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(Nur) jede 7. Infektion auf Intensivstationen
entsteht durch mangelnde Hygiene
Wenn sich Patienten auf der Intensivstation
eine Infektion zuziehen, liegt das seltener als gedacht an Hygienefehlern der
Ärzte und des Pflegepersonals. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler um den
Krankenhaushygieniker Professor Henning Rüden von der Berliner Charité nach
Auswertung einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
geförderten Studie. In Zusammenarbeit mit fünf Intensivstationen der Charité
hatten die Forscher den Krankheitsverlauf von fast 1.900 Patienten verfolgt, die
länger als zwei Tage auf einer der Stationen verbringen mussten.
85 Prozent der Infektionen unvermeidbar
Bei etwa 23 Prozent der Patienten kam es zu einer Infektionskrankheit, meistens
zu Lungenentzündungen oder Harnwegsinfektionen. "Das entspricht ungefähr
den Ergebnissen anderer Untersuchungen", so Projektleiter Rüden. Knapp 15
Prozent, also etwa jede siebte Infektion, war darauf zurückzuführen, dass
Krankheitskeime von einem Patienten zum anderen verschleppt wurden. Rüden:
"Das konnten wir daran erkennen, dass bei den Betroffenen exakt dieselben
Erreger vorlagen, die wir bei anderen Patienten auf derselben Station fanden.
Wir haben dazu mit molekularbiologischen Methoden den genetischen Fingerabdruck
der Keime analysiert." Schlussfolgerung der Wissenschaftler: Diese 15
Prozent der Infektionen haben wahrscheinlich Ärzte und Pfleger bei ihrer Arbeit
von Patient zu Patient getragen. Die Ansteckung hätte durch strengere Hygiene
verhindert werden können. Und was ist mit den übrigen 85 Prozent? "Wenn
die Keime nicht von außen kommen, muss es sich um so genannte endogene
Infektionen handeln", antwortet Rüden. Das heißt, Bakterien, die den
Körper besiedeln, aber bei Gesunden keinen Schaden anrichten, breiten sich
plötzlich aus und verursachen Krankheiten. Schuld ist der geschwächte Zustand,
in dem sich die meisten Patienten auf Intensivstationen befinden. Rüden:
"Solche Infektionen wird man kaum umgehen können, selbst durch beste
Hygiene nicht."
Jeder neue Schlauch birgt ein Risiko
85 Prozent der Infektionen unvermeidbar - ein unbefriedigender Zustand. Doch die
Studienergebnisse haben auch einen positiven Aspekt. Bisher waren
Infektionsforscher nämlich davon ausgegangen, dass der Anteil der von Patient
zu Patient verschleppten Infektionen nicht bei 15 Prozent liegt wie in der
aktuellen Studie, sondern etwa doppelt so hoch. Um die Hygiene auf den
Intensivstationen scheint es also besser zu stehen als gedacht. "Aber
natürlich sind auch 15 Prozent noch zu viel", schränkt Rüden ein. Um die
Zahl der Infektionen weiter zu reduzieren, sollten Hygienevorschriften noch
konsequenter befolgt werden. Ärzte und Pfleger müssen sich nach jeder
Tätigkeit am Patienten die Hände desinfizieren und auf einen sterilen Umgang
mit Urin- oder Venenkathetern und Infusionssystemen achten. Rüden: "Jeder
neue Katheter und jeder neue Schlauch zur Beatmung birgt das Risiko, dass Keime
in den Körper gelangen. Deshalb gilt heute auch die Empfehlung, Katheter eher
selten zu wechseln. Früher war das genau umgekehrt - die Systeme sollten alle
paar Tage ausgetauscht werden." Die Studienergebnisse zeigen außerdem,
dass Einzelzimmer die Ansteckungsgefahr verringern können: Die wenigsten
Erregerübertragungen von Patient zu Patient gab es auf einer Station, die jedem
Patienten ein eigenes Zimmer zur Verfügung stellte.
Quelle: Pressemitteilung vom 20.11.2005
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
http://www.bmbf.de
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