Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schwesternverbände und
Pflegeorganisationen e.V. (ADS)
Bundesausschuss der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe e.V. (BA)
Bundesarbeitsgemeinschaft Leitender Krankenpflegepersonen e.V. (BALK)
Berufsverband für Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpfleger e.V. (BKK)
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK)
Bund Deutscher Hebammen e.V. (BDH)
Deutscher Berufsverband für Altenpflege e.V. (DBVA)
Deutscher Pflegeverband (DPV) e.V.
Deutscher Pflegerat
Stellungnahme
Anhörung beim Ausschuß für Gesundheit im Deutschen Bundestag
am 10.09. und 21.09.1999
zu Schwerpunkten des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der
gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahre 2000
(GKV - Gesundheitsreform 2000)
Einführung
Der Deutsche Pflegerat (DPR) -Bundesarbeitsgemeinschaft der Pflegeberufsorganisationen-
weist darauf hin, daß die unmittelbare Einbindung der Belange von 1,2 Mio. professionell
Pflegenden in das Sozialgesetzbuch (SGB V) eine wichtige Voraussetzung für die
erfolgreiche Umsetzung der Gesundheitsreform 2000 ist. Diese professionell Pflegenden
stellen ¼ aller im Gesundheitswesen Beschäftigten dar. Damit sind sie ein Spiegelbild
dafür, daß es keinen pflegefreien Raum im Gesundheitswesen gibt, insbesondere nicht im
Krankenhaussektor. Deswegen muß die pflegerische Kompetenz und Positionierung in allen
gesetzlichen Regeln des SGB V Berücksichtigung finden.
Die berufliche Eigenständigkeit und die Bedeutung der Pflege für die
Gesundheit der Bevölkerung im Reformvorhaben 2000 auch jetzt noch nicht zu
berücksichtigen, wäre eine unentschuldbare Weiterführung dieser Fehlentwicklung
der Vergangenheit. Durch Festlegung gesetzlicher Rahmenbedingungen, die der beruflichen
und wissenschaftlichen Entwicklung der Pflege in Deutschland gerecht werden, können die
Reformziele
- hohes Versorgungsniveau
- Qualitätssicherung und -weiterentwicklung
- Patientenschutz und
- Finanzierbarkeit
effektiver und effizienter erreicht werden.
Der vorliegende Gesetzesentwurf ist gekennzeichnet durch das totale
Ungleichgewicht zwischen einerseits Krankenkassen und Ärzten und andererseits sonstigen
Leistungserbringern, insbesondere denen in der Pflege. Eine derartige Polarisierung rückt
die medizinische Orientierung des Gesundheitswesens überproportional in den Mittelpunkt.
Dadurch kommt es auch zu einer vollständigen Verzerrung des politisch
gewollten Wettbewerbs in Richtung Leistungsmonopol für Ärzte. Es zeigt darüber hinaus
einmal mehr, daß die Dimension pflegerischer Qualitätssicherung in ihrer Nutzenwirkung
politisch bislang noch nicht erkannt wird.
Der Deutsche Pflegerat begrüßt die Stärkung der Patientinnen und
Patienten durch die vorgesehenen Möglichkeiten zur Information und Beratung sowie die
Kontrollfunktion des Medizinischen Dienstes mit Blick auf einen umfassenden
Verbraucherschutz. Dabei sollte allerdings nicht übersehen werden, daß die einseitig
medizinisch ausgerichteten Rahmenbedingungen des Gesetzesentwurfs diesem Anliegen
diametral entgegenstehen. Die pflegerischen Elemente der Gesundheitsversorgung müssen
durch Information und Beratung transparent gemacht werden, wenn die Patientinnen und
Patienten aktiv in das Geschehen einbezogen werden sollen.
Der Deutsche Pflegerat weist mit seiner Stellungnahme auf die wesentlichen
Risiken und Gefahren des Gesetzesentwurfs hin. Dies wird nachfolgend exemplarisch
verdeutlicht. Zugleich zeigt er auf, wie durch Einbeziehung der Pflege Verbesserungen zur
gemeinsamen Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens erreicht werden können. Der
Deutsche Pflegerat bietet den politisch Verantwortlichen gleichzeitig an, in einem
konstruktiven Dialog den Sachverstand und die Erfahrung der Beteiligten und Betroffenen in
die Reformgestaltung einzubringen.
Im Einzelnen:
§ 20 Abs. 1 Gesundheitsförderung, Prävention, Selbsthilfe
Der Deutsche Pflegerat unterstützt die Gesundheitsförderung und
Prävention, da dadurch die Eigenverantwortung und Souveränität der Bürgerinnen und
Bürger im Umgang mit ihrer Gesundheit gestärkt wird. Die Investition in die persönliche
Gesundheit muß als Selbstverständnis und persönlicher Wert jedes Einzelnen gesehen
werden.
Bei der Umsetzung der Aufgaben nach Satz 3 kommt dem Deutschen Pflegerat
als unabhängigem Sachverständigenorgan neben der Bundesärztekammer besondere Bedeutung
zu. Seit 1985 werden nach dem Krankenpflegegesetz (KrPflG) in § 4 Gesundheitsförderung
und Prävention ausbildungsverpflichtend gelehrt. Sie gehören daher in das
Aufgabenspektrum von Pflege. Dies befähigt die Pflege, als Sachverständige mitzuwirken.
§ 65 b Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patienten-beratung
Die Förderung von Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung
wird als direkte Stärkung der Patientenrechte und damit verbunden als Förderung der
Versichertensouveränität gesehen und begrüßt. Die hierzu notwendigen Maßnahmen, z.B.
auch die für ein "Managed Care System", müssen allerdings von Anfang an
zusammen mit Pflegeexperten entwickelt werden. Pflegerische Kompetenz und Sachverstand
müssen in diesem Beratungs- und Informationsprozeß ausdrücklich berücksichtigt werden.
Die Einrichtung von Verbraucher- und Patientenberatungsstellen wird grundsätzlich als ein
erster Schritt in die richtige Richtung zum mündigen Versicherten/Patienten angesehen.
Insbesondere wird der Neutralitätsanspruch unterstützt.
§ 73 Abs. 1 a - c Vertragsärztliche (hausärztliche) Versorgung
Das Konzept der hausärztlichen Versorgung (Hausarztmodell) wird
grundsätzlich vom Deutschen Pflegerat anerkannt. Es sollte aber unmißverständlich zum
Ausdruck kommen, daß ein Konzept der hausärztlichen Versorgung nur gemeinsam mit
Pflegeexperten entwickelt und durchgeführt werden kann, weil ein unmittelbarer
Zusammenhang zwischen medizinischer und pflegerischer Versorgung in der ambulanten
Betreuung der Versicherten besteht.
Die sektorübergreifende Versorgung von der stationären zur ambulanten
Pflege (Überleitungspflege) hat sich seit Jahren in der Pflegepraxis als wirtschaftlicher
und qualitätssichernder Ansatz erwiesen, weil die Einschätzung des Pflegebedarfs, die
Anleitung von Bezugspersonen u.a., nur von Angehörigen der Pflegeberufe selbst bestimmt
werden kann. Die Verbindung zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (§ 132 a in
Verbindung mit § 37 SGB V) muß zugrunde gelegt werden und die unmittelbare Beteiligung
der Pflegeexperten auch hier Eingang in das SGB V finden.
Die erweiterte Dokumentationsbefugnis des Hausarztes verpflichtet Arzt und
Pflegende zum berufsgruppenübergreifenden Dokumentationsverfahren. Hier ergeben sich
rechtliche Fragen hinsichtlich der Anordnungs-, Delegations- und
Durchführungsverantwortung.
§ 75 Abs. 10 Inhalt und Umfang der Sicherstellung (Notdienst)
Der Deutsche Pflegerat begrüßt die positiven Effekte, die der
Gesetzesentwurf bei der Versorgung der Versicherten mit der Sicherstellung des Notdienstes
vorsieht. Es ist aber auch hier der unmittelbare Zusammenhang zwischen medizinischer und
pflegerischer Versorgung zu betonen, weil Veränderungen des Notdienstes im
Krankenhausbetrieb Auswirkungen auf die Pflege und andere Berufsgruppen haben werden. Die
einseitige Behandlung des Notdienstes aus medizinischer Sicht wird der Sachlage in keiner
Weise gerecht und widerspricht damit der ganzheitlichen Betreuung der Versicherten.
§ 92 a Institut für die Arzneimittelverordnung in der gesetzlichen
Krankenversicherung
Das vorgesehene Institut für die Arzneimittelverordnung in der
gesetzlichen Krankenversicherung wird auch vom Deutschen Pflegerat als notwendiges
Instrument zum pfleglichen Umgang mit Arzneimitteln in der Patientenversorgung angesehen.
Weil Wirkung und Nebenwirkung der Arzneimittel aber sowohl im stationären als auch im
ambulanten Sektor der Patientenversorgung unmittelbar die Pflegepraxis betreffen, ist
gerade hier die Mitarbeit der Pflegeexperten unumgänglich. Dieses muß bei der
Kommissionskonstituierung und bei den einzubeziehenden Sachverständigen ausdrücklich
vorgesehen werden.
Der Deutsche Pflegerat geht daher davon aus, daß die Kommission für
Arzneimittelverordnung der besonderen Therapierichtungen durch zwei Sachverständige der
Pflegewissenschaft erweitert werden muß.
§§ 109 a u. 110 Abschluß, Änderung und Kündigung von
Versorgungsverträgen
Der Deutsche Pflegerat sieht es als zwingend an, daß als Grundlage für
den Abschluß, die Änderung und die Kündigung von Versorgungsverträgen Rahmenvorgaben
erarbeitet werden und daß der zuständigen Landesbehörde das letzte Entscheidungsrecht
übertragen wird. Der Deutsche Pflegerat macht ausdrücklich darauf aufmerksam, daß bei
Änderungen und Kündigungen von Versorgungsverträgen die Trägervielfalt zu wahren ist
und die regionalen Besonderheiten einzelner Krankenhäuser zu berücksichtigen sind.
Der Deutsche Pflegerat setzt sich für die Interessen der Patienten und
der in der Pflege Beschäftigten ein. Mit der beabsichtigten Änderung der §§ 109 und
110 SGB V werden vorrangig ökonomische Interessen verfolgt. Dem Kapazitätsabbau von
Krankenhäusern folgt zwingend ein Personalabbau und damit ein Verlust von
Arbeitsplätzen.
§ 115 b Abs. 1 Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im
Krankenhaus
Die Begründung zum Referentenentwurf nennt als Beispiel die
ASA-Risikogruppen als Kriterium zur Bestimmung der ambulanten Operationen und
stationsersetzenden Maßnahmen. Hier ist auf die fehlende beratende Funktion der
Pflegeexperten bei der Erweiterung des EBM-Katalogs mit den ASA-Risikogruppen hinzuweisen.
Der Deutsche Pflegerat setzt sich mit Nachdruck dafür ein, daß die
weiteren Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung dieser speziellen
Versorgung der GKV-Versicherten nicht ohne den pflegerischen Sachverstand stattfinden
kann. Ausschließlich krankheitsorientierte Kriterien sind unzureichend. Besonders nach
größeren ambulanten Eingriffen/ Operationen ergibt sich zwangsläufig ein Bedarf an
häuslicher Nachsorge, die gewährleistet sein muß. Zum Beispiel ist der Bereich der
pflegerischen Nachsorge im jeweiligen sozialen Umfeld der Patienten nicht berücksichtigt
(soziale Indikation). Dieses stellt eine gravierende Lücke im Gesetzesentwurf dar. Somit
kann die weitere Katalogentwicklung nur unter entsprechender Beteiligung der Pflege
stattfinden.
§ 116 a Ambulante Behandlung durch Krankenhäuser
Der Deutsche Pflegerat erkennt, daß durch die Erweiterung des ambulanten
Leistungsspektrums der Krankenhäuser das Patientenrecht auf freie Therapiewahl und die
Sicherstellung medizinischer Qualität erreicht werden. Beides bindet Patienten an
Krankenhäuser. Allerdings wird darauf hingewiesen, daß die Erweiterung des pflegerischen
Leistungsspektrums außerhalb des Krankenhauses in Bezug auf Intensivpflege sichergestellt
werden muß. Die entsprechenden Vergütungsregelungen über den Einbezug der
Intensivpflege als Regelleistung sind zwingend vorzugeben.
§ 125 a Ambulante Rehabilitationseinrichtungen
Der Deutsche Pflegerat unterstützt die Ansätze zur Erweiterung der
GKV-Leistungen um die ambulanten Rehabilitationsleistungen. Er gibt aber gerade hier zu
bedenken, daß sich das Spektrum der aus der stationären Versorgung entlassenen Patienten
verändert hat. Die Einführung und vorgesehene Erweiterung des Fallpauschalensystems
haben zu einem völlig veränderten Bild geführt. Die Patienten werden häufig früher
aus der stationären Versorgung der Krankenhäuser entlassen. Das bedeutet, daß die
ambulante Rehabilitation auch veränderte pflegerische Leistungen und Qualifikationen
erforderlich machen. Dies erfordert eine darauf abgestimmte Nachqualifikation.
Deshalb fordert der Deutsche Pflegerat den ausdrücklichen Einbezug
pflegerischer Expertisen. Konkret heißt das, Abs. 1 ist um den Begriff "pflegerische
Leistungen" zu ergänzen.
§ 136 Abs. 1 - 3 Verpflichtung zur Qualitätssicherung
In Anbetracht der begonnenen pflegewissenschaftlichen Entwicklung in
Deutschland ist es sinnvoll, die allgemeinen Anforderungen des Abs. 1 ausdrücklich auch
auf pflegewissenschaftliche Erkenntnis zu beziehen.
Der Deutsche Pflegerat begrüßt und unterstützt die Initiative des
Gesetzgebers zum Qualitätsmanagement. Aufgrund der Ausbildungsziele des
Krankenpflege-gesetzes von 1985 gehört Qualitätssicherung zum beruflichen
Selbstver-ständnis der Pflege und wird daher seitens des Pflegemanagements verpflichtend
umgesetzt (u.a. durch Dokumentation pflegerischer Leistung, Umsetzung von Pflegekonzepten,
Durchführen von Pflegevisiten). Allerdings müssen gesetzliche Rahmenbedingungen
geschaffen werden, die im stationären und ambulanten Bereich den Einfluß
pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse auf die Struktur- und Prozeßqualität sichern. Nur
berufsgruppen- und disziplinübergreifende Qualitätsmaßstäbe können
einrichtungsübergreifend die Ergebnisqualität sichern.
Die Leistungserbringer nach Abs. 2 haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
anerkannte Leitlinien für eine wissenschaftlich gesicherte, zweckmäßige und
wirtschaftlich sinnvolle Diagnostik und Behandlung zu beachten. In das Verfahren ihrer
Anerkennung muß allerdings neben den im Gesetzesentwurf aufgeführten Vereinigungen und
Verbänden der Deutsche Pflegerat ausdrücklich einbezogen werden. Dies ergibt sich als
logische Konsequenz aus der Beteiligung entsprechend den §§ 136 a, 137, 137 b, 137 c und
137 d.
§ 136 a Abs. 1 Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung
Eine einrichtungsübergreifende und interprofessionelle
Qualitätssicherung kann nur wirksam werden, wenn Experten der Pflege bereits bei der
Entwicklung der erforderlichen Maßnahmen einbezogen werden. Daraus ergibt sich zwingend,
daß der Deutsche Pflegerat in den Bundesausschuß für Ärzte und Krankenkassen
einzubinden ist.
§ 137 Abs. 1 und 2 Qualitätssicherung bei zugelassenen Krankenhäusern
Der Versorgungs-, Behandlungs- und Betreuungsprozeß ist höchst komplex
und wird insbesondere von Ärzten und Pflegenden verantwortet. Wer politisch
Interdisziplinarität und Interprofessionalität fordert (Wahlaussagen, Reformaussagen,
GMK-Entschließungen 96/97), muß auch dies zwingend gesetzlich realisieren.
Der Deutsche Pflegerat erwartet hinsichtlich dieser Regelung die
Gleichstellung mit der Bundesärztekammer.
Dementsprechend soll gestrichen werden ......"soweit deren
Belange berührt sind,"...
Der Deutsche Pflegerat fordert ausdrücklich die gesetzliche Einbeziehung.
Darüber hinaus müssen die Kriterien um die "pflegerischen Leistungen" (§ 137,
Abs. 1 Nr. 2) in direkter Zusammenarbeit mit den Vertreterinnen und Vertretern des
Deutschen Pflegerates erweitert werden.
Zu ergänzen: Bei Verträgen nach § 112 , Abs. 1 sind der
Deutsche Pflegerat bzw. die Pflegeräte auf Länderebene zu beteiligen, soweit Maßnahmen
zur Qualitätssicherung vereinbart werden.
§ 137 b Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualität in der Medizin
Der Deutsche Pflegerat begrüßt es, daß die Pflegeberufsorganisationen
Sitz und Stimme in der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Qualität in der Medizin
(AQS) erhalten haben. Qualitätssicherung ohne Einbeziehung pflegerischer Expertise ist
ein Widerspruch in sich.
Der Deutsche Pflegerat regt an, die Bezeichnung AQS nicht nur auf
"Qualität in der Medizin" zu fokussieren, sondern ihre Aufgaben auf das gesamte
Gesundheitswesen zu beziehen. Damit wird sowohl der Intention der Reform Rechnung
getragen als auch den Aufgaben und der Beteiligung innerhalb der AQS (Arbeitsgemeinschaft
zur Förderung der Qualität im Gesundheitswesen).
Es ist davon auszugehen, daß die Politik an den pflegerischen
Erkenntnissen und der Nutzentransparenz zur Reformzielerreichung interessiert ist.
Textvorschlag: Die Bundesärztekammer, die Kassenärztliche
Bundes-vereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der
Krankenkassen und der Deutsche Pflegerat (Die Begrifflichkeit aus dem
Regierungsentwurf ist entsprechend zu ändern) treffen ........
§ 137 c Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im
Krankenhaus
Der Deutsche Pflegerat erwartet im Sinne einer hohen Versorgungsqualität
und der politisch geforderten Patientenorientierung, daß neben der medizinischen
Versorgung die Ergänzung um pflegerische Versorgung gesetzlich gesichert wird.
Hierbei ergibt sich als Qualitätsmerkmal, daß "Pflege" in dem
zu schaffenden Gremium mit vertreten ist. Der Ausschuß sollte dafür Sorge tragen, daß
neben dem medizinischen auch der pflegerische Fortschritt nicht behindert wird.
Qualitatativ gute Medizin ist nur mit vergleichbar qualitativ guter Pflege machbar!
§ 137 d Qualitätssicherung bei der ambulanten und stationären Vorsorge
oder Rehabilitation
Hinsichtlich der Beteiligung in Qualitätssicherungsgremien für die
ambulante und stationäre Vorsorge oder Rehabilitation fordert der Deutsche Pflegerat wie
in § 137 die generelle Einbeziehung.
§§ 140 a - g Integrierte Versorgung
Das neue Versorgungsmodell der integrierten Versorgung wird vom Deutschen
Pflegerat deshalb ausdrücklich begrüßt, weil es Chancen für zukunftsorientierte
Entwicklungen im Gesundheitswesen in sich birgt. Der Versuch, die bestehenden starren
Strukturen zwischen ambulanter und stationärer Versor-gung wie auch zwischen
unterschiedlichen Leistungsanbietern aufzubrechen, wird auch von der Pflege unterstützt.
Allerdings gilt hier das schon zuvor Gesagte in besonderer Weise: Die Pflege hat - wegen
ihres grundlegenden Leistungsspektrums im stationären und ambulanten Sektor - einen
besonderen Stellenwert und muß auch bei der vertraglichen Gestaltung sowohl auf regionaler
als auch auf Bundesebene Berücksichtigung finden. Konkret bedeutet dies, daß die
Pflege als eigenständige Leistungsanbieterin die entsprechende Vertragskompetenz erhält.
Entsprechend sind auf Bundesebene Richtlinien und Rahmenempfehlungen für
die pflegerischen Leistungen und deren Abrechnungen zu erstellen, die unmittelbar durch
den Deutschen Pflegerat entwickelt werden müssen. (Es ist erwiesen, daß durch
theoriegeleitete Pflegemaßnahmen, z.B. zur Diagnose und Pflege des Druckgeschwürs -
Decubitus - professionelle Erfolge mit volkswirtschaftlichen Konsequenzen erzielt werden.
Die erzielten Einsparungen durch vorbeugende Pflege - Prophylaxen - einerseits und die
Vermeidung menschlichen Leids durch qualitativ hochwertige Pflege andererseits leisten
einen großen Beitrag zur Verbesserung der Qualität der Gesamtleistungen des
Gesundheitswesens).
Der Deutsche Pflegerat sieht die Einbeziehung der Patienten als
wesentliche Voraussetzung der integrierten Versorgung an. Denn gut informierte Patienten
sind die besten Garanten für ein gutes Gelingen des Managed-Care-Systems.
An dieser Stelle sei auch der Hinweis erlaubt, daß der Deutsche Pflegerat
die nach wie vor unangefochten starre Trennung zwischen pflegerischen Leistungen nach SGB
V und denen nach SGB XI als überholt und für den Abrechnungsmodus hinderlich sieht.
Gerade in Zusammenhängen integrierter Versorgung sollten die Schnittstellen zwischen
beiden Finanzierungssystemen unbürokratisch gehandhabt werden.
Aus diesen beispielhaft angeführten Gründen muß die Pflege explizit auf
allen Ebenen mitgestalten. Pflege muß innerhalb des SGB V eine eigene kodifizierte
Wertung erhalten. Dadurch wird die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den
beteiligten Berufs- und Anbietergruppen in der integrierten Versorgung gewährleistet.
§ 142 Globalbudget
Der Deutsche Pflegerat betrachtet mit großer Besorgnis die Ausführungen
zum fixen Globalbudget der GKV. Nicht beeinflußbare Vorgaben, insbesondere Auswirkungen
staatlicher (Steuern, Abgaben) und tariflicher Entscheidungen führen zu einer Absenkung
des Nettobudgets der Krankenhäuser. Daher ist der begonnene Personalabbau nicht nur für
das Pflegepersonal, sondern auch für alle übrigen Beschäftigten bereits in vollem
Umfang im Gang. Sollten hier keine gesetzlichen Regelungen zur Substitution eingeführt
werden, ist die Rationierung pflegerischer Leistungen die Folge.
§ 301 b Überprüfung der Qualitätssicherung im stationären Bereich
Mit der Erweiterung der Kompetenzen des Medizinischen Dienstes auf
Aufga-ben der Qualitätssicherung und Qualitätsüberprüfung muß der § 112 Abs. 5 SGB V
auf Expertengremien der Pflege erweitert werden, weil Versorgungsqualität integraler
Bestandteil der pflegerischen Leistungen ist. Um entsprechende Qualitätskriterien zu
beschreiben, bedarf es der unmittelbaren Beteiligung des Deutschen Pflegerates.
Artikel 3 Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes
§ 17 b Vereinbarung eines landesweiten Gesamtbetrags
Die Vereinbarung eines landesweiten Gesamtbetrags der GKV mit den
anteiligen Mehrerlösabzügen im übernächsten Kalenderjahr, kann nicht die Zustimmung
des Deutschen Pflegerates finden. Mehrerlösabzüge und damit Budgetkürzungen führen
regelmäßig dazu, daß Pflegepersonal überproportional abgebaut wird. Dieses Vorgehen
ist seit der Aussetzung der Pflege-Personalregelung (PPR) im Jahre 1996 in den
Krankenhäusern nachweislich anzutreffen. Der Deutsche Pflegerat wendet sich ausdrücklich
dagegen und setzt sich für eine unverzügliche Umsetzung des § 19 KHG unter direkter
Beteiligung des Deutschen Pflegerates mit seinen Sachverständigen ein.
§ 17c Einführung eines Fallpauschalen-Systems
Die Einführung bzw. Weiterentwicklung eines vollständigen
Fallpauschalensystems muß aufgrund bereits gemachter Erfahrungen zwingend unter
Beteiligung des Deutschen Pflegerates geschehen. Die mit dem System der Fallpauschalen
verbundenen drastischen Verkürzungen der Verweildauer der Patienten in den
Krankenhäusern erfordern eine systematisch weiter zu entwickelnde Pflegequalität. Dieses
könnte aus pflegerischer Sicht durch die Umsetzung eines auf die Bedingungen des
Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) angepaßten Case-Managements vorgenommen werden.
Der Deutsche Pflegerat fordert in diesem Zusammenhang die Entwicklung
verbindlicher Parameter für die qualitativen und quantitativen pflegerischen Leistungen
bei einem vollständigen Fallpauschalensystem. Um die mit den Fallpauschalen intendierten
Erwartungen zu erfüllen, muß die Möglichkeit gegeben sein, definierte Pflegequalität
zu gewährleisten. Die Methoden dafür können nur vor dem Hintergrund international
anerkannter pflegewissenschaftlicher Maßstäbe geschehen, also auf einer gesicherten
empirischen Basis. Pflegewissenschaftliche Voraussetzungen für die Ermittlung
entsprechender Daten sind vorhanden. Es zeichnet sich dabei ab, daß es neben
diagnosebezogenen Fallpauschalen der Medizin auch eigene Pflegefallpauschalen geben muß,
z.B. für die Pflege Sterbender. Sterben ist nicht Teil der diagnosebezogenen
Fallpauschalen. Es erfolgt demgemäß außerhalb der definierten Behandlungs- und
Pflegespektren. Gleiches trifft auch für die Pflege von Menschen mit apallischem Syndrom
zu.
Wenn die pflegerischen Anteile an den Fallpauschalen nicht deutlich
werden, ist es auch für die Patienten nicht möglich nachzuprüfen, ob die von den Leistungserbringern versprochene Zusage bezüglich pflegerischer Qualität auch
eingehalten werden kann. Darüber hinaus ist schon seit 1996 eine gravierende Entwicklung
der Personalstatistik in den Krankenhäusern auszumachen. Die Personalentwicklung im
Pflegebereich geht eindeutig zurück. Leistungszuwachs, Personalabbau und
Verweildauerverkürzungen gehen somit überwiegend zu Lasten der Pflege. Daher muß
rechtzeitig ein System geschaffen werden, das die o.g. Parameter pflegerischer Leistung
verbindlich festlegt, um sie bei der Einführung eines vollpauschalisierten Entgeltsystems
entsprechend berücksichtigen zu können.
Der Gesetzesentwurf macht im Gegensatz zum Arbeitsentwurf des Ministeriums
keine Aussagen über die Pflegesatzfähigkeit der Kranken-pflegeausbildung. Der Deutsche
Pflegerat weist darauf hin, daß nicht nur die Finanzierung, sondern auch die zukünftigen
Rahmenbedingungen sowie inhaltliche Veränderungen zu regeln sind.
In diesem Zusammenhang verweist der Deutsche Pflegerat auf die
Koalitionsvereinbarungen der Bundesregierung und die dort gemachten Aussagen. Es darf kein
Ausbildungsvakuum entstehen, und es muß Planungssicherheit für alle Beteiligten
geschaffen werden. Die Beteiligung von Expertinnen und Experten des Deutschen Pflegerates
an der Zukunftskonzeption zur Pflegebildung ist zwingend.
Berlin, 26. August 1999
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