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Nachfolgend eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinderkrankenpflege (DGK) e.V. zum Thema "Integrative Ausbildung" in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege.
Dabei bezieht sich der Verfasser auf einen Artikel von zwei Schulleiterinnen aus Würzburg, der in der Sept.-Ausgabe der Fachzeitschrift Kinderkrankenschwester erschienen ist.

Es ist der DGK e.V. wichtig, über die Besorgnisse der Kinderkrankenpflege in Bezug auf Fehlentwicklungen in der Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin aufmerksam zu machen.

Stellungnahme der DGK e.V. zum Leserbrief von Frau Gabi Engler und Frau Monika Soder, Kinderkrankenschwester Nr. 9/2006, Seite 384

Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinderkrankenpflege (DGK) e.V. unterstützt und begrüßt ausdrücklich die Einschätzung der Verfasserinnen des oben genannten Leserbriefes.

Die DGK e.V. teilt die Meinung der Verfasserinnen, dass wir durch die seit dem 1.1.2004 gesetzlich verankerte „Integrative Ausbildung" in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege eine Verschlechterung der Ausbildungsqualität sowie eine zunehmende Unzufriedenheit der auszubildenden Schüler und Schülerinnen sowie der Pflegekräfte auf den Stationen und sonstigen Einsatzbereichen erkennen müssen.

Der berufspolitische Kompromiss für eine integrative Ausbildung stammt aus Zeiten, in denen wir die dreijährige eigenständige Grundausbildung in der Kinderkrankenpflege durch „Generalisierungstendenzen" von Politik und Verbandswesen bedroht sahen. Als das Gesetz zum 01.01.2004 in Kraft trat, war die Berufsgruppe der Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpflegern sowie die berufspolitisch aktiven Kollegen und Kolleginnen glücklich, primär die Bestrebungstendenzen des Bundesgesundheits- und Sozialministeriums sowie der sog. Krankenpflegeberufsverbände sich für eine generalistische Grundausbildung zu entscheiden, abgewendet zu haben.

Der Unterzeichener dieses Leserbriefes kann sich durch eigene Erfahrungen als ehemaliger Schulleiter einer Kinder- und Krankenpflegeschule sowie als ehrenamtliche Berufsverbandspolitiker sehr gut an Dutzende und jahrelange Diskussionen mit Ministerien; Verbandsvertretern etc. erinnern.

Neben den schon von Frau Engler und Frau Soder in ihrem Leserbrief geäußerten Kritikpunkten an der seit zwei Jahren gültigen integrativen Ausbildung, sieht die DGK e.V. folgende Risiken dieses neuen Krankenpflegegesetzes für die Auszubildenden Schüler und Schülerinnen in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege:

  • Theoretische Überforderungen der Auszubildenden mit Allgemeinen und Gesundheits- und Krankenpflegerischen Kenntnissen, Fähigkeiten und Tätigkeiten der Lernenden. Insbesondere auch deshalb, weil das Einstiegsalter jetzt ab dem 16. Lebensjahr möglich ist
  • Gefahr der „Generalisierung" trotz gesetzlich eindeutig definierter Integrativer Ausbildung
  • Deutlich zu wenig und im Ausbildungsverlauf zu spät angesiedelte spezialisierte Kinderkrankenpflegeinhalte
  • Zu wenige und zu kurze Praxiseinsätze in der stationären Pädiatrie; Folge: latente Gefahr zum lückenhaften Lernen und Praxiswissen
  • Zu viele Außeneinsätze, Folge: unzufriedene Klinikmitarbeiter, Mentoren, Tutoren, Pflegende (und Ärzte)
  • Lernvertiefungen in der Praxis sind zu gering. Durch Überforderung der Auszubildenden durch sich ständig wechselnde Lernfelder sowie Ansprechpartner in denselbigen.

Dies sind nur einige, wenige Bedrohungsszenarien für das Erlernen des angestrebten Berufswunsches Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und das Erreichen des erforderten Ausbildungszieles gemäß § 3 Abs. 2, 1.c.

Nicht unerwähnt lassen möchten wir in diesem Leserbrief die immer noch vorhandenen (berufs)politischen Unklarheiten sowie die Finanzierungsprobleme. Diese können in folgenden Punkten zusammengefasst werden:

  • Die Bundesgesetzrichtlinien des Krankenpflegegesetzes werden auf Länderebene sehr unterschiedlich und teilweise falsch umgesetzt. Eine einseitige „Begünstigung" der Anteile von Erwachsenenkrankenpflege ist unübersehbar.
  • Die Rahmenrichtlinie auf Länderebene spiegeln häufig einen generalistischen und keinen integrativen Ansatz wieder. In den vielerorts (jetzt aus ökonomischen Gründen) zentralisierten Kinder- und Krankenpflegeschulen werden kinderkrankenpflegerische und pädiatrische Themenbereiche oft nur als „Anhängsel" ausgelegt.
  • Die Umsetzung auf Länderebene wird durch sogenannte „Modellversuche" einer generalistischen Ausbildung nachteilig tendiert.
  • Es gibt keine Rechts- und Planungssicherheit der Finanzierung durch die Selbstverwaltungspartner. Insbesondere bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) e.V., als Trägerorganisation der Kliniken und damit maßgeblicher Finanzierungspartner für die Ausbildungsstätten, existieren erhebliche Unklarheiten über die Ausbildungskosten.
  • Die Vorschläge des Deutschen Pflegerates (DPR) e.V. zur Finanzierung der Ausbildung wurden von der DKG e.V. wiederholt in Frage gestellt, ja sogar in 2005 abgelehnt. Die Ausbildungskostenfinanzierung ist weiterhin unklar!
  • Die DRG´s verschlechtern die Finanzlage der Kliniken, insbesondere auch die der Kinderkliniken und damit auch die Finanzierung der Ausbildungsstätten sowie des Lerhrpersonals.
  • Quersubventionierungen werden deutlich eingeschränkt.
  • Die deutlich erhöhte Theoriestundenzahl und reduzierte Praxiszahl, sowie vermehrte Außeneinsätze demotivieren Krankenhausträger bei ihrem Ausbildungsauftrag.
  • Extramurale Ausbildungspartner, wie z.B. die ambulante Pflege, sind an den Ausbildungskosten nicht beteiligt.

Aufgrund dieser dargestellten erheblichen Probleme sowie inhaltlicher, struktureller als auch aus finanztechnischer Art, sieht die DGK e.V. mögliche Risiken und Zukunftsfolgen:

  • (Teil)schließung von Schulen für Pflegeberufe, schwerpunktmäßig die der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege
  • Abbau von rund 8.000 Ausbildungsplätzen in der Gesundheits – und Kinderkrankenpflege bis 2009 (Ende der DRG`s-Konvergenzphase)
  • Freisetzung bzw. Umwandlung der Lehrerstellen in den Kinderkrankenpflegeschulen
  • Deutliche Chancenverschlechterung auf dem Arbeitsmarkt für akademisch ausgebildete Pflegepädagogen
  • Unklare Arbeits- und Aufgabenfelder der Praxisanleiter

Die DGK e.V. schlägt vor, den kinderkrankenpflegerischen Rahmen für die Ausbildung der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und deren politische Umsetzung auf Länderebene, neu und verstärkt zu diskutieren bzw. zu überarbeiten.

Einen Praxisdialog zwischen den Selbstverwaltungspartnern, vor allem mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Ausbildungsträgern herbeizuführen.

Strategische Allianzen zwischen Ausbildungsstätten, verantwortlichen Kinderärzten und Schülerinnen und Schüler zu bilden.

Extramurale Ausbildungsfelder planerisch zu integrieren und eine Netzwerkbildung vor Ort herbeizuführen.

Wir beobachten mit Sorge, dass verantwortliche Pädiater in den Kliniken, die häufig in der Mitverantwortung auch für die Ausbildungsstätten in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege stehen, die derzeit gängige Ausbildungspraxis ablehnen. Es wäre ein großer Rückschritt, wenn die gemeinsam handelnden Akteure, z.B. leitende Kinderärzte, Pflegedienstleitungen, Stationsleitungen sich von der jetzt gesetzlich gültigen Ausbildung nicht überzeugt zeigen, ja im Gegenteil, verabschieden. Dies würde zu einem Verlust der Praxisnähe sowie der fachlichen Integrität der Kinderkrankenpflege auf breiter Basis führen und letztendlich zu einem Auseinanderdriften zwischen Berufsfeld und Ausbildungsinteressen weiter beitragen. Aber gerade diese „Zusammengehörigkeit" zwischen Kinderheilkunde und Kinderkrankenpflege war immer die Stärke unseres Berufes!

Wir müssen überdenken, ob die Entscheidung für eine integrative Ausbildung, die mehr generalistischen Charakter hat, grundsätzlich richtig war oder ob wir, wie in anderen europäischen Ländern, den Weg zurück zu einer eigenständigen dreijährigen Grundausbildung in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege auf uns nehmen müssen damit auch weiterhin eine starke Kinderkrankenpflege existiert, die das hohe Fachliche Niveau der kindermedizinisch-pflegerischen Versorgung in Deutschland absichert.

Unbestritten ist, dass z.B. in Österreich ein Pflegenotstand an qualifizierten Kinderkrankenschwestern herrscht, so dass immer mehr Deutsche Kinderkrankenpflegekräfte umworben oder gezielt abgeworben werden.

Aus österreichischer Sicht verständlich! Auch die Schweiz wird den Weg zu einer spezialisierten Kinderkrankenpflegeausbildung zurückgehen. Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen uns, dass wir einer zu starken Harmonisierung zwischen Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflegeausbildungsgängen nicht das Wort reden sollten.

Die DGK e.V. spricht sich deutlich für eine Spezialisierung kinderkrankenpflegerischer Inhalte, Fähigkeiten und Fertigkeiten während und im Anschluss an die Grundausbildung aus. Hierzu haben und werden wir gemeinsam mit unseren Referaten weitere Vorschläge in der Öffentlichkeit unterbreiten. Die Grundvoraussetzung aber ist, dass wir diese Spezialisierungen, wie z.B. die Intensivkinderkrankenpflege, die Palliativpflege, die Beratungskompetenz u.a. auf einer hochqualifizierten Grundausbildung aufsetzen. Die derzeitige Ausbildung liefert uns hierzu leider einen falschen Ansatz.

Wir unterstützen den Wunsch von Frau Engler und Frau Soder, dass möglichst viele Kollegen und Kolleginnen über ihre Erfahrungen mit dem neuen Krankenpflegegesetz öffentlich, und unter anderem in der Zeitschrift Kinderkrankenschwester berichten. Selbstverständlich steht Ihnen auch die DGK e.V., als Fachgesellschaft der Kinderkrankenpflege, für weitere Informationen zur Verfügung.

Verfasser:
DGK e.V.
Andreas Kray
Präsident
Südstraße 12
42489 Wülfrath
Telefon 02058 – 7808 -126
Fax 02058 – 7808 -168

Quelle: Mitteilung vom 5.9.2006, - Erlaubnis zur Vorstellung erteilt am 7.9.2006