Bundesärztekammer (BÄK) legte Curriculum "Gesundheitsförderung" vor
Gesundheitsförderung, ("Health Promotion") so wird in der Ottawa-Charta der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1986 definiert, "zielt auf einen Prozeß, allen
Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und
sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Um ein umfassendes körperliches,
seelisches und soziales Wohlbefinden zu erlangen, ist es notwendig, daß sowohl Einzelne
als auch Gruppen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihre Wünsche und Hoffnungen wahrnehmen
und verwirklichen sowie ihre Umwelt meistern bzw. verändern können. In diesem Sinne ist
die Gesundheit als ein wesentlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens zu verstehen und
nicht als vorrangiges Lebensziel. Gesundheit steht für ein politisches Konzept, das in
gleicher Weise die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit
betont wie die körperlichen Fähigkeiten. Die Verantwortung für Gesundheitsförderung
liegt deshalb nicht nur beim Gesundheitssektor, sondern bei allen Politikbereichen und
zielt über die Entwicklung gesünderer Lebensweisen hinaus auf die Förderung von
umfassendem Wohlbefinden hin."
Die Zunahme chronischer Erkrankungen insbesondere aufgrund des Anwachsens
der Anzahl älterer Menschen sowie die vermeidbaren Gesundheitsschäden und Folgekosten
durch Verletzungen stellen ebenso eine Herausforderung an die Heilberufe dar wie die
Erweiterung des Gesundheitsbewußtseins in der Bevölkerung. Die Menschen sind sensibler
geworden für die Gefährdung ihrer Gesundheit durch Lebens- und Umweltbedingungen.
Gesundheitsförderung ist daher mehr als ein Schlagwort in der Gesundheitspolitik: Ein
höheres Maß an Selbstbestimmung und gesundheitsgerechte Lebensbedingungen sollen
erreicht werden.
Weitergehende Grundsatzerklärungen der bundesdeutschen Ärzteschaft zur
Gesundheitsförderung und Prävention ergeben sich aus dem "Gesundheitspolitischen
Programm der deutschen Ärzteschaft", das auf dem 97. Deutsche Ärztetag 1994
beschlossen wurde (abgedruckt im Deutschen Ärzteblatt, Supplement zu Heft 24/1994).
Der Vorstand der Bundesärztekammer hat bereits in seiner Stellungnahme "Gesundheitsförderung
als Aufgabe der Heilberufe" vom 15. Oktober 1993 (vollständig abgedruckt in
Schell, W.: "Die Grundzüge der Hygiene und Gesundheitsförderung von A bis Z".
Brigitte Kunz Verlag, Hagen 1995) folgende Stufen ärztlicher Gesundheitsförderung
genannt:
1. Individuelle Gesundheitsberatung, d.h. Information und Motivation des Einzelnen
zur gesunden Lebensweise.
2. Gruppenarbeit mit Risikopersonen oder Kranken, d.h. Planung, Anleitung,
Supervision der Arbeit in Gruppen gleichbetroffener Risikopersonen und Patienten,
Unterstützung von Selbsthilfegruppen.
3. Mitwirkung an öffentlichen Gesundheitsprogrammen, d.h. anwaltschaftliches
Eintreten für gesundheitliche Belange des Bürgers und der Gemeinschaft in der
Öffentlichkeit.
Der Vorstand der BÄK hat nun am 13. Dezember 1996 ein Curriculum
"Gesundheitsförderung" beschlossen und im Januar 1997 vorgelegt. Darin wurden,
so heißt es im Vorwort, unter Mitarbeit führender Experten der Gesundheitsförderung die
Lehr- und Lerninhalte sowie die didaktischen Hinweise zur Durchführung von
Fortbildungsseminaren zusammengestellt. Sie sollen den Ärztinnen und Ärzten in der
ambulanten und stationären Versorgung sowie im öffentlichen Gesundheitsdienst die
erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für eine erfolgreiche Tätigkeit in der
Gesundheitsförderung vermitteln. Das Curriculum umfaßt die epidemiologischen Grundlagen
als Voraussetzung für bevölkerungsbezogene sinnvolle Strategien. Es enthält ebenso die
allgemeinen Ansätze und Techniken einer auf Individuen oder Gruppen ausgerichteten
Förderung von Gesundheit durch Motivation und Befähigung - auch in Kooperation mit
anderen Fachberufen und Organisationen mit Einfluß auf die Gesundheit.
Das Curriculum "Gesundheitsförderung" kann gegen eine Schutzgebühr von 25,--
DM bezogen werden bei der BÄK, Dezernat Fortbildung, Postfach 410220, 50862 Köln
(Quelle: Deutsches Ärzteblatt, Heft 3/1997).
Werner Schell (05/99)
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