Betäubungsmittelrecht wurde geändert - Das Verschreiben von
Betäubungsmitteln für die Schmerztherapie wurde erleichtert
Am 1.2.1998 ist die 10. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung in
Kraft getreten. Damit haben sich sowohl im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) als auch
in der Betäubungsmittelverschreibungs-Verordnung (BtMVV) zahlreiche Änderungen
ergeben. Die Bundesregierung bewertet die Änderungen vor allem als Signal an die Ärzte,
die bestehenden Defizite in der schmerztherapeutischen Versorgung durch qualifizierte
ärztliche Tätigkeit weiter abzubauen.
Mit der 10. Änderungsverordnung wurden drei wesentliche Maßnahmen umgesetzt:
l Die Herstellung und der Vertrieb von 12 Designerdrogen
(Ecstasy-Zubereitungen) wurde verboten. 4 Betäubungsmittel wurden neu in die
Liste der Betäubungsmittel aufgenommen, die durch Ärzte verschrieben werden können.
Dazu gehört der jetzt als Arzneimittel verfügbare Cannabis-Wirkstoff "Dronabinol",
der vor allem gegen Erbrechen bei Krebspatienten und zur Appetitanregung bei
Aids-Patienten eingesetzt wird.
l Das Verschreiben von Betäubungsmitteln für die
Schmerztherapie wurde erleichtert. Betäubungsmittelrezepte können nunmehr wesentlich
einfacher ausgestellt werden. Dabei gewährleisten die verbleibenden Formvorschriften
jedoch, daß der Mißbrauch betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel auch in Zukunft
verhindert werden kann.
l Die substitutionsgestützte Behandlung opiatabhängiger
Patienten wurde praktikabler gestaltet. Wichtiges Anliegen ist, die Behandlung von
Drogenkranken schrittweise zur Betäubungsmittel-Abstinenz zu führen. Als
Substitutionsmittel soll in der Regel "Methadon" verwendet werden. "Codein"
soll nur in begründeten Ausnahmefällen Anwendung finden.
Das (neugestaltete) Betäubungsmittelrecht im Überblick
Das BtMG (und die hierzu ergangenen Verordnungen, vor allem die BtMVV) regelt zum einen
die Kontrolle des legalen Verkehrs mit Betäubungsmitteln und zum anderen die
strafrechtlichen Folgen bei Verstößen gegen die Regeln des Verkehrs mit
Betäubungsmitteln und die besonderen Voraussetzungen für die therapeutische
Rehabilitation "kleine und mittlerer" drogenabhängiger Straftäter ("Therapie statt Strafe").
Betäubungsmittel sind, vereinfacht ausgedrückt, Arzneimittel mit
suchterzeugenden Eigenschaften (= Suchtstoffe). Näher bestimmte Betäubungsmittel
können bei Begründetheit in der Krankenbehandlung eingesetzt werden; u.a. zur
Schmerzbekämpfung, örtlichen Betäubung oder Narkose.
Das BtMG bezeichnet die Betäubungsmittel genauer; die einzelnen Stoffe
und Zubereitungen sind in den Anlagen I - III des BtMG sämtlich aufgelistet:
Anlage I:
Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel; z.B. Marihuana, Haschisch, Heroin, LSD und einige Designerdrogen (Ecstasy-Zubereitungen)
Es handelt sich um Stoffe ohne therapeutische Bedeutung; sie haben ein hohes Suchtpotential |
Anlage II:
Verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel; z.B. Ketobemidon, Dexamfetamin, Ecgonin
Es handelt sich um Stoffe ohne therapeutische Bedeutung; sie sind zur Herstellung von Betäubungsmitteln und Arzneimitteln bestimmt |
Anlage III:
Verkehrsfähige und verschreibungsfähige Betäubungsmittel; z.B. Amfetamin, Cocain, Codein, Dronabinol, Methadon, Morphin, Opium
Es handelt sich um Betäubungsmittel, die unter Beachtung bestimmter Regeln (z.B. begründete Verwendung und Verschreibung) therapeutisch
einsetzbar sind |
Stoffe, die in den Anlagen I - III des BtMG nicht genannt werden, sind keine Betäubungsmittel im
Sinne des BtMG, auch wenn sie im Einzelfall suchtmäßig Verwendung finden (z.B. Alkohol, Nikotin) |
Der Verkehr mit
Betäubungsmitteln ist grundsätzlich erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis erteilt das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bundesopiumstelle) in Berlin,
dem auch insoweit die Überwachung obliegt. Der sonstige Verkehr mit Betäubungsmitteln
(z.B. bei Ärzten und Apotheken) unterliegt weitgehend der Überwachung durch die
zuständigen Behörden der Länder (z.B. Gesundheitsämter).
Mit der behördlichen Überwachung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln ist u.a. ein
Einsichts- und Auskunftsrecht der beauftragten Personen verbunden. Diese sind ggf.
berechtigt, Wohnungen einschließlich der Betriebsräume zu betreten (Einschränkung des
Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung). Jeder Teilnehmer am Verkehr mit
Betäubungsmitteln ist im übrigen verpflichtet, die behördlichen Überwachungsmaßnahmen
zu dulden und die mit der Überwachung beauftragten Personen bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben zu unterstützen.
Ausnahmen von der erwähnten Erlaubnispflicht bestehen für die Betäubungsmittel der
Anlage III: Im Rahmen des Betriebes einer öffentlichen Apotheke oder einer
Krankenhausapotheke besteht für den Erwerb und die Abgabe dieser Stoffe keine
Erlaubnispflicht, ebenso für denjenigen, der die in Anlage III bezeichneten
Betäubungsmittel aufgrund ärztlicher Verschreibung (Rezept) erwirbt oder abgibt bzw. sie
für den Reisebedarf ausführt oder einführt.
Hinsichtlich der Verschreibung und Abgabe von Betäubungsmitteln gilt, daß die Anwendung
begründet sein muß (z.B. bei Betäubungsmittel-Abhängigkeit) und der beabsichtigte
Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Verschrieben werden können nur die
Betäubungsmittel der Anlage III des BtMG!
Die näheren Einzelheiten und Grundsätze für das Verschreiben, die Abgabe, den Verbleib
und den Bestand von Betäubungsmitteln regelt die BtMVV:
- Die in Anlage III des BtMG genannten verkehrsfähigen und verschreibungsfähigen
Betäubungsmittel dürfen nur als Zubereitungen verschrieben werden.
- Betäubungsmittel für einen Patienten und für den Praxisbedarf eines
Arztes dürfen nur nach Vorlage eines ausgefertigten Betäubungsmittelrezeptes (Verschreibung),
für den Stationsbedarf nur nach Vorlage eines ausgefertigten
Betäubungsmittelanforderungsscheines (Stationsverschreibung), abgegeben werden. Es
handelt sich bei den Verschreibungen um dreiteilige amtliche Formblätter, die bestimmte
Angaben enthalten müssen (z.B. Daten des Patienten und des Arztes,
Arzneimittelbezeichnung, Menge des Arzneimittels, Gebrauchsanweisung, besondere
Kennzeichnungen und Unterschrift des Verschreibenden).
- Ist die Verschreibung bzw. Stationsverschreibung im Widerspruch zu den geltenden
Vorschriften ausgestellt worden, dürfen Betäubungsmittel nicht abgegeben werden;
ggf. muß mit dem Verschreibenden Rücksprache genommen werden. Eine Verschreibung darf im
übrigen nicht älter als 7 Tage sein.
- Der Verbleib und der Bestand der Betäubungsmittel sind u.a. in den Apotheken,
den Arztpraxen und auf den Stationen der Krankenhäuser lückenlos nachzuweisen (z.B.
durch Karteikarten, Betäubungsmittelbücher oder EDV). Die Nachweisunterlagen sind
mindestens 3 Jahre aufzubewahren.
- Bei der Verschreibung sind Höchstmengenvorgaben zu beachten; abweichende
Regelungen bestehen allerdings "in begründeten Einzelfällen" und für die
Verschreibung des Praxis- und Stationsbedarfs: Für einen Patienten darf der Arzt
innerhalb von 30 Tagen bis zu 2 näher bestimmte Betäubungsmittel unter Einhaltung
bestimmter Höchstmengen (z.B. Amfetamin 600 mg, Codein bei
Betäubungsmittel-Abhängigkeit 30.000 mg, Dronabinol 500 mg, Morphin 20.000 mg)
verschreiben.
- Ggf. darf der Arzt weitere Betäubungsmittel der Anlage III des BtMG verschreiben. Es
gilt aber der Grundsatz: Nur 1 BtM pro Rezept! In begründeten Einzelfällen kann
für Patienten, die in Dauerbehandlung stehen, von diesen Vorschriften abgewichen
werden.
- Für den Praxisbedarf dürfen die verschreibungsfähigen Betäubungsmittel im
allgemeinen bis zur Menge eines durchschnittlichen 2-Wochenbedarfs, mindestens jedoch die
kleinste Packungseinheit, verschrieben werden.
- Der Arzt darf ein Substitutionsmittel bei begründeter Anwendung unter Beachtung
verschiedener Voraussetzungen verschreiben. Das Substitutionsmittel ist dem Patienten in
der Regel in der Arztpraxis, im Krankenhaus, in einer Apotheke oder einer anderen
geeigneten Einrichtung zum unmittelbaren Gebrauch zu überlassen. Der Arzt muß die im
einzelnen getroffenen Maßnahmen dokumentieren.
- Außer in den Fällen einer Substitutionsbehandlung dürfen Betäubungsmittel für
Patienten und den Praxisbedarf ggf. in Notfällen verschrieben werden.
Im übrigen gilt: Verstöße gegen das Betäubungsmittelrecht können mit
Strafen und Geldbußen geahndet werden!
"Der aktuelle BtM Ratgeber"
Trotz aller Versuche des Gesetzgebers und des Bundesministerium für Gesundheit, die
Verschreibung von Betäubungsmitteln (BtM) zu erleichtern, müssen sich die Ärzte immer
noch an relativ fest vorgegebene Regeln halten. Insbesondere bei der Versorgung von
Schmerzpatienten ist es unbedingt notwendig, mit den Regeln des Betäubungsmittelrechts
gut vertraut zu sein. Für die konsequente Anwendung von Schmerzmitteln ist bedeutsam,
daß sich durch die 10. BtMVV-Novelle mit Wirkung vom 1.2.1998 Erleichterungen im Umgang
mit den Betäubungsmitteln ergeben haben.
Die Broschüre, "Der aktuelle BtM Ratgeber", informiert (in 2. Auflage 1999) zum
Thema und versteht sich vor allem als "Ein Leitfaden für die Verordnung von
Betäubungsmitteln im ambulanten Bereich". Die neue Broschüre wurde
herausgegeben von der Firma Grünenthal GmbH (Grünenthal Schmerzmanagement), Postfach
500444, 52088 Aachen. Darin werden allgemein verständlich die wichtigsten Bestimmungen
des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung
(BtMVV) vorgestellt und anhand von praktischen Beispielen erläutert. Die Broschüre ist
wichtig und nützlich und ist sehr empfehlenswert!
Werner Schell (Zusammenstellung 1998, überarbeitet 1999, eingestellt am 1.9.2000)
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