Pflegeeinrichtungen und Service-Gesellschaften
Die Zeitschrift „Altenpflege", 09/03,
befasst sich mit dem Thema und zeigt die Problematik auf (Seite 56f).
Ein Arbeitgeber, der durch die Bildung einer unselbständigen
Organgesellschaft seinen Betrieb in mehrere Teile aufspaltet mit dem Ziel, den
betroffenen Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu nehmen und den nach wie vor
bestehenden Beschäftigungsbedarf mit von der Organgesellschaft neu
einzustellenden Arbeitnehmern zu decken, handelt rechtsmissbräuchlich. Damit
sind den Unternehmerentscheidungen Grenzen gesetzt!
Der Fall:
Eine Frau war seit 1998 als Hauswirtschaftshilfe in einer Rheumaklinik
beschäftigt. Zur Kosteneinsparung beschloss der Klinikträger, einige
Servicebereiche der Klinik (Reinigung, Küche u.a.) zum 31. März 2001
stillzulegen und allen dort beschäftigten Arbeitnehmern zu kündigen.
Spätestens zum 1. April 2001 sollten sämtliche Dienstleistungen in diesen
Bereichen auf eine noch zu gründende Service-GmbH übertragen werden. Diese
sollte finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der
Klinik eingegliedert bleiben (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) und eigene,
neu eingestellte Arbeitnehmer beschäftigen. Mit Schreiben vom
28. September 2000 kündigte der Klinikträger daraufhin das
Arbeitsverhältnis mit der Hauswirtschaftshilfe zum 31. März 2001.
Gesellschaftszweck der inzwischen gegründeten Service-GmbH ist allein die
Erbringung von Dienstleistungen für die Klinik. Die Klinik hält 51 % der
Gesellschaftsanteile. Nach dem Gesellschaftsvertrag muss der Geschäftsführer
der Service-GmbH aus der Geschäftsleitung der Klinik stammen. Der Klinikträger
stellt alle zum Betrieb erforderlichen Räume einschließlich Inventar und
unterhält diese. Die Service-GmbH erbringt ihre Leistungen namens und auf
Rechnung der Klinik.
Mit Kündigungsschutzklage machte die Hauswirtschaftshilfe die Sozialwidrigkeit
der Kündigung geltend. Der Klinikträger habe ihre Arbeitgeberstellung nicht
aufgegeben. Als Mitgesellschafterin der Service-GmbH habe sie maßgeblichen
Einfluss auf deren Geschäftsführung. Das Arbeitsgericht (ArbG) hat der Klage
stattgegeben, das Landesarbeitsgericht (LAG Schleswig-Holstein, Urteil
14. Juni 2001 - 5 Sa 183/01 -) hat die Berufung des
Klinikträgers zurückgewiesen. Die Revision des Klinikträgers blieb vor dem
Bundesarbeitsgericht (BAG) erfolglos.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung des Unternehmers, einen Betriebsteil durch eine noch zu
gründende, finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen
voll eingegliederte Organgesellschaft mit von dieser neu einzustellenden
Arbeitnehmern weiter betreiben zu lassen, stelle kein dringendes betriebliches
Erfordernis im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG dar, den in diesem
Betriebsteil bisher beschäftigten Arbeitnehmern zu kündigen. Zwar sei die
Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Unternehmerentscheidung von den
Arbeitsgerichten inhaltlich nicht zu überprüfen. Die Entscheidung unterliege
jedoch einer schon verfassungsrechtlich (Art. 12 Abs. GG) gebotenen
Missbrauchskontrolle. Der Arbeitgeber, der durch die Bildung einer
unselbständigen Organgesellschaft seinen Betrieb in mehrere Teile aufspaltet
mit dem Ziel, den betroffenen Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu nehmen und
den nach wie vor bestehenden Beschäftigungsbedarf mit von der Organgesellschaft
neu einzustellenden Arbeitnehmern zu decken, handele rechtsmissbräuchlich.
Urteil des BAG vom 26.09.2002 - 2 AZR 636/01 -
|