1. Gutachten zu "Auswirkungen und Kosten
der Zuwanderung nach Deutschland" empfiehlt Begrenzung der Zuwanderung
/ Beckstein: "Gutachten bestätigt bayerische Linie der
Zuwanderungsbegrenzung"
Der Ministerrat sieht sich in seiner Politik
der Zuwanderungsbegrenzung durch ein Gutachten des Bevölkerungsforschers
Professor Herwig Birg zu "Auswirkungen und Kosten der Zuwanderung nach
Deutschland" bestätigt. Innenminister Dr. Günther Beckstein:
"Eine Politik, die die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft
erhalten will, darf Zuwanderung nicht ausweiten, sondern muss sie deutlich
begrenzen. Vorrang zur weiteren Zuwanderung muss eine bessere Integration
der bereits hier lebenden ausländischen Mitbürger haben." Diese Linie
werde durch die Gutachtensergebnisse voll untermauert. Das Gutachten kommt
zu dem Ergebnis, dass der Bevölkerungsrückgang der kommenden Jahre durch
Zuwanderung nicht kompensiert werden kann. Demographisch bedingte Engpässe
auf dem Arbeitsmarkt lassen sich den Gutachtensergebnissen zufolge außerdem
in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten durch eine Kombination von
familien- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ohne Zuwanderung auffangen.
Die Kosten der Zuwanderung würden eine Höhe erreichen, die Auswirkungen
auf Staat und Gesellschaft insgesamt hat und den Rahmen für eine punktuelle
Berücksichtung einzelner Branchen und Betriebe sprengt.
Folgende Kernaussagen des Gutachtens von
Professor Birg sind für den Ministerrat wesentlich:
- Wegen des hohen Bevölkerungswachstums in
den Europa geographisch benachbarten Regionen ist in Zukunft mit einem noch
verstärkten Zuwanderungsdruck nach Deutschland zu rechnen. Das
Qualifikationsgefälle zwischen Zuwanderern und einheimischer Bevölkerung
wird sich weiter vergrößern. Vor dem Hintergrund der bereits bestehenden
Integrationsprobleme empfiehlt Birg deshalb eine wirksame Begrenzung der
bereits stattfindenden Zuwanderung und rät von einer weiteren Ausweitung
ab.
- Eine nachhaltige Bevölkerungspolitik muss
sich nach Aussagen Birgs darum bemühen, die Probleme aus eigener Kraft zu
lösen. Dazu gehören das Problem der weit unterdurchschnittlichen
Geburtenrate in Deutschland sowie Maßnahmen zur Ausschöpfung des
Arbeitskräftepotentials.
- Eine Ausweitung der Zuwanderung bringt
gesellschaftspolitisch und kulturell erhebliche Risiken, vor allem wenn die
Mehrheitsbevölkerung in großen Städten und Ballungsgebieten und
Altersgruppen in die Minderheit gerät. Dann sei eine Integration nicht mehr
möglich. Die gesellschaftspolitischen Risiken und auch die Kosten sind
wesentlich höher und für den Staat von größerer Tragweite als die mit
der Schrumpfung der Bevölkerung verbundenen Konsequenzen.
Die Frage, wie Zuwanderung künftig gestaltet
und wie die Integration der in Deutschland lebenden Ausländer vorangebracht
werde, ist nach Aussagen Becksteins eine Schicksalsfrage für Deutschland.
Die rot-grüne Koalition habe ein Zuwanderungsgesetz vorgelegt, das im
Gegensatz zu den Empfehlungen des Gutachtens die Zuwanderung ausweiten will.
Die Bundesregierung hat dieses Vorgehen mit der demographischen Entwicklung
begründet, die zur Wohlstandssicherung eine verstärkte Zuwanderung
erfordere. Diese Pläne sind nach Aussagen Becksteins falsch. Die
Staatsregierung sehe sich durch das Gutachten in ihrer Linie bestärkt, im
Gesetzgebungsverfahren weiter auf eine konsequente Begrenzung und Steuerung
der Zuwanderung zu drängen: "Die gesellschaftlichen und kulturellen
Konsequenzen einer Fehlentscheidung bei der Zuwanderungspolitik lassen sich
auf Jahrzehnte hinaus nicht mehr korrigieren. Maß für die Zuwanderung muss
die Integrationsfähigkeit von Staat und Gesellschaft sein." Schon
heute sei Deutschland mit 7,3 Millionen ausländischen Mitbürgerinnen und
Mitbürgern und einem Ausländeranteil von neun Prozent das Land mit dem
höchsten Ausländeranteil in der EU. Während sich in den letzten gut 25
Jahren die Zahl der ausländischen Mitbürger in Deutschland mehr als
verdoppelt habe, stagniert nach Aussagen Becksteins die Zahl ausländischer
Arbeitnehmer oder geht sogar leicht zurück. Das heißt vermehrte
Zuwanderung ist bisher im wesentlichen eine Zuwanderung in die
Sozialsysteme, nicht in den Arbeitsmarkt. Wir brauchen deshalb eine
Steuerung und eine Begrenzung der Zuwanderung. Dieser Anforderung werden die
großzügigen Zuwanderungsregelungen der Bundesregierung - verbunden mit
einer erleichterten Familienzusammenführung und nicht ausreichenden
Maßnahmen gegen den Asylmissbrauch - nicht gerecht. Beckstein sieht die
große Gefahr, dass eine vermehrte Zuwanderung nicht nur die Sozialsysteme
sprengt, sondern die Integrationsfähigkeit der deutschen Bevölkerung bei
weitem überfordert. Schon jetzt seien die Chancen für eine erfolgreiche
Integration gerade in großen Städten nicht mehr gut. Professor Birg weist
in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in vielen deutschen Großstädten
schon ab 2010 der Anteil der Zugewanderten bei den unter 40-jährigen die
50-Prozent-Schwelle erreichen beziehungsweise überschreiten wird.
Um die Anzahl der Erwerbspersonen dauerhaft
auf dem derzeitigen Niveau konstant zu halten, wäre nach Birgs Untersuchung
eine Zuwanderung erforderlich, die die Integrationsfähigkeit der deutschen
Bevölkerung bei weitem übersteigen würde. So müssten nach Deutschland
bis zum Jahr 2050 über 180 Millionen jüngere Menschen zuwandern, um den
Anstieg des Altersquotienten zu stoppen. Beckstein: "Die Bürgerinnen
und Bürger in Deutschland wollen keine multikulturelle
Immigrationsgesellschaft, in der sie sich nicht mehr zuhause fühlen können
und in der Deutsch als Verständigungssprache in manchen Stadtteilen
zunehmend verdrängt wurde." Bereits jetzt haben die Bürger nach
Aussagen Becksteins wegen des hohen Ausländeranteils in vielen
Großstädten Sorgen vor dem Verlust der eigenen Identität. Alle Umfragen
der letzten Wochen bestätigen, dass eine generelle Ausweitung der
Zuwanderung keinen Rückhalt in der Bevölkerung hätte.
Auch aus arbeitsmarktpolitischen Gründen
besteht laut Beckstein grundsätzlich kein Raum für mehr Zuwanderung nach
Deutschland: "Zur Absicherung wissenschaftlicher Spitzenleistungen,
hoher Innovationskraft und wirtschaftlicher Dynamik müssen wir künftig
noch offener sein für hochqualifizierte ausländische Fachkräfte,
Unternehmer und Wissenschaftler. Im übrigen müssen wir alles daran setzen,
unbesetzte Arbeitsplätze in Deutschland soweit als möglich aus dem
Reservoir der vier Millionen Arbeitslosen in unserem Land zu besetzen. Die
von der Bundesregierung beabsichtigte Aufhebung des Anwerbestopps ist
deshalb grundfalsch und angesichts der jetzigen Arbeitslosigkeit
unverantwortlich." Das Gutachten Birgs bestätigt, dass eine gezielte
Öffnung allenfalls bei bestimmten Mangelberufen oder besonderen
Berufsgruppen kombiniert mit arbeitsmarktpolitischen und familienpolitischen
Initiativen das Gebot der Stunde sei.