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Erklärung: Für eine „Neue Kultur" in der Begleitung von Menschen mit Demenz

Sehr viele Menschen in Deutschland sind von einer Demenz betroffen. Sind es heute schätzungsweise 1,2 Millionen zumeist ältere Männer und Frauen, werden es von Jahr zu Jahr mehr. Nicht nur in der Fachwelt, sondern auch in den Medien wird immer häufiger über Demenz gesprochen. Doch reden allein hilft nicht.

Es ist an der Zeit, mit der aktuell noch vorherrschenden Kultur der Demenzpflege zu brechen und einer „Neuen Kultur" in der Begleitung von Menschen mit Demenz den Weg zu bereiten.

In der alten Kultur dominiert ein biologisch-medizinisch geprägtes Bild von der Demenz. Demenz ist hier eine verheerende Krankheit mit einem unaufhaltsamen, von stetigem Abbau und Verlust geprägten Verlauf. An seinem Ende stehen völlige Pflegebedürftigkeit und das unwiderrufliche Verlöschen der Person. Nach diesem alten Bild handelt es sich bei Menschen mit Demenz letzlich nur noch um „vom Verstand und von der Persönlichkeit verlassene Körperhüllen". Folgerichtig orientiert sich die Sorge daher an einer Pflege, in deren Mittelpunkt die Befriedigung grundlegender physischer Bedürfnisse, das Schaffen einer sicheren Umgebung und die Linderung von Pflegebedürftigkeit stehen.

Dies ist die Realität, wie sie hunderttausende Menschen mit Demenz tagtäglich erleben.

Doch dies muss nicht so sein. Viele Menschen haben sich bereits auf den Weg gemacht, eine „Neue Kultur" in der Begleitung von Menschen mit Demenz zu leben.

Diese „Neue Kultur" beinhaltet ...

Ein anderes Bild von Demenz

Demenz ist kein einseitig ablaufender verheerender, neurologisch-biologischer Abbauprozess. Denn wie eine Demenz sich individuell entwickelt, wird in gravierendem Ausmaß vom sozialpsychologischen Umfeld, von der Art der Kommunikation und Interaktion sowie vom Milieu beeinflusst.

Trotz Demenz können Menschen relativ glücklich leben. Demenz beinhaltet niemals nur Abbau, Trauer, Leid und Furcht!

Ein anderes Menschenbild

Aus dem „Demenzkranken" wird der „Mensch mit Demenz". Er stellt keine ausgelöschte, sondern eine einzigartige Persönlichkeit mit dem Bedürfnis nach Liebe, Trost und Einbindung, nach sinnvoller Betätigung und Identität dar. Er verfügt über eine hohe körperliche, emotionale und sinnliche Erlebensqualität und entzieht sich als Individuum schematisierenden Kategorisierungsversuchen.

Ein anderes Pflegeverständnis

Es geht nicht um Pflege im klassischen Sinn, sondern um die „Begleitung" von Menschen mit Demenz in ihrer konkreten Lebenssituation. Ziel dieser Begleitung (oder: personenzentrierten Pflege) ist es, dem Menschen mit Demenz zu ermöglichen, sich als Person zu erfahren und sein Personsein zu stärken. Im Mittelpunkt steht das kontinuierliche Bemühen, „Brücken" zur Welt von Menschen mit Demenz zu bauen. Kreative, körper- und sinnesbezogene Kommunikations- und Interaktionsformen sind die wichtigsten Bausteine dieser Brücken. Singen, Lachen, Gestalten, Tanzen, Streicheln, Essen zelebrieren und Feste feiern sind nicht gelegentliches Beiwerk von Pflege, sondern zentrale Interaktions- und Handlungsformen. Qualitative Methoden zur Überprüfung des Pflege- und Betreuungsprozesses wie z.B. das Dementia Care Mapping spielen eine wichtige Rolle.

Ein anderes Verständnis bei den Betreuenden

Die Betreuenden verstehen sich als Begleiter/innen des Menschen mit Demenz. Eine suchende Grundhaltung und die Fähigkeit, mit unstrukturierten Situationen umgehen zu können, zeichnen sie aus. Jede noch so unsinnig erscheinende Handlung und Verhaltensweise eines Menschen mit Demenz wird als sinnbehaftet verstanden; die Aufgabe ist es, diesen Sinn zu entschlüsseln und zu übersetzen. Die Betreuenden sind in der Lage, sich auf die Welt und die Sichtweise von Menschen mit Demenz vollkommen einzulassen und von ihnen auch anzunehmen und zu lernen. Sie bringen sich als Person ganz ein und reflektieren ihr Tun. Sie geben nicht nur, sondern sie sorgen im Sinne einer Selbstpflege der Pflegenden auch für ihr eigenes physisches und psychisches Wohlbefinden. Sie sind bereit, kontinuierlich Neues zu erlernen.

Eine andere Form des Miteinanders

Begleitung von Menschen mit Demenz bedeutet eine nicht-hierarchische Zusammenarbeit aller Beteiligten. Berufliche Helfer/innen und pflegende Angehörige, Menschen mit und Menschen ohne Demenz, Helfer/innen mit (pflege)beruflichem Abschluss und Hauswirtschaftskräfte/Präsenzkräfte: Sie arbeiten auf der Basis eines gemeinsamen Grundverständnisses‚ auf „gleicher Augenhöhe" zusammen. Weder Angehörige von Menschen mit Demenz noch berufliche Helfer/innen sind nachrangige Hilfskräfte der jeweils anderen. „Kooperation" beinhaltet ein auf Gleichberechtigung und Partnerschaft basierendes Bündnis zwischen familiär und beruflich Betreuenden. Die Betreuenden profitieren von den unterschiedlichen Perspektiven, die sie in die Beziehung zu Menschen mit Demenz entwickeln und tragen gemeinsam zur Stärkung der Identität bei. Auch in der Interaktion mit dem Menschen mit Demenz stellen „Verhandlung" und „Zusammenarbeit" zentrale Inhalte dar.

Andere Rahmenbedingungen

Eine neue Kultur der Begleitung von Menschen mit Demenz benötigt Rahmenbedingungen, unter denen sie sich entwickeln und entfalten kann. Personenzentrierte Pflege und Begleitung findet vor allem in kleinen Wohn- und Betreuungseinheiten wie stationären Haus- und ambulanten Wohngemeinschaften statt. Betreuungskonzepte sind speziell auf die spezifischen Anforderungen von Menschen mit Demenz ausgerichtet (schwerpunktmäßig so genannte „segregative" Betreuungsformen) Kontinuierliche und praxisbegleitende Qualifizierung der Mitarbeiter/innen („Training on the job") und betrieblich sicher gestellte Selbstpflege der Mitarbeiter/innen sind ebenso Standards wie effektive Formen der Zusammenarbeit von beruflich und familiär Betreuenden.

.Für viele Menschen und Einrichtungen stellen diese Grundpositionen noch Zukunftsmusik dar.

.Andere haben jedoch gezeigt, dass sie Realität werden können.

.Veränderungen sind möglich, wenn es Menschen gibt, die eine Vision haben und an die Möglichkeit der Veränderung glauben.

.Der Weg zu einer „Neuen Kultur" in der Begleitung von Menschen mit Demenz ist kein schneller und einfacher, aber ein notwendiger und gangbarer Weg.

.Wir möchten dazu ermutigen, sich mit uns gemeinsam auf diesen Weg zu machen.

--------

.Erstunterzeichner.

A.Hennig E.Morgenroth M.Helmrich P.Wißmann A.Steuber G.Knöpke F.Fritz A.Kusch M.v.Dufving D.Richter P.Link S.Szrama M.Dogan M.Ronge-Goldmann P.Nytz G.Pressel K.Pacholski B.Fatschel S.Schäfer-Walkmann F.Nißl-Gambihler S.Sahmland M.Uderhardt S.Urban C.Wißmann E.Krause S.Svoboda S.Hausmann I.Blümke K.Gundudis S.Jakob M.Dammann A.Trilling H.Haslinger F.Miller M.Ganß G.Mey M.Jansen D.Muthesius W.Stein U. Jaeger A.Heinrichs M.Keilhack G.Tammen-Parr J.Grintzewitsch A.Heinrich D.Brzezinski R.Berg E.Kubenke M.Niemann-Mirmehdi A.Winkler H.Ziethen M.Langehennig A.Krause R.Stalf U.Mennigmann S.Huhn M.Wilcke-Kros A.Gerst S.Buchholz R.Müller A.Schwarzenau C.Müller-Hergl

Oktober 2003

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