Bundesarbeitsgericht äußerte sich zu den Hinweis- und Aufklärungspflichten beim Abschluß eines Aufhebungsvertrages
Urteil vom 17.10.2000 - 3 AZR 605/99 -
Die Klägerin war etwa 20 Jahre bei der Beklagten als Reinigungskraft
beschäftigt. Aus gesundheitlichen Gründen bat sie um die Versetzung auf einen
Arbeitsplatz außerhalb des Reinigungsdienstes. Die Beklagte bot ihr daraufhin eine
Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung an und empfahl ihr, sich
wegen der versorgungsrechtlichen Auswirkungen bei der Zusatzversorgungskasse zu
erkundigen. Die Parteien schlossen am 15. Januar 1996 den Aufhebungsvertrag und beendeten
das Arbeitsverhältnis zum 29. Februar 1996. Mit Rentenbescheid vom 12. September 1997
bewilligte die Landesversicherungsanstalt eine Erwerbsunfähigkeitsrente rückwirkend zum
1. September 1996. Hätte das Arbeitsverhältnis nicht vor Eintritt des Versorgungsfalles
geendet, sondern bis einschließlich 31. August 1996 fortbestanden, so hätte die
Klägerin eine monatliche Versorgungsrente in Höhe von 924,22 DM erhalten. Wegen ihres
vorzeitigen Ausscheidens steht ihr lediglich eine monatliche Versicherungsrente in Höhe
von 157,31 DM zu. Den Differenzbetrag hat die Klägerin als Schadenersatz von der
Beklagten verlangt.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Die
Revision der Klägerin hatte Erfolg. Sie führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits
an das Landesarbeitsgericht.
Die Beklagte war zwar nicht verpflichtet, der Klägerin die genaue Höhe
der drohenden Versorgungsnachteile mitzuteilen und ihr die versorgungsrechtlichen
Einzelheiten wie die Abgrenzung von Versorgungs- und Versicherungsrente zu erläutern,
sondern durfte die Klägerin insoweit an die Zusatzversorgungskasse verweisen. Sie mußte
die Klägerin aber wenigstens darauf hinweisen, daß bei der Zusatzversorgung mit sehr
hohen Einbußen zu rechnen war und dieses Risiko auf der angebotenen vorzeitigen
Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruhte. Ob das im vorliegenden Fall geschehen war
oder ob die Klägerin durch die Zusatzversorgungskasse über die einschneidenden
versorgungsrechtlichen Folgen des Aufhebungsvertrages unterrichtet wurde, hat das
Landesarbeitsgericht noch aufzuklären.
BAG, Urteil vom 17. Oktober 2000 - 3 AZR 605/99 -
Vorinstanz: LAG Köln, Urteil vom 5. August 1999 - 6 Sa 175/99 -
Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 71/00 vom 17.10.2000
Werner Schell (19.10.2000)
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