"Die Überlastungsanzeige" und "Wer haftet im Schadensfall nach erfolgter Überlastungsanzeige?"
Referat im Rahmen des Lehrganges "Leitung einer Station"
vom 06.04.1998 - 31.03.1999, Berufsfortbildungswerk Bad Cannstatt
Verfasserin:U. Ammer
Dozent:R. Birkhold
Fach: Rechtskunde
Vorgelegt am: 02.06.1998
Gliederung
1. Einleitung
2. Beispiel einer fiktiven Stationssituation, die eine Überlastung des
Pflegepersonals zur Folge hat
3. Die Überlastungsanzeige
4. Fiktives Beispiel eines Schadensfalles durch Überlastung des
Pflegepersonals
5. Haftung im Schadensfall
5.1 Haftung des Trägers
5.2 Haftung des Arztes
5.3 Haftung der Pflegekraft
5.4 Haftung des Übergeordneten für seinen Verrichtungsgehilfen
6. Schlußwort
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Seit über einem halben Jahr ist die pädiatrische Infektionsstation, auf der ich als
stellvertretende Stationsleitung arbeite, immer wiederkehrenden Überlastungssitua- tionen
ausgesetzt. Meine Kolleginnen und ich schrieben aus diesem Grund eine erste
Überlastungsanzeige. Es hat uns sehr viele Überlegungen, Diskussionen und Mut gekostet,
von der Einstellung Abstand zu nehmen, jegliche Situation meistern zu können. Hinzu kam
die Angst der Stationsleitung, vorgehalten zu bekommen, alles läge lediglich an einer
schlechten Organisation.
Gerade das Ausmalen haftungsrechtlicher Folgen bewog uns dennoch dazu, eine
Überlastungsanzeige zu schreiben. Auf diese Erste folgte schnell eine Zweite. Was in
einem möglichen Schadensfall passieren würde und wie wir uns verhalten sollten, wußten
wir jedoch nicht.
Aus diesem Grunde hat mich dieses Thema sehr interessiert. Ich begebe mich mit der
Bearbeitung dieser Thematik in ein für mich völlig neues und fremdes Gebiet. Es stellte
sich heraus, daß es nicht ganz einfach war, hierzu Rechtsquellen zu erschließen und
Literaturstellen ausfindig zu machen. Das Thema ist im übrigen doch so problematisch,
daß es in einem kurzen Referat nicht abschließend behandelt, sondern allenfalls
angerissen werden kann. Neben den zahlreichen Büchern über "Rechtskunde im
Krankenpflegeberuf", die ich gelesen habe, bekam ich Unterstützung vom Rechtsamt
Stuttgart, der Personalabteilung meines Krankenhauses und von Herrn Schell, selbst Autor
vieler Bücher aus dem Bereich Medizin und Sozialrecht.
An einem fiktiven Beispiel versuche ich aufzuzeigen, welche haftungsrechtlichen Folgen
nach einem Schaden in einem Überlastungsfall auftreten können.
2. Beispiel einer Stationssituation, die eine Überlastung des
Pflegepersonals zur Folge hat
Eine Infektionswelle überrollt im Winter die Kinderklinik. Täglich werden 3 bis 4 Kinder
entlassen und ebenso viele wieder aufgenommen. Es sind seit mehreren Wochen zwischen 16
und 18 Kindern zur stationären Behandlung da. Es gibt nicht nur sehr viele kranke Kinder,
auch Mitarbeiter werden häufig krank und es steht kein zusätzliches Personal zur
Verfügung. Die verbleibenden Pflegekräfte machen Überstunden, verzichten auf freie Tage
und auf ein freies Wochenende.
Die Arbeitstage sind hektisch vom Schichtbeginn bis zum sehr späten Ende. Dennoch
versuchen alle Pflegekräfte ihre Arbeit bestmöglich zu verrichten, d.h. so sorgfältig
und verantwortungsbewußt wie sonst auch. Sie bemühen sich, für alle dazusein, für die
Patienten, den Arzt, die Schüler.
Da die Pflegekräfte überlegt und Verantwortungsbewußt sind, stellen sie fest, daß der
Punkt erreicht ist, an dem sie überfordert und überlastet sind. Sie können einer
sorgfältigen Pflege des Patienten, zu der sie vom Arbeitgeber angewiesen sind, nicht mehr
nachkommen.
Die Stationsleitung informiert die Pflegedienstleitung telefonisch über die Situation auf
Station. Eine Mitarbeiterin, die in der Nachmittagsschicht arbeiten sollte, hat sich krank
gemeldet. Die Aushilfspflegekraft geht nicht an das Telefon. Eine Schwester, die einen
freien Tag hat, arbeitete bereits 10 Tage ohne Unterbrechung.
Die Pflegedienstleitung spricht bedauernde Worte. Das vorhandene Pflegepersonal solle
zusehen wie es zurechtkomme.
Die Stationsleitung sieht die Risiken, die ein solches Arbeiten mit sich bringen kann. Sie
kennt den Begriff "gefährliche Pflege" und zu ihrem schlechten Gewissen, weil
sie nicht allem und jedem gerecht werden kann, kommt die Frage hinzu:
"Wer haftet eigentlich, wenn in dieser Situation ein Patient zu Schaden kommt?"
Sie schreibt eine Überlastungsanzeige an ihren Arbeitgeber, vertreten durch die
Pflegedienstleitung, in der Annahme, jetzt jeglicher Verantwortung enthoben zu sein.
Streßgeplagt nimmt sie ihre Arbeit auf in der Hoffnung, daß wieder alles gutgehen wird
und kein Patient Schaden erleidet.
3. Die Überlastungsanzeige
Durch eine Anzeige der Überlastung wird die Verantwortung weitgehend verschoben. Daher
kann von einer Entlastungsanzeige gesprochen werden, die eine haftungsrechtliche
Entlastung darstellt.
Pflichten des Beschäftigten, den Arbeitgeber auf mögliche Schädigungen des Patienten
hinzuweisen, ergeben sich unter anderem aus §15 und §16 ArbSchG.
§15 (1) Die Beschäftigten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten so wie
gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit
bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechend Satz (1) haben die Beschäftigten auch für
die Sicherheit und Gesundheit der Personen Sorge zu tragen, die von ihren Handlungen oder
Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind.
§ 16 (1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede
von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit
... unverzüglich zu melden.
Die Überlastungsanzeige dient dazu, dem Arbeitgeber bzw. den Führungskräften Mängel zu
verdeutlichen (z.B. unzureichende personelle Besetzung) mit dem Ziel, Änderungen zu
erreichen. Der Arbeitnehmer bleibt jedoch grundsätzlich in der Pflicht, seine
Dienstleistung unter Berücksichtigung der Weisungen mit der erforderlichen Sorgfalt zu
erbringen:
§ 611 BGB Dienstvertrag zur Leistung versprochener Dienste
§ 242 BGB Leistung nach Treu und Glauben
§ 8 BAT Allgemeine Pflichten
§ 315 BGB Weisungen des Vorgesetzten nach billigem Ermessen treffen
Eine Überlastungsanzeige berechtigt nie zu pflichtwidrigem Handeln. Sie
entbindet den Arbeitnehmer nicht von seinen Pflichten zur sorgfältigen Arbeitsleistung.
Die Überlastungsanzeige kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Aus Beweisgründen ist
die schriftliche Form vorzuziehen. Sie wird direkt an den direkten Vorgesetzten gerichtet,
in diesem Fall an die Pflegedienstleitung. Eine zusätzliche Information des Personalrates
ist nicht zwingend.
Inhaltlich muß die Überlastungsanzeige konkret die Situation am Arbeitsplatz schildern,
z.B. wieviel Personal vorhanden ist und wieviel Patienten zu versorgen sind.
Weiterhin sollte kurz geschildert werden, was die verantwortliche Pflegekraft bzw. die
Stationsleitung bereits unternommen hat, die Situation zu verbessern.
Mögliche Risiken für die Patienten sollten aufgezeigt werden, z.B.: "Aufgrund des
fehlenden Personals können pflegerische Aufgaben nur unzureichend wahrgenommen werden;
Mängel in der Krankenversorgung sind nicht auszuschließen."
4. Fiktives Beispiel eines Schadensfalles durch Überlastung des
Pflegepersonals
Anknüpfend an das anfangs vorgestellte Beispiel könnte sich an diesem Nachmittag
folgender Schadensfall ereignen:
Ein Säugling mit akuter Gastroenteritis und Exsikkose wird auf Station aufgenommen.
Nachdem die ersten Blutwerte vorliegen, ordnet der Arzt Natriumbicarbonat als Kurzinfusion
an. Er hält dies schriftlich im Dokumentationssystem fest und erteilt der zuständigen
Pflegekraft eine mündliche Anordnung.
Die Pflegekraft bereitet die Kurzinfusion vor und schließt sie am bereits liegenden
Infusionssystem über Drei-Wege-Hahn an. Die Infusion ist auf eine Dauer von 30 Minuten
eingestellt. Die Pflegekraft weiß, daß Natriumbicarbonat Venenreizungen hervorrufen kann
und eine versehentliche paravenöse Infundierung schwere Nekrosen zur Folge hat. Deshalb
ist ihr bewußt, daß diese Infusion einer besonders sorgfältigen Überwachung bedarf.
Sie merkt sich eine zeitgerechte Überwachung und Kontrolle der Infusion vor.
Durch einige schwerwiegende Zwischenfälle bei einigen anderen Patienten, sie ist an
diesem Nachmittag für 8 weitere Kinder zuständig, ist sie völlig abgelenkt und der
Menge der dringenden Aufgaben nicht gewachsen. Sie entscheidet sich für die Erledigung
einer anderen dringenden Aufgabe.
So kommt sie erst wieder zu dem Kind, als die Kurzinfusion bereits vollständig infundiert
ist. Bei der Kontrolle der Kanüleneintrittsstelle bemerkt sie, daß die
Natriumbicarbonatlösung in das umliegende Gewebe gelaufen ist.
Die Hand des Kindes ist dick geschwollen und im Venenverlauf hochrot. Folgend bildet sich
eine tiefe Gewebsnekrose. Der Krankenhausaufenthalt verlängert sich um mehrere Wochen.
Der Säugling muß mehrfach operiert werden; erst nach der zweiten Hauttransplantation
wird er nach Hause entlassen.
5. Haftung im Schadensfall
Der geschädigte Patient (vertreten durch die Eltern) fordert Schadensersatz und
Schmerzensgeld.
Der Geschädigte könnte den Krankenhausträger aufgrund des
Krankenhausbehandlungsvertrages, den Arzt bezogen auf seine Gesamtverantwortung und die
Pflegekraft, die den Schaden nach seiner Ansicht zugefügt hat, verklagen.
Pflichtwidrigkeiten, wie hier die Verletzung der Sorgfaltspflicht, können
arbeitsrechtliche, haftungsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben.
Schwerpunkt aber wird der zivilrechtliche Prozeß sein aus dem Schadensersatz und
Schmerzensgeld hervorgehen.
Die Voraussetzungen der Haftung sind im Allgemeinen:
- Begehen eines Fehlers oder Verletzung der erforderlichen Sorgfalt (Verschuldung)
- Zufügung eines Schadens
- Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Fehler / der Sorgfaltspflichtverletzung und dem
Schaden
- Vorwerfbarkeit der Schuld (schädigende Handlung)
Haftungsansprüche gegen das Krankenhaus und das medizinische Personal
ergeben sich aus zwei verschiedenen Haftungsgrundlagen. Die zivilrechtlichen
Haftungsgrundlagen sind in den Vorschriften des BGB verankert. Zum einen in den
allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechtes (§ 611 BGB) und zum anderen die Haftung
aufgrund unerlaubter Handlung, auch als "deliktische Haftung" bezeichnet.
Haftung aufgrund unerlaubter Handlung ist jede nicht auf vertraglicher Grundlage beruhende
Schädigung der Gesundheit, des Körpers, des Lebens, des Eigentums sowie der
Freiheitsrechte (§ 823 BGB).
Durch die Haftung aufgrund des Krankenhausbehandlungsvertrages wird dem geschädigten
Patienten nur der materielle Schaden ersetzt. Hierzu gehören Personenschäden und
Krankenhausbehandlungskosten. In erster Linie geht es dem geschädigten Patienten um
Zahlung eines Schmerzensgeldes, dem sogenannten immateriellen Schaden. Diese läßt sich
nur über die "deliktische Haftung" einklagen.
Der Krankenhausbehandlungsvertrag beinhaltet u.a. die Verpflichtung des Trägers, eine
optimale Betreuung und Behandlung des Patienten zu gewährleisten. Er hat eine
Sorgfaltspflicht gegenüber dem Patienten einzuhalten. Dem Träger obliegt die Aufgabe
für einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zu sorgen. Für die Betreuung des Patienten
muß er den erforderlichen Standard der ärztlichen, pflegerischen und technischen
Behandlungsmöglichkeiten sicherstellen.
5.1 Haftung des Trägers
Aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung obliegt dem Krankenhausträger unter anderem
die Beachtung organisatorischer und personeller Sorgfaltspflichten. Er muß das
erforderliche Personal zur bestmöglichen Versorgung des Patienten bereitstellen, um
diesen vor fehlerhaften Behandlungsmaßnahmen zu schützen.
Der Krankenhausträger muß aufgrund des Krankenhausbehandlungsvertrags die
Sorgfaltspflichtsverletzungen seiner angestellten Ärzten und Pflegenden, den sogenannten
Erfüllungsgehilfen, haftungsrechtlich vertreten.
§ 278 (1) BGB Der Schuldner hat ein Verschulden ... der Personen, deren er sich zur
Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichen Umfang zu vertreten, wie eigenes
Verschulden.
Für die Folgen eines bestehenden Personalmangels muß der Krankenhausträger
haftungsrechtlich einstehen.
Im Beispiel ist anzunehmen, daß ein Organisationsverschulden (Verletzung der
Sorgfaltspflicht) des Krankenhausträgers vorliegt. Schadensersatzansprüche des
geschädigten Patienten können die Folge sein.
5.2 Haftung des Arztes
Die Haftung des Arztes ergibt sich aus seiner ärztlichen Gesamtverantwortung für die
Behandlung des Patienten und der durchführenden Pflegekraft. Im Rahmen der
Behandlungspflege unterliegt die Pflegekraft der Fachaufsicht des vorgesetzten Arztes. In
der juristischen Literatur wird die Gesamtverantwortung für pflegerische Tätigkeiten
immer noch dem ärztlichen Personal zugeordnet und den Pflegekräften die
Durchführungsverantwortung als medizinischen Hilfspersonal zugesprochen.
Die Anordnung obliegt daher dem Arzt, der auch für die ordnungsgemäße Durchführung
durch fachlich qualifiziertes Personal verantwortlich ist. Eine gesetzliche Regelung über
Abgrenzung ärztlicher- und pflegerischer Tätigkeiten fehlt. Delegation ärztlicher
Tätigkeiten auf das Pflegepersonal ist rechtlich zulässig. In welchem Umfang ärztliche
Aufgaben delegiert werden können, ist aber umstritten. Dazu ein Urteil des BGH vom
24.06.1975 (VI ZR 72/74) dort heißt es unter anderem:
Die Verwendung nichtärztlicher Hilfspersonen ist aus der modernen Medizin und
insbesondere aus dem heutigen Kinikwesen nicht wegzudenken. Es ist auch unvermeidlich,
daß diesen Hilfspersonen ein hohes Maß an Verantwortung zufällt. (...) Ein
persönliches Eingreifen des Arztes ist vielmehr grundsätzlich nur zu fordern, wo die
betreffende Tätigkeit gerade beim Arzt eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten
voraussetzt.
5.3 Haftung der Pflegekraft
Die Anspruchsgrundlage des geschädigten Patienten gegenüber der Pflegekraft beruht auf
der Delikthaftung, da die Pflegekraft einer sorgfältigen Überwachung des Patienten nicht
nachgekommen ist. Sie unterliegt nicht der vertraglichen Haftung, da sie keinen Vertrag
mit dem Patienten abgeschlossen hat.
Im Beispiel: Sie bekam die Anordnung des Stationsarztes (§8, Abs.2 BAT). Das Anhängen
einer Kurzinfusion gehört zu den routinemäßigen Maßnahmen der Pflegekraft und ist in
der Dienstanweisung des Krankenhausträgers verankert. Die Durchführungsverantwortung
liegt bei der Pflegekraft. In der Durchführung besitzt sie jahrelange Erfahrung. Die
Vorbereitung sowie das Anschließen an den Drei-Wege-Hahn führte sie richtig aus. Die
anschließende notwendige Überwachung konnte sie aufgrund der Überbelastung nicht mit
der notwendigen Sorgfalt ausführen.
Die Pflegekraft hat aber schon im Vorfeld das Risiko aufgrund des bestehenden
Personalmangels erkannt und hat gehandelt, indem sie die Überbelastung schriftlich
angezeigt hat.
5.4. HAFTUNG DES ÜBERGEORDNETEN FÜR SEINEN VERRICHTUNGSGEHILFEN
§ 831 BGB regelt die Haftung des Übergeordneten für seinen Verrichtungsgehilfen:
§ 831 (1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatze des
Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten
widerrechtlich zufügt
Der Übergeordnete hat für das Verschulden des Verrichtungsgehilfen einzustehen. Hat eine
nachgeordnete Person ( hier die Pflegekraft ) einen Schaden verursacht, kann ein
Verschulden des Übergeordneten vermutet werden. Übergeordneter kann im Beispiel der
Träger oder die Pflegedienstleitung sein. Durch mangelnde organisatorische Bedingungen
könnte also nicht nur der Träger sondern auch die verantwortlichen Mitarbeiter wegen
Verletzung der Sorgfaltspflicht deliktisch haftbar gemacht werden.
In vorliegendem Beispiel könnte demnach die Pflegedienstleitung haftbar gemacht werden,
wenn sie das Wissen um länger bestehende personelle Engpässe und organisatorische
Überlastungen der Pflegekräfte hat, ohne Abhilfe geschaffen zu haben bzw. dieses Wissen
nicht an Ihren direkten Vorgesetzten weitergeleitet hat.
Sie wird unter den gegebenen Umständen wahrscheinlich für den Schaden einstehen müssen.
Dort lag die Organisationsgewalt. Spätestens durch die Überlastungsanzeige waren die
Umstände bekannt.
6. Schlußwort
Die Auseinandersetzung mit dem hier vorgetragenen Thema: "Überlastungsanzeige"
und "Wer haftet im Schadensfall nach erfolgter Überlastungsanzeige" war für
mich ein Schlüsselerlebnis - und sollte es für alle in diesem Bereich arbeitenden
Angestellten sein. Und zwar in mehrfacher Hinsicht:
1. sich bewußt zu machen, welche Rechte und Pflichten mit der Tätigkeit verbunden sind,
2. welche Möglichkeiten bestehen, auf Mißstände aufmerksam zu machen und
3. wie die Rechtslage im Schadensfall aussieht
Meine persönliche Schlußfolgerung ist es daher, sich auf jeden Fall vor
Eintritt eines Schadensfalles dieser genannten Punkte klar zu werden.
Durch die Anwendung des Instruments "Überlastungsanzeige" kann rechtzeitig,
also vor Eintritt eines Schadensfalles, entsprechend der gesetzlichen Möglichkeiten auf
eventuell bestehende Mißstände aufmerksam gemacht und gezielt Abhilfe geschaffen werden.
Die Pflegekraft ist nicht mehr alleine voll verantwortlich. Damit stellt die
Überlastungsanzeige eine Notbremse im Alltag einer Schwester dar, die häufig und
künftig noch eher zunehmend am Rande der Überlastung arbeiten muß.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Schell für die freundliche Unterstützung und
sehr hilfreichen Ratschläge herzlich bedanken.
7. Literaturverzeichnis
Schell,
Werner |
Arbeits-
und Arbeitsschutzrecht für die Pflegeberufe von A - Z. 2. vollständig
überarbeitete und aktualisierte Auflage. Brigitte Kunz Verlag 1998. |
Brenner,
Günther |
Rechtskunde
für das Krankenpflegepersonal. 6. neubearbeitete Auflage. Gustav Fischer Verlag Stuttgart
Jena Lübeck Ulm, 1997. |
Böhme,
Hans |
Das
Recht des Krankenpflegepersonals. Teil 2: Haftungsrecht, 4. Auflage. Verlag W. Kohlhammer,
Stuttgart - Berlin - Köln, 1996. |
Reimer,
Willy |
Pfleglicher
Umgang mit dem Recht - Rechtskunde für Pflegeberufe. 1. Auflage. Universitätsverlag Ulm
GmbH, 1995. |
Arbeitsgesetze |
52.
neubearbeitete Auflage. Beck-Texte im dtv, 1997. |
Bürgerliches
Gesetzbuch |
42.
überarbeitete Auflage. Beck-Texte im dtv, 1998. |
Bundes-Angestelltentarifvertrag |
12.
veränderte Auflage. Beck-Texte im dtv, 1996. |
Schell,
Werner |
Persönliche
Mitteilungen Mai 1998. |
Stadt
Stuttgart, Rechtsamt |
Persönliche
Mitteilung Mai 1998 |
Wir bedanken uns bei Frau Ammer für die Bereitstellung des Referats zur Vorstellung im Rahmen dieser Homepage!
Team Werner Schell (02.08.2000)
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