Behinderte haben ein Recht auf Leben
Resolution verabschiedet auf der Tagung: "Spätabtreibungen - Situationsanalyse und Lösungsmöglichkeiten" der Aktion Lebensrecht für Alle e. V.
(ALfA), der Christdemokraten für das Leben e. V. (CDL), der Juristen-Vereinigung Lebensrecht e. V. (JVL) und des Treffens Christlicher Lebensrechts-Gruppen e. V. (TCLG) am
1. April 2000 in Königswinter:
Der Deutsche Bundestag hat 1995 bei der Neuregelung der Abtreibungsbestimmungen die Fälle der früheren embryopathischen/eugenischen Indikation in der Formulierung der weit
gefassten medizinisch-sozialen Indikation aufgefangen. Da diese Indikation während der gesamten Dauer der Schwangerschaft Anwendung findet, kommt es seitdem verstärkt zu
embryopathisch motivierten Spätabtreibungen. Behinderte Kinder werden teilweise noch dann getötet, wenn sie bereits außerhalb des Mutterleibes lebensfähig wären. Es
verschwimmen sogar die Grenzen zwischen Spätabtreibung und Tötung nach der Geburt (siehe die Fälle in Oldenburg und Zittau, in denen die staatsanwaltlichen Ermittlungen noch
nicht abgeschlossen sind). Angesichts der Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers ist eine Korrektur dieses unhaltbaren Zustandes dringend geboten.
Um der beschriebenen Fehlentwicklung Einhalt zu gebieten, muss die weite medizinisch-soziale Indikation in § 218 a Abs. 2 StGB wieder auf eine enge, rein
medizinische Indikation zurückgeführt werden. Ungeborene Kinder dürfen nicht wegen einer vorgeburtlichen Schädigung oder einer Erbkrankheit getötet werden. Dies gebietet
nicht nur die allgemeine Achtung der Menschenwürde, sondern auch das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz, wonach niemand - auch kein
ungeborenes Kind - wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.
Wir fordern die Bundesregierung auf, umgehend einen Gesetzentwurf für einen wirksamen Schutz behinderter Kinder vor der Geburt vorzulegen. Durch die geltende Gesetzeslage wird
der fatale Eindruck vermittelt, behinderte ungeborene Kinder dürften während der gesamten Dauer der Schwangerschaft abgetrieben werden. Dem folgt auch die Praxis.
Hierdurch geraten Eltern, vor allem aber die schwangeren Frauen, unter starken gesellschaftlichen Druck. Menschen mit Behinderung werden bereits weithin als unzumutbar
empfunden. Hier muss sofort gehandelt werden. Behinderte sind zumutbar. Menschen mit Behinderung, ob geboren oder ungeboren, haben das gleiche Recht auf Leben wie Menschen
ohne Behinderung. Ein Rechts- und Sozialstaat sollte die Probleme der Behinderten beseitigen, statt ihre Tötung vor der Geburt zu erlauben.
Unabhängig davon setzen wir uns für eine umfassende, sowohl strafrechtliche wie familien- und sozialpolitische Gesetzgebung für den Schutz ungeborener Kinder ab der
Befruchtung ein. Die Forderung, embryopathisch motivierte Spätabtreibungen durch eine Einschränkung der weiten medizinischen Indikation zu unterbinden, stellt einen ersten
Schritt in diese Richtung dar (Quelle: Resolution der Aktion Lebensrecht für Alle e.V.).
Werner Schell (12.6.2000)
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