Alzheimer-Ethik
gemeinnütziger e.V., Selbsthilfeorganisation, gegründet 3. 10. 2000
Lappenbredde 10 59063 Hamm
www.alzheimer-ethik.de
Medieninfo
Unsere Tagung „Für Menschen mit Demenz die medizinische
Versorgung, Begleitung und Pflege menschlicher gestalten und zugleich
kostengünstiger" am 3. 12. 2004 im Landtagsgebäude NRW Düsseldorf,
moderiert von Dr. med. Leidinger, LVR Köln, ergab folgende neue Aspekte:
- Die Wirksamkeit von Cholinesterasehemmern (Aricept,
Exelon, Reminyl) ist wissenschaftlich n i c h t belegt.
Dr. Thomas Zimmermann von der Forschergruppe am Hamburger Institut für
Allgmeinmedizin, die Übersichtsarbeiten zu der Wirksamkeit der
Cholinesterasehemmer erstellt hat, verstand es sehr gut, komplizierte
wissenschaftliche Sachverhalte dem überwiegend medizinischen
Laienpublikum verständlich nahe zu bringen.
- Nach Informationen von ALZheimer-ETHik liegt dieselbe
Datenlage wie bei Cholinesterasehemmern auch bei den atypischen
Neuroleptika (z.B. Risperdal) vor. Zudem warnte bereits im März dieses
Jahres ein „Rote-Hand-Brief" der Herstellerfirma vor möglichen
Nebenwirkungen, wie z.B. Schlaganfall. (Die Gabe von alten Neuroleptika
zeigt durchgängig gravierende Nebenwirkungen, selbst nach Absetzen des
Medikaments.) Bereits zugelassene Medikamente müssten neu beforscht
werden. Zuverlässig hilfreich ist psycho-soziale Begleitung.
- Das krankmachende und damit kostspielige
Gesundheitssystem, nicht nur bei Medikamenten, sondern auch in der Pflege,
z.B. das Denken in Pflegestufen, entlarvte überzeugend Adelheid von
Stösser, Krankenschwester, Lehrerin für Pflegeberufe mit langjähriger
Erfahrung im Bereich Standardentwicklung und Qualitätssicherung in der
Pflege, Autorin mehrerer Fachbücher und Fachartikel, Mitglied am „Runden-Tisch-Pflege"
der Bundesregierung. Als Ziel in der Pflege gerade von Menschen mit Demenz
müsste nicht die Versorgung, sondern z.B. der Erhalt von geistigen und
körperlichen Fähigkeiten gesetzt werden. Erschütternd war die
Darstellung eines Falles von „Versorgung", der Leidensweg einer
alten Frau über mehrere Jahre dokumentiert. Ein zweiter Fall belegte,
dass ein solcher Leidensweg verhindert werden kann, was günstigen
Umständen und dem couragierten Einsatz der Enkelin zu verdanken ist. Notwendig
wäre es jedoch, dass durch Ergebnisorientierung
des Gesundheitssystems und nicht nur durch persönliche Umstände jeder
Bürger, auch wenn er dement werden sollte, darauf vertrauen können
müsste, in seiner körperlichen und seelischen Gesundheit gefördert und
nicht geschädigt zu werden.
- Das bisherige Betreuungsrecht und auch der Entwurf zur
Reform dieses Rechts geben detaillierte Anweisungen für den Umgang mit
den Finanzen des Betreuten / Vollmachtgebers. In der Gesundheitsfürsorge
entscheiden jedoch Richter, Rechtspfleger, Verfahrenspfleger, Betreuer,
Bevollmächtigte nach Informationen, die zum Teil direkt oder indirekt
gesteuert von der Pharmaindustrie verbreitet werden und nach subjektivem
Augenschein. Wie für ihre Gesundheit gesorgt wird, ist Menschen mit
Demenz jedoch sicherlich ebenso wichtig wie das Wissen, dass ihre Finanzen
gut verwaltet werden, wenn nicht sogar wichtiger. Im Zusammenhang mit
der Reform des Betreuungsrechts wäre somit eine Präzisierung der
Gesundheitsfürsorge notwendig.
Die Vertreter aus Landespolitik und –regierung stellten ihre
Bemühungen zum Thema Pflege dar. Diskutiert wurde auch die Schaffung eines
neuen niedrigschwelligen Berufes „Gerontopsychiatrischer Begleiter". Eine
niedrigschwellige Ausbildung könne auch für 1-€-Jobber, die Interesse an der
Sorge für Menschen mit Demenz haben und dazu die menschlichen Qualitäten
besitzen, sinnvoll sein.
Meinungsaustausch und Diskussion mit ALZheimer-ETHik wird nach
der Tagung fortgesetzt.
Eine Dokumentation der Tagung wird Ende Januar vorliegen.
Renate Demski, 1. Vorsitzende ALZheimer-EThik e.V.
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