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Hilfen bei der Sterbebegleitung

Wir leben in einer Kultur, die die Themen Sterben und Tod weit von sich weist und die auf diesen schwierigen Lebensabschnitt nicht vorbereitet. Bei Angehörigen und Pflegekräften löst deshalb die letzte Lebensphase oftmals ein Gefühl der totalen Ohnmacht und Überforderung aus – der Sterbende selbst wiederum hat Angst und sucht verzweifelt nach einem letzten Halt, nach einer verständnisvollen Begleitung.

Wer professionell mit alten und kranken Menschen zu tun hat, wird häufig mit dem Tod konfrontiert. Diese letzte Begleitung und Pflege stellen allerdings eine enorme psychische Belastung dar. In einer Studie zur Sterbebegleitung in Sachsen untersuchte das Zentrum für Arbeits- und Organisationsforschung e.V. (ZAROF), wie Sterbende in den stationären Einrichtungen des Freistaates versorgt werden und wie es den Pflegekräften gelingt, mit der hohen, fast täglichen Belastung durch den Sterbeprozess eines Mitmenschen fertig zu werden. In 351 sächsischen Altenheimen und 85 Krankenhäusern wurden die Pflegekräfte zu diesem sensiblen und wichtigen Thema persönlich oder schriftlich interviewt. Außerdem fanden 66 ausführliche Interviews mit Vertretern der Heimleitungen beziehungsweise der Krankenhausverwaltung statt.

Es ist nicht das Sterben allein, das betrübt und belastet; oftmals sind die Pflegekräfte unsicher, wie sie mit den Sterbenden und deren Angehörigen umgehen und wie sie mit ihnen sprechen sollen. Krankenschwestern klagen in stärkerem Maße über diese negative Belastung und Unsicherheit. Das liegt hauptsächlich daran, dass einer professionellen, aber liebevollen Sterbebegleitung in einem Teil der Krankenhäuser Sachsens nicht genügend Bedeutung beigemessen wird. Die Krankenschwestern und -pfleger müssen allein mit dem Sterben eines Patienten fertig werden. Trotz der hohen Zahl der Sterbefälle in den Kliniken (49 Prozent der Sterbefälle des Jahres 1999 entfielen in Sachsen auf die Krankenhäuser) werden die Beschäftigten schlecht oder gar nicht auf solche Fälle vorbereitet. Die besondere Situation des Krankenhauses – die hohe Zahl an Sterbefällen und zum Teil junge Sterbende – bedeutet eine außerordentliche Belastung der dort tätigen Mitarbeiter.

Die Belastung und Unsicherheit sind besonders groß, wenn in einer Institution die Sterbebegleitung vernachlässigt und als Nebensache behandelt wird. Dort, wo Sterbebegleitung ein fester, selbstverständlicher Bestandteil der Pflegetätigkeit ist, geht das Pflegepersonal souveräner mit den entsprechenden Anforderungen um. Die Belastung des Pflegepersonals sinkt deshalb signifikant, wenn

  • die Betreuung Sterbender als wichtige Aufgabe gewürdigt wird,
  • die alltägliche Arbeit genügend Zeit lässt, sich um Sterbende zu kümmern,
  • die Begleitung Sterbender von Kollegen und Kolleginnen anerkannt wird,
  • alles für eine ausreichende Schmerzlinderung getan wird,
  • Wünsche des Sterbenden, wenn möglich, erfüllt werden,
  • die Pflegekräfte über die ärztlichen Maßnahmen so informiert werden, dass sie diese Entscheidungen nachvollziehen können.

Zusammengefasst heißt das: Je besser die Bedingungen in dem betreffenden Haus sind, desto weniger fühlen sich Pflegende belastet. Diese Aussage gilt gleichermaßen für Krankenhäuser wie für stationäre Altenpflegeeinrichtungen.

Aber die Wirklichkeit sieht in den meisten Einrichtungen anderes aus: Mehr als die Hälfte der befragten Mitarbeiter in Altenpflegeheimen und fast vier Fünftel des Krankenpflegepersonals halten die Angebote zur Anleitung und Betreuung für nicht ausreichend. Allerdings waren auch viele Pflegekräfte nicht ausreichend informiert über diesbezügliche Supervisions- und Fortbildungsmaßnahmen. Die befragten Vertreter aus Pflegedienstleitung und Verwaltung wussten hier besser Bescheid. Tatsache ist, dass Fortbildungsangebote zur Sterbebegleitung oftmals gar nicht bis zu den Pflegekräften vordringen.

Jene Pflegenden, die das Angebot an Betreuung und Fortbildung als ausreichend bezeichnen und auch nutzen, können mit der Belastung bei der Betreuung Sterbender erheblich besser umgehen. Sie fühlen sich sicherer und weniger hilf- und sprachlos. Darüber hinaus wird bei einer ausreichenden Betreuung und Fortbildung auch deutlich seltener auf Konflikte mit Angehörigen verwiesen.

Eine gute Betreuung der mit Sterbebegleitung befassten Pflegekräfte und ein ausreichendes Angebot an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sind in Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern unverzichtbar. Nur unter günstigen Voraussetzungen kann das Pflegepersonal die schwierige Aufgabe der Sterbebegleitung bewältigen. Pflege- und Krankenhausleitungen sollten deshalb stets für gute Grundbedingungen sorgen – im Sinne der Sterbenden und im Sinne des Pflegepersonals, dessen seelische und körperliche Gesundheit es zu erhalten gilt.

Jens Kaluza/Dr. Gabriele Töpferwein

FORSCHUNGSPROJEKT »PRAXIS DER STERBEBEGLEITUNG IN SACHSEN«

Seit Dezember 1999 läuft in Leipzig ein Forschungsprojekt zur »Praxis der Sterbebegleitung in Sachsen«. An 85 sächsische Krankenhäuser und 351 Einrichtungen der stationären Altenpflege wurden insgesamt 3450 Fragebogen verschickt, die sich an die Pflegekräfte, die Pflegedienstleitungen und die Heimleitung beziehungsweise Krankenhausverwaltung richteten. Darüber hinaus wurden in ausgewählten Einrichtungen Fallstudien durchgeführt und insgesamt 66 qualitative Interviews mit Vertretern des Pflegepersonals und der Heimleitung/Krankenhausverwaltung geführt.

Gegenstand der Analyse sind der Stellenwert der Begleitung Sterbender im Pflegekonzept, der Umgang mit Sterbenden und Verstorbenen, die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Berufsgruppen sowie mit Angehörigen, die Belastung der Pflegekräfte und die Betreuung/Anleitung des Pflegepersonals.

ZAROF, Zentrum für Arbeits- und Organisationsforschung e.V., Philipp-Rosenthal-Straße 21, 04103 Leipzig

Quelle: Mittteilungen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, 3/2002
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