Zehn Gebote zum richtigen Umgang mit dem Bürger vorgestellt
Die Bertelsmann-Stiftung hat einen von ihr ausgeschriebenen Wettbewerb
über "Bürgerorientierte Kommunen" ausgewertet und die Erkenntnisse daraus in
einem Zehn-Gebote-Katalog für Bürgerorientierung zusammengefaßt. Alle Beteiligten,
Bürger einerseits und Politiker bzw. Verwaltungsleute andererseits, können von den
Erkenntnissen profitieren: Die Bürgerbefragung sollte an Bedeutung gewinnen. Denn es muß
entschiedener darum gehen, den Willen (und auch das Wissen) der Bürger zu erforschen.
Ratspolitiker sollten auf jeden Fall lernen bzw. die Fähigkeit pflegen, zuhören zu
können.
Die zehn wichtigen Erkenntnisse aus dem Wettbewerb werden im Folgenden in
Form von "Erfolgsfaktoren", die bürgerorientiertes Handeln ausdrücken,
vorgestellt:
1. Politik und Verwaltung sind verantwortlich für eine authentische
Anerkennungskultur vor Ort. Hierzu gehören eine effektive Qualifizierung und
aussagekräftige Zertifizierung von bürgerschaftlichem Engagement und bürgerschaftlicher
Mitwirkung.
2. Innerhalb der Verwaltung existiert ein Anreizsystem für bürgerorientiertes Handeln.
Dieses ist nicht notwendigerweise auf materielle Anreize gestützt, sondern knüpft an die
Doppelrolle der Beschäftigten im öffentlichen Dienst als Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter einerseits, sowie als Bürgerinnen und Bürger der Stadt andererseits, an.
3. Zum Beteiligen und Mitmachen finden Bürgerinnen und Bürger eine klar definierte
Schnittstelle zur integrierten Verwaltung vor. Hierbei sind Transparenz und klare
Zuständigkeiten gefordert.
4. Innerhalb der Verwaltung existieren Vernetzungsstrukturen und -abläufe, die eine
effektive Kommunikation zur Bürgerorientierung ermöglichen.
5. Verwaltung und Politik eröffnen räumliche Kristallisationspunkte für
Bürgerengagement. Dies bedeutet zum einen, Räumlichkeiten bereitzustellen - etwa durch
die Öffnung von Schulen oder Rathäusern - zum anderen Stadtteile als Orte
bürgerschaftlicher Identifikation ernst zu nehmen.
6. Planungs- und Beteiligungsprozesse haben einen verläßlichen und sinnvollen zeitlichen
Rahmen. Die Zeit von Bürgerinnen und Bürgern muß als eine kostbare Ressource geachtet
werden.
7. Bürgerorientierung ist Konsens innerhalb und zwischen Parteien und Verwaltung.
8. Zuhören ist eine individuelle und institutionelle Voraussetzung bei Politik und
Verwaltung. Diese Fähigkeit wird bewußt gepflegt und ausgebaut.
9. Vielfältige kreative Beteiligungsformen prägen die Zusammenarbeit von Bürgerinnen
und Bürgern, Rat und Verwaltung. Nicht nur die Existenz der verschiedensten
Beteiligungsformen ist bekannt, vielmehr werden sie auch systematisch angepaßt und
eingesetzt.
10. Bürgerorientierung integriert Bürgerinformation mit Planungs- und
Umsetzungsbeteiligung. Dies bedeutet, daß Bürgerinnen und Bürger in ihrem
Initiativrecht ernst genommen, über die Angelegenheiten örtlicher Gemeinschaft
informiert und an der Planung und Umsetzung örtlicher Vorhaben frühzeitig beteiligt
werden.
Weitere Informationen über den Wettbewerb
und seine Ergebnisse können bei der Bertelsmann-Stiftung, Carl-Bertelsmann-Straße 256,
33311 Gütersloh (Telefon 05241/817945, Ansgar Wimmer), oder unter der Internet-Adresse
http//www.buergerorientierte-kommune.de (Menü "Know-how", Unterpunkt "Aus
dem Projekt") abgerufen werden.
Publikationen aus dem Projekt:
- Bürgerorientierte Kommune - Wege zur Stärkung der Demokratie
Projektdokumentation Band 1: Hearing und Auftaktveranstaltung
Dr. Levin von Trott zu Solz (Hrsg.), 3. Auflage 1999, Gütersloh.
DM 12,- ; ISBN 3-89204-394-9
- "Leitbild Bürgerorientierung"
Dr. Levin von Trott zu Solz
Beitrag für die Diskussionsreihe "Wege zum Bürgerstaat".
In: Der Gemeinderat, 10/1998.
- "Big and Small Democracy" - Zur Verbindung von
Bürgergesellschaft und Demokratie in Deutschland.
Dr. Levin von Trott zu Solz
In: Alemann/ Heinze/ Wehrhöfer (Hrsg.): Bürgergesellschaft und Gemeinwohl. Analyse,
Diskussion, Praxis. 1999.
DM 24,80; ISBN: 3810022934
- Wettbewerb und Modellprojekt Bürgerorientierte Kommune - Wege
zur Stärkung der Demokratie.
Dr. Levin von Trott zu Solz/ Ansgar Wimmer
In: Heinze/ Olk (Hrsg.): Bürgerschaftliches Engagement in Deutschland.
Erscheint in 1999.
- Eine Bewegung entsteht.
Ansgar Wimmer
In: DEMO, Demokratische Gemeinde, 05/1999.
- Bürgerorientierte Kommunen in Deutschland - ein Wegweiser
Projektdokumentation Band 2: Kurzportraits aus der ersten Wettbewerbsphase
Bürgerorientierte Kommune - Wege zur Stärkung der Demokratie
Ansgar Wimmer (Hrsg.)
Erscheint im November 1999
DM 25,- - ISBN 3-89204-447-3
Werner Schell
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