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Stellungnahme zum Streit um Alzheimer-Medikamente
Adelheid von Stösser und Renate Demski
10. Oktober 2004
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Wie in der Augustausgabe (8.8.04) des Magazins "Der Spiegel" (33/2004, Seite 119f) sowie in
verschiedenen Tageszeitungen zu lesen war, wurde die Wirksamkeit von Alzheimer-Medikamenten mit dem Wirkstoff Donepezil (Aricept ®) in Frage
gestellt. Und zwar durch eine Studie in „The Lancet" und durch eine zum Zeitpunkt des Spiegelartikels noch unveröffentlichte Studie von
Hamburger Forschern.
"Pillen zum Vergessen"
Neuartige Medikamente werden als Hoffnung
gegen Alzheimer gepriesen.
Doch neue Studien kommen zu dem Befund: Die
teuren Pillen helfen den Patienten nicht" , so
der provokante Titel des von Jörg Blech verfassten Spiegelberichtes.
Doch die Aussagefähigkeit der Studie in
„The Lancet", die eine solche Schlussfolgerung nahe legt, wird von
der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DALZ) und von der Deutschen
Gesellschaft für Gerontopsychiatrie- und -psychotherapie (DGGPP)
angezweifelt, weil sie methodische Mängel aufweise. Der Vorsitzende der
DGGPP, Chefarzt einer psychiatrischen Klinik in Berlin, erklärte, dass es
für ihn keinen Zweifel an der Wirksamkeit von Cholinesterasehemmern gebe.
Medikamente wie Aricept®, könnten die Krankheit zwar nicht heilen, aber
etwa um ein Jahr verzögern, sie seien daher das Mittel erster Wahl.
Das Hamburger Forscherteam, H.
Kaduszkiewicz, H.-P. Beck-Bornholdt, H. van den Busche, T. Zimmermann, fand
hingegen heraus, dass sich die in den Prospekten versprochene Wirkung von
Donepezil in keinem Falle gezeigt hat, hingegen die Nebenwirkungen deutlich
in Erscheinung getreten sind.
„Zusammenfassend ist festzustellen,
dass der Einsatz von Donepezil bei der vorhandenen Datenlage
wissenschaftlich nicht begründet ist. Die Fixierung auf eine medikamentöse
Behandlung der Alzheimer Demenz verstellt möglicherweise den Blick auf
dringliche Probleme, wie die pflegerische Betreuung, die Sicherung der
Lebensqualität der Patienten sowie die kontinuierliche Unterstützung der
Angehörigen.", heißt
es in den letzten Sätzen dieser Studie.
Zu der Hamburger Studie liegt bislang keine
Stellungnahme der DALZ und der DGGPP vor.
Zum gleichen Ergebnis – Wirkungslosigkeit
und reiche Nebenwirkungen – kamen auch Forscher aus Kanada, woraufhin
Medikamente mit diesem Wirkstoff dort nicht mehr empfohlen werden. Auch in
Holland dürfen diese Medikamente nicht mehr auf Krankenschein verordnet
werden.
Zwei weitere Hamburger Studien sind zu
erwarten. In ihrer im September 2004 veröffentlichten
Studie kündigen die Verfasser an:
„Eine entsprechende Untersuchung zu
Galantamin (Reminyl®) und Rivastigmin (Exelon®)
ist in Vorbereitung."
An der Wirksamkeit von
Cholinesterasehemmern, wie z.B. Aricept®, hegten gewissenhafte Ärzte und
wegen erheblicher Nebenwirkungen besorgte Angehörige schon lange Zweifel.
Zweifel, die bei den Vertretern führender Institutionen eher mitleidiges
Kopfschütteln auslösen, als dass negative Fallberichte gesammelt und
überprüft würden.
Zu einer weiteren Gruppe von Medikamenten,
die für Alzheimer-Kranke, speziell gegen deren Unruhe und Aggressionen
geeignet sein soll, die „Ruhigsteller": Atypische Neuroleptika (z.B.
Risperdal®) können bei Menschen mit Demenz unter anderem
Schlaganfall verursachen. Deswegen wurden Ärzte in Deutschland vor diesen
Medikamenten im „Roten Hand-Brief" vom März 2004 gewarnt. (In Kanada
bereits seit 2001.)
Doch nur wenige Ärzte scheint die Warnung
des „Roten-Hand-Briefs" erreicht zu haben – so die Wahrnehmung von
Patienten und Angehörigen. Keine regelmäßigen Blutuntersuchungen finden
statt (alle drei Monate). Risperdal wird über Jahre verordnet, dabei sollte
es, wenn überhaupt, nur kurzzeitig eingenommen werden. Warnungen vor diesen
Medikamenten finden sich gleichfalls in BMJ (British Medical Journal,
anerkannte medizinische Zeitschrift), in einer Übersicht (Review) über
glaubwürdige Studien von Lee, Gill, Freedman et al. über atypische
Neuroleptika (BMJ, doi:10.1136/bmj.38125.465579.55 (am 11. 6. 2004
veröffentlicht, unter www.bmj.com nachlesbar).
Prof. Hirsch, Bonn, warnt davor, nun wieder
auf „alte Neuroleptika" zurückzugreifen. Deren auf Dauer
schädigende Wirkungen sind bekannt.
Zudem erfolgte eine Nachricht im Deutschen
Ärzteblatt vom 30. 6. 2004: Plötzlicher Herztod durch Antipsychotika
(z.B. Haloperidol, Benperidol, Bromperidol, Melperon, Pipamperon,
auch Thioxanthene und Lithium).
Wenn der „Rote-Hand-Brief" schon nur
von wenigen Ärzten gelesen oder beachtet wird, wer liest und beachtet diese
Meldung in der „Ärztezeitung"?
Es gibt wirksamere Mittel als diese
Medikamente!
Bekannt ist aufmerksamen Angehörigen und
aufmerksamem Pflegepersonal in Heimen, dass Unruhe und Aggressionen – auch
von Menschen mit Demenz – vermeidbare Gründe in der Umwelt haben. Bekannt
ist, dass Unruhe und Aggressionen durch Einfühlsamkeit und Verständnis gar
nicht erst entstehen müssen.
Dieses aktuelle Streitthema
Alzheimer-Medikamente (Cholinesterasehemmer und „Ruhigsteller")
wirft bei genauerer Betrachtung auch Fragen grundsätzlicher Natur
auf.
1. Wie objektiv, unabhängig und ehrlich
kann Forschung bestenfalls sein?
Wissenschaftliche Wahrnehmung muss
zwangsläufig eingeschränkt sein auf den Gegenstand und die Methodik der
Forschung. Diese auf der einen Seite wichtige Voraussetzung, um einen
Sachverhalt bis ins Detail ergründen zu können, birgt auf der anderen
Seite jedoch die Gefahr, Detailerkenntnisse über und fehl zu
interpretieren. So trübt zum Beispiel die Fokussierung auf ein bestimmtes
Medikament und auf festgelegte Wirksamkeitskriterien automatisch die
Wahrnehmung der Realität des Patienten, der für sich keine Wirksamkeit
feststellen kann, sondern im Gegenteil unter Neben- und Nachwirkungen
leidet, die im Forschungsdesign nicht zu erfassen sind, wie z.B. die Wirkung
eines Medikaments nach 2-3-4-5 oder 6 Jahren, wenn es nur ein Jahr
überprüft werden kann. Länger sind Medikamentenstudien wohl nicht zu
planen. Das ist auch eine Frage des Geldes. Oder: das Zusammenwirken mit
anderen Medikamenten bei chronisch Kranken und multimorbiden, überwiegend
älteren Patienten. Hierzu wären wiederum eigene Studien erforderlich, die
es jedoch schwer haben dürften, die zahlreichen verschiedenartigen
Medikamente und deren Interaktion zu überprüfen. Zur Nichtwirkung: Wem
nützt es, wenn ein Zugewinn oder Erhalt von kognitiven Fähigkeiten
ermittelt wurde, im verwendeten Test jedoch nicht danach gefragt werden
kann, inwieweit sich diese kognitiven Fähigkeiten auf die Fähigkeit der
Alltagsbewältigung auswirken. Wenn Demente mit Medikament 5 von 10
vorgegebenen Bildern richtig erkennen, hingegen Demente mit Placebo im
Durchschnitt nur 4, was sagt das schon aus? Wir kennen Alzheimerkranke, die
trotz schwacher Testergebnisse in vielem selbstständig sein können,
während andere mit besseren Ergebnissen rund um die Uhr Begleitung
benötigen. Die Realität „Alltagsbewältigung" ist so komplex und
von so vielen, nicht nur physischen Faktoren abhängig, dass sie von wenigen
wissenschaftlichen Parametern nicht in den Griff zu bekommen ist. Das „System
Forschung", wie es sich entwickelt hat, bedingt eine verfälschte
Wahrnehmung der Wirklichkeit.
Unterschätzt wird außerdem der
Einflussfaktor „Menschlich-Allzumenschliches" auf Inhalt und Ergebnis
von Studien. Forscher sind auch nur Menschen. Menschen, die sich vielleicht
mehr als andere um Objektivität bemühen. Menschen, die sich derart
begeistern können für den Gegenstand, den sie erforschen, dass für
Bedenken kein Raum bleibt. Als Subjekt Mensch geht auch jeder
Wissenschaftler automatisch in Abwehrstellung, wenn jemand seine Position
anzweifelt. Sobald persönliche Verluste drohen oder Gewinne locken, ist die
Gefahr groß, Studien entsprechend zu manipulieren.
Gravierende Mängel stellte die Hamburger
Forschergruppe in 8 von 10 Donepecil-Studien fest, wie ein kommentarloses
Unterschlagen der letzten 6 Wochen eines Untersuchungszeitraumes von
insgesamt 54 Wochen: "Da stellt sich die Frage, was in den letzten 6
Wochen geschehen ist, dass es den Lesern vorenthalten wird."
Man kann davon ausgehen, dass in Studien
mit eigennützigem/abhängigem Hintergrund das kleinste Ergebnis, welches
für das getestete Mittel sprechen könnte, Erwähnung findet, während
Nebenwirkungen gerne auch anderen Umständen zugesprochen, wenn nicht gar
gänzlich unterschlagen werden.
Umfassende, sinnvolle Forschung müsste es
geben, die den Menschen im Blick behält, die nicht von Geldgebern abhängig
sein muss und der auch ein öffentliches Forum gegeben wird, so dass die
Patienten erreicht werden.
Lautstark zu Wort melden müssten sich in
unserem Land unabhängige, informierte (forschende) Ärzte, die wissen, was
in anderen Ländern bereits längst bekannt ist und die sich bemühen, nicht
den gesamten Menschen aus dem Blick zu verlieren.
Damit sie sich lautstark zu Wort melden
können, müssten Fachzeitschriften und in Konsequenz auch Massenmedien
Kritisches in gleicher Weise veröffentlichen, wie Bestätigendes. Es
geht nicht an, dass öffentlich rechtliche Fernsehsender in „Gesundheitssendungen"
Professoren einladen, die den Zuschauern suggerieren, es gebe bereits
wirksame Alzheimer-Medikamente und ein Medikament öffentlich empfehlen –
Neben- und Nachwirkungen jedoch verschweigen. Der Teufelskreis von Neben-
und Nachwirkungen wird, falls dies überhaupt Erwähnung findet, auf
verantwortungslose Weise bagatellisiert. Tageszeitungen liegen kostenlose
„Medizinische Zeitschriften" bei, die ein unauffälliges Impressum
haben, aber von Pharmafirmen gestaltet und finanziert sind. Jeder Leser
meint zu wissen, dass es wirksame Alzheimer-Medikamente gibt. Das darf so
nicht sein.
Geld, das Pharmafirmen für die Verbreitung
ihrer Medikamente auch für Alzheimergruppen und Alzheimer-Veranstaltungen
ausgeben, müsste seriöser Forschung zu gute kommen. Der VFA (Verband
forschender Arzneimittelhersteller, dazu zählen auch die Hersteller von
Aricept®, Exelon®, Reminyl®) gibt bislang ebenso viel Geld für Werbung
aus wie für seine Forschung. Werbegeld der Pharmafirmen erreicht
auch Alzheimer-Organisationen und Alzheimer-Selbsthilfegruppen.
(Ausnahme unter Alzheimer-Organisationen:
ALZheimer-ETHik e.V. Vielleicht auch einzelne regionale Gruppen der
Deutschen Alzheimer Gesellschaft ?)
2. Führt unsere heutige Forschung nicht
eher weg von der Erkenntnis größerer Zusammenhänge?
Die Bestrebung nach
bundesweit/europaweit/weltweit vernetzten Informationen und
Problemlösungsstrategien ist unverkennbar und sicher auch richtig. Auch
Medizin- und Pflegeforschung verleihen dieser Bestrebung Ausdruck, zumindest
in Form phantasievoller Netzmuster- Grafiken und der Einrichtung von
Schaltstellen und Schaltzentralen, an denen die Fäden zusammenfließen.
Betrachtet man die Fragestellungen bzw. den Gegenstand der Forschung, hat es
jedoch eher den Anschein, als würden immer klein-perspektivischereAusschnitte
erforscht, hingegen größere Zusammenhänge weniger denn je gesehen. Ein
Beispiel dafür ist die Spezialisierung in der Medizin mit Fachärzten für
jedes Organ, während sich die Funktion des Allgemeinmediziners darauf zu
reduzieren droht, die Patienten an die verschiedenen Spezialisten zu
überweisen. Die wissenschaftliche Zergliederung des Menschen als
Leib-Seele-Geist-Einheit in immer kleinere Untereinheiten führte zu
vielfachen Spaltungen dieser Einheit in immer zahlreicher werdende
Untereinheiten. Therapeutische Forschung der Schulmedizin befindet sich auf
dem gleichen Weg : Weg von ganzheitlichen Heilmethoden und Heilkräutern,
hin zu isolierten Wirkstoffen, die exakt an den Stellen der Zellen wirken,
die z.B. einen Schmerzreiz weiterleiten. Dadurch wird die Ursache einer
Störung zwar in keinem Falle beseitigt, aber das Symptom verschwindet,
wenigstens vorübergehend. Werden solche Mittel regelmäßig über längere
Zeit eingenommen, kommt es zu Beschwerden, die dadurch verursacht werden,
dass die natürliche Ordnung und Regenerationsfähigkeit des Organismus
gestört wurde. Nun sind es die Nebenwirkungen der Medikamente, zu deren
Unterdrückung isolierte Wirkstoffe zugeführt werden, welche auf Dauer
wiederum Störungen hervorrufen. Auf diese Weise werden Kranke, die
anfänglich in den meisten Fällen vollständig geheilt werden könnten,
regelmäßig chronifiziert, sie werden abhängig von Medizin und später
oftmals dann auch von Pflege. Aus meiner Sicht ist vor allem isolierte,
klein-perspektivische Forschung, die den Blick auf das Zusammenspiel und die
natürliche Ordnung im Körper sowie zwischen Körper-Seele-Geist aus dem
Blick verloren hat, der Grund dafür, dass die Zahl der chronisch Kranken in
der erlebten Form wächst. Doch anstatt hier den Hebel anzusetzen,
investiert man zunächst einmal in Präventionsforschung (ohne Studie keine
Akzeptanz) bis hin zu Genuntersuchungen. Wiederum wird isoliert, wird
zukünftig wohl jeder Mensch mit teuren Screening-Verfahren systematisch auf
Risikofaktoren abgeklopft, anstatt zu allererst einmal den offensichtlichen
Ursachen mit möglichst natürlichen, kostengünstigen Mitteln
entgegenzutreten.
Gerade im Zeitalter evidenz-basierter
Medizin und Pflege, in dem allein in die Alzheimerforschung Unsummen an
Geldmitteln und personellen Ressourcen fließen, ohne dass bislang greifbare
Ergebnisse zu Tage kamen, sollte man dringend einmal über die Evidenz
bisheriger und zukünftiger Forschungsprojekte nachdenken/forschen.
Betrachtet man den Untersuchungsgegenstand
sämtlicher Medikamentenstudien, erscheint jedes Ergebnis grundsätzlich
zweifelhaft. Denn in keiner der bisherigen Untersuchungen wurde das soziale
Umfeld als Einflussfaktor mit berücksichtigt.
Jeder weiß, dass Demente, die in einem
förderlichen Milieu leben, länger selbstständig bleiben und sowohl
körperlich, seelisch als auch geistig besser dastehen als solche, die im
üblichen Stil mehr schlecht als recht versorgt werden. Auch dazu liegen
einzelne Studien vor. Kürzlich hat ein amerikanisches Forscherteam
herausgefunden, dass Alzheimerkranke, mit denen täglich jemand mindestens
eine halbe Stunde spazieren gegangen ist, ebenfalls in allen Bereichen
deutlich bessere Werte aufweisen konnten als die Kranken der Kontrollgruppe.
Wen wundert's, dass Demenzkranke, die kaum vor die Tür kommen und mehr oder
weniger gelangweilt den ganzen Tag irgendwo herumsitzen, geistig schneller
abbauen, unausgeglichener sind und auch die körperliche Beweglichkeit viel
früher verlieren als andere. Das sind im Grunde doch alles
Binsenweisheiten, jeder kann diese Zusammenhänge beobachten. Doch für
Alles und Jedes müssen Studien her, was zählt sind evidenz-basierte
Maßnahmen, sogar in der Pflege zählt mittlerweile nur noch das
wissenschaftlich Erwiesene, dabei macht dies zur Zeit nicht einmal 1 Prozent
des Aufgabenspektrums der Pflege aus. Infolgedessen werden die übrigen 99
Prozent regelmäßig zu erbringender Pflegeleistungen gering geschätzt, da
sie nicht evidenzbasiert sind. Der Anspruch in Medizin und Pflege, nur die
Maßnahmen zu fördern, deren Nützlichkeit durch wissenschaftliche Studien
unter Beweis gestellt werden konnte, führt zwangsläufig zur
Übergewichtung erforschter Details - wodurch der Blick auf größere
Zusammenhänge verdeckt wird. Zudem führt dieser Anspruch zur
Verunsicherung von Ärzten und Pflegekräften in ihrer intuitiven
Wahrnehmung und persönlichen Urteilsfähigkeit. Auch führt er dazu, dass
Patienten eine Vielzahl an Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen,
die keinem anderen Zweck dienen als der Absicherung von Ärzten und
Pflegekräften im Sinne des wissenschaftlich Empfohlenen und mithin
juristisch Einklagbarem.
3. Wie können Manipulierbarkeit und
Einseitigkeit in den „wissenschaftlichen Nachweisen" der Wirksamkeit
von Gesundheitsmaßnahmen abgebaut werden?
Meine Antwort (v. Stösser):
Fortlaufende Ergebnissicherung durch
unabhängige Institutionen.
Politische Voraussetzung:
Einführung eines Honorierungssystems, in dem
Leistung und Ergebnis in Relation gesetzt werden.
Bei dem heutigen System kann jede im
Leistungskatalog der Kassen gelistete Therapie abgerechnet
werden, unabhängig, ob diese zur Verbesserung oder Verschlechterung geführt
hat. Selbst wenn eine todbringende Arzneiwirkung nachgewiesen werden kann,
bezahlen die Kassen das Arzthonorar wie auch das Medikament. Erst wenn sich Todesfälle signifikant häufen, die auf ein
bestimmtes Medikament zurückzuführen sind,
werden Maßnahmen ergriffen. Schleichende Vergiftungserscheinungen, vor allem,
wenn mehrere Medikamente gleichzeitig eingenommen werden, fallen bei unserem
heutigen System nicht ins Auge. Die Spreu würde sich sehr rasch vom Weizen
trennen, würden die angeordneten und durchgeführten Maßnahmen zentral registriert
und Ärzte /Therapeuten verpflichtet, in bestimmten Abständen einen standardisierten,
anonymisierten Ergebnisbericht abzugeben. Im Zeitalter weltweiter Vernetzung
und Computerisierung müsste es möglich sein, diese Datenfülle sinnvoll zu strukturieren und auszuwerten. Für Ärzte
hätte diese Mehrarbeit den großen Vorteil,
dass sie nicht sämtliche Fachveröffentlichungen und Studien zu lesen brauchten,
um selbst dann nicht einmal in Erfahrung bringen zu können, welches Medikament
in welchem Falle regelmäßig die besseren Ergebnisse hervorgebracht hat. Sie hätten Zugriff auf alle therapeutischen
Ergebnisse und könnten rasch und stets aktuell
ersehen, was sich bei welcher Diagnose wie bewährt hat. Auch nicht schulmedizinisch
anerkannte Heilverfahren müssten dabei einbezogen und in gleicher
Weise bewertet werden. Denn diese fristen nicht zuletzt deshalb ein Nischendasein,
weil der Vertrieb und die Herstellung von naturheilkundlichen Mitteln weniger
einträglich ist. Mit einem homöopathischen Wirkstoff zum Beispiel kann ein
Pharmaunternehmen nicht annähernd das verdienen, was aufwändig erzeugte und erforschte Mittel, wenn sie denn zugelassen und
empfohlen werden, einbringen.
Würden alle Therapieformen an den gleichen
Maßstäben gemessen und sich einem fortlaufenden Kosten-Nutzenvergleich in
der Praxis unterziehen müssen, dann wären auch Scharlatane unter den
Alternativheilern rasch entlarvt.
Die Stellungnahme zum Streit um Alzheimer-Medikamente wird mit Genehmigung von Frau Demski (E-Mail-Zuschrift vom 7.2.2005) vorgestellt!
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