www.wernerschell.de
Pflege - Patientenrecht
& Gesundheitswesen

www.wernerschell.de

Aktuelles

Forum (Beiträge ab 2021)
Archiviertes Forum

Rechtsalmanach

Pflege

Patientenrecht
Sozialmedizin - Telemedizin
Publikationen
Links
Datenschutz
Impressum

Pro Pflege-Selbsthilfenetzwerk

>> Aktivitäten im Überblick! <<

Besuchen Sie uns auf Facebook

Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU)

Die 15 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben am 07. Dezember 2000 auf dem Gipfel in Nizza die neue EU-Grundrechtecharta feierlich verkündet.
Die Charta fasst 54 gemeinsame Grundrechte der Mitgliedsländer zusammen. Sie hat zwar noch keine allgemeine Rechtsverbindlichkeit, bindet aber bereits mit ihrer Verkündigung die EU-Institutionen.
Der Europäische Rat hatte im Juni 1999 beschlossen, ein Gremium zur Erarbeitung eines Entwurfs für eine Charta der Grundrechte der EU einzusetzen. In diesem als „Konvent" bezeichneten Gremium kamen fünfzehn persönliche Beauftragte der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, ein Vertreter der Kommission, sechzehn Mitglieder des Europäischen Parlaments und dreißig Mitglieder der nationalen Parlamente zusammen. Das Gremium wählte den ehemaligen Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Roman Herzog, zum Vorsitzenden (Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation - BAR-Information Nr. 5/2000).

Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Die Grundrechtecharta bekräftigt unter Achtung der Zuständigkeiten und Aufgaben der Gemeinschaft und der Union und des Subsidiaritätsprinzips die Rechte, die sich vor allem aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen und den gemeinsamen internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, aus dem Vertrag über die Europäische Union und den Gemeinschaftsverträgen, aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus den von der Gemeinschaft und dem Europarat beschlossenen Sozialchartas sowie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben.
Die in der Charta aufgelisteten Rechte gliedern sich nach einigen wenigen fundamentalen Prinzipien: Der Würde des Menschen, den Grundfreiheiten, der Gleichheit, der Solidarität, den Rechten eines Bürgers und der Justiz. Damit wird der Grundsatz der Unteilbarkeit der Rechte mit aller Deutlichkeit umgesetzt. Die bislang in den europäischen und völkerrechtlichen Instrumenten bestehende Unterscheidung zwischen bürgerlichen und politischen Rechten einerseits und wirtschaftlichen und sozialen Rechten andererseits wird aufgehoben.

Belange behinderter Menschen

In zwei Artikeln der Grundrechtecharta wird auf die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen Bezug genommen.

>> Artikel 21 „Nichtdiskriminierung

Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauungen, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.

>> Artikel 26 „Integration von Menschen mit Behinderung

Die Union anerkennt und achtet den Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Maßnahmen zur Gewährung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft.

Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang auch Artikel 3 „Recht auf Unversehrtheit".

1. Jede Person hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.

2 . Im Rahmen der Medizin und Biologie muss insbesondere Folgendes beachtet werden:
- die freie Einwilligung der betroffenen Person nach vorheriger Aufklärung entsprechend den gesetzlich festgelegten Modalitäten,
- das Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Selektion von Personen zum Ziel hat,
- das Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon als solche zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen,
- das Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.

Artikel 3 bezieht sich auf die Übereinkommen des Europarates über Menschenrechte und Bio-Medizin, von denen nicht abgewichen werden soll. Dabei bleibt jedoch unklar, inwieweit die insbesondere von Behindertenverbänden kritisierte Sonderregelung der Bio-Medizin-Konvention, unter bestimmten Voraussetzungen fremdnützige Forschung an einwilligungsunfähigen Personen zuzulassen, bestehen bleibt.

Wirksamkeit der Charta

Von besonderer Bedeutung sind die in Kapitel VII aufgeführten „Allgemeinen Bestimmungen", die eine Gewähr für die Wirksamkeit der Charta bieten sollen. Darin ist präzisiert, was die Charta ist, nämlich ein Instrument, mit dem kontrolliert werden kann, ob die Organe und die Mitgliedstaaten die Grundrechte beachten, wenn sie im Geltungsbereich des Unionsrechts handeln.

Werner Schell (3.2.2001)