Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
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Der Heilpraktiker - ein Beruf mit Alternativen zur klassischen
Schulmedizin
Der Zugang zum Heilpraktikerberuf
In der Bundesrepublik Deutschland dürfen nach dem Heilpraktikergesetz Personen Heilkunde
ausüben, die keine Ausbildung nachweisen müssen und bei denen lediglich vom zuständigen
Gesundheitsamt zu überprüfen ist, ob sie eine Gefahr für die
Volksgesundheit" darstellen. Es handelt sich dabei um die Heilpraktiker.
Ihre Kunden sind meist Patienten, die - aus welchen Gründen auch immer - von der
sogenannten Schulmedizin und ihren Anhängern, den Ärzten, enttäuscht sind. Diese
enttäuschten Patienten suchen Rat und Hilfe in der Alternativmedizin der Heilpraktiker,
einem Kontrastprogramm zur Schulmedizin sowohl in der Krankheitsauffassung als auch in der
Krankenbehandlung.
Es darf bei diesen Feststellungen aber nicht verschwiegen werden, daß sich auch immer
mehr Ärzte der sanften Medizin ohne Nebenwirkungen" zuwenden. Allerdings
verweigern die Krankenkassen oftmals Zahlungen für Naturheilmittel, weil der
wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit dieser Mittel - und damit der Nachweis der
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit - fehlt.
Um
die Naturmedizin" stärker zu fördern, ist inzwischen unter maßgeblicher
Initiative von Frau Dr. med. V. Carstens eine Vereinigung Natur und Medizin e.V. -
Fördergemeinschaft Erfahrungsheilkunde", Am Michaelshof 6, 53177 Bonn, entstanden.
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, den Heilpraktikerberuf durch gesetzgeberische
Initiativen zu beseitigen. Die Bundesregierung hat aber erklärt, daß nach wie vor nicht
daran gedacht sei, den Beruf des Heilpraktikers abzuschaffen. Entsprechende Befürchtungen
waren entstanden, nachdem der Bundesgesundheitsrat vorgeschlagen hatte, keine
Neuzulassungen mehr bei den Heilpraktikern zu ermöglichen. |
Die
Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Heilpraktiker"
Wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt approbiert zu sein, bedarf dazu der
Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz. Die unerlaubte Ausübung der Heilkunde steht unter
Strafandrohung (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe). Die Erlaubnis zur
Ausübung der Heilkunde wird nach den Durchführungsbestimmungen zum Heilpraktikergesetz
dann erteilt, wenn keine Versagungsgründe vorliegen und berechtigt zur Führung der
Berufsbezeichnung Heilpraktiker". Die Hinzufügung des Fachgebietes (z.B.
Homöopathie, Psychotherapie, Akupunktur, Chiropraktik) zur Berufsbezeichnung ist
zulässig.
Die Heilpraktikererlaubnis wird nicht erteilt,
- wenn der Antragsteller das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
- wenn er nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder nicht Angehöriger der
übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist,
- wenn er nicht mindestens eine abgeschlossene Volksschulbildung nachweisen kann,
- wenn sich aus Tatsachen ergibt, daß ihm die sittliche Zuverlässigkeit fehlt,
insbesondere, wenn schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen,
- wenn ihm infolge eines körperlichen Leidens oder wegen Schwäche seiner geistigen oder
körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht die für die Berufsausübung erforderliche
Eignung fehlt und
- wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers
durch das Gesundheitsamt ergibt, daß die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden
eine Gefahr für die Volksgesundheit" bedeuten würde.
Liegen Versagungsgründe nicht vor, besteht ein Rechtsanspruch auf die
Erlaubniserteilung. Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften im üblichen Sinne gibt es für
den Heilpraktiker nicht. Es gibt zwar von privater Seite betriebene Heilpraktikerschulen
bzw. Lehrveranstaltungen, jedoch sind weder der Inhalt der Ausbildungen noch der Besuch
solcher Ausbildungen verbindlich vorgeschrieben. Durch die Überprüfung der Kenntnisse
und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt soll lediglich sichergestellt werden, daß eine
deutlich erkennbare fachliche Ungeeignetheit und Unzuverlässigkeit die Erlaubniserteilung
unmöglich macht. Der Zweck der Überprüfung, festzustellen, ob der zu Überprüfende
eine Gefahr für die Volksgesundheit" darstellt oder nicht, konzentriert sich
inhaltlich vor allem darauf, ob der zu prüfende Kandidat objektiv die Grenzen der
heilkundlichen Befugnisse des Heilpraktikers kennt, ob er als Nichtarzt überhaupt
behandeln soll, ob er weiß, was er, um seinen Patienten nicht zu schaden, zu unterlassen
hat, wann er an einen Arzt überweisen muß und ob er sich subjektiv auch an all das
halten wird. Der um eine Heilpraktikererlaubnis Nachsuchende muß also wissen, wie er als
Heilpraktiker seinen Patienten nicht schadet, nicht aber, wie er ihnen nützt. Um
feststellen zu können, ob der zu Überprüfende Patienten nicht schaden wird, muß er
über hinreichende Grundkenntnisse in der Anatomie, Physiologie, Pathologie sowie in der
Diagnostik und der Therapie verfügen. Darüber hinaus muß der zu Überprüfende
ausreichende Kenntnisse der Seuchengesetze und der Pflichten zur Meldung übertragbarer
Krankheiten sowie über deren äußere Erscheinungsformen besitzen. Bewerber, die nicht
über solche Grundkenntnisse verfügen, müssen als eine Gefahr für die
Volksgesundheit" angesehen werden. Eine solche Gefahr muß auch dann angenommen
werden, wenn der zu Überprüfende zur Feststellung und Behandlung von Krankheiten
ausschließlich wissenschaftlich unbewiesene Methoden anwenden will. Vom Heilpraktiker
muß nämlich grundsätzlich erwartet werden, daß er die jeweils geeignetste Methode
anwendet, um seine Patienten nicht zu schädigen. Im Rahmen dieser Grundsätze besteht
jedoch Methodenfreiheit.
An der Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten durch das Gesundheitsamt kann ein
Gutachterausschuß beteiligt werden. Dieser Gutachterausschuß setzt sich aus einem
Vorsitzenden, der weder Arzt noch Heilpraktiker sein darf, zwei Ärzten und zwei
Heilpraktikern zusammen.
Über einen Antrag, als Heilpraktiker zugelassen zu werden, entscheidet die nach
Landesrecht jeweils zuständige Verwaltungsbehörde im Benehmen mit dem Gesundheitsamt.
Der Bescheid über den Zulassungsantrag ist dem Antragsteller und der zuständigen
Ärztekammer zuzustellen. Gegen den Bescheid können der Antragsteller und die
Ärztekammer Widerspruch erheben. Bei der Entscheidung über den Widerspruch hat der
bereits erwähnte Gutachterausschuß durch Beratung der Widerspruchsbehörde mitzuwirken.
Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung
Heilpraktiker" ist zu widerrufen, wenn
- der Heilpraktiker eine Verfehlung begangen hat, die seine
Unzuverlässigkeit begründet,
- seine gesundheitliche Eignung zur weiteren Berufsausübung entfallen ist oder
- sich später ergibt, daß die weitere Berufsausübung durch ihn eine Gefahr für
die Volksgesundheit" bedeuten würde.
Die Ausübung der Heilkunde durch den Heilpraktiker
Unter Ausführung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes ist jede berufs- oder
gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von
Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen zu verstehen, auch wenn sie im
Dienste von anderen ausgeübt wird. Diese Definition ist jedoch als viel zu weitgehend
angesehen worden. Denn sie schließt die Tätigkeit der verschiedenen nichtärztlichen
Berufe (z.B. Krankenschwester, Physiotherapeut/Krankengymnast) ein. Die Gerichte haben
daher zum Ausdruck gebracht, daß nur solche Verrichtungen als heilkundliche Tätigkeit im
engeren Sinne angesehen werden können, die nach allgemeiner Auffassung heilkundliche
Fachkenntnisse erfordern. Ob solche heilkundlichen Fachkenntnisse im konkreten Einzelfall
erforderlich sind, ist einmal vom Ziel, von der Methode und der Art der Tätigkeit
abhängig. Zum anderen kann aber auch die Frage, ob die Behandlung begonnen werden darf,
medizinische Fachkenntnisse erfordern. Damit ist der Heilkundebegriff auf den
gefahrenbehafteten Kernbereich der Heilbehandlung begrenzt.
Behandlungsmaßnahmen, die keine besondere Gefahren für den Patienten mit sich bringen,
sind der Heilkunde nicht zuzurechnen. Dazu gehören insbesondere folgende
Tätigkeitsbereiche:
- Durchführung von bagatellartigen Heilmaßnahmen (z.B. Behandlung
geringfügiger Verletzungen und Hühneraugen), wie sie normalerweise jedermann vornehmen
kann, ohne daß damit eine besondere Gefährdung des Behandelten verbunden wäre.
- Die sogenannten Heilhilfstätigkeiten (z.B. Massagen, Bewegungsübungen, Grundpflege,
Behandlungspflege) sind ebenfalls nicht dem Gebiet der Heilkunde zuzuordnen. Denn die
Ausübung von Heilhilfstätigkeiten durch Personen, welche die hierfür erforderliche
Qualifikation besitzen (z.B. Physiotherapeut/Krankengymnast, Krankenschwester), stellt
keine Gefährdung der Behandelten dar. Die Beschäftigung des nichtärztlichen Personals
mit solchen Tätigkeiten ist daher zulässig, vorausgesetzt, daß sich der dies Anordnende
vom Ausbildungsstand und der Leistungsfähigkeit der in Frage kommenden Personen
überzeugt hat. Die Tätigkeit des nichtärztlichen Personals hängt im allgemeinen immer
von den therapeutischen Anordnungen und diagnostischen Auswertungen des Arztes oder
Heilpraktikers ab; sie stellt eine unterstützende Leistung für den Arzt oder
Heilpraktiker dar.
- Handwerklich-technische Verrichtungen im Zusammenhang mit heilkundlichen Maßnahmen sind
auch nicht der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes zuzuordnen (z.B. Vornahme der
Sehschärfenbestimmung durch Optiker, Anfertigung orthopädischer Apparate durch
Orthopädiemechaniker).
- Wer in Vorträgen oder bei journalistischer Tätigkeit allgemein gehaltene
gesundheitliche Ratschläge erteilt, übt ebenfalls keine Heilkunde aus. Dabei darf aber
nicht auf einzelne Krankheitsfälle eingegangen werden.
- Die Blutdruckmessung fällt dann nicht unter den Begriff der Heilkunde, wenn lediglich
die Werte festgestellt und diese ohne medizinische Beratung mitgeteilt werden.
Ausübung der Heilkunde ist im übrigen immer nur dann anzunehmen, wenn
diagnostische oder therapeutische Tätigkeiten berufs- oder erwerbsmäßig durchgeführt
werden. Wer also selbstlos anderen Menschen hilft, Krankheiten vorzubeugen oder diese
Krankheiten zu heilen oder zu lindern, wird durch das Heilpraktikergesetz daran nicht
gehindert. Es handelt auch derjenige nicht berufs- oder erwerbsmäßig, der in Notfällen
Hilfe leistet. Zu einer solchen Hilfe besteht sogar eine Pflicht (§ 323 c
Strafgesetzbuch).
Behandlungsmaßnahmen am gesunden Menschen sind, wenn sie ihrer Methode nach der
ärztlichen Krankenbehandlung gleichkommen und heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen
sowie gesundheitliche Schädigungen verursachen können, heilkundlicher Natur und damit
nach dem Heilpraktikergesetz erlaubnispflichtig (z.B. Schönheitsoperationen).
Erlaubnispflichtig sind aber auch solche Verrichtungen, die zwar für sich gesehen
heilkundliche Fachkenntnisse nicht voraussetzen, aber Gesundheitsgefährdungen zur Folge
haben können (z.B. Chiropraktik, Entfernung von Leberflecken und Warzen im
Kaltkauterverfahren).
Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes ist auch jedes Tun, das bei den
Behandelten den Eindruck erweckt, es ziele darauf ab, sie von Krankheit, Leiden oder
Körperschäden zu heilen oder ihnen Erleichterung zu verschaffen (sogenannte
Eindruckstheorie). Das kann auch dadurch geschehen, daß angebliche übernatürliche
Gewalten mit vermeintlichen oder vorgetäuschten übersinnlichen Kräften bekämpft
werden. Damit werden auch Scharlatane und Schwindler vom Heilpraktikergesetz und seinen
Strafvorschriften erfaßt. Die Einbeziehung von Heilschwindel in den Heilkundebegriff war
erforderlich, weil die so tätig werdenden Personen keine echten diagnostischen und
therapeutischen Zwecke verfolgen, sondern diese nur vortäuschen.
Bestimmte Tätigkeiten sind den Heilpraktiker nicht erlaubt
Der Heilpraktiker ist durch gesetzliche Vorschriften in der Ausübung der Heilkunde
beschränkt. Er darf in bestimmter Weise nicht tätig werden. Er darf insbesondere
- nicht an den Geschlechtsorganen untersuchen und behandeln
(Geschlechtskrankheitengesetz),
- keine meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten behandeln (Bundesseuchengesetz),
- keine Geburtshilfe leisten (Hebammengesetz),
- keine zahnärztlichen Leistungen erbringen (Heilpraktikergesetz, Zahnheilkundegesetz),
- keine verschreibungspflichtigen Arzneimittel und keine Betäubungsmittel verschreiben
(Arzneimittelgesetz/Betäubungsmittelgesetz),
- keine Schwangerschaftsabbrüche vornehmen (Strafgesetzbuch),
- keine Kastrationen vornehmen (Kastrationsgesetz),
- nicht mit Krankheitserregern arbeiten (Bundesseuchengesetz),
- keine Untersuchungen oder Blutentnahmen im Zusammenhang mit der Ahndung von strafbaren
Handlungen durchführen (Strafprozeßordnung),
- keine Leichenschau durchführen (landesrechtliche Bestattungsgesetze),
- keine Heilkunde im Umherziehen ausüben (Heilpraktikergesetz, Gewerbeordnung).
Das Verbot, keine Heilkunde im Umherziehen (Reisegewerbe) durchzuführen,
schließt die Durchführung von Hausbesuchen durch den Heilpraktiker bei seinen Patienten
allerdings nicht aus.
Von Bedeutung ist im übrigen, daß der Heilpraktiker zur Heilbehandlung im Rahmen der
Sozialversicherung nicht zugelassen werden kann. Damit ist dem Heilpraktiker die gesamte
vertragsärztliche Versorgung verschlossen. Die von einem Heilpraktiker getroffenen
Verordnungen (z.B. Bewegungsübungen beim Physiotherapeuten/Krankengymnasten) können
ebenfalls nicht mit der Gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden. Der Patient,
der einen Heilpraktiker in Anspruch nimmt, muß also für die dadurch entstehenden
Gebührenforderungen und sonstigen Aufwendungen selbst aufkommen. Allerdings sind Private
Krankenversicherungen im Rahmen ihrer Leistungsgrundsätze nicht an Kostenerstattungen
für die Inanspruchnahme von Heilpraktikern gehindert.
Darüber hinaus darf der Heilpraktiker natürlich auch solche Tätigkeiten nicht
verrichten, wozu ihn die eigenen Kenntnisse und Möglichkeiten zur Behandlung nicht
befähigen. Die Anwendung von Behandlungsmaßnahmen, die der Heilpraktiker nicht
beherrscht, müßte unter Umständen zum Widerruf der erteilten Erlaubnis führen, weil
ein solches Verhalten eine Gefahr für die Volksgesundheit" bedeutet.
Die Honorierung des Heilpraktikers
Die Honorierung des Heilpraktikers bleibt nach den einschlägigen Vorschriften des
Bürgerlichen Gesetzbuches der Vereinbarung zwischen Heilpraktiker und Patient
überlassen.
Wird ein Honorar nicht besonders vereinbart, berechnet der Heilpraktiker seine Gebühren
nach einem von den Heilpraktikerverbänden (freiwillige Zusammenschlüsse der
Heilpraktiker zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen) herausgegebenen
Gebührenverzeichnis. Verrichtungen, für die das Gebührenverzeichnis keine
Gebührensätze enthält, werden nach Maßgabe der Sätze, die für ähnliche bzw.
gleichwertige Leistungen üblich sind, berechnet.
Die Beaufsichtigung der Heilpraktiker
Die Heilpraktiker sind nicht - wie etwa die Ärzte und Zahnärzte - einer Standesaufsicht
unterworfen; sie unterliegen vielmehr bei ihrer Berufsausübung allein der Überwachung
durch die zuständigen Gesundheitsämter. Heilpraktiker unterliegen auch mangels einer
staatlich geregelten Ausbildung keinen staatlich reglementierten Schweigeverpflichtungen
(§ 203 Strafgesetzbuch). Begeht der Heilpraktiker eine Pflichtwidrigkeit oder richtet er
einen gesundheitlichen Schaden bei seinem Patienten an, so muß er nach den Grundsätzen
des Zivil- und Strafrechts dafür einstehen. Eine Berufung auf mangelnde Kenntnisse und
Fähigkeiten wäre keine Rechtfertigung. Denn jeder Heilpraktiker ist vor Aufnahme und
während der Behandlung verpflichtet zu bedenken, ob er den an ihn gestellten
Anforderungen gerecht werden kann. Unterläßt der Heilpraktiker eine solche Prüfung,
trifft ihn ein Übernahmeverschulden.
Was macht Heilpraktiker so attraktiv?
Lange Zeit hatten Heilpraktiker um ihren Ruf zu kämpfen. Wissenschaftler der
Medizinischen Hochschule Hannover befragten dazu 134 Rheumapatienten nach den Gründen
eines etwaigen Besuchs beim Heilpraktiker.
Das Ergebnis: Es ließ sich weder in sozialer Hinsicht ein Unterschied zwischen Arzt- und
Heilpraktiker-Patienten ausmachen, noch war die selbsteingeschätzte Schwere der
Erkrankung ausschlaggebend oder etwa eine erhöhte Ängstlichkeit vorm Gang zum Arzt
entscheidend.
Vielmehr zeigten sich jene Rheumatiker, die einen Heilpraktiker konsultiert hatten,
häufiger von früheren ärztlichen Behandlungen enttäuscht, so die
Hamburg-Mannheimer-Stiftung für Informationsmedizin. Sie beurteilten die Glaubwürdigkeit
von Ärzten schlechter und neigten eher dazu, über Beschwerden zu klagen. Auch waren
Patienten, die noch nicht so lange unter Beschwerden litten, unter den
Heilpraktiker-Anhängern überpräsentiert (Quelle: K.-E. Bühler et al. in Münch. Med.
Wschr. 138/1996).
Heilpraktiker haben Sorgfaltspflichten wie Ärzte
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 29. Januar 1991 - Az.: VI ZR
206/90 - müssen Heilpraktiker, die invasive Behandlungsmethoden bei ihren Patienten
anwenden, dieselben Sorgfaltspflichten erfüllen, auch bezüglich ihrer Fortbildung, wie
Ärzte für Allgemeinmedizin, die sich solcher Methoden bedienen. Bei invasiven
Behandlungsmethoden müssen Nutzen und Risiken dieser Therapiearten sorgfältig abgewogen
werden.
Diese Entscheidung traf der BGH in einem Schadensersatzprozeß, in dem um
Unterhaltsansprüche wegen einer Injektionsbehandlung mit einem Ozon-Sauerstoffgemisch mit
tödlichem Ausgang gestritten wurde. In einem Strafgerichtsverfahren war der tätig
gewordene Heilpraktiker bereits von dem Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen
worden.
Werner Schell (07/99)
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