Die Wiederverwendung von medizinischen Einmalprodukten kann
problematisch werden
Der Bundesverband der Medizinprodukteindustrie (BVMed) hat kürzlich mit
der Herausgabe eines Faltblattes "Einmalprodukte sind nicht zur Wiederverwendung
geeignet", eine Kampagne begonnen, die die medizinischen und rechtlichen Folgen der
Wiederverwendung von Medizinprodukten zum Einmalgebrauch verdeutlichen soll. Das Faltblatt
wurde an alle über 2.200 Krankenhäuser in Deutschland, an alle Überwachungsbehörden
und Gesundheitsministerien der Länder sowie an Kardiologen im niedergelassenen und im
Krankenhausbereich versandt. Das Faltblatt wurde auch unter den Herstellern gestreut, die
über ihre Außendienstmitarbeiter für eine breite Verteilung sorgen sollen. Das Motto
der Informationsoffensive lautet: "Patientenschutz geht vor!"
Der BVMed, dem rund 160 Unternehmen der Medizinprodukteindustrie
angehören, will insbesondere das Krankenhauspersonal verstärkt darüber informieren,
welche Folgen die Wiederverwendung von Einmalprodukten haben kann. Im Vordergrund der
Überlegungen müsse, so der BVMed, immer die Sicherheit und Gesundheit der Patienten und
des medizinischen Personals stehen.
Lautet das Ergebnis der Risikoanalyse, die der Hersteller des Medizinproduktes vor dem
Inverkehrbringen durchführen muß, daß das Medizinprodukt nur einmal verwendet werden
kann, dann müssen die entsprechenden Hinweise des Herstellers unbedingt beachtet werden.
Der Hersteller trägt dann für die Wiederaufbereitung und erneute Verwendung seines
Produkts keine Verantwortung.
Weicht der Betreiber des Medizinproduktes im Krankenhaus oder in der Arztpraxis von den
Herstellerangaben ab und läßt ein Einmalprodukt wiederaufbereiten, so ist er dafür
verantwortlich und muß für eventuelle Folgen haften. Das Medizinproduktegesetz sieht
für solche Fälle ausdrücklich eine strafrechtliche Ahndung vor. Dem Personal ist diese
Konsequenz jedoch häufig unbekannt.
Nach Anwendung sowie Reinigung, Desinfektion und Sterilisation kann ein medizinisches
Einmalprodukt nach Angaben des BVMed unter anderem die folgenden Mängel aufweisen:
- Vorhandensein von Mikrorissen,
- Unzureichende Keimfreiheit,
- Unzureichende Pyrogenfreiheit,
- Vorhandensein von Partikeln und Endotoxinen,
- Verschlechterung von Materialeigenschaften,
- Verlust der elektrischen Sicherheit und
- Entstehen gefährlicher Stoffe durch Reinigung und Resterilisation.
Bei erneuter Anwendung kann das wiederaufbereitete Einmalprodukt die
erforderliche Leistung versagen oder zu einer Infektion des Patienten führen.
Hintergrund der BVMed-Informationsoffensive ist, daß spezialisierte kommerzielle
Unternehmen von Krankenhäusern in Zeiten knapper Kassen verstärkt beauftragt werden,
Medizinprodukte für hochsensible Anwendungen, wie zum Beispiel den kardiovaskulären
Bereich, nach Gebrauch für eine erneute Verwendung wiederaufzubereiten. Bedenklich ist
aus Sicht des BVMed, daß in diesem Falle die Patientensicherheit zweitrangig zu sein
scheint, denn die Wiederverwendung von Einmalprodukten kann die Gesundheit und Sicherheit
der Patienten und der Anwender erheblich gefährden.
In dem vom BVMed verteilten Faltblatt heißt es zusammenfassend:
- Medizinprodukte, die vom Hersteller mit
dem Symbol einer durchgestrichenen "2" in einem Kreis versehen werden, sind nur
zum einmaligen Gebrauch bestimmt. Sie sollen nicht wiederverwendet werden.
- Werden Medizinprodukte zur Einmalanwendung
für den erneuten Gebrauch wiederaufbereitet, so ist mit einer Verschlechterung der
Produktqualität zu rechnen.
- Die Wiederverwendung eines gebrauchten
Einmalprodukts kann beträchtliche gesundheitliche Konsequenzen für Patienten, Anwender
und Dritte haben.
- Für mögliche Folgeschäden aufgrund der
Wiederaufbereitung haftet nicht der Hersteller, sondern der Betreiber und Anwender.
- Das verantwortliche Krankenhauspersonal muß
mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
- Es sind Freiheitsstrafen bis zu drei, in
besonders schweren Fällen bis zu fünf Jahren vorgesehen.
- Für ein wiederaufbereitetes Medizinprodukt
zur Einmalanwendung kann die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des mit der
CE-Kennzeichnung versehenen Originalprodukts nicht mehr gewährleistet werden.
Werner Schell
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