»Pflegefremde und patientenferne Tätigkeiten im Pflegedienst der Krankenhäuser«
Mit Unterstützung der Medvantis Medical Business Solutions AG
hat das Deutsche Krankenhausinstitut in einer Repräsentativerhebung den Aufwand
für sog. pflegefremde und patientenferne Tätigkeiten im Pflegedienst deutscher
Krankenhäuser ermittelt. Der Gesamtaufwand für diese Tätigkeiten beläuft
sich demnach auf rund 2:10 Stunden pro Pflegekraft und Arbeitstag. Dies
entspricht rund 28% der Arbeitszeit von Krankenschwestern und -pflegern. Den
größten Block mit rund 90 Minuten pro Arbeitstag bilden Tätigkeiten aus dem
Bereich Dokumentation und Administration. Der restliche Aufwand verteilt sich
auf Patientenbegleit-, Hol- und Bringedienste, Logistik und Beschaffung sowie
Reinigungsdienste.
Auf Grund großer Unterschiede in der Organisation der Krankenhäuser sowie der
Arbeit des Pflegedienste streuen die Aufwandswerte sehr stark zwischen
verschiedenen Fachabteilungen. Von daher dürften große Rationalisierungs- bzw.
Entlastungspotenziale mit Blick auf pflegefremde bzw. patientenferne
Tätigkeiten im Pflegedienst deutscher Krankenhäuser existieren. Eine
Entlastung von pflegefremden Tätigkeiten versprechen sich die Pflegekräfte vor
allem durch eine Delegation an andere Berufsgruppen und Dienste sowie durch eine
verbesserte Ausstattung und Organisation im Krankenhaus.
Pflegefremde/patientenferne Tätigkeiten im
Pflegedienst der Krankenhäuser - Studie zur Ermittlung ihres zeitlichen
Aufwandes
Titel: Pflegefremde/patientenferne Tätigkeiten im Pflegedienst der Krankenhäuser - Studie zur Ermittlung ihres zeitlichen Aufwandes
Schlüsselbegriffe:Pflege, Pflegedienst, pflegefremde/patientenferne Tätigkeiten
Auftraggeber: mit Unterstützung der Medvantis Medical Business Solutions AG
Bearbeiter: Dr. Karl Blum
Beginn: 25.07.2002
Ende: 31.12.2002
Hintergrund
Im Kontext der aktuellen Diskussion um den Personalmangel und die
Arbeitsüberlastung in deutschen Krankenhäusern wird u.a. kritisiert,
dass die Pflegekräfte im Krankenhaus zunehmend durch sog. pflegefremde
bzw. patientenferne Aufgaben belastet sind. Repräsentative Daten zu Art
und Aufwand pflegefremder/patientenferner Tätigkeiten existierten indes
bislang nicht. Vor diesem Hintergrund sollte zum einen der Aufwand für
pflegefremde/patientenferne Tätigkeiten insgesamt bzw. differenziert
für verschiedene Einzeltätigkeiten quantifiziert werden. Zum anderen
sollten Handlungsoptionen zur Reduktion oder Delegation dieser
Tätigkeiten ermittelt werden.
Methodik
Das Forschungsprojekt bestand aus zwei Modulen: Workshops mit
ausgewählten Pflegekräften zur Ermittlung der relevanten pflegefremden
bzw. patientenfernen Tätigkeiten im Pflegedienst der Krankenhäuser und
einer schriftlichen Repräsentativerhebung in brutto knapp 800
Fachabteilungen der Allgemeinchirurgie und Inneren Medizin. Die
Befragungsteilnehmer sollten den durchschnittlichen Aufwand für rund 70
verschiedene Tätigkeitsarten aus den Bereichen Dokumentation und
Administration, Hol- und Bringedienste, Logistik und Beschaffung sowie
Reinigungsdienste angeben. Insgesamt beteiligten sich 295
Fachabteilungen an der Erhebung (Rücklaufquote: 37,1%).
Ergebnisse
Den mit Abstand größten Aufwand unter den pflegefremden bzw.
patientenfernen Tätigkeiten verursacht die Dokumentation und
Administration. In der Chirurgie ist eine Pflegekraft im Durchschnitt
88,2 Minuten pro Arbeitstag mit Dokumentation und Administration
beschäftigt, in der Inneren Medizin sogar 96,5 Minuten. Bei einer
38,5-Stunden-Woche entfallen fachgebietsübergreifend somit bei jeder
Pflegekraft etwa 20% der Arbeitszeit auf diesen Tätigkeitsbereich.
Den zweiten großen Block innerhalb der pflegefremden/patientenfernen
Tätigkeiten bilden die Patientenbegleit-,Hol- und Bringedienste. Für
diese Dienste wird eine Pflegekraft der Chirurgie durchschnittlich etwa
29,5 Minuten pro Arbeitstag eingesetzt. Vor allem auf Grund eines
anderen Patientenklientels fällt der entsprechende Durchschnittswert in
der Inneren Medizin mit 20,9 Minuten deutlich niedriger aus. Hol- und
Bringedienste machen damit 6,4% (Chirurgie) bzw. 4,5% (Innere Medizin)
der täglichen Arbeitszeit von Krankenschwestern und -pflegern aus.
Mit Tätigkeiten aus dem Bereich Logistik und Beschaffung ist eine
Pflegekraft täglich knapp 10 Minuten befasst. Dies entspricht 2% der
täglichen Arbeitszeit des Pflegedienstes. Durch Reinigungsdienste ist
jede Pflegekraft im Durchschnitt gut 3 Minuten täglich bzw. 1% ihrer
täglichen Arbeitszeit beansprucht .
Der Gesamtaufwand für pflegefremde/patientenferne Tätigkeiten beläuft
sich fachgebietsübergreifend auf rund 2:10 Stunden pro Pflegekraft und
Arbeitstag. Die erfassten Tätigkeiten machen, gegeben eine
38,5-Stunden-Woche, damit gut 28% der Arbeitszeit von Kranken schwestern
und -pflegern aus. Auf Grund großer Unterschiede in der Organisation
der Krankenhäuser bzw. der Arbeit des Pflegedienste streuen die Werte
sehr stark zwischen verschiedenen Fachabteilungen.
Eine Entlastung von pflegefremden Tätigkeiten versprechen sich die
Pflegekräfte vor allem durch eine Delegation an andere Berufsgruppen
und Dienste sowie durch eine verbesserte Ausstattung und Organisation im
Krankenhaus.
Deutliche Vorteile von Fachabteilungen mit einer besonderen personellen
Ausstattung (z.B. Stationssekretärin) bzw. von Kliniken mit einer
bestimmten technischen Ausstattung (etwa Krankenhausinformationssystem,
Modulschränke) konnten jedoch überwiegend nicht nachgewiesen werden.
Möglicherweise spielen hier unternehmenskulturelle Faktoren eine ebenso
große Rolle wie die personelle oder technische Infrastruktur des
Krankenhauses.
Fazit
Mit der Studie liegen erstmals repräsentative Daten zum Aufwand für
pflegefremde bzw. patientenferne Tätigkeiten in deutschen
Krankenhäusern vor. Es konnte gezeigt werden, dass diese Tätigkeiten
einen nicht unerheblichen Anteil an der pflegerischen Arbeitszeit
ausmachen, welcher nicht mehr unmittelbar für patientennahe Arbeiten
zur Verfügung steht. Da in der Allgemeinchirurgie wie in der Inneren
Medizin nahezu identische Aufwandswerte resultierten, spricht einiges
dafür, dass die Ergebnisse auch auf andere operative und konservative
Fächer übertragbar sind.
Die Studienergebnisse stehen unter dem Vorbehalt, dass für die
Definition "pflegefremder" Tätigkeiten kein breiter Konsens
besteht. Eine grundlegende Verständigung über das Selbstverständnis
von Krankenschwestern und -pflegern scheint daher angezeigt. D.h.,
"die Pflege" muss klären, welche Arbeiten sie weiterhin
verrichten (oder zusätzlich übernehmen) will und welche der bislang
vom Pflegedienst durchgeführten Tätigkeiten sinnvollerweise an andere
Dienste oder Berufsgruppen delegiert werden können oder sollen.
Literatur:
Blum, K. (2003) Band 10: Pflegefremde
und patientenferne Tätigkeiten im Pflegedienst der
Krankenhäuser-Bestandsaufnahme und Verbesserungsvorschläge (Deutsche
Krankenhausverlagsgesellschaft).
Quelle: Deutsches Krankenhausinstitut e.V. - http://www.dki.de
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