alten- oder
Pflegeheimen und Krankenhäusern. Dort wird ihnen eine fachkundige
medizinisch-pflegerische Betreuung zuteil, wie sie in früheren Jahrhunderten unbekannt
war. Der wachsende Fortschritt der medizinischen Möglichkeiten wirft aber auch Fragen
auf, die sich früher so nicht gestellt haben. Viele Menschen fragen, ob die Ausschöpfung
aller Möglichkeiten der Medizin am Ende wirklich zu einer Verbesserung der
Lebensqualität beiträgt oder ob sie nur einen belastenden Sterbeprozeß verlängert. Ist
es vielleicht besser, in der vertrauten Umgebung zu sterben, auch wenn fehlende
technisch-medizinische Möglichkeiten die letzte Lebensphase verkürzen können, oder ist
es besser, auf der Intensivstation, von technischen Geräten umgeben, solange wie möglich
zu leben?
Solche Fragen lassen sich nicht generell beantworten. Um menschenwürdig bis zuletzt leben
zu können, kann sowohl eine intensive medizinische Behandlung erforderlich sein als auch
der Verzicht auf ihre Anwendung. Letztlich muß die Entscheidung aus der konkreten Lage
des sterbenden Menschen heraus und von seinen Bedürfnissen her getroffen werden.
Aber wer entscheidet? Wer entscheidet, wenn Betroffene selbst sich nicht mehr äußern
können? Wer entscheidet, wenn Sie selbst nicht mehr sagen können, was Ihr eigener Wunsch
ist? Auch wenn Sie Ihre Vorstellungen und Wünsche nicht schriftlich dokumentiert haben,
werden Sie - Ihrer Situation angemessen - behandelt und versorgt werden. Ärzte,
Ärztinnen und Pflegende haben sich verpflichtet, die Würde und den Wert jedes
menschlichen Lebens bis zuletzt zu achten. Dennoch setzt jede medizinisch-technische
Behandlung Ihr Einverständnis voraus.
Mit Hilfe einer Patientenverfügung können Sie schon jetzt die Anwendung medizinischer
Verfahren und damit die Qualität Ihrer letzten Lebensphase mitbestimmen. Sie können
schon jetzt etwas dafür tun, daß Sie in dieser Phase des Lebens Ihrer Vorstellung und
Ihrem Wunsch gemäß menschenwürdig und körperlich erträglich durch medizinische
Behandlung und qualifizierte Pflege betreut werden. Falls Sie in eine Situation geraten,
in der Sie nicht mehr in der Lage sind, selbst über medizinische Maßnahmen zu
entscheiden, ist die von Ihnen verfaßte Patientenverfügung von dem Arzt oder der Ärztin
als wichtige Entscheidungshilfe zu berücksichtigen.
Wir nennen das hier angebotene Formular eine Christliche Patientenverfügung, weil sie dem
christlichen Glauben verpflichtet ist. Dieser achtet das Leben und die einzigartige Würde
des Menschen als Gottes unantastbare Gabe, die auch im Sterben zu respektieren ist, und
weiß sich von der Auferstehungshoffnung getragen.
Folgende Überlegungen liegen dem Vorschlag zugrunde, rechtzeitig eine
solche Patientenverfügung zu unterschreiben:
- Das Leben ist uns geschenkt, damit wir es - trotz Leid und Tod -
annehmen und gestalten können. Gott ist ein Freund des Lebens. Er will, daß uns
ein erfülltes Leben gelingt. Dazu wünscht er unser Mittun und Mitgehen. Er befähigt uns
dazu, daß wir unser Leben verantwortlich gestalten, auch in der letzten Phase.
- Bis zuletzt soll ein Leben als lebenswert und sinnvoll erfahren werden
können. Dazu gehört auch, Informationen zu erhalten, entscheiden zu dürfen, in
Verbindung mit lieben Menschen bleiben zu können, Zeit zum Durchdenken und Klären von
Fragen und zum Abschiednehmen und Annehmen des eigenen Todes zu haben. Dieses ist häufig
ein schwieriger Prozeß. Das Bereitwerden zum Sterben kann durch schwere Schmerzen und
quälende körperliche Symptome und ebenso durch massive medikamentöse Dämpfung
behindert werden. Schmerztherapie, Palliativmedizin, pflegerische Maßnahmen,
mitmenschliche und geistliche Begleitung sollen es möglich machen, mit Gespür und
Achtung für den sterbenden Menschen die Balance zu finden, die auch die letzte
Lebensstrecke menschenwürdig und sinnvoll durchleben läßt.
- Wir machen die Erfahrung, daß wir unser Leben nicht in der Hand haben. Das
Leben ist ein Geschenk Gottes. Wir vertrauen auf seine Begleitung und Hilfe auch für
die letzte Phase unseres Lebens. In diesem Vertrauen nutzen wir die Möglichkeit einer
Patientenverfügung. Sie erleichtert es den Ärzten, Ärztinnen und Pflegenden, uns mit
unseren Wünschen zu achten, ganz gleich, in welcher Bewußtseinslage wir uns befinden.
- Jedes menschliche Leben hat ein Ende. Für jeden Menschen kommt die Zeit
des Sterbens. Manchmal stellt sich dann die Frage, ob das Lebensende noch für eine kurze
Zeit hinausgezögert werden kann und soll. Mit der Patientenverfügung kann der persönliche
Wunsch formuliert werden, auf umfangreiche medizinisch-technische Behandlung zu
verzichten. Damit soll auch für den Fall, daß Sie selbst sich nicht mehr äußern
können, gewährleistet werden, daß Ihre persönliche Einstellung zum Ende des Lebens
für alle behandelnden Ärzte und Ärztinnen bekannt ist und respektiert wird. Dies
bedeutet nicht, daß auf die Möglichkeiten moderner Medizin verzichtet werden soll, wenn
davon eine nachhaltige Hilfe zu erwarten ist.
- Es ist zu respektieren, wenn Patienten oder Patientinnen sich dafür
entscheiden, den Weg durch Krankheit und Leid, durch das Ertragen von Schmerzen und
belastenden Behandlungen als Prozeß des inneren Wachstums anzunehmen. Manche
Christen machen durch ihr Leiden die Erfahrung einer tiefen Solidarität mit Christus, der
uns durch sein Leiden erlöst.
- Das Leben ist uns nicht frei verfügbar. Genausowenig haben wir ein
Recht, über den Wert oder Unwert eines menschlichen Lebens zu befinden. Jeder Mensch hat
seine Würde, seinen Wert und sein Lebensrecht von Gott her. Jeder Mensch ist ungleich
mehr und anders, als er von sich selbst weiß. Kein Mensch lebt nur für sich und kann
genau wissen, was er für andere bedeutet. Weil Gott allein Herr über Leben und Tod
ist, sind Leben und Menschenwürde geschützt. Im Glauben an den Gott des Lebens
wissen wir, daß jeder Mensch mit seinem Leben - wie immer es beschaffen ist -
unentbehrlich ist. Ohne solche Anerkennung der Würde und des Lebensrechtes jedes Menschen
wäre kein Zusammenleben der Menschen möglich. Es gäbe kein Recht und keine Liebe.
Würde z.B. ein Arzt oder eine Ärztin, die stets Anwalt des Lebens zu sein haben, einer
Bitte von Angehörigen folgen und einen qualvoll leidenden Patienten töten, so würde das
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient grundlegend zerstört. Darum muß
eindeutig und klar gesagt werden: Das Töten eines Menschen kann niemals eine Tat der
Liebe oder des Mitleids sein, denn es vernichtet die Basis der Liebe und des Vertrauens.
Weil wir nicht selbst frei über unser Leben und schon gar nicht über das Leben anderer
verfügen, lehnen wir jede aktive Beendigung des Lebens ab.
- "Aktive Sterbehilfe" und "passive Sterbehilfe"
müssen deutlich voneinander unterschieden werden. "Aktive" Sterbehilfe
meint die gezielte Tötung eines Menschen, z.B. durch die Verabreichung eines den Tod
herbeiführenden Präparates (z.B. Tablette, Spritze, Infusion). Sie ist in Deutschland
gesetzlich verboten und wird strafrechtlich verfolgt, und zwar auch dann, wenn sie mit
ausdrücklicher Zustimmung des Patienten oder der Patientin erfolgt. "Aktive
Sterbehilfe" ist mit dem christlichen Verständnis vom Menschen nicht vereinbar.
Demgegenüber zielt "passive" Sterbehilfe auf ein menschenwürdiges
Sterbenlassen ab durch den Verzicht auf eine lebensverlängernde Behandlung bei einem
unheilbar kranken Menschen, der sich im Sterben befindet. "Passive Sterbehilfe"
setzt das Einverständnis des sterbenden Menschen voraus und ist rechtlich und ethisch
zulässig.
Die Christliche Patientenverfügung möchte einen Weg zwischen
unzumutbarer Lebensverlängerung und nicht verantwortbarer Lebensverkürzung aufzeigen.
Sie soll als Entscheidungshilfe dienen - sowohl für Ihre eigene Urteilsbildung als auch
für alle, die möglicherweise einmal an Ihrer Stelle entscheiden müssen. Zusätzlich
können Sie mit der Vorsorgevollmacht eine Vertrauensperson benennen, die in Ihrem Sinne
tätig werden soll.
Ihre Kirchen bieten Ihnen, Ihren Angehörigen und allen, die im Gesundheitswesen tätig
sind, seelsorgerliche Begleitung an. Das gilt in besonderer Weise für schwierige
Entscheidungen am Lebensende. Es soll nichts unversucht bleiben, um Menschen ein Leben in
Frieden, Würde und Selbstbestimmung bis zum Tode zu ermöglichen.
Aus Gottes Hand empfing ich mein Leben,
unter Gottes Hand gestalte ich mein Leben,
in Gottes Hand gebe ich es zurück.
(Augustinus) |
Patientenverfügung
Für den Fall, daß ich nicht mehr in der Lage bin, meine Angelegenheiten
selbst zu regeln, verfüge ich:
An mir sollen keine lebensverlängernden Maßnahmen vorgenommen werden, wenn medizinisch
festgestellt ist,
- daß ich mich im unmittelbaren Sterbeprozeß befinde, bei dem jede
lebenserhaltende Maßnahme das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf erfolgreiche
Behandlung verlängern würde,
oder
- daß es zu einem nicht behebbaren Ausfall lebenswichtiger Funktionen
meines Körpers kommt, der zum Tode führt.
Ärztliche Begleitung und Behandlung sowie sorgsame Pflege sollen in
diesen Fällen auf die Linderung von Schmerzen, Unruhe und Angst gerichtet sein, selbst
wenn durch die notwendige Schmerzbehandlung eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen
ist. Ich möchte in Würde und Frieden sterben können, nach Möglichkeit in Nähe und
Kontakt mit meinen Angehörigen und nahestehenden Personen und in meiner vertrauten
Umgebung.
Ich bitte um seelsorgerlichen Beistand.
Maßnahmen aktiver Sterbehilfe lehne ich ab.
Ich unterschreibe diese Verfügung nach sorgfältiger Überlegung und als
Ausdruck meines Selbstbestimmungsrechtes. Ich wünsche nicht, daß mir in der akuten
Situation eine Änderung meines hiermit bekundeten Willens unterstellt wird. Sollte ich
meine Meinung ändern, werde ich dafür sorgen, daß mein geänderter Wille erkennbar zum
Ausdruck kommt.
Name: ..................................................
geb. am: ...............................................
Anschrift: ..............................................
Ort, Datum: ..........................................
Unterschrift: .........................................
Diese Patientenverfügung wird von mir erneut bestätigt:
Ort, Datum: ..............................Unterschrift:
......................................
Ort, Datum: ..............................Unterschrift:
......................................
Ort, Datum: ..............................Unterschrift:
......................................
Vorsorgevollmacht
Für den Fall, daß ich außerstande bin, meinen Willen zu bilden oder zu
äußern, benenne ich hiermit als Person meines besonderen Vertrauens:
Frau/Herrn: ..........................................................
geb. am: ..............................................................
Anschrift: .............................................................
und erteile ihr hiermit Vollmacht, an meiner Stelle mit der behandelnden Ärztin oder dem
behandelnden Arzt alle erforderlichen Entscheidungen abzusprechen.
Die Vertrauensperson soll meinen Willen einbringen und in meinem Namen Einwendungen
vortragen, die die Ärztin oder der Arzt berücksichtigen soll. Sie darf auch die
Krankenunterlagen einsehen und in deren Herausgabe an Dritte einwilligen.
Zu diesem Zweck entbinde ich die mich behandelnden Ärzte oder Ärztinnen und deren
nichtärztliche Mitarbeitende gegenüber meiner Vertrauensperson von der Schweigepflicht.
Diese Vorsorgevollmacht ist jederzeit ohne besondere Form widerruflich.
Ort, Datum: ..............................................
Unterschrift: .............................................
Leben bis zuletzt:
Sterben als Teil meines Lebens
In Würde bis zuletzt leben zu können, Gemeinschaft mit lieben Menschen zu haben, gut
versorgt zu werden und seelsorgerlichen Beistand zu haben, das wünschen sich viele
Menschen für den letzten Lebensabschnitt.
Mit den Möglichkeiten der modernen Medizin kann der herannahende Tod eines Menschen
aufgeschoben werden. Doch kommen ärztliche Maßnahmen irgendwann an eine Grenze. Aus dem
Bemühen um Lebensverlängerung kann Leidensverlängerung werden.
Auch Sterbende haben das Recht auf Information und auf eigene Entscheidung. Wo das in der
entsprechenden Situation nicht mehr möglich ist, will die Christliche Patientenverfügung
eine Wegweisung sein.
Sie will Ärzten, Ärztinnen und Pflegenden helfen, mit ihren Entscheidungen dem Glauben,
der Freiheit und der Würde des sterbenden Menschen gerecht zu werden und ihm bis zum Tod
mit Achtung zu begegnen und ihn zu begleiten.
Nach christlichem Verständnis bestimmt nicht der Mensch den Zeitpunkt des Sterbens,
sondern Gott. Wenn wir über unser Sterben nachdenken, kann uns das helfen, uns zu Gott
hin zu öffnen, der unser Leben und Sterben in seinen Händen hält.
Was ist zu tun?
- Bitte lesen Sie vor dem Ausfüllen die Handreichung zur Christlichen
Patientenverfügung, in der Sie wichtige Informationen finden.
- Versehen Sie die Patientenverfügung mit Ihrem eigenen Namen, Ihrer
Anschrift, Ihrem Geburtsdatum sowie mit Ort, Datum und Unterschrift.
- Für den Fall, daß Sie auch eine Vorsorgevollmacht ausstellen möchten,
suchen Sie rechtzeitig und in guten Tagen einen Menschen, zu dem Sie Vertrauen haben, und
besprechen Sie sich mit ihm. Versehen Sie die Vorsorgevollmacht mit Name, Geburtsdatum und
Anschrift Ihrer Vertrauensperson sowie mit Ort, Datum und Ihrer eigenen Unterschrift.
- Trennen Sie die herausnehmbare Faltkarte aus dem Formular, füllen Sie
sie aus und nehmen Sie diese zu Ihren Ausweispapieren.
- Für den Fall, daß Sie eine Vertrauensperson benannt haben, füllen Sie
das Zweitexemplar für die Vertrauensperson aus und geben Sie es ihr zur Aufbewahrung.
- Legen Sie das Formular der Christlichen Patientenverfügung zu Ihren
persönlichen Unterlagen. Wir empfehlen, die Patientenverfügung etwa alle ein bis zwei
Jahre durch Ihre Unterschrift erneut zu bestätigen.
- Tritt die in der Patientenverfügung beschriebene Situation ein, gibt
die Faltkarte einen Hinweis auf Ihre Patientenverfügung und gegebenenfalls auf Ihre
Vertrauensperson. Vertrauensperson und behandelnder Arzt oder behandelnde Ärztin setzen
sich miteinander in Verbindung und beraten - in Ihrem Sinne - über die zu veranlassenden
Maßnahmen.
Erläuterungen
Patientenverfügung
Was ist eine Patientenverfügung?
Eine "Patientenverfügung" ist eine vorsorgliche schriftliche Erklärung, durch
die ein einwilligungsfähiger Mensch zum Ausdruck bringt, daß er in bestimmten
Krankheitssituationen keine Behandlung mehr wünscht, wenn diese letztlich nur dazu dient,
sein ohnehin bald zu Ende gehendes Leben künstlich zu verlängern.
Im anglo-amerikanischen Sprachraum ist hierfür der Begriff "living will"
geprägt worden. Im deutschen Sprachraum setzt sich langsam die Bezeichnung
"Patientenverfügung" durch. Als irreführend hat sich der Begriff
"Patiententestament" erwiesen, der manchmal noch anzutreffen ist. Ein Testament
enthält seiner Definition nach nur Bestimmungen für den Zeitpunkt nach Todeseintritt,
nicht jedoch für die letzte Phase des Lebens. Außerdem hat ein Testament eine andere
rechtliche Qualität.
Wann wird die Patientenverfügung angewendet?
Ihre Patientenverfügung wird berücksichtigt, wenn folgende drei Voraussetzungen erfüllt
sind:
a) Sie sind nicht mehr einwilligungsfähig,
b) Ihre lebensbedrohende Erkrankung wird in absehbarer Zeit zum Tode
führen und
c) es stellt sich die Frage, ob auf eine mögliche Behandlung verzichtet
oder eine begonnene Behandlung beendet werden soll.
In einer solchen Situation sollte - wenn möglich - keine Unklarheit
darüber bestehen, welche Wünsche und Werte Sie respektiert wissen wollen. Für den Arzt
oder die Ärztin ist die Patientenverfügung ein wichtiges Indiz für Ihren mutmaßlichen
Willen, den außer acht zu lassen rechtswidrig sein kann. Die Verantwortung für die
medizinischen Maßnahmen trägt freilich der Arzt oder die Ärztin.
Wann und wie lange gilt die Patientenverfügung?
Die Ablehnung einer ärztlichen Behandlung können Sie grundsätzlich immer auch mündlich
äußern. Für den Fall, daß Sie nicht mehr in der Lage sind, Ihre Angelegenheiten selbst
zu regeln, empfiehlt sich jedoch die schriftliche Niederlegung Ihres Willens. Anders als
beim handschriftlich abgefaßten Testament kann die Patientenverfügung auch als Formular
ausgefüllt werden. Wichtig sind das Datum sowie die handschriftliche Unterzeichnung mit
Vor- und Familienname. Wir empfehlen, Ihre Verfügung etwa alle ein bis zwei Jahre durch
eine weitere Unterschrift zu bestätigen, damit nicht Zweifel daran aufkommen, ob Sie noch
derselben Meinung sind.
Der in der Patientenverfügung bekundete Wille kann von Ihnen jederzeit, auch formlos
wieder rückgängig gemacht werden. Der Widerruf muß nicht schriftlich oder sprachlich
ausgedrückt werden. Es kann auch genügen, sich mit Zeichen verständlich zu machen, oder
die Patientenverfügung zu zerreißen.
Wie verbindlich ist die Patientenverfügung?
Die rechtsverbindliche Wirkung einer Patientenverfügung wird vielfach mit der Begründung
in Frage gestellt, der Patient oder die Patientin könne zum Zeitpunkt der Abfassung keine
sichere Prognose über die eigenen Behandlungswünsche im Verlauf einer tödlichen
Erkrankung stellen. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, die Patientenverfügung in
regelmäßigen Abständen etwa alle ein bis zwei Jahre erneut zu unterschreiben.
Im September 1998 hat die Bundesärztekammer "Grundsätze zur ärztlichen
Sterbebegleitung" verabschiedet. Darin hat sie sich ausdrücklich für eine Stärkung
des Selbstbestimmungsrechtes von Patienten ausgesprochen und betont, daß
Patientenverfügungen eine wesentliche Hilfe für das Handeln des Arztes oder der Ärztin
sind. Ausdrücklich legen die Grundsätze fest, daß Patientenverfügungen
"verbindlich" sind, "sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation
beziehen und keine Umstände erkennbar sind, daß der Patient sie nicht mehr gelten lassen
würde". Durch Inkrafttreten dieser Grundsätze hat die Patientenverfügung an
rechtlicher Bedeutung gewonnen.
Was wird geregelt?
Mit einer Patientenverfügung können grundsätzlich sowohl Maßnahmen der sog.
"passiven" als auch der sog. "indirekten Sterbehilfe" (s. nächsten
Abschnitt) gefordert werden. Sie können also verlangen, daß lebenserhaltende Maßnahmen
unterlassen werden sollen oder schmerzlindernde Medikamente verabreicht werden, selbst
wenn diese sich möglicherweise lebensverkürzend auswirken könnten.
Der inhaltlichen Gestaltung der Patientenverfügung sind allerdings aus christlicher
Verantwortung und durch die Rechtsordnung Grenzen gesetzt. So können Sie z.B. nicht
wirksam verfügen, daß der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin Sie für den
Fall einer unheilbaren Erkrankung und großer Schmerzen tötet (sog. "aktive
Sterbehilfe").
Wenn Sie sich aufgrund einer bestehenden Erkrankung mit den absehbaren Folgen des weiteren
Krankheitsverlaufs auseinandersetzen, empfehlen wir Ihnen ein gesondertes ausführliches
Gespräch mit einer Person Ihres Vertrauens und auch mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin. Es
besteht die Möglichkeit, die Patientenverfügung durch eine auf die zu erwartende
Situation bezogene Bekundung Ihres Willens zu ergänzen. Diese Ergänzung sollte mit Ort,
Datum und Unterschrift versehen sein.
Die verschiedenen Formen der Sterbehilfe
Es hat sich durchgesetzt, unter dem Begriff "Sterbehilfe" die Erleichterung des
Sterbens eines unheilbar schwerkranken Menschen zu verstehen. Wenn es dabei um
mitmenschliche oder seelsorgerliche Hilfe im oder beim Sterben geht, sollte der Begriff
"Sterbebegleitung" verwendet werden.
Mit der Forderung eines "menschenwürdigen Sterbens" verbindet sich jedoch oft
auch die Forderung, selbst über die Dauer der eigenen Lebenszeit und den Zeitpunkt des
eigenen Todes bestimmen zu können. "Sterbehilfe" wird so nicht mehr als Hilfe
im oder beim Sterben, sondern als Hilfe zum Sterben (im Sinne der sog. "aktiven
Sterbehilfe") verstanden.
Da der Begriff "Sterbehilfe" in seiner Vieldeutigkeit immer wieder Anlaß zu
solchen Mißverständnissen gibt, müssen die verschiedenen Formen der Sterbehilfe
unterschieden werden:
"Passive Sterbehilfe" zielt auf ein menschenwürdiges Sterbenlassen ab
durch den Verzicht auf eine lebensverlängernde Behandlung bei einem unheilbar kranken
Menschen, der sich im Sterben befindet. Sie setzt sein Einverständnis voraus und ist
rechtlich und ethisch zulässig.
"Indirekte Sterbehilfe" wird geleistet, wenn tödlich Kranken ärztlich
verordnete schmerzlindernde Medikamente gegeben werden, die als unbeabsichtigte Nebenfolge
den Todeseintritt beschleunigen können. Solche indirekte Sterbehilfe wird in Abwägung
der ärztlichen Doppelpflicht - Leben erhalten und Schmerzen lindern - für rechtlich und
ethisch zulässig gehalten.
"Aktive (oder direkte) Sterbehilfe" meint die gezielte Tötung eines
Menschen, z.B. durch die Verabreichung eines den Tod herbeiführenden Präparates (z.B.
Tablette, Spritze, Infusion). Sie ist in Deutschland gesetzlich verboten und wird
strafrechtlich verfolgt und zwar auch dann, wenn sie mit ausdrücklicher Zustimmung des
Patienten oder der Patientin erfolgt. Sie ist mit dem christlichen Verständnis vom
Menschen nicht vereinbar.
Selbstbestimmungsrecht des Patienten
Zum Patientenrecht (z.B. freie Arztwahl, Aufklärung, angemessene medizinische Behandlung)
gehört auch das Recht auf Selbstbestimmung:
Für die Durchführung oder Unterlassung einer Behandlung ist entscheidend, daß der
einwilligungsfähige Mensch nach einer angemessenen Aufklärung seinen ausdrücklichen
Willen dazu geäußert hat, selbst wenn der Arzt oder die Ärztin andere Diagnose- und
Therapiemaßnahmen empfiehlt. Neben der Möglichkeit, jederzeit einen Behandlungsbeginn
oder -abbruch zu bestimmen, umfaßt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten oder der
Patientin auch die Möglichkeit, Verfügungen über zukünftige Situationen zu treffen.
Dies gilt insbesondere für Lebenslagen, in denen Patienten ihre Rechte nicht mehr selbst
ausüben, d.h. ihre Einwilligung nicht geben können, weil sie einwilligungsunfähig, z.B.
zu schwach, verwirrt oder bewußtlos sind. Dann ist der mutmaßliche Wille des Patienten
oder der Patientin ein wichtiger Orientierungspunkt für die Entscheidungen der Ärzte und
Ärztinnen, der Pflegenden, Angehörigen oder Betreuenden. Bei der Ermittlung dieses
mutmaßlichen Willens spielt die Patientenverfügung eine wichtige Rolle.
Zum Verhältnis von Arzt und Patient
Ein Arzt oder eine Ärztin ist grundsätzlich verpflichtet, einem kranken oder leidenden
Menschen Hilfe zu leisten. Jede ärztliche Behandlungsmaßnahme muß sich an dem Kriterium
der Hilfe für den kranken Menschen orientieren. Dies gilt auch für den Fall einer
tödlichen Erkrankung. Nicht immer ist Fortführung oder Intensivierung einer bestimmten
Therapieform eine Hilfe für den Patienten oder die Patientin. In manchen Situationen kann
Therapiebegrenzung mehr dem Gebot der ärztlichen Hilfe entsprechen und im Sinne des
kranken Menschen sein.
Dabei ist zu beachten, daß der Wille des Patienten die Grundlage jeder Behandlung ist.
Der Arzt ist somit verpflichtet, den Willen bzw. den mutmaßlichen Willen des Patienten
für die gegebene Situation herauszufinden. Liegt eine eingeschränkte
Einwilligungsfähigkeit des Patienten vor oder ist diese Fähigkeit z.B. im Rahmen einer
Bewußtlosigkeit gar nicht mehr gegeben, können frühere Gespräche, Hinweise der
Angehörigen oder aber eine Patientenverfügung dazu beitragen, daß der Arzt den Willen
des Patienten berücksichtigen kann. Niemand darf gegen seinen Willen zu diagnostischen
oder therapeutischen Maßnahmen gezwungen werden, und seien sie noch so aussichtsreich.
Es ist für eine sorgsame und angemessene medizinische Betreuung wichtig, ein
vertrauensvolles Verhältnis zwischen Arzt und Patient aufzubauen. Angesichts schwerer
Erkrankungen sollte dabei immer auch offen darüber gesprochen werden, welche Wünsche und
Vorstellungen der kranke Mensch hat. Ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und
Patient schafft nicht nur Sicherheit für den Patienten, sondern besonders auch für den
Arzt in seiner Verpflichtung zur Hilfe.
Behandlung und Pflege
Für den Fall, daß die Einschränkung therapeutischer Maßnahmen beschlossen wird, kommt
der Behandlung und Pflege des kranken Menschen eine besondere Bedeutung zu.
Therapiebegrenzung kann keinesfalls allein, sondern nur als ein Teil der jeweils
erforderlichen Hilfe für den Patienten oder die Patientin angesehen werden. Die
Therapiebegrenzung selbst ist ein Bestandteil einer umfassenden ärztlichen und
pflegerischen Sterbebegleitung. Diese beinhaltet sowohl die im Vordergrund stehende
menschliche Zuwendung zum kranken Menschen, die Linderung von Schmerzen und Beschwerden
als auch die Durchführung spezifischer Behandlungsmaßnahmen, damit die Grundbedürfnisse
der menschlichen Existenz geschützt bleiben. In diesem Zusammenhang ist es
selbstverständlich, daß die Betreuung eine menschenwürdige Unterbringung, eine
umfassende Körperpflege sowie das Stillen von Hunger und Durst umfaßt.
Ausfall lebenswichtiger Funktionen
In der vorliegenden Patientenverfügung werden zwei Situationen angegeben, bei deren
Eintritt auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden soll:
- im unmittelbaren Sterbeprozeß oder
- bei nicht behebbarem Ausfall lebenswichtiger Funktionen des Körpers.
Zu den lebenswichtigen Funktionen des Körpers gehören das
Zentralnervensystem, die Atmung, die Herztätigkeit und der Kreislauf oder die Funktion
der inneren Organe, wie z.B. Leber und Niere. Für einige dieser Funktionen ist heute ein
zeitlich begrenzter Ersatz möglich. Es muß jede Situation individuell beurteilt werden,
um festzustellen, wann dem Ausfall der lebenswichtigen Funktionen des Körpers nicht mehr
sinnvoll begegnet werden kann. Folgende Situationen, bei denen eine Therapiebegrenzung in
Betracht kommt, lassen sich unterscheiden:
- Patienten oder Patientinnen im Sterbeprozeß; z.B. beim "natürlichen Sterben" im Alter, im Endstadium eines bösartigen Tumorleidens oder einer anderen, die Lebenskräfte verbrauchenden Erkrankung.
- Absehbares Versagen der Intensivtherapie; z.B. bei ständig zunehmendem Ausfall mehrerer Organsysteme.
- Schwere Komplikationen im Rahmen einer Therapie bei einer Grunderkrankung, die nach aller Erwartung tödlich endet; z.B. eine schwere Komplikation nach einer Tumoroperation, die nicht heilsam sein konnte.
- Akute Erkrankung (Unfall) mit besonders ungünstiger Prognose; z.B. schwere Verbrennungsgrade, schwere Mehrfachverletzung, Blutungen im Gehirn.
- Erhebliche Belastungen bei Fortsetzung einer vermutlich erfolglosen Behandlung; z.B. wiederholte, bisher erfolglose Organtransplantation.
- Patienten und Patientinnen im anhaltenden Koma nach Herz-Kreislauf-Stillstand.
Seelsorgerlicher Beistand
In Deutschland gewährleistet das Grundgesetz den Patienten und Patientinnen in
öffentlichen Krankenhäusern das Recht auf seelsorgerliche Betreuung. Der Wunsch nach
seelsorgerlichem Beistand meint, daß der kranke Mensch den Besuch eines Seelsorgers oder
einer Seelsorgerin - möglichst der eigenen Konfession - erbittet. Dieser Beistand soll
Gespräch, Gebet, Zuspruch und das Angebot der Nähe Gottes in den Sakramenten
ermöglichen.
Weitere Formen der Willensäußerung
Das deutsche Recht kennt neben der Patientenverfügung noch weitere Formen der
Willensäußerung. Für den Krankheitsfall sind insbesondere wichtig:
Vorsorgevollmacht
Sie finden in der vorliegenden Handreichung auch eine Vorsorgevollmacht abgedruckt, die
Sie unabhängig von der Patientenverfügung ausstellen können.
Eine Vorsorgevollmacht bietet die Möglichkeit, eine Person Ihres besonderen Vertrauens zu
benennen, die die Aufgaben eines oder einer Bevollmächtigten übernehmen kann, falls das
nötig wird. Die Patientenverfügung ist aber unabhängig davon gültig. Um wirksam zu
sein, muß die Vorsorgevollmacht gesondert unterschrieben werden. Eine bevollmächtigte
Person hat die Aufgabe, Ihre Interessen für den in der Vorsorgevollmacht bezeichneten
Fall zu vertreten. Sie sollten deshalb mit ihr über Ihre Vorstellungen reden, die Sie in
der Patientenverfügung und der Vorsorgevollmacht zum Ausdruck bringen wollen. Die
Vertrauensperson sollte auch das Zweitexemplar der Patientenverfügung erhalten.
Bei der Auswahl Ihrer Vertrauensperson kommen selbstverständlich Angehörige (Ehepartner,
Kinder, Geschwister) in Betracht. Aber auch langjährige oder enge Freunde und Freundinnen
oder vertraute Bekannte können Sie bevollmächtigen. Sicherlich wird bei der Auswahl eine
Rolle spielen, mit wem Sie Ihre Vorstellungen am besten besprechen können und wer
voraussichtlich auch emotional mit der eventuell später eintretenden Situation umgehen
kann.
Betreuungsverfügung
Von einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht unterschieden ist eine sog.
Betreuungsverfügung, die dieser Handreichung nicht beigefügt ist. Durch eine
Betreuungsverfügung können Sie eine bestimmte Vertrauensperson benennen, die für den
Fall, daß Sie unfähig sind, sich mitzuteilen, ermächtigt werden soll, über bestimmte
persönliche Angelegenheiten (finanzielle Fragen, Aufenthaltsbestimmung u.a.)
Entscheidungen zu treffen. Falls Sie dieses tun möchten, empfiehlt es sich, eine solche
Vollmacht schriftlich oder vor einem Notar zu erteilen. Damit nutzen Sie die Möglichkeit,
Einfluß zu nehmen, wer vom Vormundschaftsgericht bestellt wird, um Ihre Angelegenheiten
als rechtlicher Betreuer oder rechtliche Betreuerin zu regeln. Dieses wird man also nicht
schon dadurch, daß Sie ihn oder sie dazu bestimmen, sondern erst mit der Bestellung durch
das Vormundschaftsgericht.
Eine Patientenverfügung entfaltet nur insoweit betreuungsrechtliche Wirkungen, als sie
für den vom Vormundschaftsgericht bestellten rechtlichen Betreuer bzw. die rechtliche
Betreuerin die Möglichkeit bietet, den mutmaßlichen Willen der betreuten Person zu
ermitteln und danach zu handeln.
Verfügung über Organspende
Seit dem 1. Dezember 1997 gilt in der Bundesrepublik Deutschland ein
Transplantationsgesetz, das die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen bei Menschen
regelt. Wenn Sie sich für eine Organspende nach Ihrem Tode entscheiden möchten,
empfehlen wir Ihnen, einen gesonderten Organspenderausweis auszufüllen und bei Ihren
Ausweispapieren mit sich zu tragen. Sie erhalten einen Ausweis und Informationen bei den
Sozialministerien der Bundesländer, dem Arbeitskreis Organspende (Postfach 1562, 63235
Neu-Isenburg), in Apotheken, Stadt- und Gemeindeverwaltungen und Arztpraxen.
Bitte beachten Sie!
Im Falle von Krankheit und Alter können Sie über die hier genannten Formen
der Willensäußerung hinaus noch anderes regeln. Dies geschieht durch Vollmachten für
private, geschäftliche und finanzielle Angelegenheiten und durch die Erstellung des
Testamentes. Bitte machen Sie sich an anderer Stelle kundig. |
FRAGEN ÜBER FRAGEN
Fragen über Fragen - was das Sterben betrifft. Wir müssen ihnen nicht ausweichen,
sondern können ehrliche Antworten suchen und zu praktischen Schritten finden.
- Wodurch ist mir die Frage nach den Grenzen meines Lebens gerade jetzt wichtig geworden?
- Welche Erfahrungen habe ich bisher mit Verlust, Schmerz, Abhängigkeit oder auch Einsamkeit gemacht?
- Was empfinde ich als hilfreich, wenn ich mich schwerer Krankheit, Leiden oder Hilflosigkeit bei mir oder bei anderen ausgesetzt sehe?
- Was hat das mit meinem Glauben zu tun?
- Wen hätte ich gern in meiner Nähe, wenn es mit meinem Leben zu Ende geht?
- Wie zeige ich dann, was mir wichtig ist und was ich erwarte?
- Wie wichtig ist mir die Frage, was nach meinem Tod kommt?
- Wovon fiele mir der Abschied besonders schwer?
- Worauf würde ich mich freuen?
- Welche Vorkehrungen für den Todesfall habe ich getroffen?
- Mit wem würde ich gern über solche Fragen sprechen?
Seelsorger und Seelsorgerinnen der christlichen Kirchen stehen Ihnen bei der
Auseinandersetzung mit diesen Fragen gern zur Seite.
ANSTÖSSE ZUM NACHDENKEN
- Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben
oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn.
(Römer 14,8 Einheitsübersetzung)
- Jeder, der geht, belehrt uns ein wenig über uns selbst. Kostbarster Unterricht an den
Sterbebetten.
(Hilde Domin)
- Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir, wenn ich den Tod soll leiden,
so tritt du dann herfür; wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein, so reiß mich
aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein.
(Paul Gerhardt)
- Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug werden.
(Psalm 90,12 Lutherübersetzung)
- Wenn die Vollendung kommt, werden wir überrascht sein, wie ganz anders alles sein wird,
als wir es uns vorgestellt haben.
(Karl Rahner)
- Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei
mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
(Psalm 23,4 Lutherübersetzung)
- Geburt - das Kommen aus der Liebe. Tod - das Zurückgehen in die Liebe. Der Zwischenraum
- unser Leben ein Geschenk, um diese Liebe in unseren Seelen zu entfalten.
(Ursa Paul)
- Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine
Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.
(Offenbarung 21,4 Einheitsübersetzung)
Zur Kritik an der Christlichen Patientenverfügung:
1. Sterbebegleitung Ärzte Zeitung, 4.10.199
Ökumenische Arbeitsgemeinschaft hat ein neues Formular ausgearbeitet
Die Broschüre der Kirchen zur Patientenverfügung in der Kritik
Zum ersten Mal haben die Evangelische Kirche und die Deutsche Bischofskonferenz gemeinsam
eine "Christliche Patientenverfügung" herausgegeben. Die Broschüre wird von
einigen Organisationen kritisiert, weil sie den Patienten zu wenige Möglichkeiten
offenläßt: Das Formular sei zu allgemein gehalten und schwammig.
Eine ökumenische Arbeitsgruppe von Theologen, Juristen, Ethikern und Medizinern hat eine
Vorlage der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern von 1995 umgearbeitet. Die
"Christliche Patientenverfügung" sollte für jede Landeskirche und Diözese
gültig sein. Auch sollten die Betroffenen nicht nur ein Formular in den Händen halten,
sondern möglichst viel Hintergrundinfomation bekommen. Es entstand eine Broschüre, die
in drei Teile gegliedert ist.
In einer Einführung wird der christliche Hintergrund erläutert. Es gebe einen
"Anspruch auf menschenwürdiges Sterben, aber kein Recht auf Tötung", heißt es
in dem Dokument. Auch jede Form von aktiver Sterbehilfe wird darin abgelehnt.
Die Kirchen versuchen jedoch, dem Leser einen Weg zwischen "unzumutbarer
Lebensverlängerung und nicht verantwortbarer Lebensverkürzung" aufzuzeigen. Der
Broschüre sind zwei Formulare beigelegt: Die Patientenverfügung und eine
Versorgevollmacht. Letztere bietet die Möglichkeit, eine Person des Vertrauens zu
benennen, die die Aufgabe eines Bevollmächtigten übernehmen kann.
Praktische Informationen gibt es im dritten Teil. Exemplarisch werden zwei Situationen
beschrieben, bei deren Eintritt auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden kann:
im unmittelbaren Sterbeprozeß oder bei nicht behebbarem Ausfall lebenswichtiger
Funktionen des Körpers.
Das sei alles sehr vage formuliert, sagt Gita Neumann vom Humanistischen Verband
Deutschlands. Im Ernstfall sei das Formular der Kirchen keine wirkliche Hilfe. Es gehe
nicht daraus hervor, was denn nun lebensverlängernde Maßnahmen seien: Künstliche
Ernährung, Verabreichung von Antibiotika oder das Geben von
Herz-Kreislaufstabilisierenden Mitteln.
Auch Tobias Bäcker, Pressesprecher der Deutschen Hospiz-Stiftung in Dortmund, übt
Kritik: Das standardisierte Formular werde den Bedürfnissen der Patienten nicht gerecht.
Das Kirchen-Dokument sei so allgemein und schwammig, daß es für keinen Arzt bindend sei.
"Patientenverfügungen müssen möglichst individuell, handschriftlich abgefaßt
werden", sagt Bäcker.
Verfügungen, die praktikabel und valide sind, das fordert auch der Verfassungsrechtler
Professor Wolfram Höfling aus Köln. Er sieht in der "Christlichen
Patientenverfügung" im Vergleich zu älteren Publikationen einen Fortschritt. Das
Selbstbestimmungsrecht der Patienten werde stärker berücksichtigt. Sinnvoll sei auch die
Vorsorgevollmacht. Höflich kritisiert jedoch die formellen Vorgaben der Verfügung. Mit
einer Unterschrift allein sei es nicht getan.
Betroffene sollten sich deshalb verschiedene Formulare besorgen und - am besten im
Gespräch mit ihrem Arzt - das für sie geeignete aussuchen und ihre Wünsche schriftlich
formulieren.
Sabine Schiner
Wie muß eine Verfügung aussehen?
- Eine Patientenverfügung sollte möglichst individuell formuliert sein, Vordrucke
sollten nur als Anregung dienen.
- Der Betroffene muß seine weltanschauliche oder religiöse Grundeinstellung deutlich
machen und klarstellen, welche Vorstellungen er von einem menschenwürdigen Leben hat.
- Aus der Patientenverfügung sollte deutlich werden, was der Patient etwa für den
Koma-Fall wünscht: Soll er künstlich ernährt werden, dürfen Antibiotika angewendet
werden, Bluttransfusionen verabreicht werden, ab wann sollen etwa lebensverlängernde
Maßnahmen eingestellt werden?
- Es empfiehlt sich, der Patientenverfügung eine Betreuungsverfügung (der Patient nennt
dem Vormundschaftsgericht eine Person, die im Fall eigener Geschäftsunfähigkeit als
Betreuer eingesetzt werden sollen) oder einer Vorsorgevollmacht (der Patient nennt eine
Person des Vertrauens. Diese kann bei Geschäftsunfähigkeit alle Angelegenheiten
rechtsverbindlich regeln, die in der vollmacht genannt sind) beizufügen.
- Der Patient sollte sich vor dem Erstellen einer Verfügung medizinisch beraten lassen.
- Die Patientenverfügung sollte eventuell auch notariell beglaubigt werden.
***
2. Deutsche Hospizstiftung
Pressemitteilung 28/99 27. September 1999
Neue Patientenverfügung der beiden Kirchen
Volksverdummung statt Sicherheit
Enttäuscht und entsetzt reagierte die Deutsche Hospiz Stiftung auf die
Vorstellung der neuen gemeinsamen Patientenverfügung der beiden Kirchen. Die lange
Vorbereitung und die Schwierigkeit des Themas hätten mehr erwarten lassen. Neues
Betreuungsrecht, Bundesärztekammer-Grundsätze und verfassungsrechtliche Aspekte sind
nicht ausreichend berücksichtigt.
Zentraler Kritikpunkt ist jedoch: Das Dokument schafft für die Betroffenen keine
Sicherheit. Die Formulierungen sind so allgemein und schwammig, daß sie für keinen Arzt
bindend sind, sondern nur ein "Autonomie-Placebo" darstellen, wie es in einem
Gutachten des renommierten Kölner Verfassungsrechtlers Prof. Höfling heißt, der die
Medizinische Patientenanwaltschaft der Deutschen Hospiz Stiftung damit bestätigt hat.
Durch die anleitende Vorgabe wird der Betroffene zu dieser Unsicherheit bewußt
hingeführt. Das ist Volksverdummung, nicht Hilfestellung. Eine Patientenverfügung muß
möglichst genau die Situation beschreiben, um valide zu sein. Die Erfahrung mit
Ratsuchenden am Hospiztelefon der Stiftung zeigt: Dafür müssen Hilfen gegeben werden,
die verständlich sind. Die Deutsche Hospiz Stiftung bietet daher ihre Medizinische
Patientenanwaltschaft nur mit einem erklärenden Begleittext an.
Die Extreme "Behandlungsabbruch oder Maximaltherapie" können aufgelöst werden.
Hospizarbeit und Palliativmedizin stellen die Lösung dar, die man mit einer
Patientenverfügung einfordern kann. Das Dokument der Kirchen versäumt diesen Hinweis.
Gleichzeitig bleibt es - je nach Situation und Arzt - möglich, daß zu kurz behandelt und
vorzeitig eine Behandlung abgebrochen wird, ebenso daß zu lange behandelt und Leiden
unnötig verlängert wird.
Die Stiftung fordert die Kirchen auf, das Dokument zurückzuziehen und zu überarbeiten.
Sie bietet hierbei ihre Mitarbeit an.
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3. Rechtlich wirkungslos
Ethisch falsche und trügerische Sicherheit wird verbreitet
RUB-Medizinethiker kritisieren "Christliche Patientenverfügung"
In persönlichen Briefen an Präses Manfred Kock, Evangelische Kirche in
Deutschland, und Bischof Karl Lehmann, Katholische Bischofskonferenz, kritisiert der
Bochumer Medizinethiker Prof. Dr. Hans-Martin Sass die Anfang der Woche von ihnen
vorgestellte Christliche Patientenverfügung und bittet sie, von der weiteren Verbreitung
abzusehen. Prof. Sass bezeichnet diese Verfügung als "rechtlich wirkungslos, die
ethisch eine falsche und trügerische Sicherheit vortäuscht und klinisch mehr Probleme
schafft als sie löst."
Sinn und Zweck von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten: "Wer entscheidet in
dunkler Stunde?"
Leiden und Sterben sind in unserer erfolgs- und diesseitsbetonten Kultur in die
Krankenhäuser und Altenheime verdrängt. Als Ergebnis dieser Verdrängung kommt es zu
Unsicherheiten und Fehlern in der medizinischen Versorgung Sterbender und unheilbar
Kranker. Die Patientenverfügung, in der ein Patient in gesunden Tagen seine Wünsche,
Werte und Erwartungen an die medizinische Behandlung für die dunklen Stunden festlegt, in
denen er selbst einmal nicht mehr selbstständig entscheiden kann, und die
Vorsorgevollmacht, in welcher jemand für eine solche Situation einer Person des
Vertrauens die Vollmacht zu stellvertretenden Entscheidungen gibt, sind zwei Instrumente,
bei schwerer und unheilbarer Krankheit im Endstadium und in der Nähe des Todes den
Patientenwillen ent-scheidungsleitend werden zu lassen und den Ärzten und ihren
Mitarbeitern zu helfen, zum Wohle des Patienten so tätig zu werden, dass er entsprechend
den eigenen Wünschen, Werten und Glaubensvorstellungen in Würde den letzten Weg
begleitet werden kann.
Christliche Patientenverfügung verbreitet "scheinbare Sicherheit"
Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Katholische Bischofskonferenz haben nun
nach langem Schweigen zu diesem schwierigen Thema am 27. September in einer
Pressekonferenz eine "Christliche Patientenverfügung" vorgestellt. So
erfreulich dieser kirchliche und seelsorgerliche Schritt ist, so wenig ist diese
sogenannte christliche Patientenverfügung nach Ansicht von Prof. Sass geeignet, Patienten
und Ärzten bei schwierigen Entscheidungkonflikten zu helfen. Sie trägt eher zur
Verwirrung und Unsicherheit bei: (a) Sie ist zu unpräzise in der Möglichkeit zur
Darstellung der individuellen Wünsche, Werte und Glaubenshoffnung, als dass ein
verantwortlicher Arzt sich an ihr verbindlich orientieren könnte und dürfte. (b) Sie
entspricht deshalb auch nicht den rechtlichen Ansprüchen, die für solche
höchstpersönlichen Entscheidungen in der Nähe des Todes zum Schutz des Lebens
wiederholt und übereinstimmend von den Gerichten formuliert wurden. (c) Deshalb
vermittelt sie dem Unterzeichner leider nur eine scheinbare Sicherheit dafür, dass es in
der Nähe des Todes nicht zu einer Überbehandlung und Leidensverlängerung kommt und dass
der individuelle Wunsch des Patienten auch beim Verzicht auf lebens- und
leidensverlängernde Maßnahmen berücksichtigt werden wird.
Medizinethiker bieten klinisch und rechtlich anerkannte Verfügungen
Im Umkreis der Arbeiten des Bochumer ZENTRUM FUER MEDIZINISCHE ETHIK haben die Professoren
Dr. phil. Hans-Martin Sass (Bochum, Washington DC) und Dr. med. Rita Kielstein (Magdeburg)
seit vielen Jahren sich mit den ethischen und klinischen sowie rechtlichen Problemen der
Feststellung und Festlegung des Patientenwunsches befasst und umfangreiches Material
hierzu vorgelegt, unter anderem auch eine für Juden, Christen und Muslime formulierte
Patientenverfuegung LEBEN UND STERBEN IN GOTTES HAND, die aus Glaubenshoffnung sich zu
Fragen des Behandlungswunsches oder -verzichts so äußert, dass Mediziner sich in der
Orientierung am Patientenwunsch oder den Äußerungen eines Bevollmächtigten von dieser
Verfügung leiten lassen können.
Weitere Informationen
Arnd T. May, M.A. Zentrum für Medizinische Ethik, Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum,
Tel. 0234/700-2740 (ab 1. Okt: 0234/32-22740), Mobil: 0172-2840900
Text im Bochumer Internet
Der Text der religiösen Betreuungsverfügung LEBEN UND STERBEN IN GOTTES HAND finden Sie
auf der Homepage des Zentrums für Medizinische Ethik http://www.ruhr-uni-bochum.de/zme/
Literatur zum Thema
- Sass H.M., Kielstein R. (1999) Die Betreuungsverfügung in der Praxis.
Vorbereitungsmaterial, Modell einer Betreuungsverfügung, Hinweise für Ärzte,
Bevollmächtigte, Geistliche und Anwaelte, Bochum: Zentrum für Medizinische Ethik, 5.
Auflage
- May A (1998) Betreuungsrecht und Selbstbestimmung am Lebensende, Bochum: Zentrum für
Medizinische Ethik
- Jahrbuch für Recht und Ethik / Annual Review of Law and Ethics, Jahrgang 4, 1996:
Schwerpunktheft zum Thema Patientenverfügung, Seite 329-557
- Sass H.M., Veatch R.M., Kimura R., ed. (1998) Advance Directives and Surrogate Decision
Making in Heealth Care, Baltimore: Johns Hopkins U Press
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