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Diagnose chronischer Dauerschmerz:
Jahrelange Odyssee von Arzt zu Arzt

Die Versorgung chronisch-rheumatisch-erkrankter Frauen war Thema einer Anhörung der Enquetekommission Frauengesundheit vor der Sommerpause. Dabei wurde deutlich, welchen Leidensweg viele der Erkrankten zurücklegen müssen und in welche Dimensionen in den kommenden Jahren sich die volkswirtschaftlichen Kosten entwickeln werden, die die Behandlung von Fibromyalgie, chronischer Arthritis und Osteoporose verursacht.

Rheumatische Erkrankungen – der Begriff ist seit 2.000 Jahren geläufig, die Ursachen der Krankheit sind bis heute weitgehend unbekannt – gehören zu den am weitesten verbreiteten chronischen Leiden in nahezu allen Industriegesellschaften. Sie belegen den ersten Rang bei den Arbeitsunfähigkeitstagen, den Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation und bei der Berentung wegen krankheitsbedingt verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die wenigen Studien, die sich systematisch mit geschlechtsspezifischen Themen auseinandergesetzt haben, zeigen, dass Frauen häufiger von rheumatischen Erkrankungen betroffen sind und häufig schwerere Krankheitssymptome und ungünstigere Krankheitsverläufe haben. Die Enquetekommission hat in dem Expertengespräch aufschreckende Erkenntnisse zu den Krankheitsbildern Fibromyalgiesyndrom (chronischer Dauerschmerz), Osteoporose und chronische Polyarthritis gewonnen. Viele betroffene Frauen haben eine langjährige Odyssee von Arzt zu Arzt hinter sich, bis sie endlich die eindeutige Diagnose erfahren.

Wissenschaftlich bewiesen ist auch, dass ein Fünftel der an Fibromyalgie erkrankten Frauen in der Kindheit Gewalt und Missbrauchserfahrungen gemacht haben, so Professor Dr. Egle von der Universität Mainz. Die Patientinnen konnten aufgrund dieser Erfahrungen ihr Stressbewältigungssystem nicht ausreichend entwickeln. Es habe sich herausgestellt, dass Frauen mit einem gestörten Konfliktverarbeitungssystem zu Autoaggressivität neigen und gerade die Fibromyalgie eine Folge davon sein kann.

Lebensgeschichtlich werde diese Fibromyalgieerfahrung häufig von Generation zu Generation weitergegeben. So beschrieb Professor Dr. Lakomek (Klinik Minden) regelrechte Fibromyalgiefamilien, in denen Töchter Schmerzerfahrungen der Mütter aufnehmen und die gleiche Symptomatik entwickeln.

Im Gegensatz zu der gängigen Auffassung, dass es sich bei Rheuma um eine „Alte-Leute-Krankheit" mit ein paar geschwollenen Fingern handelt, geht es vielmehr um eine schwere, prognostisch extrem ungünstig verlaufende Systemerkrankung mit einer hohen Krankheitslast für die Betroffenen und hohen Folgekosten für die Gesellschaft.Nur etwa 20 Prozent der erkrankten Menschen in Deutschland sind in fachärztlicher Behandlung, so Dr. Rieke Alten, Schlossparkklinik Berlin. Davon erkranken Frauen vier Mal so häufig wie Männer. Diese Erkrankung treffe überwiegend junge Frauen und Frauen im mittleren Lebensalter.

Nach Untersuchungen aus Deutschland entwickeln sich bei einer rheumatoiden Arthritis (RA) innerhalb der ersten drei Jahre bei 70 Prozent der Patienten irreversible Schädigungen der gelenknahen Knochen, bei 30 kommt es zu Handdeformitäten und 25 Prozent werden krankheitsbedingt berentet, so Privat-Dozent Dr. Langer, Düsseldorf. Ein Patient mit dieser Erkrankung verursacht durchschnittlich jährliche Gesamtkosten von 15.000 Euro. Die stationäre Behandlung ist mit 50 Prozent der höchste einzelne Kostenblock.

Osteoporose
Unter Osteoporose versteht man „porös gewordene Knochen". Wenn der Prozess des Knochenabbaus so weit fortgeschritten ist, dass der Knochen den im täglichen Leben auf ihn einwirkenden Kräften nicht mehr gewachsen ist, dann kommt es zum Knochenbruch. Rund fünf Millionen Menschen sind an Osteoporose erkrankt, davon 80 Prozent Frauen und 20 Prozent Männer. Geschätzte Kosten: mehr als eine Milliarde Euro jährlich, so Professor Dr. Lakomek, Minden. Besonders betroffen sind Frauen nach den Wechseljahren und unter einer Langzeit-Cortisonbehandlung, vor allem bei entzündlichen Rheumaleiden wie RA zu 72 Prozent.

Jede zehnte Frau könnte nach den Wechseljahren eine potentielle Osteoporosepatientin werden. Trotzdem wird die Hälfte aller Osteoporosefälle nicht diagnostiziert. Während derzeit an die 130.000 Schenkelhalsfrakturen jährlich im Krankenhaus behandelt werden, wird diese Zahl in den nächsten zehn Jahren auf 150.000 Fälle und bis 2040 auf etwa 200.000 Fälle ansteigen, erklärte Professor Dr. Pientka von der Universität Bochum. Angesichts der Milliardenkosten, die durch unzureichende Prävention und Information verursacht werden, ist es schon aus gesundheitsökonomischen Gründen nicht verständlich, warum so wenig für die an Osteoporose erkrankten Patienten getan wird.

Quelle: Landtag intern 12/2003 – Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen vom 24.9.2003