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Einfluss der Pflegekapazität auf die Qualität der Patientenversorgung in Deutschland bedarf der Klärung
Zusammenhang ist für andere Länder durch Studien gut belegt / IQWiG rät zu Begleitforschung (19.09.2006)

International ist ein Einfluss der Pflegekapazität auf die Qualität der Patientenversorgung durch Studien belegt. Für Deutschland liegen entsprechende Untersuchungen bislang jedoch nicht vor. Nach derzeitiger Datenlage bleibt unklar, ob und inwieweit sich der Personalabbau auf die Qualität der stationären Pflege in deutschen Kliniken auswirkt. Um potenziell negative Auswirkungen frühzeitig zu erkennen, ist in Deutschland eine spezifische Begleitforschung notwendig.

Zu diesem Ergebnis kommt ein Arbeitspapier des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das die Kölner Forscher am 19. September 2006 veröffentlicht haben. Das Thema hat sich das Institut selbst gesetzt. Möglich ist dies auf Grundlage des vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erteilten Generalauftrags.

Seit dem Wegfall der Pflege-Personalregelung 1996 werden Pflegekräfte im stationären Bereich in Deutschland kontinuierlich abgebaut. Gleichzeitig steigen die Patientenfallzahlen pro Pflegekraft.

Hinweise für positiven Zusammenhang zwischen Pflegekapazität und Ergebnisqualität

Um festzustellen, ob der Personalabbau in den letzten 10 Jahren in Deutschland Effekte auf die Qualität der stationären Versorgung hat, wurde vom IQWiG eine systematische Recherche in deutsch- und englischsprachigen Zeitschriften und Literaturdatenbanken durchgeführt. Insgesamt haben die Kölner Forscher 17 Studien als relevant identifiziert, die den Zusammenhang zwischen der Pflegekapazität und der Ergebnisqualität untersucht haben. 14 Studien wurden in den USA durchgeführt, zwei in Kanada und eine in Taiwan. Deutsche Originalarbeiten wurden nicht gefunden.

Die IQWiG-Mitarbeiter haben ausschließlich Studien einbezogen, die Zielgrößen der Ergebnisqualität wie Mortalität, Mortalität bei verspäteter Hilfe im Notfall, Krankenhausinfektionen (z.B. Harnwegs- und Wundinfektionen nach OP), Dekubitus, Stürze und die Verweildauer untersucht hatten. Außerdem wurde eine Vielzahl an Messgrößen der Pflegekapazität (Anzahl des Pflegepersonals pro Patient oder Station, die Zusammensetzung des Pflegepersonals pro Station oder Krankenhaus etc.) betrachtet.

Einige der ausgewerteten Studien beschreiben einen positiven Zusammenhang zwischen Parametern der Pflegekapazität und der Ergebnisqualität. So konnte gezeigt werden, dass eine Beziehung zwischen der Arbeitsbelastung des Pflegepersonals und der Sterberate der Patienten bei verspäteter Hilfe im Notfall besteht. Mit anderen Worten: Laut Datenlage nehmen die Anzahl und das Ausbildungsniveau der Pflegekräfte direkten Einfluss auf die Qualität der Patientenversorgung. Dies zeigt sich auch bei den Zielgrößen Verweildauer im Krankenhaus und dem Auftreten von Lungenentzündungen.

Allerdings fanden die IQWiG-Wissenschaftler auch Studien, die keine Anhaltspunkte dafür liefern, dass eine Überlastung des Pflegepersonals die Gesundheit der Patienten beeinflusst. So fehlt ein Nachweis dafür, dass Patienten sich öfter wund liegen (Dekubitus), dass sie häufiger stürzen oder vermehrt an Harnwegsinfektionen leiden. Zur Sterberate der Patienten während des Klinikaufenthaltes liefern die Studien widersprüchliche Ergebnisse.

Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Deutschland nicht möglich

Ein Vergleich der ausgewerteten Studien und eine Synthese ihrer Ergebnisse ist aus verschiedenen Gründen schwierig: Zum einen werden eine Vielzahl unterschiedlicher Messgrößen bei der Pflegekapazität verwendet. Zum anderen variieren die untersuchten Patientenpopulationen.

Wegen der unterschiedlichen Gesundheits- und Ausbildungssysteme und Qualifikationsstandards sowie der z.T. völlig anderen Aufgabengebiete des Pflegepersonals in den USA und Kanada lassen sich die Ergebnisse zudem nicht unmittelbar auf deutsche Verhältnisse übertragen.

Somit bleibt weiterhin unklar, ob und welche Folgen der Kapazitätsabbau seit Wegfall der Pflege-Personalregelung in Deutschland hat und ob mit der aktuellen stationären Personalkapazität eine ausreichende Pflege sichergestellt ist. Um diese offenen Fragen zu beantworten, raten die Kölner Wissenschaftler zu einer adäquaten Begleitforschung.

Hintergrund zu Generalauftrag und Arbeitspapier

Um die wissenschaftliche Unabhängigkeit des Institutes zu verstärken, hat der G-BA im Dezember 2004 einen Generalauftrag erteilt. Er ermöglicht es dem IQWiG, eigenständig Themen aufzugreifen und wissenschaftlich zu bearbeiten. Wissenschaftliche Arbeiten im Rahmen des Generalauftrags werden als "Arbeitspapiere" bezeichnet. Diese "Arbeitspapiere bei dringendem Beratungsbedarf" werden nach den im Methodenpapier des IQWiG festgelegten wissenschaftlichen Standards erarbeitet. Die Themen müssen hierbei nicht mit dem G-BA oder dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) abgestimmt werden. Überdies gibt es keine Fristen für die Publikation. Eine Diskussion mit der Fachöffentlichkeit findet im Unterschied zu anderen Aufträgen des IQWiG erst nach der Veröffentlichung statt.

Quelle: Pressemitteilung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen vom 19.09.2006
http://www.iqwig.de