Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie im Gesundheitswesen
72. Gesundheitsministerkonferenz am 9./10. Juni 1999 in Trier
Beschluss:
Als Ausdruck ihrer Verantwortung für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung
betont die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) erneut die Notwendigkeit hoher
Qualitätsanforderungen an das deutsche Gesundheitswesen. Die dafür notwendige
Qualitätsentwicklung, wie sie die GMK in ihrer Entschließung von Cottbus 1997 formuliert
hat, wurde von den Partnern im Gesundheitswesen ernst genommen. Allerdings sieht die GMK
für die Qualitätsorientierung des deutschen Gesundheitswesens - insbesondere im
Vergleich zu europäischen Nachbarn - einen Weiterentwicklungsbedarf, der zeitlich und
inhaltlich dargelegt werden muss.
In Anlehnung an internationale Beispiele nutzt die Gesundheitsministerkonferenz dabei das
politische Mittel der "Zielvereinbarungen", die möglichst konsensual den zu
erreichenden zukünftigen Stand der Qualitätsentwicklung beschreibt und legt insofern die
"Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie im deutschen Gesundheitswesen"
(s. Anlage) vor.
Die GMK begrüßt, dass alle beteiligten Spitzenorganisationen des Gesundheitswesen diesen
neuen Weg des "Steuerns über Ziele" mittragen und überwiegend ihre
grundsätzliche Zustimmung erklärt haben. Die GMK sieht in dem vorgelegten Zielpapier
einen wichtigen Schritt für die künftige Entwicklung des deutschen Gesundheitswesens.
Die GMK konstatiert, dass die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KBV) zu einigen Ziele noch umsetzungsbezogenen Klärungsbedarf haben,
den sie z. B. über Modellmaßnahmen angehen möchten, bevor sie die Zielformulierung
umfassend mittragen können.
Mit Rücksicht auf den für notwendig erachteten konsensualen Abstimmungsprozess bittet
die GMK deshalb die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der
Medizin (AQS), dieses Petitum der ärztlichen Vertretungen zu berücksichtigen, die
Detailabstimmung vorzunehmen und die weitere Koordinierung bei der Umsetzung der
Qualitätsziele zu übernehmen. Sie bittet darum, die an der Erarbeitung der Ziele
beteiligten Organisationen in den Prozess mit einzubinden.
Die GMK bittet die Länder Bremen, Bayern, Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland,
Sachsen und Sachsen-Anhalt, ihr über die Umsetzung der Zielvereinbarung zu berichten.
Abstimmungsergebnis: 16:0:0.3
Entwicklung einer einheitlichen Qualitätsstrategie
im Gesundheitswesen
72. Gesundheitsministerkonferenz am 9./10. Juni 1999 in Trier
Berichterstatter: Bremen
Erläuterung:
Die verschiedenen europäischen Gesundheitssysteme unterstützen und sichern als Teil des
sozialen Sicherungssystems die gesundheitliche Lebensqualität der Bevölkerung. Sie
basieren in unterschiedlicher Ausprägung auf dem Grundgedanken eines solidarischen
Interessenausgleichs, für dessen Einlösung es Regelungen bedarf.
In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) übernimmt der Staat durch seine
Rechtssetzungskompetenz diese Steuerungsfunktion, wobei er der Selbstverwaltung eine hohe
Eigenverantwortung zugemessen hat. Die für das deutsche Gesundheitswesen
charakteristische Systematik hat sich bewährt, muss aber in Zeiten ökonomischer
Restriktionen auch kritisch betrachtet werden.
So unterliegt das deutsche Gesundheitsversorgungssystem u.a. Steuerungsmechanismen, die
sich - bei gesundheitsökonomischer Betrachtung - eher an Kosten als an Ergebnissen und
der Qualität der Versorgung orientieren.
Auch auf Grund dieser für das bundesrepublikanische Gesundheitswesen charakteristischen
Strukturen bestand in der Gesundheitspolitik in stetiger Wiederkehr
- einerseits die Notwendigkeit für einen materiell orientierten
Interessenausgleich mittels Kostendämpfungs-Strategien zu sorgen,
- während andererseits keine Entwicklung einer nationalen
Qualitäts-Strategie erfolgte.
Zwar ist zu konstatieren, dass gerade in letzter Zeit alle Beteiligten im
Gesundheitswesen erhebliche Anstrengungen zur Sicherung und Weiterentwicklung der
Qualität unternommen haben, dies aber vorrangig meist begrenzt auf ihre jeweiligen
Zuständigkeiten. Erste Ansätze einer übergreifenden Qualitätsentwicklung, (wie z.B.
durch die Etablierung der Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung im
Gesundheitswesen) haben belegt, dass eine sektoral orientierte Entwicklung des
Qualitätsgedankens zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung zu mehr
Qualitätsorientierung im Gesundheitswesen darstellt. Die Qualität der Versorgung des
Patienten endet nicht an den Grenzen der Sektoren, sondern mündet letztendlich in einem
Ergebnis, dem Zustand des Patienten 1 nach der Behandlungund Betreuung in den
verschiedenen Einrichtungen 2 im Gesundheitswesen.
Es besteht daher die Notwendigkeit zur Stärkung und verbesserten Koordination und
Synchronisation einzelner qualitätssichernder Maßnahmen und Systeme. Die GMK hat diesen
Abstimmungsbedarf aufgegriffen und über eine Arbeitsgruppe der Länder Bremen, Bayern,
Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt in Übereinstimmung
mit den jeweils verantwortlichen Organisationen und Institutionen des Gesundheitswesens
eine Zielbestimmung für die Weiterentwicklung der Qualitätsorientierung im
Gesundheitswesen vorgenommen. Sie knüpft damit an die Entschließung der GMK vom 21.
November 1996 in Cottbus "Zur Gewährleistung und systematischen Weiterentwicklung
der Qualität im Gesundheitswesen" an.
Gleichfalls kann dem Ziel der WHO Rechnung getragen werden, bis zum Jahre 2000 in allen
Mitgliedstaaten Strukturen und Verfahren vorzuhalten, die gewährleisten, dass die
Qualität der Gesundheitsversorgung laufend verbessert und Gesundheitstechnologien
bedarfsgerecht weiterentwickelt und eingesetzt werden.
Mit der Formulierung von einvernehmlich getragenen Zielen für eine einheitliche
Qualitätsstrategie als Grundlage eigenen Handelns der verschiedenen Akteure im
Gesundheitswesen geht die GMK einen in Deutschland neuen normsetzenden Weg, der in anderen
Staaten bereits mit den gleichen Zielen erfolgreich beschritten wurde (wie z.B.
Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen oder Schweden).
Die Spitzenverbände der das Gesundheitswesen betreffenden Interessenvertretungen,
Betroffenenorganisationen, Berufsverbände, rechtsfähigen Körperschaften des
öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltungsorganisation auf Länder- bzw. Bundesebene und
Trägerorganisationen des kommunalen, privaten bzw. freigemeinnützigen Bereichs, also
Spitzenverbände der Leistungserbringer, Kostenträger und Betroffenen (im Folgenden als
Spitzenorganisationen bezeichnet) wurden an dem Entschließungsprozess beteiligt.
Die GMK ist sich mit den beteiligten Spitzenorganisationen bewusst, dass zahlreiche
momentane Bedingungen und Strukturen des Gesundheitswesens eher qualitätshemmend wirken.
Dieser Zustand ist im Sinne einer Optimierung des Gesundheitswesens auf Dauer
veränderungsbedürftig. Die GMK verweist auf ihre programmatischen Entschließungen wie
z.B.
- "Zwischenbericht zur Umsetzung des GSG in den Ländern"
(66.GMK vom 25./26. November 1993 in Hamburg),
- "Zur Weiterentwicklung der ambulanten ärztlichen Versorgung"
(Sondersitzung der GMK vom 24. Mai 1995 in Potsdam),
- "Leitlinien zur Weiterentwicklung der medizinischen und sozialen
Rehabilitation im Alter" (68. GMK am 23./24. November 1995 in Potsdam),
- "Zur Gewährleistung und systematischen Weiterentwicklung der
Qualität im Gesundheitswesen" (Sonder-GMK vom 21. November 1996 in Cottbus),
- "Qualitätssicherung in der Pflege" (70. GMK vom 20./21.
November 1997 in Saarbrücken) sowie
- "Zum Paradigmenwechsel in der Gesundheitsversorgung" (71. GMK
vom 18./19. Juni 1998 in Überherrn).
Unabhängig von dem in den Entschließungen aufgezeigten Bedarf für
Strukturänderungen kann davon ausgegangen werden, dass die nachfolgenden Ziele auch in
der jetzigen Ausprägung des Gesundheitswesens umsetzbar sind. Daher sind die
Zielsetzungen für eine einheitliche Qualitätsstrategie vorrangig prozess- und
ergebnisorientiert ausgerichtet. Eine stärkere Qualitätsorientierung des deutschen
Gesundheitswesen beinhaltet auch Veränderungen der finanziellen Aspekte des
Gesundheitswesen, wobei nicht nur ein Mehr an Aufwendungen, sondern durchaus auch eine
höhere Effizienz damit verbunden werden können.
Die gemeinsam verabredete Strategie für eine einheitliche Qualitätsstrategie im
Gesundheitswesen soll im jeweiligen Zuständigkeitsbereich, aber auch in einer neuen Form
der übergreifenden Kooperation als Selbstverpflichtung aller Beteiligten angenommen
werden.
Die GMK ist sich mit den wesentlichen Beteiligten des Gesundheitswesens darin einig, dass
sich einige Ziele durch nicht vorhersehbare Einflüsse verändern können. Die zeitlichen
und quantitativen Angaben haben Absicht- und Erwartungscharakter, werden aber aus heutiger
Sicht als realistisch angesehen (siehe auch: Vorbemerkungen zu den Zielen).
Das der GMK vorliegende Papier wurde - bis auf eine nachträgliche Ergänzung aus
Nordrhein-Westfalen in Ziel 10 - abschließend den wesentlichen Beteiligten formal zur
Zustimmung zugesandt.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der VdAK/AEV, die AgV-Arbeitsgemeinschaft der
Verbraucherverbände e.V. und der deutsche Pflegerat haben ihre Zustimmung oder
grundsätzliche Zustimmung erklärt.
Ebenso unterstützt das BMG das Ergebnis der gemeinsamen Abstimmung.
Die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin (AQS) sieht
in dem Papier eine akzeptable Grundlage, auf die weitere Diskussion, Abstimmung und
Weiterentwicklung der Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie im Deutschen
Gesundheitswesen in der Arbeitsgemeinschaft durchgeführt werden kann.
Der AOK Bundesverband erteilt seine grundsätzliche Zustimmung. Allerdings werden die
Aussagen der Ziele 1 und 9 unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt. Der AOK
Bundesverband sieht sowohl die Finanzierung von Patientenberatungen als auch von
landesbezogenen, neutralen Beratungseinrichtungen für Qualitätsentwicklung nicht als
Kassenaufgabe an.
Die BÄK und die KBV unterstützen den Prozess der gemeinsamen Zielsetzung für die
Weiterentwicklung der Qualitätsorientierung im Gesundheitswesen, sehen aber in mehreren
Thesen noch einen Bedarf für die Überprüfung der möglichen Instrumente für die
Zielerreichung. Es wird von den ärztlichen Organisationen vorgeschlagen, in einem
Zwischenschritt diese Instrumente (z.B. Qualitätsberichte, Zertifizierungen), im Rahmen
von Modellmaßnahmen auf ihre Effektivität zu überprüfen und dann innerhalb der AQS zu
einer gemeinsamen Qualitätsstrategie unter Einschluss der Ärzteschaft zu gelangen.
Die Koordination und Bewertung der Umsetzung der Qualitätsstrategie war von den sonstigen
Beteiligten ebenfalls der AQS übertragen worden. Die Einhaltung der Ziele soll dort
gemeinsam überprüft werden. Es wird dazu eine Evaluation durch ein unabhängiges
Institut und darauf aufbauend die Diskussion der Ergebnisse im Rahmen einer nationalen
Konferenz aller Beteiligten empfohlen.
Der von der Ärzteschaft vorgeschlagenen Zwischenschritt erscheint für den notwendigen
Konsens unvermeidlich und sollte akzeptiert werden.
Anlage:
Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie
im deutschen Gesundheitswesen
Vorbemerkung
Die 71. GMK vom 18./19.06.1998 hat eine Arbeitsgruppe 3 unter Federführung
Bremens und unter Beteiligung des BMG gebeten, eine einheitliche Strategie für die
kontinuierliche Verbesserung der Qualität im Gesundheitswesen vorzubereiten und diese
möglichst mit den wesentlichen Beteiligten im Gesundheitswesen, insbesondere unter
Einbeziehung der Selbstverwaltung, bis zur 72. GMK im Juni 1999 abzustimmen.
Nach einer schriftlichen Umfrage bei den wesentlichen Beteiligten des Gesundheitswesens
erfolgte die Erarbeitung der Ziele für eine einheitliche Qualitätsstrategie im
Gesundheitswesen mit Vertretern und Experten verschiedener Spitzenorganisationen 4
und der Wissenschaft 5.
Das Arbeitsergebnis wurde den entsprechenden Spitzenorganisationen mit der Bitte um
Zustimmung oder vorläufige Zustimmung übersandt. Auf der Grundlage dieses Vorgehens sind
die anliegenden Ziele von der Mehrzahl der beteiligten Spitzenorganisationen als
Kompromiss akzeptiert worden. Die BÄK sprach sich für einen generellen
Evaluationsvorbehalt aus. Weitere Vorbehalte sind im Text als Fußnoten dargestellt. Es
wurde jedoch von allen Betroffenen Wert drauf gelegt, folgende allgemeine Bemerkungen dem
Text voranzustellen:
- Mit der Nennung der Ziele werden keine präjudizierenden Aussagen über
definierte Wege oder Möglichkeiten verbunden, wie diese zu erreichen sind. Vielmehr
sollen durch die Ziele der anzustrebende Endpunkt als gemeinsamer Wille der Beteiligten
zum Ausdruck gebracht werden.
- Die gemeinsam verabredeten Ziele für eine einheitliche
Qualitätsstrategie im Gesundheitswesen werden als perspektivisch und selbstverpflichtend
für alle Beteiligten angenommen. Man ist sich jedoch darin einig, dass sich einige Ziele
durch nicht vorhersehbare Einflüsse durchaus im Laufe der angegebenen Zeitspannen
verändern können.
- Die zeitlichen und quantitativen Angaben haben Absichts- und
Erwartungscharakter, werden aber aus heutiger Sicht als realistisch angesehen. Sie
erleichtern es allen Beteiligten in der Zukunft festzustellen, ob und inwieweit die
selbstgesteckten Ziele erreicht wurden.
- Bestimmte Strukturen und momentane Bedingungen des Gesundheitswesens
sind für die Umsetzung der Ziele derzeit nicht förderlich. Alle Beteiligten gehen jedoch
davon aus, dass die Ziele auch in der jetzigen Ausprägung des Gesundheitswesens verfolgt
werden sollten.
- Ein Teil der aufgeführten Ziele kann zu Mehrkosten führen, sowohl auf
der Ebene der Leistungserbringer, als auch auf der Ebene der Spitzenorganisationen. Der
Grad der Zielerreichung hängt damit von den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln ab.
Eine stärkere Qualitätsorientierung kann einrichtungsintern und auch
einrichtungsübergreifend zur Erschließung von Rationalisierungsmöglichkeiten und damit
einer besseren Aufwand-Nutzen-Relation im Gesundheitswesen führen.
- Die Verfolgung der Ziele soll gemeinsam überprüft werden. Es wird
vorgeschlagen, nach 5 Jahren auf der Basis einer Evaluation durch ein unabhängiges
Institut die Ergebnisse im Rahmen einer nationalen Konferenz aller Beteiligten zu
diskutieren.
1 Konsequente Patientenorientierung im Gesundheitswesen 6
Bis zum 1. 1. 2003 sind neutrale Patienteninformierungssysteme über die
Einrichtungen des Gesundheitswesen für die Bevölkerung aufzubauen und vorzuhalten.
Von allen Einrichtungen des Gesundheitswesens sind regelmäßig Patientenbefragungen
durchzuführen. Die Spitzenorganisationen werden für jeweils gleiche Gruppen von
Leistungserbringern bis zum 1. 1. 2003 Empfehlungen zur Methodik, Vergleichbarkeit und
Evaluation der Befragung festlegen.
Von Interessen der einzelnen Beteiligten im Gesundheitswesen unabhängige
Patientenberatungsstellen 7 sind auf Landesebene, in großen Flächenländern
in angemessener Zahl so einzurichten, dass eine inhaltliche Abhängigkeit ausgeschlossen
ist.
Bis zum 1. 1. 2003 sind Patientenvertretungen bzw. Verbraucherschutzverbände in die
Gremien des Gesundheitswesens einzubeziehen, die sich federführend mit
Qualitätsmanagement auseinandersetzen.
Bis zum 1. 1. 2003 ist zu entscheiden, ob der von der GMK vorgelegte "Gemeinsame
Standpunkt der Wesentlichen Beteiligten über Patientenrechte in Deutschland heute"
die gewünschte Wirkung entfaltet oder ob weiterführende Maßnahmen (z.B. ein
Patientenschutzgesetz) zu ergreifen sind.
Begründung:
Professionelle medizinische Hilfe basiert auf einem Behandlungsvertrag, der von dem
jeweiligen Behandler mit dem Patienten partnerschaftlich abgeschlossen wird. Dies setzt,
so es von dem Patienten gewünscht wird, eine Informiertheit voraus, die ihrerseits auf
der Bereitschaft zur Transparenz des Gesundheitswesens beruht. Ohne Transparenz kann kein
effektives Qualitätsmanagement, ohne Qualitätsmanagement kann keine verbesserte
Patientenorientierung des Gesundheitswesens entstehen.
Konsequente Patientenorientierung ist ein zentrales Ziel des einrichtungsinternen
Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen. Einrichtungsübergreifende Maßnahmen wie der
Aufbau von Patienteninformierungssystemen, die Durchführung vergleichender
Patientenbefragungen oder die Einbeziehung von Patientenvertretungen bzw.
Verbraucherschutzverbänden können die Zielerreichung unterstützen.
Neben den in Ziffer 1 genannten Zielen, die sich unmittelbar an den Patienten oder ihre
Vertretungen richten, sind alle anderen in der Qualitätsstrategie aufgeführten Ziele
unmittelbare Voraussetzung für eine optimierte Patientenorientierung.
(Potentielle) Patienten sind oft Ratsuchende, wenn es um die Wahl des Leistungserbringers
geht. Neben strukturellen Entscheidungsgründen wird die Frage der Qualität eine wichtige
Rolle bei der Auswahl spielen. Dafür bedarf es der Entwicklung von
Vergleichsmöglichkeiten.
Patientenbefragungen sind ein wesentliches Instrument des internen Qualitätsmanagements.
Darüber hinaus können Patientenbefragungen aber auch für eine vergleichende Evaluation
gesundheitlicher Dienstleistungen genutzt werden. Diese hat bisher in der Bundesrepublik
Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern einen geringen Stellenwert. Eine Konsequenz
davon ist, dass Erwartungen, Bedürfnisse und Erfahrungen von Patienten derzeit bei der
Strukturierung der Versorgungsabläufe in den Einrichtungen 8 selbst nicht
ausreichend berücksichtigt werden können. Damit fehlt ein wesentliches Element für eine
patientenorientierte Leistungserbringung und Optimierung der Versorgungsprozesse.
Patientenbefragungen müssen dabei im Interesse ihrer Aussagekraft, Vergleichbarkeit und
Bewertbarkeit methodischen Standards genügen, die von den Spitzenorganisationen der
Selbstverwaltung festzulegen sind.
Um eine Stärkung der Position der Patienten zu erreichen, bedarf es eines differenzierten
Systems von Einrichtungen und Angeboten. Während lokal oder einrichtungsbezogen
Patientenfürsprecher oder Ombudspersonen eine gute erste Linie für Anliegen von
Patienten sein können, nehmen Patientenberatungsstellen eine institutionsübergreifende
zentrale Rolle ein. Sie erfüllen Informations-, Ausgleichs-, Beratungs- und
Unterstützungsfunktionen für die Anliegen der Patienten. Sie bieten auch eine Chance
für die Rückspiegelung von Patientenmeinungen an die Einrichtungen des Gesundheitswesens
und sind so ein Teil des Qualitätsmanagements. Um entsprechende Aufgaben für Bürger
bzw. Patienten wahrnehmen zu können, ist zu gewährleisten, dass die
Patientenberatungsstellen z.B. von Kostenträgern und Leistungserbringern unabhängig
bleiben, auch wenn diese sich an der Finanzierung beteili-gen sollten. Mit einer besseren
Verankerung von Patientenvertretungen ergibt sich auch die Möglichkeit,
Patienteninteressen in Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens einzubringen.
Beispielhaft könnte dies für die Bundesausschüsse Krankenkassen-Leistungserbringer,
für Gremien zur Entwicklung und für Implementierungen von ärztlichen Leitlinien oder
Pflegestandards, oder auch für die AQS von Bedeutung sein.
Rechte, die den gesundheitlichen Verbraucherschutz betreffen, sind in verschiedenen
Rechtsgebieten wie dem Haftungsrecht, dem Dienstvertragsrecht oder dem gesetzlichen
Krankenversicherungsrecht festgelegt. Mit dem von der GMK vorgelegten "Gemeinsamen
Standpunkt der Wesentlichen Beteiligten über Patientenrechte in Deutschland heute"
wird das Ziel verfolgt, Gesunde und Patienten, Ärzte und Gesundheitsfachpersonal über
ihre wichtigsten Rechte und Pflichten zu informieren. Die GMK erwartet, dass der
"Gemeinsame Standpunkt der Wesentlichen Beteiligten über Patientenrechte in
Deutschland heute" als Dokument individueller bestehender Rechte eine Bindungswirkung
für alle Beteiligten entfaltet und die Umsetzung des Konzepts eines partnerschaftlichen
Verhältnisses in ihren Beziehungen unterstützt. Sollte sich diese Erwartung nicht
erfüllen, ist zu entscheiden, ob eine Zusammenfassung und einheitliche Kodifizierung
dieser Rechte und Pflichten notwendig ist.
2 Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards für die
Qualitätsentwicklung nutzen
Bis zum 1.1. 2005 sind ärztliche Leitlinien und Pflegestandards in der
Diagnostik und Behandlung von 10 prioritären Krankheiten von den Spitzenorganisationen
anzuerkennen. Im gleichen Zeitraum sollen sich Diagnostik und Behandlung dieser
Krankheiten möglichst weitgehend an den so anerkannten ärztlichen Leitlinien bzw.
Pflegestandards orientieren.
Begründung:
Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards, die in ihrer Qualität unterschiedlich sind,
wurden in einer Vielzahl entwickelt. Eine Anerkennung durch die Spitzenorganisationen
steht jedoch noch weitgehend aus.
Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards werden sich vorrangig an Krankheiten bzw.
Krankheitsbildern orientieren, können sich aber auch auf präventive Maßnahmen,
diagnostische Prozeduren, Behandlungsabläufe oder "Behandlungsanlässe" wie zum
Beispiel Symptome beziehen.
Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards haben daher auf der Basis von gesicherten
Erkenntnissen und/oder des Konsenses von wissenschaftlicher und praktischer Medizin/Pflege
Handlungskorridore zu nennen, die ein am internationalen Stand orientiertes
Qualitätsniveau sicherstellen.
Die ärztlichen Leitlinien und Pflegestandards sollen soweit wie möglich die Prinzipien
der Evidenz-basierten und somit der wissenschaftlich abgesicherten Medizin und Pflege
berücksichtigen. Sie können für die verschiedenen Versorgungsstufen unterschiedlich
sein.
Die Spitzenorganisationen sollen exemplarisch die Umsetzung sowie Wirkungen und Folgen der
ärztlichen Leitlinien und Pflegestandards evaluieren und deren regelmäßige
Fortschreibung sicherstellen.
3 Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement sektorenübergreifend
gestalten
Für prioritäre Krankheiten und Krankheitsfolgen sind bis zum 1. 1. 2005
sektorenübergreifende und somit durchgehende Versorgungsketten mittels ärztlicher
Leitlinien bzw. Pflegestandards im Sinne integrierter Versorgungskonzepte zu entwickeln
und abzustimmen. Ihre Anwendung und Praktikabilität sowie Wirkungen und Folgen für die
Versorgungsqualität sind durch die Spitzenorganisationen gemeinsam zu evaluieren. Die
unterschiedlichen Rechtsgrundlagen zur Qualitätssicherung in den Versorgungssektoren
müssen vereinheitlicht und angepasst werden.
Begründung:
In den verschiedenen Versorgungssektoren ist eine qualitativ hochstehende medizinische
Versorgung entstanden. Die Betrachtung von Krankheitsverläufen macht insbesondere aus
Patientensicht auf die unzureichende Verzahnung der Versorgungsstrukturen aufmerksam.
Hierdurch entstehen auch Qualitätsdefizite, die sich insbesondere bei der Behandlung und
Pflege chronisch Kranker und multimorbider Patienten auswirken. Ziel einer
Qualitätsstrategie muss es daher sein, symptom- bzw. diagnosebezogene ärztliche
Leitlinien und Pflegestandards zu entwickeln und umzusetzen, die sowohl prozessorientiert
als auch auf den Zustand des Patienten nach der Behandlung und Betreuung ausgerichtet
sind. Für die Steuerung dieser Prozesse müssen sowohl innerhalb der Versorgungssektoren
als auch sektorenübergreifend symptom- bzw. krankheitsorientierte Versorgungsketten im
Sinne eines "Disease Management" / "Case Management" definiert werden.
Aufgrund u.a. der Interessensunterschiede der in den einzelnen Sektoren beteiligten
Akteure lassen sich sektorenübergreifende ärztlichen Leitlinien und Pflegestandards nur
auf der Ebene der Spitzenorganisationen beschließen und von hier aus gemeinsam
evaluieren. Da für die Bewertung der Versorgungsketten das Patienten-Feed-back eine
große Bedeutung hat, ist die Beteiligung von Patientenvertretern bzw.
Verbraucherschutzverbänden an der Evaluation notwendig.
Die Unterschiede in den Rechtsgrundlagen z.B. zur Qualitätssicherung in den
Versorgungssektoren behindern z.Zt. die Definition sektorenübergreifender
Versorgungsketten erheblich, insbesondere im Hinblick auf die Datenzusammenführung. Es
ist deshalb erforderlich, die vorhandenen unterschiedlichen Rechtsgrundlagen zu
vereinheitlichen und anzupassen.
4 Qualitätsmanagement in den Einrichtungen des Gesundheitswesens
stärken 9
Alle Einrichtungen führen bis zum 1. 1. 2005 ein an dem Stand der
Wissenschaft und Technik orientiertes Qualitätsmanagement ein.
Begründung:
Die Notwendigkeit eines Qualitätsmanagements in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens
wird grundsätzlich zwar von allen Beteiligten anerkannt, jedoch ist mit der
systematischen Einführung in vielen Einrichtungen noch nicht begonnen worden.
Bei der Einführung soll auf vorhandene, international bewährte Modelle zurückgegriffen
werden. Im Regelfall handelt es sich daher bei der Einführung von Qualitätsmanagement in
einer Einrichtung nicht um Forschungsaufgaben, d.h. um die Entwicklung neuer
Qualitätsmanagementverfahren, sondern um die Anpassung und Implementation vorhandener
Qualitätsmanagementsysteme unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedingungen in
den verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens.
5 Datenlage zur Qualitätsbewertung verbessern 10
Bis zum 1. 1. 2005 werden in jeder Einrichtung des Gesundheitswesens
mindestens 10 Qualitäts-Indikatoren adäquat erhoben und intern beurteilt. Die
beteiligten Spitzenorganisationen entscheiden bis zum 1.1.2003, welche
qualitätsorientierten Indikatoren für die jeweiligen Bereiche genutzt werden, fassen
diese nach einheitlichen Vorgaben mehrstufig (einrichtungsintern, regional, bundesweit)
zusammen und führen diese bis zum 1. 1. 2005 in ein Benchmarking-System ein.
Begründung:
Voraussetzung für die Bewertung vergleichbarer Qualität ist die Verwendung einheitlicher
Qualitätsindikatoren. Bei der Festlegung der Indikatorensätze, die als eine wesentliche
Aufgabe von den Spitzenorganisationen zu leisten ist, sollte der Aufwand der Datenerhebung
berücksichtigt werden. Die Vergleichbarkeit der Erhebung und Auswertung muss gesichert
sein. Hierfür gilt es insbesondere fachrichtungsspezifisch vorzugehen, d.h. zwischen
Praxen gleicher Fachrichtung bzw. zwischen Kliniken mit gleichem Profil Auswertungen
vorzunehmen. Die Betonung muss dabei auf den Ergebnisqualitäten liegen, wo immer sie
darstellbar sind. Eine Vergleichbarkeit über ein Benchmarking-System ermöglicht einen
institutionsinternen, aber auch einen institutionsübergreifenden Qualitätswettbewerb.
Ansatzweise kann auf das Beispiel der Perinatal-Erhebungen verwiesen werden.
Die damit gegebene Vergleichbarkeit soll zum Erkennen von möglichen Potentialen zur
Verbesserung bundesweit herangezogen werden. Die Indikatoren sind einrichtungsintern, aber
auch regional, z.B. auf Landesebene und auf der Bundesebene in Qualitätsberichten zur
gesundheitlichen Versorgung auszuwerten.
6 Qualität darlegen 11
Alle Einrichtungen des Gesundheitswesens dokumentieren bis zum 1. 1. 2003
in jährlichen Qualitätsberichten die Qualität ihrer Leistungen und veröffentlichen
diese in geeigneter Form.
50 % aller Einrichtungen in den jeweiligen Sektoren des Gesundheitswesens legen bis zum 1.
01. 2005 ihre Qualität nach Kriterien dar, die von den jeweiligen Spitzenorganisationen
abgestimmt und bundeseinheitlich vorgegeben werden.
Unter Zugrundelegung der jährlichen Qualitätsdarlegungen werden mit Beteiligung der
Spitzenorganisationen auf regionaler Ebene von den Ländern Landesqualitätsberichte und
auf dieser Grundlage auf der Bundesebene gegebenenfalls einen Bundesqualitätsbericht
herausgegeben.
Begründung:
Die periodische Erstellung von Qualitätsberichten stellt bereits ein Instrument des
Qualitätsmanagements dar, da es die Einrichtungen auffordert, sich mit der Qualität von
ihnen erbrachter Leistungen auseinanderzusetzen.
Um die Qualität der erbrachten Leistungen auch der Qualität vergleichbarer Leistungen in
anderen Einrichtungen gegenüberstellen zu können, müssen sich die Qualitätsberichte an
den von den Spitzenverbänden festgelegten Qualitätsindikatoren orientieren (siehe Ziel
Nr. 5). Dabei wird berücksichtigt, dass die Einrichtungen ihrer unterschiedlichen
Aufgabenstellung und Größe entsprechend in methodisch geeigneter und machbarer Form
berichten.
Bei der Darlegung des Qualitätsmanagements im Sinne von Auditierung bzw. Zertifizierung
ist es ebenfalls erforderlich, dass diese nach einheitlichen Kriterien erfolgen.
Um dabei die Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedlichen Sektoren/ Bereichen des
Gesundheitswesens zu gewährleisten - wichtig bei zunehmender Verzahnung der
unterschiedlichen Sektoren - ist darüber hinaus eine Abstimmung zwischen den
jeweiligen Spitzenverbänden geboten.
Dies gilt umso mehr für die Landesqualitätsberichte und gegebenenfalls den darauf
aufbauenden Bundesqualitätsbericht, die unter Berücksichtigung der für die
Vergleichbarkeit geeigneten Indikatoren auf den einrichtungsbezogenen
Qualitätsdarlegungen aufbauen (vgl. Ziel 4).
7 Qualitätsorientierte Steuerung weiterentwickeln
Der Gesetzgeber bzw. die Körperschaften der Selbstverwaltung werden unter
Einbeziehung von Forschung und Wissenschaft bis zum 1. 1. 2008 Möglichkeiten prüfen und
Kriterien weiterentwickeln bzw. entwickeln, nach denen Planungen, Zulassungen,
Kündigungen von Versorgungsverträgen und/oder Vergütungen soweit wie möglich auch an
Qualitätskriterien gekoppelt werden. Dabei sind besonders die Auswertungen von
Ergebnisqualitäten zu berücksichtigen.
Begründung:
Das im SGB V § 2 festgeschriebene Kriterium der Gleichgewichtigkeit von Qualität und
Wirksamkeit wird bisher bei der Gewährung von Leistungen oder der Auswahl der
Leistungserbringer nicht ausreichend berücksichtigt. Zuletzt hat das Jahresgutachten 1997
des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen empfohlen,
Steuerungsfunktionen im Gesundheitswesen (wie in diesem Fall die Vergütung) verpflichtend
an die fortlaufende Gewährleistung von (Struktur-, Prozess- und Ergebnis-) Qualität zu
binden. Die Betonung muss dabei auf den Ergebnisqualitäten liegen.
Wegen des hohen Schutzgutes der menschlichen Gesundheit sollte es ermöglicht werden,
Leistungsanbieter nach ihrer erbrachten Qualität abgestuft zu vergüten bzw. die, welche
die gesetzten Qualitätsziele dauerhaft nicht erreichen, von der Versorgungserbringung
ganz auszuschließen. Hierbei sind in einem umfassenden Ansatz Patientenbelange (wie zum
Beispiel wohnortnahe Versorgung) und andere Fragen (Versorgungsfragen) zu
berücksichtigen.
8 Weitere Anreize zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung setzen
Auf Landes- und Bundesebene sollen ab dem 1. 1. 2001 besonders
vorbildliche Beispiele für die Implementierung von Qualitätsmanagement im
Gesundheitswesen mit Qualitätspreisen gewürdigt werden können.
Begründung :
In vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens werden Qualitätsmanagementprojekte mit
großem Erfolg durchgeführt. Die Anreize für die Einrichtungen,
Qualitätsmanagementprojekte zu implementieren bzw. die Motive der Mitarbeiter, sich daran
zu beteiligen, sind vielfältig. Eine begrenzte öffentliche Anerkennung erfahren diese
Projekte häufig nur in den jeweiligen Einrichtungen selbst oder ggf. im Rahmen von
Fachveröffentlichungen bzw. -kongressen. Ein weiterer Anreiz kann geschaffen werden,
wenn auf Länderebene Anerkennungen für "Beste-Praxis-Zentren" im Sinne von
Demonstrationseinrichtungen ausgesprochen sowie ein Bundespreis für hervorragende
Beispiele für Qualitätsmanagement vergeben werden, mit dem das Engagement und die
Initiative der Beteiligten gewürdigt und Ansatz und Ergebnisse der Projekte durch die
Preisvergabe in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
Darüber hinaus sollte auf Landesebene die Möglichkeit bestehen, in periodischen
Abständen besonders positive Beispiele zu würdigen, und damit zugleich ein Forum für
eine regelmäßige Bestandsaufnahme des im Gesundheitswesen erreichten Standes der
Qualitätsentwicklung geschaffen werden.
9 Unterstützung und Moderation für Qualitätsentwicklung weiterentwickeln 12
Zur regionalen Unterstützung der Qualitätsmanagementprozesse in den
Einrichtungen und der Abstimmung von Versorgungsketten werden auf Landesebene oder in
Kooperation zwischen verschiedenen Ländern bis zum 1.01.2005 wissenschaftlich
ausgerichtete, neutrale Beratungseinrichtungen für die Qualitätsentwicklung unter
Einbeziehung der öffentlichen Hand und der Spitzenorganisationen des Gesundheitswesens
weiterentwickelt.
Bis zum 1.01.2003 wird auf Bundesebene ein Kompetenzzentrum für Qualitätsentwicklung im
Gesundheitswesen z.B. in Form eines Netzwerkes der vorhandenen einschlägigen
Einrichtungen oder als eigenständige Institution etabliert.
Begründung:
Um die Einführung, Durchführung und Weiterentwicklung von
Qualitätsmanagement-Maßnahmen zu unterstützen und ihre Nachhaltigkeit zu sichern,
bedarf es einer Instanz, die die Einrichtungen der Gesundheitsversorgung neutral berät,
Maßnahmen evaluiert sowie aktiv vor Ort unterstützt. Dies gilt insbesondere für das
Qualitätsmanagement in den angestrebten, die verschiedenen Versorgungsbereiche
übergreifenden Versorgungsketten und bei berufsgruppenübergreifenden Fragestellungen.
Um sicherzustellen, dass diese Instanz in das Versorgungsgeschehen integriert ist und die
Voraussetzung für eine praxisbezogene Kooperation zu schaffen, sollten entsprechende
Institutionen auf regionaler Ebene geschaffen werden. Vorhandene Strukturen sind zu
nutzen.
Die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen und methodischen Grundlagen des
Qualitätsmanagements bedarf eines abgestimmten Vorgehens in der Bundesrepublik
Deutschland. Ein solches Kompetenzzentrum kann unter Nutzung der vorhandenen Erfahrungen
und Kenntnisse als Netzwerk oder auch durch eine gesonderte Einrichtung erreicht werden.
Nationale Kompetenzzentren haben sich in anderen Staaten für die fundierte
Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements im Gesundheitswesen bewährt.
10 Verstärkte Koordination bei der Umsetzung der Qualitätsziele auf Bundes- und Länderebene
Die Koordination bei der Umsetzung der Qualitätsziele auf Bundesebene
wird der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Qualitätssicherung in der Medizin (AQS)
bei gleichberechtigter Mitgliedschaft der Pflege übertragen. Patientenvertretungen bzw.
Verbraucherschutzverbände sind zu beteiligen.
Entsprechend der Zusammensetzung auf Bundesebene werden auch auf der Ebene der Länder
Arbeitsgemeinschaften zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin gebildet. Die
Koordination erstreckt sich insoweit auf die in den einzelnen Versorgungsbereichen zur
Umsetzung erforderlichen Verträge.
Die Mitgliedsorganisationen haben der AQS und den Arbeitsgemeinschaften auf Ebene der
Länder regelmäßig über die Umsetzung in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich zu berichten.
Im Jahr 2005 wird der erreichte Stand in einer nationalen Konferenz zum
Qualitätsmanagement dargelegt, bewertet und eine Fortschreibung angestrebt.
Begründung:
Die AQS soll durch ihre Arbeit die Koordination unter allen Verantwortlichen stärken.
Gemäß § 137 b SGB V hat die AQS den gesetzlichen Auftrag, die Einheitlichkeit der
Qualifikations -und Qualitätsmanagement-Anforderungen zu sichern. Die Bewertung des
erreichten Standes muss dabei auch unter dem Gesichtspunkt von Aufwand und Nutzen
erfolgen.
Zusätzlich zu der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der
Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden der Krankenkassen, die die AQS
tragen, ist es notwendig, die Pflege als gleichberechtigtes Mitglied zu beteiligen.
Darüber hinaus ist es unter dem Gesichtspunkt der Stärkung der Patientenorientierung
(vgl. Ziel 1) erforderlich, Patientenvertretungen und Verbraucherschutzverbände in diesen
Prozess einzubeziehen.
Der Vollzug von Anforderungen an das Qualitätsmanagement und damit auch die konkrete
Umsetzung bis hin zur Einzelbehandlung findet jedoch im Rahmen weiterer, ergänzender
Maßnahmen durch Verträge auf Landesebene statt. Hier ist die Koordination zwischen den
Beteiligten fortzusetzen. Entsprechend der inzwischen in einigen Ländern bereits
eingeleiteten tatsächlichen Entwicklung sind deshalb auch auf Länderebene entsprechende
Arbeitsgemeinschaften zu bilden und wie die AQS im Gesetz zu verankern.
11 Professionalität auf dem Gebiet von Qualitätssicherung und
Qualitätsmanagement weiterentwickeln
Bis zum 1.1.2005 sind in den Ausbildungs-, Weiter- und
Fortbildungsregelungen für alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen ein definierter Anteil
der vorgesehenen Zeiten mit Themen des Qualitätsmanagements zu belegen.
Begründung:
Um Qualitätsmanagement erfolgreich einzuführen ist es erforderlich, ein entsprechendes
Bewusstsein hierfür zu schulen und die Kenntnis von den Chancen und Möglichkeiten des
Qualitätsmanagements zu erwerben. Hierbei ist auf Vorhandenem aufzubauen (z.B. Curriculum
Qualitätsmanagement der BÄK, der KBV sowie der Arbeitsgemeinschaft der
Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften).
Daher müssen für alle Berufsgruppen die fachlichen Grundlagen und Methoden sowie die
erforderlichen Management-Techniken vermittelt werden. Insbesondere in den
Ausbildungsordnungen bzw. Gegenstandskatalogen ärztlicher Studiengänge sowie den
Lehrzieldefinitionen für die Berufsausbildung anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen
sollte die Vermittlung von Prinzipien und Methoden des Qualitätsmanagements in der
Medizin zu einem obligaten Lehr- und Lernziel werden.
Erst durch Aneignung der fachlichen Voraussetzungen in Aus-, Fort- und Weiterbildung wird
die Basis bereitet, um Einstellungsänderungen in der täglichen Arbeit zu bewirken, die
zu mehr Qualitätsbewusstsein, Kooperation, Patientenorientierung aber auch zu
Veränderungsbereitschaft führen.
Der gestärkten Bedeutung, die Qualitätsmanagement für den gesamten Behandlungs- und
Betreuungsprozess gewinnt, muss auch die Bedeutung von Qualitätsmanagement als Inhalt
berufsgruppenspezifischer und -übergreifender Aus-, Fort- und Weiterbildung entsprechen.
Dies lässt sich auch über die Berufsordnungen bzw. berufsrechtlichen Vorgaben und in
weiterbildungsrechtlichen Grundlagen festzulegende Anteile an den jeweiligen
Ausbildungsinhalten bzw. Curricula erreichen.
1 In
der vorliegenden GMK-Entschließung wird der Begriff "Patient" verwendet. Die
GMK legt Wert auf die Feststellung, dass hierbei selbstverständlich sowohl die weibliche
wie auch die männliche Form gemeint ist. Der GMK ist bewußt, dass der zeitgemäße
Umgang mit dem Begriff "Patient" im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement mit
Begriffen wie "Kunde", "Adressat" und "Klient" anzureichern
ist.
2 Unter Einrichtungen des Gesundheitswesens werden diejenigen des ambulanten,
teilstationären und stationären Sektors verstanden, die im akutmedizinischen,
rehabilitativen und pflegerischen Bereich Leistungen erbringen.
3 Beteiligt waren die Länder Bremen (federführend), Bayern, Berlin, Hamburg,
Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt
4 Mitgewirkt haben die Ärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung, der
AOK-Bundesverband, die AgV-Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V., die
Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in der Medizin, der
BKK-Bundesverband, die Bundesärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der
Deutsche Pflegerat, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der VdAK/AEV-Bundesverband
5 Frau Prof. Dr. Schiemann/Fachhochschule Osnabrück, Herr Prof. Dr.
Selbmann/Universität Tübingen, Herr Priv.-Doz.Dr. Gerlach/MH Hannover
6 Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)
7Finanzierungsvorbehalt des AOK-Bundesverbandes
8 Unter Einrichtungen des Gesundheitswesens werden diejenigen des ambulanten,
teilstationären und stationären Sektors verstanden, die in akutmedizinischen,
rehabilitativen und pflegerischen Bereich Leistungen erbringen.
9 Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)
10 Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)
11 Vorbehalt der KBV (Evaluationsbedarf)
12 Finanzierungsvorbehalt des AOK-Bundesverbandes
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