»Stadt haftet für Abschleppen«
Wird ein verkehrswidrig geparktes Kraftfahrzeug am Main abgeschleppt und
dabei beschädigt, so kann Schadensersatz nicht vom Abschleppunternehmen verlangt werden.
Nachdem bereits das Amtsgericht Frankfurt am Main so entschieden hatte, blieb auch die
Berufung vor der 16. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main ohne Erfolg (Urteil
vom 24.11.1999 - Az. 2/16 S 148/99 -). Das Urteil ist rechtskräftig (Quelle:
Pressemitteilung vom 27.01.2000)
Der Fall: Ein Autofahrer (Kläger) stellte seinen PKW am 09.03.1998
wegen einer Panne im Halteverbot ab. Das Fahrzeug wurde aufgrund ordnungsbehördlicher
Anordnung im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main durch ein Abschleppunternehmen (Beklagte)
abgeschleppt und auf das Firmengelände der Beklagten gebracht. Bei der Abholung des
Fahrzeugs beanstandete der Kläger verschiedene Beschädigungen, die vorher nicht
vorhanden gewesen und beim Abschleppen entstanden sein sollten. Die Beseitigung sollte
nach dem Kostenvoranschlages einer Kraftfahrzeug - Reparaturwerkstatt DM 2.483,56 kosten.
In dieser Höhe verlangte der Kläger die Zahlung von Schadensersatz vom
Abschleppunternehmen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da der Kläger nicht
nachgewiesen habe, daß der Schaden durch den Abschleppvorgang entstanden sei. Auch die
16.Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt sah dies nicht anders: "Dem Kläger stehen
gegenüber der Beklagten aufgrund der Abschleppmaßnahme vom 09.3.1998 keine
Schadensersatzansprüche zu".
Zur Begründung heißt es im Urteil:
Deliktische Schadensersatzansprüche wegen der behaupteten Beschädigung des Fahrzeuges im
Zusammenhang mit dem Abschleppvorgang scheitern an den Voraussetzungen der Staatshaftung.
Danach haftet Dritten gegenüber grundsätzlich der Staat oder die Körperschaft anstelle
des Beamten, wenn dieser in Ausübung öffentlicher Gewalt gehandelt hat. Bei der
Ausübung hoheitlicher Tätigkeit gilt für die Haftungsverlagerung der haftungsrechtliche
Beamtenbegriff. Entscheidend ist somit, ob die handelnde Person in Ausübung einer
hoheitlichen Aufgabe tätig ist, so daß auch der Nichtbeamte im staatsrechtlichen Sinn
unter die Haftungsnorm fällt, sofern er mit hoheitsrechtlichen Aufgaben betraut ist.
Im vorliegenden Fall wurde die Beklagte bei der Durchführung des
Abschleppvorganges hoheitlich tätig, so daß die Haftungsverlagerung auf die zuständige
Körperschaft stattfindet. Die ordnungsbehördliche Anordnung, das verbotswidrig
abgestellte Fahrzeug abzuschleppen und zu verwahren, stellt eine polizeiliche
Vollstreckungsmaßnahme (Ersatzvornahme) dar. Soweit zur Durchführung dieser Maßnahme
von den staatlichen Organen Dritte herangezogen werden, handeln auch diese hoheitlich. Der
mit der Durchführung der Maßnahme beauftragte Abschleppunternehmer wird gleichsam als
Erfüllungsgehilfe der staatlichen Organe tätig.
Für ein etwaiges Fehlverhalten der Beklagten hätte damit gegebenenfalls
die Stadt Frankfurt am Main einzustehen.
Der Kläger kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg aus den Vorschriften
des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Anspruch nehmen. Zwar wird die Halterhaftung daraus
nicht durch die Staatshaftung verdrängt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß die
Beschädigung des Fahrzeuges des Klägers "bei dem Betrieb" des
Abschleppfahrzeuges erfolgte. Sollte der Schaden aufgrund einer unsachgemäßen
Durchführung des Abschleppvorganges, etwa bei der Befestigung der Stahlkrallen des von
der Beklagten eingesetzten "Pick-away" - Fahrzeugs entstanden sein, so gehört dies
nicht zum Betrieb des Abschleppwagens als Kraftfahrzeug. Der Schaden beruht dann allein
auf der fehlerhaften Benutzung des Abschleppwagens als Arbeitsgerät. Solche Schäden
werden jedoch vom StVG nicht erfaßt.
Werner Schell (9.4.2000)
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