1. Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.05.2003
Das Bundessozialgericht hat sich mit der Frage des Einsichtsrechts der Krankenkasse in Behandlungsunterlagen sowie der
Fälligkeit von Krankenhausrechnungen bei Fehlen einschlägiger landesrechtlicher Regelungen befasst und diesen Streitpunkt eindeutig zu
Gunsten der Krankenhausseite entschieden:
Eine Versicherte der beklagten Krankenkasse wurde im Krankenhaus des Klägers wegen einer Schizophrenie behandelt. Die beklagte
Kasse hatte die Kostenübernahme zunächst nur befristet erklärt. Auf einen Verlängerungsantrag des Krankenhauses bat sie um Überlassung von Befund-
oder Entlassungsberichten, um die Notwendigkeit der weiteren Krankenhausbehandlung überprüfen zu können. Dem kam das Krankenhaus unter
Hinweis auf den Datenschutz nicht nach. Daraufhin beglich die Kasse die Krankenhausrechnung nur für die Zeit der Befristung. Die Klage des
Krankenhauses auf Begleichung der Restforderung wurde zunächst vom Sozialgericht abgewiesen, da dieses der Krankenkasse unabhängig vom MDK ein
eigenes Recht auf Einsichtnahme in die Krankenunterlagen und dementsprechend ein Zurückbehaltungsrecht zugesprochen hatte.
Die Revision des Krankenhauses war jedoch in vollem Umfang erfolgreich. Das BSG verurteilte die Krankenkasse zur Zahlung des
Restbetrages, weil nach der getroffenen Pflegesatzvereinbarung der Anspruch auf Vergütung der Krankenhausbehandlung zwei Wochen nach Übersendung der
Rechnung fällig geworden sei. Das Verlangen der Krankenkasse nach Übersendung der Behandlungsunterlagen habe weder die Fälligkeit aufgeschoben
noch ein Zurückbehaltungsrecht mit der Folge begründet, das die Beklagte nur zur Zahlung Zug um Zug zu verurteilen wäre. Im übrigen wies das BSG deutlich
darauf hin, dass es an seiner Rechtsprechung dahingehend festhalte, dass den Krankenkassen kein unmittelbares Einsichtsrecht in die
Krankenbehandlungsunterlagen zustehe, es ihnen aber unbenommen bliebe, mit Hilfe des MDK die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu überprüfen und
bei überzahlten Rechnungen mit Rückforderungsansprüchen gegen spätere Krankenhausforderungen aufzurechnen.
Anmerkung:
Spätestens mit dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts steht eindeutig fest, dass Krankenkassen in keinem Fall ein Anspruch auf
Übersendung der Krankenunterlagen zusteht. Dies hatte das Bundessozialgericht auch bereits in seinen Entscheidungen vom 13.12.2001 sowie 23.07.2002
festgestellt. Da diese Entscheidungen auf landesvertraglichen Regelungen zur Fälligkeit beruhten und das BSG insoweit festgestellt hatte, dass die
Krankenkassen in jedem Fall zunächst die Rechnungen innerhalb der im Landesvertrag vorgesehenen Fristen zu begleichen hätten, hatte sich die
Krankenkasse im vorliegenden Verfahren darauf berufen, dass diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall mangels eines Landesvertrages nicht
anwendbar sei. Nunmehr ist jedoch abschließend höchstrichterlich geklärt, dass auch bei Fehlen landesrechtlicher Regelungen die Krankenhausrechnungen
nach Fälligkeit (anhand der entsprechenden Pflegesatzvereinbarung) zu begleichen sind und ein Zurückbehaltungsrecht der Krankenkassen nicht
besteht.
Der Geschäftsstelle liegt bislang lediglich die Pressemitteilung des BSG vor; sobald wir das Urteil des BSG im Volltext
erhalten haben, werden wir Sie ausführlicher informieren.
2. Stellungnahme des Bundesbeauftragten für Datenschutz
Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hat sich in seinem 19. Tätigkeitsbericht zu den Jahren 2001 und 2002 (abrufbar unter
www.bfd.bund.de) erneut mit den Anforderungen von Krankenhausentlassungsberichten durch Krankenkassen befasst. Darin begrüßt
er ausdrücklich die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dahingehend, dass es allein Aufgabe des MDK ist, medizinische Unterlagen für die
sachlich-rechnerische Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses zu beurteilen und auch nur der MDK in Behandlungsunterlagen von Versicherten
Einsicht nehmen dürfe.
Ergänzend stellt der BFD fest, dass das Einholen einer Einwilligungserklärung des Versicherten zur Übermittlung von
Behandlungsunterlagen – wie von einigen Krankenkassen praktiziert – eine Umgehung der abschließenden Regelung des § 301 SGB V sowie der gesetzlichen
Regelung darstelle, dass allein der MDK für die Prüfung medizinischer Sachverhalte zuständig sei. Forderungen der Krankenkassen an Krankenhäuser,
bei Vorliegen einer Einwilligungserklärung des Versicherten die Behandlungsunterlagen an die Krankenkasse zu übermitteln, hält der
Bundesdatenschutzbeauftragte für rechtlich nicht gedeckt und damit für unzulässig.
Diese Rechtsauffassung hat der Bundesdatenschutzbeauftragte in einem Schreiben an die Spitzenverbände der Krankenkassen verdeutlicht und
diese gebeten, ihre Verwaltungspraxis künftig hieran zu orientieren.