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Das "Gemeinschaftsfremdengesetz" - Gesetzesbegründung

zit. nach Frei, a.a.O., S. 204 ff.

Jahrzehntelange Erfahrung lehrt, daß das Verbrechertum sich fortlaufend aus minderwertigen Sippen ergänzt. Die einzelnen Glieder solcher Sippen finden sich immer wieder zu Gliedern ähnlich schlechter Sippen und bewirken dadurch, daß die Minderwertigkeit sich nicht nur von Geschlecht zu Geschlecht vererbt, sondern häufig zum Verbrechertum steigert. Diese Men-schen sind meist weder gewillt noch fähig, sich der Volksgemeinschaft einzuordnen. Sie führen ein dem Gemeinschaftsgedanken fremdes Leben, haben selbst keinerlei Gefühl für Gemeinschaft , sind oft gemeinschaftsuntauglich oder gar -feindlich, also jedenfalls gemeinschaftsfremd.

Es ist eine alte Forderung der mit der öffentlichen Fürsorge betrauten Stellen, Gemeinschaftsfremde (Asoziale) zwangsweise zu bewahren, die infolge ihrer Unfähigkeit, sich der Gemeinschaft einzufügen, der Allgemeinheit dauernd zur Last fallen. Bisher kennt das geltende Fürsorgerecht nur eine Bewahrung bei erwiesener Hilfsbedürftigkeit und bei freiwilliger Unterwerfung ... Die Gemeinschaftsordnung erfordert aber eine Rechtsgrundlage, um Gemeinschaftsfremde über die unzulänglichen Möglichkeiten des Fürsorgerechts hinaus in ausreichendem Maße zwangsweise in Bewahrung nehmen zu können. Die Regierungen der Systemzeit versagten gegenüber den Gemeinschaftsfremden. Sie machten nicht die Erkenntnisse der Erblehre und Kriminalbiologie zur Grundlage einer gesunden Fürsorge- und Kriminalpolitik. Sie sahen infolge ihrer liberalistischen Denkweise stets nur die "Rechte" des Einzelmenschen und waren mehr auf dessen Schutz gegenüber staatlichen Machtäußerungen als auf den Nutzen der Allgemeinheit bedacht. Dem Nationalsozialismus gilt der einzelne nichts, wenn es um die Gemeinschaft geht. Die von der Reichskriminalpolizei nach der Machtübernahme auf Grund des sich allmählich entwickelnden nationalsozialistischen Polizeirechts gegen die Gemeinschaftsfremden eingeleiteten Maßnahmen zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung entsprangen diesem Grundsatz. Dabei setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Behandlung Gemeinschaftsfremder nicht so sehr in den Aufgabenkreis der Fürsorge als in denjenigen der Polizei gehört. Fürsorge kann nach nationalsozialistischer Auffassung nur Volksgenossen zugute kommen, die ihrer be-d ürftig, aber auch würdig sind. Bei Gemeinschaftsfremden, die der Volksgemeinschaft nur Schaden zufügen, ist nicht Fürsorge, sondern Zwang auf polizeilicher Grundlage notwendig mit dem Ziel, sie entweder durch geeignete Maßnahmen wieder als nützliche Glieder der Volksgemeinschaft zu gewinnen oder doch an einer weiteren Schädigung zu hindern. Der Schutz der Gemeinschaft steht dabei im Vordergrund.

Der Entwurf eines Gesetzes über die Behandlung Gemeinschaftsfremder will diese Erfordernisse erfüllen, indem er die bisherigen polizeilichen Maßnahmen übernimmt und neu ge staltet, ferner zusätzlich neue Rechtsgrundlagen schafft für gerichtliche Entscheidungen, soweit Gemeinschaftsfremde straffällig werden, sowie für die Unfruchtbarmachung Gemein-schaftsfremder, wenn zu erwarten ist, daß sie einen für die Volksgemeinschaft unerwünschten Nachwuchs haben werden.

Als gemeinschaftsfremd bezeichnet das Gesetz in Anwendung der Erkenntnisse der Erblehre und der Kriminalbiologie 3 Personengruppen:

1. Die Versagergruppe,
Menschen, die nach ihrer Persönlichkeit und Lebensführung, insbesondere infolge von außergewöhnlichen Defekten des Intellekts oder des Charakters erkennen lassen, daß sie nicht imstande sind, aus eigener Kraft den Mindestanforderungen der Volksgemeinschaft zu genügen,
2. Die Gruppe der Arbeitsscheuen und Liederlichen,
Menschen, die bald als Tunichtgute oder Schmarotzer ein nichtsnutzes, unwirtschaftliches oder ungeordnetes Leben führen und damit andere oder die Allgemeinheit belasten oder gefährden, bald als Taugenichtse einen Hang zum Betteln oder Landstreichen, zu Arbeitsbummelei, Diebereien, Betrügereien oder anderen kleinen Straftaten an den Tag legen; zu dieser Gruppe können auch Personen gerechnet werden, die aus Unverträglichkeit oder Streitlust den Frieden anderer oder der Allgemeinheit wiederholt stören und die der Entwurf deswegen als Störenfriede bezeichnet.
3. Die Verbrechergruppe,
Menschen, die nach ihrer Persönlichkeit und Lebensführung erkennen lassen, daß ihre Sinnesart auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist.

Um sicherzustellen, daß diese Gemeinschaftsfremden, die durch ihr Verhalten der Volksgemeinschaft Schaden zufügen, wieder für die Gemeinschaft zurückgewonnen oder aber, wenn dies nicht möglich ist, an einer weiteren Schädigung mit staatlichem Zwang gehindert werden, sieht der Entwurf zunächst für die nichtstraffälligen Gemeinschaftsfremden polizeilicbe Maßnahmen vor. Dabei ist in erster Linie an die polizeiliche Überachung gedacht, worunter eine Überwachung mit besonderen Auflagen, Geboten und Verboten zu verstehen ist. Reichen Überwachungsmaßnahmen nicht aus, so schafft der Entwurf die Rechtsgrundlage für die Einweisung dieser Gemeinschaftsfremden in die Anstalten der Landesfürsorgeverbände. Reicht auch diese mehr bewahrende Freiheitsentziehung nicht aus, so wird der Gemeinschaftsfremde in einem Lager der Polizei untergebracht. Damit hat sich der im Fürsorgerecht entwickelte Bewahrungsgedanke auch auf dem Gebiet des vorbeugenden Schutzes der Gemeinschaft durchgesetzt.

Besondere Bedeutung kommt der Bekämpfung der straffälligen Gemeinschaftsfremden zu. Das Gesetz regelt daher neben der polizeilichen Behandlung Gemeinschaftsfremder auch die Behandlung straffälliger Gemeinschaftsfremder durch die Gerichte. Die Aufgabe, die straffälligen Gemeinschaftsfremden der Gemeinschaft wieder als nützliche Glieder zuzuführen, obliegt nicht der Polizei, sondern den Justizbehörden, desgleichen ihre Unschädlichmachung, soweit dies mit der Strafe und deren Vollzug möglich ist.

Die Strafe der verbrecherischen Gemeinschaftsfremden darf daher nicht ausschließlich Ahndung ihrer Straftaten sein, sondern soll vorwiegend der Resozialisierung dienen und dabei der Eigenart der kriminellen Gemeinschaftsfremden entsprechen. Da sich im voraus nicht übersehen läßt, welcher Zeitraum erforderlich ist, um den verbrecherischen Gemeinschaftsfremden nach seiner erb- und konstitutionsbiologischen Eigenart so nachhaltig zu beeinflussen, daß er für die Volksgemeinschaft weder eine Gefahr noch eine Last mehr bildet, muß die Strafe gegen ihn von unbestimmter Dauer sein.

Der Entwurf stellt daher wie der Polizei die Freiheitsentziehung auf unbestimmte Zeit, so auch den Gerichten die unbestimmte Verurteilung zur Verfügung und stattet sie damit über das Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24.11.1933 hinaus mit einer Waffe aus, die von der Strafrechtswissenschaft und von der Kriminalbiologie seit langem gefordert wird. Die unbestimmte Strafe hat nicht nur den Vorzug vor der bestimmten Strafe, daß sie der sittlichen und geistigen Entwicklung des Verurteilten in der Strafhaft angepaßt werden kann, sondern sie packt auch den Verurteilten weit stärker.- Sie gestattet ihm nicht, die Strafzeit mehr oder minder innerlich unbeteiligt abzusitzen, sondern rüttelt ihn auf und zwingt ihn zur Arbeit an sich selbst, um sich die Entlassung aus der Anstalt durch innere Umkehr zu verdienen. Im einzelnen unterscheidet der Entwurf zwischen Verbrechern, die nach ihrer Lebensführung und Persönlichkeit einen starken Hang zu ernsten Straftaten offenbaren, und anderen, die eine minder ausgesprochene Neigung zu Straftaten aller Art betätigen. Für die ersteren setzt er das Mindestmaß der unbestimmten Strafe auf 5 Jahre Zuchthaus fest, die letzteren bedroht er je nach der Bedeutung ihrer Straftaten mit Zuchthaus oder Gefängnis nicht unter einem Jahr.

Unverbesserliche Verbrecher soll der Richter von vornherein ausscheiden und der Polizei überweisen, der die Durchführung der Aufgabe, die Volksgemeinschaft vor diesen Elementen zu schützen, obliegt. Sie werden damit zu Personen minderen Rechts erklärt und um ihrer minderwertigen Veranlagung willen einer im wesentlichen auf Verwahrung abgestellten Behandlung zugeführt. Überweisung an die Polizei sieht der Entwurf ferner vor für Landstreicher, gewerbmäßige Bettler und ähnliche mehr lästige als schädliche Taugenichtse; der Grund hierfür liegt darin, daß diese Gruppe von Gemeinschaftsfremden der Gruppe der Schmarotzer nahesteht, insofern bei beiden die Grundlage ihres Verhaltens in Arbeitsscheu oder Liederlichkeit zu suchen ist; daher ist für beide Gruppen dieselbe Art der Behandlung angezeigt. Verbrecher aus Hang oder Neigung dagegen, bei denen Besserung und innere Umkehr nach straffster Arbeitserziehung erwartet werden kann, sollen in den Strafanstalten einem Versuch der Resozialisierung unterworfen werden. Schlägt der Versuch fehl, so ermächtigt und verpflichtet der Entwurf die höhere Vollzugsbehörde, den Verurteilten nachträglich der Polizei zu überweisen. Diese Regelung der Behandlung straffälliger Gemeinschaftsfremder bedeutet eine erhebliche, aber dringend notwendige Umgestaltung des Strafrechts, nämlich den Verzicht auf die Zweispurigkeit der strafgerichtlichen Erkenntnisse (Strafe und zusätzliche Sicherungsver wahrung) zugunsten der entsprechend gestalteten Erziehungsstrafe, während die reine Sicherung als Aufgabe der Polizei anerkannt wird.

Der Entwurf dehnt schließlich die schon im geltenden Recht gegen Sittlichkeitsverbrecher vorgesehene Entmannung auch auf Personen aus, die sich einer Neigung zu gleichgeschlechtli-cher Unzucht hingeben. Die neuere ärztliche Erfahrung lehrt, daß auch gegen diese Personen die Entmannung eine wirksame "Waffe" ist.

Bei Minderjährigen muß der Tatsache Rechnung getragen werden, daß für ihre Erziehung in erster Linie die Erziehungsmaßregeln der öffentlichen Jugendhilfe, namentlich Fürsorge erziehung und Schutzaufsicht, und bei straffällig Gewordenen der Jugendstrafvollzug zur Verfügung stehen. Gegen Minderjährige sollen daher die polizeilichen Maßnahmen des Gesetzes nur zulässig sein, wenn nach der Erklärung der Erziehungsbehörde eine Einordnung in die Volksgemeinschaft mit den Mitteln der öffentlichen Jugendhilfe voraussichtlich nicht zu erreichen ist. Zu unbestimmter Strafe sollen Jugendliche nur verurteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Verordnung gegen jugendliche Schwerverbrecher vom 4. 10. 1939, RGBI. I S. 2000, oder der Verordnung über die unbestimmte Verurteilung Jugendlicher vom 10. 9. 1941, RGBI. 1 S. 567, gegeben sind.

Die Gemeinschaftsfremden, insbesondere die Versager und Taugenichtse, gehören überaus häufig Sippen an, die im ganzen oder in ihren einzelnen Gliedern Polizei und Gerichte dauernd beschäftigen oder sonst der Volksgemeinschaft zur Last fallen. Der Entwurf ermöglicht es daher, Gemeinschaftsfremde unfruchtbar zu machen, wenn von ihnen unerwünschter Nach wuchs zu erwarten ist. Darüber, ob unerwünschter Nachwuchs von einem Gemeinschaftsfremden zu erwarten ist, sollen die Erbgesundheitsgerichte entscheiden. Die Durchführung des Gesetzes im einzelnen wird in Durchführungsverordnungen der beteiligten Fachminister geregelt werden.

Dörner, a.a.O, S. 62:

"Allein schon der Begriff des "Gemeinschaftsfremden" ist faszinierend: Hat man mit ihm doch endlich einen so weit gefaßten Begriff gefunden, daß alle nicht zu Volksgemeinschaft und damit zu den guten, sozialen, gesunden und glücklichen Menschen gehörenden Gruppen damit zu erfassen waren, was jeweils noch nach Konjunkturlage zu variieren war."

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