Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
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Einsichtsrechte der Krankenkassen in Patientenunterlagen
Mit Schreiben vom 12. Januar 2001 hat sich der Bundesbeauftragte für den
Datenschutz (BfD) grundsätzlich zu der Frage geäußert, inwieweit über den
Medizinischen Dienst hinaus auch die Krankenkassen Einsicht in
Patientenunterlagen nehmen dürfen.
Der BfD ist zu dem Ergebnis gelangt, dass derartige Einsichtsverlangen
unzulässig sind!
Nach Auffassung des BfD dürfen Krankenkassen Daten nur dann erheben, wenn
sie hierfür eine Befugnis haben. Eine Verpflichtung der Krankenhäuser
gegenüber den Krankenkassen zur Übermittlung von
Krankenhausentlassungsberichten, Arztbriefen, Befundberichten, ärztlichen
Gutachten, Röntgenaufnahmen usw. bestehe nicht:
- Der Datenkatalog des § 301 SGB V sei grundsätzlich eine abschließende
Regelung zulässiger Datenübermittlungen zu Abrechnungszwecken zwischen
Krankenhaus und Krankenkasse. § 301 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V sehe lediglich
vor, dass auf Verlangen der Krankenkassen die medizinische Begründung für
die Überschreitung der Dauer der Krankenhausbehandlung zu übermitteln sei.
Diese Vorschrift eröffne nicht die Befugnis zur Erhebung von
Krankenhausentlassungsberichten, Arztbriefen, Befundberichten usw.
- Aus § 73 Abs. 2 Nr. 9 SGB V lasse sich ebenfalls keine Verpflichtung von
Ärzten zur Übermittlung der vorgenannten Unterlagen an die Krankenkassen
herleiten.
- Aufgrund der spezialgesetzlichen Regelungen im SGB V sei auch § 100 SGB X
nicht anwendbar, soweit es um die Übermittlung von
Krankenhausentlassungsberichten gehe. Dies gelte auch für die zweite
Alternative in § 100 Abs. 1 S. 1 SGB X, nach der eine Übermittlung dann
zulässig sei, wenn der Betroffene im Einzelfall eingewilligt habe. Die
Einholung einer Einwilligungserklärung des Versicherten zur Übermittlung der
vorgenannten Unterlagen an die Krankenkasse wäre eine Umgehung der
gesetzlichen Regelung zur Prüfung der medizinischen Sachverhalte durch den
MDK. Aus diesem Grunde hält der BfD entsprechende Aktenanforderungen durch
die Krankenkassen für rechtlich nicht gedeckt und damit unzulässig. Der
Gesetzgeber habe die Prüfung medizinischer Sachverhalte ausdrücklich dem MDK
übertragen.
-
Soweit die Krankenkasse entsprechend § 275 ff. SGB V den MDK mit einer
gutachterlichen Prüfung beauftragt habe, seien die Leistungserbringer nach §
276 Abs. 2 S. 1 2. Hs SGB V verpflichtet, Sozialdaten dem MDK zu übermitteln.
Die Versendung habe unmittelbar an den MDK zu erfolgen.
-
Falls die Anforderung der Unterlagen nicht durch den MDK, sondern durch die
Krankenkasse zur Weiterleitung an den MDK erfolge, sei die Versendung auch an
die Krankenkasse hinnehmbar, wenn die medizinischen Unterlagen in einem
gesonderten verschlossenen Umschlag übersandt würden, der mit der Anschrift
des MDK sowie einem Vermerk „ärztliche Unterlagen – nur vom MDK zu
öffnen" versehen sei. Damit werde sichergestellt, dass eine unzulässige
Einsichtnahme in die Krankenunterlagen durch die Krankenkasse dabei nicht
erfolge.
-
Die bestehende Rechtslage lasse es nicht zu, dass die medizinische
Begutachtung von Versicherten durch eigene Ärzte der Krankenkassen oder durch
von den Krankenkassen unmittelbar beauftragten externe Gutachter durchgeführt
werde.
Anmerkung:
Mit dieser nunmehr vorliegenden Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den
Datenschutz ist endgültig klargestellt, dass die in den vergangenen Jahren im
Rahmen von Fehlbelegungsvorwürfen immer häufiger zu beobachtende Praxis einer
Informationserhebung unmittelbar durch die Krankenkassen rechtlich unzulässig
ist. Damit hat sich der BfD eine Rechtsposition zu eigen gemacht, die seit
Jahren von der DKG vertreten wird. Die DKG hat immer wieder darauf hingewiesen,
dass die Kompetenz für eine Begutachtung ausschließlich beim MDK und nicht bei
den Krankenkassen liegt. Ist bei den Krankenkassen über das „Ob" einer
Begutachtung die Entscheidung gefallen, liegt das weitere Verfahren
ausschließlich beim MDK. Wegen dieser vom Gesetzgeber in einem streng
formalisierten Verfahren eindeutig geregelten Aufgabenzuweisung sind die
Krankenkassen nicht befugt, im Vorfeld von Begutachtungen Unterlagen, Befunde
oder Arztberichte für sich selbst anzufordern.
Ebenso ist nunmehr endgültig klargestellt, dass die Krankenkassen diese
gesetzliche Aufgabenverteilung nicht durch eine Beschäftigung eigener
Beratungsärzte umgehen dürfen. In der Vergangenheit konnte zunehmend
beobachtet werden, dass auf seiten einiger Krankenkassen versucht wird,
derartige Parallelstrukturen zum MDK aufzubauen. Dies erfolgte in eindeutigem
Verstoß gegen § 276 Abs. 2a SGB V, wonach lediglich dem MDK eine derartige
Kompetenz zur Einschaltung externer Gutachter zugewiesen ist.
Die DKG-Geschäftsstelle rät allen von derartigen Aktenanforderungen durch
die Krankenkassen betroffenen Krankenhäusern erneut, künftig solche
Aufforderungen konsequent zurückzuweisen.
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (http://www.dkgev.de)
Werner Schell (09.03.2001)
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