Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
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Die Aufklärung von ausländischen Patienten
Die ärztliche Behandlung (z.B. Medikation, Injektion, Operation,
Anwendung von Strahlen) bedarf zu ihrer Rechtmäßigkeit der Einwilligung durch den
Patienten: Die wirksame Einwilligung des Patienten setzt voraus, daß dieser das Wesen,
die Bedeutung und die Tragweite der ärztlichen Maßnahme erkannt hat. Diese Grundsätze
ergeben sich aus dem Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen, das unmittelbar aus
Artikel 2 Grundgesetz, der das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie die
Freiheit der Person schützt, abzuleiten ist.
Der Patient muß vom Arzt grundsätzlich darüber aufgeklärt werden, was
mit ihm, mit welchen Mitteln, mit welchen Risiken und welchen Folgen geschieht. Der Umfang
der Aufklärung richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles. Maßgebend
sind das Verständnisvermögen und das Krankheitsbild des Patienten sowie die
Dringlichkeit und Gefährlichkeit einer ärztlichen Maßnahme. Die Aufklärungspflicht ist
um so weitgehender, je weniger die Maßnahme aus der Sicht eines vernünftigen Patienten
vordringlich oder geboten erscheint. Will der Patient (z.B. vor einer Operation)
Einzelheiten wissen, so sind sie in der gebotenen Weise darzulegen.
Bei ausländischen Patienten muß unter Umständen eine sprachkundige
Person hinzugezogen werden
Patienten, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, sind mit der auch bei
deutschsprechenden Personen üblichen Sorgfalt aufzuklären. Dazu wird es aber in aller
Regel erforderlich sein, eine sprachkundige Person (Dolmetscher) hinzuzuziehen bzw. in der
Sprache des Patienten verfaßte Aufklärungsbroschüren zu benutzen. Daß die Hinzuziehung
eines Dolmetschers mit Billigung des Patienten zu erfolgen und dieser den Arzt von der
Schweigepflicht gegenüber der sprachkundigen Person zu entbinden hat, versteht sich von
selbst. Der Arzt muß auf jeden Fall sicherstellen, daß trotz
Verständigungsschwierigkeiten dem nicht deutsch sprechenden Patienten ein allgemeines
Bild von der vorgesehenen Behandlung und der möglichen Risiken vermittelt wird. Verletzt
der Arzt einem ausländischen Patienten gegenüber schuldhaft seine Aufklärungspflicht,
kann dies vor allem haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Die auf einer nicht
ordnungsgemäß durchgeführten Aufklärung erfolgende Behandlung ist im allgemeinen
rechtswidrig. Dieser Grundsatz gilt auch im Zusammenhang mit der Versorgung von
ausländischen Patienten.
Die Gerichte haben bereits mehrfach zur Aufklärung von ausländischen
Patienten Stellung genommen
1984 ist eine jugoslawische Staatsangehörige von einem Frauenarzt sterilisiert worden,
nachdem sie eine "Einwilligungserklärung zur Sterilisierung" unterschrieben
hatte. Anschließend behauptete die Frau, sie hätte überhaupt nicht sterilisiert werden
wollen, sie habe das ihr vorgelegte Formblatt nicht lesen können. Der deutschen Sprache
sei sie nicht hinreichend mächtig gewesen. Daraufhin kam es zu einem
Schadensersatzprozeß, der für die klagende Patientin weitgehend erfolgreich war. Das
Oberlandesgericht Düsseldorf entschied mit Urteil vom 12.10.1989 - 8 U 60/88 -, daß bei
der Behandlung ausländischer Patienten der Arzt eine sprachkundige Person hinzuziehen
muß, wenn zu befürchten ist, daß der Patient die ärztlichen Erläuterungen nicht
richtig versteht. Es muß, so das Gericht, gesichert sein, daß die Gefahr von
Mißverständnissen ausgeschlossen ist. Weiter führte das Oberlandesgericht in Anlehnung
an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus: "Von einer wirksamen Einwilligung
des Patienten kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Patient weiß, worin er
einwilligt. Daß dem ärztlichen Eingriff eine solche Einwilligung zugrundegelegen hat,
muß grundsätzlich der Arzt beweisen."
Nach einem vom Oberlandesgericht Stuttgart am 7.1.1993 - 14 - U 49/92 -
gesprochenen Urteil mußte ebenfalls wegen einer rechtswidrigen Behandlung Schadensersatz
geleistet werden, weil eine ordnungsgemäße Patientenaufklärung nicht bewiesen werden
konnte. Die Grundzüge der getroffenen Entscheidung lassen sich anhand der beiden
Urteilsleitsätze wie folgt verdeutlichen:
-
Dem Patienten wird die erforderliche Grundaufklärung zu Teil, wenn ihm
ein zutreffender Eindruck von der Schwere des Eingriffs und von der Art der Belastung
vermittelt wird, die für seine Integrität und Lebensführung auf ihn zukommen können.
Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung aller denkbaren Risiken.
-
Bei ausländischen Patienten muß der Arzt zum Aufklärungsgespräch
sprachkundige Personen hinzuziehen, wenn nicht ohne weiteres sicher ist, daß der Patient
die deutschen Erklärungen versteht; die Beweislast dafür liegt beim Arzt.
Werner Schell
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