»Gewichtsprobleme nach dem ersten Baby: Essener Wissenschaftler
erforschten den Grund«
Viele Frauen
machen dieselbe, leidvolle Erfahrung: Nach der Geburt ihres ersten Kindes kämpfen sie mit
erheblichem Übergewicht, während andere Frauen das Ausgangsgewicht, das sie vor der
Schwangerschaft hatten, nahezu mühelos wieder erreichen. Wissenschaftler am
Universitätsklinikum Essen können dieses Phänomen jetzt teilweise erklären. Nachdem es
ihnen in den letzten Jahren gelungen war, ein menschliches "Ur-Gen" zu
entschlüsseln, das in der heutigen zivilisierten Welt für Übergewicht und Bluthochdruck
prädisponiert, untersuchten sie den Einfluss dieses Gens auf das Körpergewicht von
Frauen ein Jahr nach der Geburt ihres ersten Kindes und entdeckten: Das "Ur-Gen"
hat auch hier erheblichen Einfluss.
Über ihre Forschungsergebnisse berichteten die Professoren Winfried Siffert, Institut
für Pharmakologie, Norbert Müller, Institut für Transfusionsmedizin, und Raimund Erbel,
Abteilung für Kardiologie, jetzt in der international renommierten, medizinischen
Fachzeitschrift "The Lancet". Das Wissenschaftlerteam hatte etwa 800 Frauen
untersucht, die entweder noch nie ein Baby geboren hatten oder Frauen ein Jahr nach der
Geburt ihres ersten Kindes. Dabei kam Erstaunliches zutage: Trägerinnen des
"Ur-Gens" mit einer Veränderung in einem so genannten "G-Protein"
- betroffen sind 10 bis 20 v. H. der Schwangeren - wogen nach der Geburt ihres
Babys erheblich mehr als vor der Schwangerschaft, und die Gewichtssteigerung war auch ein
Jahr nach der Entbindung noch deutlich sichtbar. Frauen, die diese Gen-Veränderung nicht
aufwiesen oder diese nur von einem Elternteil geerbt hatten, waren deutlich leichter.
Die gute Nachricht: Gegen diese genetische Veranlagung kann man hervorragend
"ankämpfen". Winfried Siffert: "Bei den Frauen, die regelmäßig jede
Woche zwei Stunden Sport treiben, macht sich das Fettgen überhaupt nicht bemerkbar. Im
Gegenteil, sie scheinen ihre Pfunde wieder sehr gut loszuwerden." Nach Überzeugung
der Wissenschaftler erhöhen bestimmte Erbanlagen das Risiko für Übergewicht und
Fettsucht. Aber nur in Kombination mit äußeren Faktoren wie Bewegungsmangel können sie
ihre unerwünschte Wirkung entfalten.
Die Essener Forschungsergebnisse zum Fett-Gen haben nicht nur in der Fachpresse
Aufmerksamkeit gefunden. Unmittelbar nach der Veröffentlichung in "The Lancet"
reagierte die Londoner "Times" mit einem ausführlichen Bericht.
Quelle: A. Gutersohn, C. Naber, N. Müller, R. Erbel, and W. Siffert. G protein beta3
subunit 825 TT genotype and post-pregnancy weight retention. Lancet 355 (9211):1240
- 1241, 2000.
Quelle: Pressemitteilung der Uni Essen Nr. 110/2000 vom 27. April 2000
Werner Schell (29.4.2000)
|