Eckpunkte zum Sozialgesetzbuch IX
In der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 bekundet die
Bundesregierung - unter der Überschrift "Rechte von Menschen mit Behinderung
stärken" - die Absicht, das Recht der Rehabilitation in einem Neunten Buch des
Sozialgesetzbuches (SGB IX) zusammenzufassen und zu novellieren sowie die Eingliederung
Behinderter vor allem in den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern und weiterzuentwickeln. Als
Einstieg in das Gesetzgebungsvorhaben hat die Koalitionsarbeitsgruppe Behindertenpolitik
"Eckpunkte zum Sozialgesetzbuch IX" vorgelegt.
Der Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) hat das
Eckpunktepapier mit Stand vom 16.09.99 in seiner Sitzung am 28. Oktober 1999 beraten und
die folgende Stellungnahme beschlossen und im Reha Info 5/1999 der Öffentlichkeit
vorgestellt:
Vorbemerkung
Das Vorhaben der Schaffung eines SGB IX, in dem die Vorschriften über Rehabilitation und
das Recht der Schwerbehinderten zusammengefaßt werden, wird von der BAR begrüßt. Es
eröffnet die Möglichkeit, das gegliederte Rehabilitationssystem aus einer Gesamtschau an
die Herausforderungen moderner Rehabilitation anzupassen.
Das seit 1974 bestehende Rehabilitations-Angleichungsgesetzes hat offenbar aus Sicht der
Politik und der Betroffenen die bestehenden Probleme nicht gelöst, denn nach wie vor ist
festzustellen, daß die Koordinierung der Leistungen und ein zügiger nahtloser
Verfahrensablauf in Deutschland allgemein als Kernprobleme wirkungsvoller und
kostengünstiger Rehabilitation angesehen werden. Die BAR begrüßt daher, daß in den
Eckpunkten Vorschläge zu finden sind, Verzahnungen innerhalb der Rehabilitation als auch
darüber hinaus zu schaffen. Ein Gesetzesvorhaben, das insoweit mehr Transparenz schafft
für alle Beteiligten, die Begriffe vereinheitlicht, die Nahtlosigkeit verbessert und die
vorhandenen Schnittstellenprobleme minimiert, macht deshalb durchaus Sinn. Denn nur, wenn
auch die Betroffenen das Vorhaben inhaltlich und von der Zielorientierung her mittragen,
wird das gegliederte System langfristig bewahrt.
Um das Ziel einer umfassenden Integration Behinderter zu erreichen, gibt es kein
Patentrezept. Entscheidend ist, daß ein vielfältiges Maßnahmeangebot flexibel zur
Verfügung steht, das den individuellen Bedürfnissen Rechnung trägt. Sofern die
Eckpunkte hierfür Vorschläge unterbreiten, dieses Ziel effektiver und effizienter zu
erreichen, wird dies von der BAR ebenfalls begrüßt. Die in den Eckpunkten zu findenden
weiteren zahlreichen Ansätze für eine trägerübergreifende Zusammenarbeit, die die
gemeinsame Entwicklung von Konzeptionen über Zielsetzung, Organisationsformen,
Leistungsangebote, Zugangssteuerung und Qualitätssicherung sowie eine gemeinsame Planung
umfaßt, sind geeignet, Fehlentwicklungen entgegenzusteuern und werden deshalb begrüßt.
Unter diesen Aspekten wird besonders positiv gewertet, daß zur Umsetzung weiter Teile des
Gesetzesvorhabens die BAR genutzt werden soll. Gemeinsames Handeln der
Sozialversicherungsträger über die Selbstverwaltung ist am besten geeignet, die Ziele
des SGB IX staatsfern zu erreichen. Zu diesem Zweck wurde die BAR von den Sozialpartnern
gemeinsam mit den Ländern, der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung,
Bundesanstalt für Arbeit, Kriegsopferfürsorge, Sozialhilfe sowie Kassenärztlichen
Bundesvereinigung gegründet. Es ist kein besserer Weg erkennbar, die Aufgaben
wirkungsvoller und kostengünstiger in anderen Strukturen zu leisten.
Gemeinsame Zielorientierung
Die Kodifizierung eines SGB IX bietet die Gelegenheit, die schon lange geforderte
Grundlage für eine gemeinsame Zielorientierung aller an der Rehabilitation beteiligten
Sozialleistungsbereiche zu schaffen. Darüber hinaus ist eine größere Übersichtlichkeit
des Rehabilitationsrechtes insbesondere für die Betroffenen zu erwarten.
Wünschenswert wäre im übrigen eine Harmonisierung der Vorschriften dort, wo es für
unterschiedliche Regelungen gleicher Sachverhalte (z.B. Zuzahlung, Reisekosten) keine
sachliche Rechtfertigung gibt.
Behinderungs- und Rehabilitationsbegriff
Die BAR begrüßt das Vorhaben, im SGB IX sowohl den Behinderungs- als auch den
Rehabilitationsbegriff auf die Begrifflichkeiten der WHO (Internationale Klassifikation
der Schädigungen, Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen - ICIDH) und damit auf
internationale Entwicklungen zu stützen. Die Anwendung der WHO-Definitionen fördert das
gemeinsame Verständnis von Rehabilitation und erleichtert den Rehabilitationsträgern
ihren Rehabilitationsauftrag bedarfsorientiert wahrzunehmen und Voraussetzungen, Inhalte
sowie Ziele der Maßnahmen und Leistungen individuell festzulegen. Die BAR geht bei der
derzeitigen Erarbeitung einer Konzeption zur ambulanten medizinischen Rehabilitation
bereits von den WHO-Begrifflichkeiten aus.
Recht auf Rehabilitation
Die BAR regt an, gesetzliche Regelungen zu schaffen, aufgrund deren Behinderte,
unabhängig von der Art ihrer Behinderung und ihrer Zuordnung im sozialen System, ein
nicht dem Grundsatz der Nachrangigkeit und Bedürftigkeit unterworfenes Recht auf
Rehabilitation bekommen.
Auskunft und Beratung
Die geplante Errichtung gemeinsamer Auskunft und Beratung sollte diskutiert werden,
weil in einer Vielzahl von Rehabilitationsfällen in mehreren Sozialleistungsbereichen
Beratungsbedarf besteht und weil eine Verkürzung der Bearbeitungszeiten zu erwarten ist.
Aus Sicht der BAR bedarf es für die Umsetzung des Vorhabens keines neuen Systems von
Auskunfts- und Beratungsstellen; vielmehr sind die vorhandenen Ressourcen zu nutzen. Auch
sollte die Entscheidungskompetenz, d.h., die Letztentscheidung über die
Bewilligung/Ablehnung von Leistungen bei den einzelnen Leistungsträgern verbleiben.
Das hohe Niveau der Rehabilitation in der Bundesrepublik erfährt seine Prägung durch die
Selbstverwaltung. Um auch künftig die sich ihr speziell in der Rehabilitation bietenden
Gestaltungsmöglichkeiten voll zu nutzen, bietet die BAR an, eine Vereinbarung zu
erarbeiten, welche die genannten Gesichtspunkte berücksichtigt.
Rehabilitationsmanagement
Die BAR unterstützt die Einführung eines Rehabilitationsmanagements, das insbesondere
sicherstellt, daß
- die Rehabilitationsbedürftigkeit frühzeitig erfasst und geklärt wird,
- die Rehabilitationsziele - im Bedarfsfall auch trägerübergreifend - bestimmt werden,
- das Rehabilitationsverfahren in Anpassung an den wechselnden Verlauf von Krankheit und Behinderung durchgehend zielorientiert gesteuert wird.
Gleichfalls begrüßt wird die Zielvorstellung, für die
Rehabilitationsfälle, in denen mehrere Träger am Rehabilitationsverfahren beteiligt
sind, Regelungen zu treffen, die durch eine bessere Verzahnung des Leistungsgeschehens und
Entbürokratisierung des Verwaltungsverfahrens zu Synergieeffekten führen und zugleich
gewährleisten, daß Trägerwechsel nicht zu Leistungsunterbrechungen und Verzögerungen
im Rehabilitationsverfahren führen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation bietet sich als Ebene für die
Entwicklung eines entsprechenden prozessorientierten Rehabilitationsmanagements an, das
für den Fall des Zuständigkeitsstreits oder aus anderen Verzögerungsgründen auch eine
verbindliche und wirkungsvolle Vereinbarung über die Gewährung von Vorleistungen
umfasst, die die Nahtlosigkeit, Vollständigkeit und Qualität der Leistungserbringung
sicherstellt.
Qualitätssicherung
Verbindliche Qualitätsstandards und Qualitätssicherung sind heute unverzichtbare
Bestandteile der Rehabilitation. Eine konsequente Qualitätssicherung ist Grundlage für
eine verbesserte Kosten-Wirksamkeits-Relation von Rehabilitationsmaßnahmen. Ein
funktionierendes und erfolgreiches Qualitätsmanagement ist deshalb auch ein wirksamer
Beitrag zu der immer wiederkehrenden Diskussion um die Legitimation des Reha-Systems.
Qualitätssicherungsverfahren sollten sinnvollerweise trägerübergreifend entwickelt
werden, weil auf diese Weise die Kliniken nicht doppelt belastet werden, Transparenz über
den Reha-Markt sichergestellt, eine Vergleichbarkeit zwischen Reha-Einrich-tungen
hergestellt und letztlich ein Wettbewerb um Qualität ermöglicht wird.
Die BAR als selbstverwaltete Einrichtung ist prädestiniert dafür, gemeinsame
Qualitätsgrundsätze unter Wahrung des Grundsatzes der Selbstverwaltung zu erarbeiten.
Die Durchführung der Aufgaben mit einer größeren Verbindlichkeit erfordert - im
Unterschied zu heute - erweiterte Kompetenzen der BAR. Bei jeder geplanten Regelung ist
vor allem zu berücksichtigen, daß die originären Rechte der Selbstverwaltung gewahrt
bleiben.
Beteiligung der Behindertenverbände
Bei der Vielzahl der noch dazu sehr unterschiedlichen Behindertenverbände kommt eine
Beteiligung nur an den Prozessen der Entscheidungsfindung in Betracht, nicht jedoch an den
Entscheidungen selbst. Dies widerspräche nicht zuletzt dem
"Durchführungsermessen" der Rehabilitationsträger, wie es z.B. für die
Rentenversicherung in § 13 Abs. 1 SGB VI normiert ist und für die Krankenversicherung im
Entwurf einer GKV-Gesundheitsreform 2000 in den §§ 23 Abs. 5, 40 Abs. 3 SGB V
ausdrücklich bestätigt wird.
Grundsätze der Versorgungsplanung
Die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die Versorgungsstrukturentwicklung in der
medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation als Voraussetzung für einen
zielgenauen Umgang mit den Ressourcen wird begrüßt. Bundesweite Grundsätze hierfür
sollten von der BAR erarbeitet werden. Schon jetzt ist die Arbeit der BAR, z.B. bei der
Konzeption zur ambulanten medizinischen Rehabilitation, darauf ausgerichtet,
Mehrfachstrukturen und damit Mehrfachaufwand zu vermeiden.
Rehabilitation psychisch Kranker
Die im Rahmen des SGB IX vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der
Rehabilitationsmöglichkeiten für psychisch Kranke werden begrüßt. Insbesondere wird
seitens der BAR die Notwendigkeit differenzierter Komplexleistungsprogramme unterstrichen,
da sie die wechselnden Anforderungen und Unterstützungen in den verschiedenen
Lebensbereichen psychisch kranker Menschen alltagsnah berücksichtigen können.
Stufenweise Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß
Die Eröffnung einer stufenweisen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess für alle
Trägerbereiche ist zu begrüßen. Klargestellt werden sollte, daß es sich hierbei nicht
um Leistungen zur Rehabilitation handelt, um Kostenverlagerungen zwischen den
Leistungsträgern zu vermeiden. Eine Regelung zur stufenweisen Wiedereingliederung muss
auch konkrete Bestimmungen zu den Barleistungen während dieser Maßnahmen einschließen.
Das Verfahren der stufenweisen Wiedereingliederung sollte trägerübergreifend einheitlich
geregelt werden.
Sicherstellung der Leistungen zur Rehabilitation
Es muß sichergestellt werden, daß auch künftig alle erforderlichen
Rehabilitationsleistungen erbracht werden können. Dabei sind Qualitäts- und
Wirtschaftlichkeitsgrundsätze zu beachten.
Behinderte Frauen
Die Absicht, im Rahmen eines SGB IX auf die besondere Problemsituation behinderter Frauen
einzugehen, ist grundsätzlich zu begrüßen.
Dies gilt insbesondere für die Absicht, die nach wie vor niedrigere
Partizipation von Frauen an Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation durch besondere
Angebote zu verbessern. Erste Schritte, wie sie z.B. zu Teilzeitmaßnahmen im SGB III
eingeführt wurden, sollten weiter ausgebaut werden. Es bleibt allerdings fraglich, ob
hier eine Quote erreicht werden kann, die dem Anteil der behinderten Frauen an der
Gesamtheit der Behinderten entspricht. So ist z.B. die Frage, inwieweit unterschiedliche
Lebensentwürfe hierfür mit verantwortlich sind, noch nicht hinreichend beantwortet.
Insofern ist die Absicht, hierzu ein Werkstattgespräch zu führen, zu begrüßen. Eine
grundsätzlich geschlechtsdifferenzierte Erhebung und Veröffentlichung von
Reha-Statistiken, wie sie das Eckpunktepapier im SGB IX vorsieht, kann Ansätze für
erforderliche Ausdifferenzierungen der Leistungsangebote liefern und ist daher zu
befürworten, soweit nicht in einzelnen Trägerbereichen bereits entsprechend verfahren
wird. Zu befürworten ist auch die Sicherstellung einer geschlechtsdifferenzierten
persönlichen Assistenz bei Pflege.
Rehabilitation vor Pflege - Geriatrische Rehabilitation
Die Einführung des Grundsatzes "Rehabilitation vor Pflege" in allen
einschlägigen Sozialleistungsbereichen und der Ausbau der Grundlagen der geriatrischen
Rehabilitation werden begrüßt.
Die Rehabilitationsleistungen der Krankenversicherung sollen Behinderung und
Pflegebedürftigkeit vorbeugen, sie nach Eintritt beseitigen, bessern oder eine
Verschlimmerung verhüten. Bei dieser Regelung wurde das Prinzip der einheitlichen
Risikozuordnung durchbrochen. Die Krankenkassen tragen als Rehabilitationsträger zwar das
Risiko der Behinderung, nicht aber das Risiko der Pflegebedürftigkeit; dieses tragen die
Pflegekassen. Dementsprechend ist festzustellen, daß Krankenkassen
Rehabilitationsleistungen bei drohender oder bereits eingetretener Pflegebedürftigkeit
derzeit nur in geringem Umfang erbringen. Eine klarere gesetzliche Zuordnung als heute ist
deshalb zu begrüßen.
Hauptaufgabe der geriatrischen Rehabilitation ist es, ältere Menschen in das häusliche
und gesellschaftliche Umfeld zu integrieren sowie ihre Fähigkeiten zur Selbstbestimmung
und Selbsthilfe herzustellen oder zu erhalten. Dabei müssen Art und Umfang der
geriatrischen Rehabilitationsmaßnahmen auf die Erfordernisse der älteren Menschen
ausgerichtet sein. Die Rehabilitation im Alter erfordert eine realistische Zielsetzung und
sie darf nicht nach dem Lebensalter begrenzt werden, sondern ist abhängig von der
Erkrankung, der Multimorbidität und den Möglichkeiten des älteren Menschen, zu
kooperieren.
Mit dieser Zielrichtung sollten auf BAR-Ebene gemeinsame Konzepte entwickelt und auf
dieser Grundlage entsprechende Angebotsstrukturen eines abgestuften, aufeinander
abgestimmten und möglichst wohnortnahen Versorgungssystems ambulanter, teilstationärer
und stationärer Rehabilitationsmaßnahmen vermehrt etabliert werden. Der mit der
Pflegeversicherung verwirklichte Anspruch auf ambulante Rehabilitation zur Vermeidung,
Überwindung und Minderung von Pflegebedürftigkeit ist durch konkrete
Rehabilitationsangebote vor Ort umzusetzen.
Schwerbehindertengesetz
Die Diskussion über eine sinnvolle Weiterentwicklung des Systems von Ausgleichsabgabe und
Beschäftigungspflicht ist zu begrüßen. Allerdings müßte präzisiert werden, welches
Ziel eine solche Überprüfung anstrebt.
Zu begrüßen ist die bekundete Absicht, zusätzliche Instrumente zur Eingliederung
Behinderter in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen bzw. weiterzuentwickeln. Dies gilt
insbesondere für qualifizierte Integrationsfachdienste und Integrationsfirmen, -betriebe
und -abteilungen. Auch dem Vorschlag, daß der öffentliche Dienst durch besondere
Maßnahmen die Beschäftigungssituation Schwerbehinderter verbessern soll, ist
zuzustimmen.
Die Forderung nach zukunftsorientierten und innovativen Arbeitsplätzen für behinderte
Menschen ist ebenso zu begrüßen, wie die Suche nach flexiblen Lösungen bei der
betriebsorientierten Vermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die stärker auf eine
unmittelbare Integration in das Arbeitsleben ausgerichtet sind. Diese Lösungen ergänzen
das bestehende Angebot. Durch sie können die Interessen von Arbeitgebern und
(behinderten) Arbeitnehmern frühzeitig in Übereinstimmung gebracht und damit die
Eingliederungs-chancen erhöht werden.
Da es eine nicht zu vernachlässigende Gruppe von Behinderten, insbesondere
Lernbehinderten, gibt, die nicht in der Lage sind, einen qualifizierten Berufsabschluß zu
erreichen, bedarf es dringend neuer Regelungen des Berufsbildungsrechtes, die zu
zertifizierten Nachweisen beruflicher Fähigkeiten führen. Die Absicht, insbesondere auch
Qualifikationen in Teilbereichen von Ausbildungsberufen in besonderen Nachweisen
niederzulegen, ggf. Teilqualifikationen im Rahmen modularer Ausbildungsformen zu
erreichen, sind daher zu begrüßen. Dabei sollte allerdings nicht außer Acht gelassen
werden, daß zertifizierte Teilqualifikationen die Möglichkeit einer späteren
"Aufstockung" hin zu einer Vollqualifikation offenhalten. Gerade auch unter
diesem Aspekt wird die Absicht eines Werkstattgespräches zu einer detaillierteren
Ausgestaltung möglicher Neuregelungen begrüßt.
Werkstätten für Behinderte
Den für den Bereich der Werkstätten angesprochenen Zielsetzungen ist zuzustimmen. Dies
gilt insbesondere für verstärkte Bemühungen, den Übergang aus Werkstätten für
Behinderte in Betriebe und Verwaltungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu erleichtern.
Hier gilt es, entsprechende förderungsrechtliche Regelungen, z.B. beim
Minderleistungsausgleich, zu schaffen.
Arbeitsassistenz
Es ist zu begrüßen, daß im Bereich der Arbeitsassistenz eindeutige Regelungen der
Zuständigkeits- und Finanzierungsverantwortung getroffen werden sollen, um hier die
notwendige Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen. Der Einbeziehung der
Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen in den Bereich der Arbeitsplätze i.
S. des § 7 SchwbG ist zuzustimmen.
Hilfen für selbstbestimmtes Leben
Die Absicht, behinderten Menschen durch begleitende personenorientierte, soziale Hilfen
ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, wird als
zukunftsweisende Behindertenpolitik begrüßt. Die Ergebnisse des geplanten
Werkstattgespräches bleiben abzuwarten.
Schwerbehindertenrecht im SGB IX
Die Überleitung des Schwerbehindertenrechts in das SGB IX wird zumindest aus
Transparenzgründen als sinnvoll angesehen. Dies bietet einen Ansatz für die
Möglichkeit, die Aufgaben der Träger der beruflichen Rehabilitation von den begleitenden
Hilfen der Hauptfürsorgestellen übersichtlicher und klarer abzugrenzen.
Da nur ein kleiner Teil der Rehabilitanden auch vom Schwerbehindertenrecht erfaßt wird,
sollten allerdings die Vorschriften des Schwerbehindertenrechts als
"zusammen-hängender Block" in das SGB IX eingefügt werden. Inwieweit von
diesem Grundsatz abgewichen werden muß, ist nach dem entsprechenden Werkstattgespräch zu
entscheiden.
Ausbildung der Fachkräfte
Das Vorhaben, die berufliche Ausbildung in medizinischen, aber auch in sozialen Berufen
verstärkt auf die Ziele und Inhalte von Prävention und Rehabilitation zu orientieren,
wird begrüßt. Es entspricht den langjährigen Bemühungen der Bundesarbeitsgemeinschaft
für Rehabilitation, die Inhalte der Rehabilitation und die rehabilitative Sichtweise mehr
als bisher zum Gegenstand der ärztlichen Ausbildung und vor allem der Weiterbildung zu
machen. In diesem Zusammenhang sollte geprüft werden, ob die Fort- und Weiterbildung
allein über die bisherigen Fort- und Weiterbildungswege laufen sollte, oder ob andere
Bildungsmöglichkeiten, z.B. durch die Sozialversicherungsträger selbst, möglich sind.
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