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Positionspapier zur Situation der Pflegeberufe

Mit großer Sorge beobachtet der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK) die Auswirkungen der Strukturveränderungen und insbesondere der Spardiskussion im Gesundheits- und Sozialwesen. Arbeitsplätze in der Pflege werden abgebaut bzw. nicht besetzt. Parallel dazu besteht regional ein quantitativer und institutionsbezogen auch ein qualitativer Mangel an Pflegepersonal. Im Rahmen der organisatorischen Umstrukturierungen in den Krankenhäusern wird zunehmend die pflegerische Fachkompetenz aus der Geschäftsleitung ausgeschlossen.

Die (regional vorhandenen) Dumpinglöhne für Pflegefachkräfte in der ambulanten Pflege sind ein Skandal. Zunehmend werden Flächentarifverträge in Gesundheitseinrichtungen außer Kraft gesetzt. Bisher tariflich garantierte Leistungen werden radikal abgebaut. Es werden Haustarifverträge abgeschlossen bzw. Einzelverträge verhandelt. Hinzu kommt die allgemeine Tendenz, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zu erhöhen.

Pflegende arbeiten heute unter immer größerem Leistungs- und Zeitdruck. Professionelles Arbeiten ist in vielen Einrichtungen kaum noch aufrecht zu erhalten. Die personellen Ressourcen im Gesundheits- und Sozialsystem werden unter dem Sparzwang nach dem Zufallsprinzip reduziert, wobei den Geschäftsführungen das Personalbudget der Pflege besonders einsparungsfähig erscheint.

Durch die Einführung der DRGs kommt es zu einer deutlichen Verkürzung der Verweildauer, längerfristig wird die Reduzierung von Klinikbetten um mindestens 30% erwartet. Dies führt zu einer erheblichen Arbeitsverdichtung. Trotzdem werden Arbeitsplätze abgebaut. Die Verunsicherung der Pflegenden nimmt ständig zu und gerade ältere Pflegende werden bevorzugt „abgewickelt".

Angesichts der Unklarheit der Krankenhausträger und der Träger von Pflegeeinrichtungen bezüglich der Finanzierung der Ausbildungskosten werden massiv Ausbildungsplätze abgebaut. Absolvent/innen der Kranken- und Kinderkrankenpflegeschulen werden zum größten Teil nicht in eine Anstellung übernommen. Die Ausbildungszahlen in der Altenpflege hängen überwiegend vom subventionierten Bildungsmarkt in der Altenpflege ab (zeitlich befristete Sonderregelung für Umschulung zur Altenpflegerin in SGB III).

Diese Situation ist auch deshalb besorgniserregend, weil in unmittelbarer Folge flächendeckend ein dramatischer Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal auftreten wird. Die Pflegefachkräfte, deren Stellen heute abgebaut werden, oder diejenigen, die nach der Ausbildung keine Arbeitsstelle erhalten, werden morgen mit Prämien zurück gelockt werden müssen. Andere Länder in der EU leben das heute schon vor. Den Preis zahlen die Pflegenden, die den Mangel kompensieren sollen, und letztendlich – durch Unter- und Fehlversorgung - die zu pflegenden Menschen.

Es fehlt eine differenzierte und aktuelle Pflegepersonalstatistik, welche eine systematische Pflegepersonalbedarfsanalyse für die nächsten 5, 10 oder 20 Jahre zulässt. Hier werden – gerade angesichts der demographischen Entwicklung – Chancen für wichtige und richtige Weichenstellungen vertan. Allen Verantwortlichen fehlt damit ein entscheidendes Instrument zur politischen Weichenstellung im Pflegesektor.

Vor diesem Hintergrund fordert der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) e.V.

  • die Tarifvertragsparteien auf, für die Pflegeberufe eine den Qualifikationen und der gesellschaftlichen Relevanz des Berufes entsprechende Vergütungsstruktur zu entwickeln.
  • die Verantwortlichen in Politik, der Selbstverwaltung und den Verbänden auf, die Probleme der Pflegenden ernst zu nehmen, statt sie als „Nebeneffekt der Strukturreformen" zu bagatellisieren.
  • von den Kostenträgern, in allen Bereichen der Pflege Vergütungsstrukturen zu schaffen, die qualifizierte Pflege leistbar machen.
  • alle Arbeitgeber auf, sich bewusst zu machen, welche große Bedeutung kompetentes, motiviertes und leistungsgerecht bezahltes Pflegepersonal für die Qualität der Versorgung und damit den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Einrichtung hat und verantwortlich mit dieser Ressource umzugehen.
  • den Aufbau einer systematischen Pflegepersonalstatistik und eine Diskussion um die dauerhafte Sicherung der pflegerischen Versorgung der Menschen in Deutschland.
  • die Berücksichtigung des pflegerischen Aufwands im Rahmen der DRG-Kalkulation.
  • die Erhaltung einer Klinik-Organisationsstruktur mit Pflegedirektionen, damit die Einbindung pflegerischer Kompetenz auf der Ebene der Unternehmensleitung gewährleistet ist.

Pflegende leisten einen gesellschaftlichen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge, Krankheitsverhütung sowie Herstellung von Gesundheit, Unterstützung und Hilfeleistungen bei chronischen Erkrankungen, Gebrechlichkeit und im Sterbeprozess.

Pflege ist ein attraktiver Beruf mit Zukunft. Aber nur dann, wenn mit dieser Berufsgruppe und ihrem Wissen als unverzichtbare Ressource auch verantwortlich umgegangen wird!

Berlin, 18. Juni 2004
Gudrun Gille
1. Vorsitzende

Geisbergstrasse 39 10777 Berlin

Quelle: Pressemitteilung vom 20.7.2004, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK)