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»Pflegeheime: Wirtschaftliche Zukunft steht auf wackligen Beinen«
Die wirtschaftliche Situation vieler deutscher Pflegeheime hat sich in den
vergangenen Jahren verbessert, es gibt jedoch große regionale Unterschiede. Wie
der "Pflegeheim Rating Report 2007" von RWI Essen, ADMED GmbH und
Institute for Health Care Business GmbH (HCB) zudem zeigt, wird in den nächsten
Jahren die Zahl der Pflegefälle weiter zunehmen und die Soziale
Pflegeversicherung (SPV) wegen der Beitragssatzerhöhung 2008 einige Jahre lang
Überschüsse erwirtschaften. Langfristig hängt die wirtschaftliche Zukunft
deutscher Pflegeheime vor allem davon ab, ob und wie sehr sie unter Preisdruck
geraten. Die Autoren empfehlen die Freigabe der Preise bei gesetzlichen
Mindestnormen und einen Qualitätswettbewerb unter den Heimen.
Die
wirtschaftliche Lage vieler Pflegeheime hat sich in den Jahren 2003 bis 2005
verbessert. Trotzdem befinden sich immer noch 13% der Heime, was ihre Finanzlage
angeht, im insolvenzgefährdeten "roten", fast 71% hingegen im
"grünen" Bereich. Damit ist jedes siebte Pflegeheim von der Insolvenz
bedroht. Die Heime schneiden allerdings besser ab als Krankenhäuser und
Reha-Kliniken. Während sich von den privaten Heimen fast 18% im
"roten" Bereich befinden, trifft dies nur für 8% der Heime in
freigemeinnütziger beziehungsweise 9% der Heime in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft
zu. Dies sind einige der Ergebnisse des "Pflegeheim Rating Report
2007", in dem RWI Essen, ADMED GmbH und Institute for Health Care Business
GmbH (HCB) zum zweiten Mal die Situation auf dem deutschen Pflegemarkt
untersucht haben. Grundlage der Studie sind 270 Jahresabschlüsse von etwa 600
Pflegeheimen sowie Daten von knapp 9.500 stationären Pflegeeinrichtungen.
Die
Untersuchung zeigt zudem, dass die wirtschaftliche Lage von Pflegeheimen sich
regional unterscheidet. So weisen Heime in Ostdeutschland signifikant
schlechtere Werte auf als Heime in Westdeutschland. Nordrhein-Westfalen
schneidet von allen untersuchten Regionen am besten ab, gefolgt von
norddeutschen Bundesländern. Der Südwesten liegt im Mittelfeld, Bayern relativ
weit hinten vor Ostdeutschland. Auch ist das Preisniveau zwischen den Bundesländern
sehr unterschiedlich. Zum Teil führt ein höheres Preisniveau zu einer besseren
wirtschaftlichen Lage.
Zahl der Pflegefälle wird weiter ansteigen
Auch allgemeine Entwicklungen auf dem Pflegemarkt werden in der Studie regional
differenziert beschrieben. Die Berechnungen ergeben, dass die Zahl der Pflegefälle
bis zum Jahr 2020 weiter ansteigen wird, je nach Region zwischen unter 20% und
über 50%. Zudem zeigt sich, dass die steigende Zahl der Pflegebedürftigen bis
zum Jahr 2020 voraussichtlich zu einem Mehrbedarf von rund 160.000 Pflegeheimplätzen
und einem Investitionsbedarf von etwa 12 Milliarden Euro führen wird. Dabei ist
berücksichtigt, dass es derzeit in vielen Regionen noch Überkapazitäten gibt.
Die Auslastung lag in den Jahren 1999 bis 2005 nahezu unverändert bei
durchschnittlich 88%. Allgemein werden Pflegebedürftige in Deutschland immer
seltener von Angehörigen betreut. Der Trend geht zur professionellen Pflege in
Heimen oder durch ambulante Dienste zu Hause. Die Anzahl der Heime stieg
zwischen 1999 und 2005 um fast 18%, gleichzeitig nahm der Anteil der Pflege
durch Angehörige von 51% auf 46% ab. In ländlichen Gebieten und in Regionen
mit hoher Arbeitslosigkeit ist der Anteil der Pflege in Heimen signifikant
niedriger.
Soziale Pflegeversicherung stabilisiert, ergänzende Kapitaldeckung aber nötig
Die Soziale Pflegeversicherung (SPV) steht angesichts dessen vor großen
Herausforderungen, die aktuelle Pflegereform bessert ihre Finanzsituation jedoch
spürbar. Der Beitragssatz soll Mitte 2008 um 0,25 Prozentpunkte steigen, dafür
werden erstmals Leistungen erhöht. Geplant sind höhere Pflegesätze und
ausgeweitete Leistungen für Demente. Die SPV dürfte damit bis zum Jahr 2014 Überschüsse
erwirtschaften und die Kapitalreserve fast bis 2018 ausreichen. Danach tut sich
jedoch eine gewaltige Finanzierungslücke auf. Ab dem Jahr 2020 erreichen die
ersten geburtenstarken Jahrgänge ("Babyboomer") das Pflegealter. Dies
dürfte gegen Ende des nächsten Jahrzehnts zu erheblichem Druck auf die
Pflegeheime durch die Pflegebedürftigen, die Sozialämter und die Politik führen.
Die wirtschaftliche Zukunft der Pflegeheime erscheint vor diesem Hintergrund
ungewiss. Ohne Preisdruck dürfte sich ihre Ausgangslage verbessern. Kommt es
hingegen durch eine verschärfte Lage der SPV und der Sozialämter zum
Preisdruck auf Heime, würde sich deren Situation deutlich verschlechtern. Es
wird empfohlen - analog zur "Riester-Rente" neben der gesetzlichen
Rentenversicherung - eine zusätzliche private Vorsorge einzuführen. Zudem
sollte das Pflegeangebot stärker differenziert werden.
Freigabe der Preise, Mindestnormen und Qualitätswettbewerb gefordert
Aus Sicht der Wissenschaftler könnten die Preise von Pflegeheimen weitgehend
freigegeben werden. Es genügte, wenn der Gesetzgeber - ähnlich wie auf dem
Mietmarkt - Mindestnormen zur Pflege vorgeben sowie übermäßige Preiserhöhungen
nach Abschluss eines Pflegevertrags unterbinden würde. Notwendig ist ferner,
die Transparenz über die Pflegequalität deutlich zu erhöhen. Ein Qualitätswettbewerb
zwischen Heimen kann derzeit noch nicht stattfinden, weil das
Preis-Leistungsverhältnis nicht beurteilt werden kann.
Nach den Ergebnissen der Studie ist darüber hinaus damit zu rechnen, dass sich zukünftig
verstärkt Pflegeheimketten bilden werden, die Leistungen zusammen effizienter
erbringen können.
Quelle: Pressemitteilung vom 3.12.2007
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