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Inkontinenz muss kein Grund fürs Pflegeheim sein

"Forschungsoffensive", Teil 1: Wittener Studie: Angehörige würden die Pflege von Familienmitgliedern mit Blasenschwäche bei professioneller Unterstützung noch besser bewältigen

"Dass Angehörige ihre pflegebedürftigen Familienmitglieder, die an Blasenschwäche leiden, am liebsten schnell in ein Pflegeheim einweisen würden, ist ein Vorurteil", sagt Daniela Hayder von der Universität Witten/Herdecke. Die Pflegewissenschaftlerin hat in einer Studie untersucht, wie pflegende Angehörige den Alltag mit inkontinenten Familienmitgliedern erleben und gestalten. Ein Ergebnis: Trotz vieler, vor allem emotionaler, Probleme entwickeln pflegende Angehörige häufig pragmatische Strategien, um die zunächst ungewohnte Situation zu meistern. Trotzdem wäre in vielen Fällen eine flankierende professionelle Beratung und Unterstützung wünschenswert.

Die Relevanz des Themas Inkontinenz und häusliche Pflege durch Angehörige lässt sich schon an der Tatsache ablesen, dass rund zwei Millionen Menschen in Deutschland Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung haben, die tatsächliche Zahl der Pflegebedürftigen jedoch weitaus höher ist. Nur ein Teil aller Hilfestellungen wird von professionellen Diensten erbracht. Die meiste Pflegearbeit leisten Angehörige, die sich dabei nicht selten mit einer Inkontinenz ihrer Angehörigen auseinandersetzen müssen. "Genaue Zahlen gibt es nicht", so Daniela Hayder. "Internationalen Studien zufolge sind schätzungsweise rund die Hälfte der von Angehörigen gepflegten Familienmitglieder inkontinent."

Eine Blasenschwäche kann in jeder Altersklasse auftreten, wobei in jüngeren Jahren vorwiegend Frauen betroffen sind. Mit dem Alter und wachsender Pflegebedürftigkeit steigt das Risiko sowohl für Frauen als auch für Männer stark an. Weltweit liegen bisher nur wenige Untersuchungen vor, die die spezielle Situation erwachsener harninkontinenter Menschen in der häuslichen Versorgung untersuchen. Die Wittener Pflegeexpertin Daniela Hayder betrat weitgehend wissenschaftliches Neuland, als sie im Rahmen ihrer Masterarbeit zehn pflegende Angehörige nach ihren Erfahrungen befragte.

"Der Prozess der Annahme der Harninkontinenz bei ihren Familienmitgliedern, im Sinne einer Akzeptanz, ist für viele pflegende Angehörige nicht leicht. Denn die Inkontinenz verdeutlicht den Angehörigen die zunehmenden geistigen oder körperlichen Einschränkungen ihres Familienmitglieds", erläutert Daniela Hayder. Der Ehemann einer an Demenz erkrankten Frau schilderte der Forscherin, dass ihm die praktischen pflegerischen Verrichtungen von Anfang an nicht viel ausgemacht hätten. Schlimm sei jedoch die Tatsache gewesen, durch die Inkontinenz mit dem Fortschreiten der Demenzerkrankung konfrontiert zu werden. Für Angehörige, die ihre Eltern betreuen, scheint die emotionale Belastung eine weniger erschwerende Dimension zu haben, weil sie die Krankheit eher als Teil der altersbedingten Gebrechen sehen können.

Alle für die Studie befragten Angehörigen haben von sich aus nach Möglichkeiten gesucht, ihren Angehörigen so gut es geht zu helfen und dabei spezielle Vorgehensweisen entwickelt. Daniela Hayder: "Es gibt Tricks und Kniffe für den letzten Toilettengang vor der Nachtruhe, wenn man mit dem inkontinenten Familienmitglied unterwegs ist oder für den Umgang mit den aufsaugenden Hilfsmitteln." Keiner der Angehörigen zog eine Heimeinweisung seines Familienmitglieds ernsthaft in Erwägung, auch wenn die Belastung, besonders bei berufstätigen Angehörigen, manchmal nur schwer zu bewältigen war.

Daniela Hayder vom Institut für Pflegewissenschaft der Universität Witten/Herdecke möchte mit ihrer Studie erste Erkenntnisse bereitstellen, auf deren Grundlage individuelle Beratungs- und Unterstützungsangebote für die häusliche Pflege von inkontinenten Familienmitgliedern entwickelt werden. Bisher sind die Angehörigen weitgehend auf sich selbst gestellt. Viele von ihnen wünschen sich professionelle Hilfe in Form von Pflegeleistungen oder Informationen, gerade damit ihre Angehörigen so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung der eigenen vier Wände leben können.

Quelle: Pressemitteilung vom 31.7.2006
http://www.uni-wh.de/