Mutterschutzgesetz: Beweiswert eines ärztlichen Beschäftigungsverbots
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hatte sich mit dem Beweiswert eines
ärztlichen Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) zu
befassen (Urteil des BAG vom 21. März 2001 - 5 AZR 352/99 -; Vorinstanz:
Landesarbeitsgericht - LAG - Düsseldorf, Urteil vom 1. April 1999 - 5 Sa
1598/98 -).
In einer Presseerklärung des BAG vom 22.03.2001 Nr. 19/01 heißt es zu der
Entscheidung:
Die Beklagte betreibt eine Spedition. Die Klägerin ist bei ihr als
Sachbearbeiterin im Bereich Export/Import beschäftigt. Im Jahre 1997 wurde die
Klägerin schwanger. Dies teilte sie der Beklagten im Oktober 1997 mit und
nannte als voraussichtlichen Entbindungstermin den 8. Juni 1998. Vom 7. Januar
bis Anfang Februar 1998 war die Klägerin nach Maßgabe einer ärztlichen
Bescheinigung arbeitsunfähig. Im Anschluß daran legte sie der Beklagten ein
ärztliches Attest vom 4. Februar 1998 vor, in welchem erklärt wurde, für sie
gelte ein unbefristetes Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG. Durch
eine Rückfrage bei den ausstellenden Ärzten erhielt die Beklagte die Auskunft,
die Klägerin habe über Probleme mit Vorgesetzen und Arbeitskollegen geklagt.
Die Beklagte hielt dies für vorgeschoben und stellte die Gehaltszahlungen ein.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Vergütung bis zum Beginn der
Mutterschutzfrist. Sie hat behauptet, im Betrieb sei sie "Mobbing" und
"Psychoterror" ausgesetzt. Das Arbeitsgericht hat der Klage
stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.
Die Revision der Klägerin hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht geführt. Dieses
ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß die Beweislast für das Bestehen
eines Beschäftigungsverbots im Rahmen von Ansprüchen nach § 11 Abs. 1 MuSchG
bei der Arbeitnehmerin liegt. Es hat jedoch das Ergebnis der Beweisaufnahme
nicht vollständig gewürdigt. Es hat nicht geprüft, ob auf Grund einer
psychisch verursachten Ausnahmesituation eine Gefahrenlage für Mutter oder Kind
bestand, und hat diesen Aspekt im Vorbringen der Klägerin und in den Aussagen
der Ärzte nicht berücksichtigt.
In der Ärzte Zeitung vom 22.03.2001 wurde das Thema wie folgt aufgegriffen:
Mobbing: Verbot der Beschäftigung für Schwangere
Immer dann, wenn Ärzte durch die Situation am Arbeitsplatz die Gesundheit
einer Schwangeren oder ihres Kindes gefährdet sehen, können sie ein
Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG aussprechen. Wie das BAG in seinem Urteil
vom 21.03.2001 entschied, gilt dies auch bei einer subjektiven Streßbelastung
wegen vermeintlichen Mobbings am Arbeitsplatz.
Im konkreten Fall hatten die Ärzte einer Sachbearbeiterin einer Spedition im
Rheinland ein unbefristetes Beschäftigungsverbot verhängt, nachdem sie über
Mobbing am Arbeitsplatz geklagt hatte.
Bildungsurlaub sei ihr ebenso verweigert worden, wie Freizeit für die
Vorsorgeuntersuchungen, klagte die Frau. Sie müsse um ihren Job fürchten. Die
Ärzte bescheinigten, die Schwangere wirke aufgelöst und gestreßt. Der
Arbeitgeber hielt dies für vorgespiegelt und verweigerte der Frau das Gehalt.
Das LAG gab zunächst dem Arbeitgeber Recht. Es gebe keine objektiven
Anhaltspunkte für Mobbing. Der Streß habe nach ärztlichem Bekunden keinen
Krankheitswert. In oberster Instanz hob nun das BAG dieses Urteil auf und
verwies den Streit an die Vorinstanz zurück. Auch bei fehlendem Krankheitswert
könne die subjektive Belastung am Arbeitsplatz einen Gefährdungswert für das
Kind haben.
Es sei daher auch die "subjektive Streßsituation der Klägerin" zu
prüfen, wenn diese zu realen Belastungen führe, führten die Richter weiter
aus. Voraussetzung für ein Beschäftigungsverbot sei aber auch dann, daß der
Streß im Zusammenhang mit der Arbeit stehe.
(Quelle: http://www.aerztezeitung.de)
Werner Schell (23.03.2001)
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