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Rede von Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer am 07. Dezember 1999 in Berlin zur Veranstaltung
"Patientenschutz in Deutschland - Bestandsaufnahme und Perspektiven" der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) e.V.

Sehr geehrte Frau Köhne, meine sehr geehrten Damen und Herren,
gerne nutze ich die Gelegenheit, die Position der Bundesregierung zu Patientenrechten und zur Verbraucher- und Patientenberatung darzustellen.
Dazu kann ich mir keinen besseren Zuhörerkreis vorstellen, als diejenigen, die sich schon seit Jahren für die Belange des Verbraucherschutzes engagiert haben und wesentliche Verbesserungen in vielen Bereichen erzielen konnten. Für ihren Einsatz möchte ich allen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände meine Anerkennung aussprechen.

Defizite
Das deutsche Gesundheitswesen bietet ein dichtes Sicherheitsnetz zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der Bürger. Es ist jedoch teilweise zu einem medizinisch-bürokratischen Apparat geworden, der zu einseitig auf Leistungserbringer und Kostenträger ausgerichtet ist, und in dem - trotz unbestreitbarer Verbesserungen - oftmals das Gespür für die Bedürfnisse von Patienten und Patientinnen fehlt.
Sie kennen alle den Alltag im deutschen Gesundheitswesen. Noch immer werden in Deutschland Patientinnen und Patienten mit "wir" angeredet. Noch immer werden Krankenhauspatienten zur nachtschlafender Stunde zum Frühstück geweckt. Und noch immer gibt es Ärzte, die unwillig reagieren, wenn eine Patientin oder ein Patient Gründe für eine vorgeschlagene Behandlung oder mögliche Alternativen erfahren will.
Nach wie vor haben Patienten und ihre Organisationen wenig Einfluss im Gesundheitswesen. Ebenso sind Ihnen allen die Schwierigkeiten von Patientinnen und Patienten, in Arzthaftungsprozessen ihr Recht zu erstreiten, wohlbekannt.
Patientinnen und Patienten werden im deutschen Gesundheitswesen immer noch als Objekte der Fürsorge betrachtet - treffend hat der Sachverständigenrat 1992 das überkommene Arzt-Patienten-Verhältnis als "benevolenten Paternalismus" bezeichnet. Patientinnen und Patienten werden wohlmeinend und väterlich betreut, jedoch nicht als selbstbestimmte und selbstverantwortliche Menschen gesehen.
Wie stark dieser "benevolente Paternalismus" im Denken der Ärzteschaft verwurzelt ist, zeigt die sog. "Charta der Patientenrechte" der Bundesärztekammer. Die Bundesärztekammer hatte am 27.10. diesen Jahres - übrigens ohne Rücksicht auf die Bemühungen der anderen Beteiligten um ein gemeinsames Vorgehen - ein Positionspapier vorgestellt, das sie "Charta der Patientenrechte" betitelt hat. Dort heißt es in der Präambel - ich zitiere wörtlich -: "Wenn den Patienten diese Grundrechte" - gemeint sind die Patientenrechte - "verwehrt werden, müssen Ärzte zur Sicherstellung dieser Rechte geeignete Maßnahmen ergreifen". Sie haben richtig gehört, meine Damen und Herren, nicht etwa die Patienten sollen ihre Rechte sichern dürfen, sondern die Ärzte wollen die Rechte der Patienten wahrnehmen.
Diesen benevolenten Paternalismus wollen wir nicht. Wir wollen die Patientinnen und Patienten so stärken, dass sie ihre Rechte selbst wahrnehmen können.

Reform
Die Forderungen nach einer Verbesserung der Patientenrechte sind nicht neu. Das zeigen auch die lnitiativen der AgV. Neu ist, dass die Bundesregierung sich dies als politisches Ziel gesteckt hat. Wir haben mit der GKV-Gesundheitsreform 2000 ein Gesetz vorgelegt, bei dem die Anliegen der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt stehen. Leider sind die inhaltlichen Aspekte dieses Gesetzes über die Diskussion der Finanzierungsfragen in der Vergangenheit zu sehr in den Hintergrund getreten.
Dabei geht es uns neben einer Stärkung der Patienten in ihren Rechten auch um strukturelle Veränderungen. Denn gerade die institutionellen Rahmenbedingungen sind entscheidend für die zukünftige Gestaltung der Arzt-Patient-Beziehung. Daher sind Kernpunkte der Reform: der Ausbau der integrierten Versorgung und die Stärkung des Hausarztes als Lotse durch das Gesundheitssystem.
Die derzeitigen Probleme in unserem Gesundheitswesen sind allgemein bekannt: Versorgungsketten existieren bislang nur in Ansätzen, besonders chronisch Kranke werden vielfach nicht optimal behandelt. Verfahren zur Verbesserung der Qualität werden noch nicht in ausreichendem Maße angewandt, das Gesundheitssystem ist für die Patientinnen und Patienten wenig transparent. Das wollen wir ändern. Dabei greifen wir vorhandene Initiativen auf und wollen Strukturen schaffen, innerhalb derer eine an den Versorgungsbedürfnissen der Patienten orientierte Behandlung möglich wird. Vor allem der Ansatz der integrierten Versorgung bietet Chancen für den Ausbau räumlicher und patienten- bzw. krankheitsbezogene Netze. Allerdings besteht dabei immer auch die Gefahr der Risikoselektion, die wir verhindern müssen.
Stärkung von Patientinnen und Patienten bedeutet auch eine Stärkung der Selbsthilfeorganisationen, deren Integration in das Gesundheitssystem längst überfällig ist. Behinderte und chronisch kranke Menschen wollen als Experten in eigener Sache in die Planung und Durchführung aller sie betreffenden gesundheitsbezogenen Maßnahmen einbezogen zu werden.
Deshalb muss es zur gesetzlichen Aufgabe der Krankenkassen gehören, entsprechende Maßnahmen einschließlich der Selbsthilfe zu finanzieren. Im Gesetz haben wir eine Sollvorschrift für die Förderung der Selbsthilfe verankert, sowie einen Richtwert von 1 DM je Versicherten im Jahr 2000 vorgegeben, der in den Folgejahren dynamisiert wird. Damit stehen für die Selbsthilfeförderung im Jahr 2000 70 Mio. zur Verfügung.
Wie Sie alle wissen, befindet sich das Gesetz zur Zeit im Vermittlungsausschuss. Aufgrund der Blockadepolitik der Opposition, haben wir dort ein Gesetz eingebracht, das ohne die Zustimmung des Bundesrates realisierbar ist. Es enthält weiterhin die wichtigen Änderungen zur Verbesserung der Rechte der Patientinnen und Patienten und auch die Vorschriften zur Stärkung der Selbsthilfe.

Konkret sind folgende Regelungen vorgesehen:

  • Eine Verpflichtung der Krankenkassen, ihren Versicherten bei der eigenen Rechtsverfolgung zu helfen (§ 66 SGB V);
  • außerdem eine Verpflichtung der Krankenkassen, in Modellversuchen Einrichtungen zur Verbraucherberatung und Patientenberatung zu fördern (§ 65 b SGB V).

Die Förderung dieser Einrichtungen setzt einen Nachweis über ihre Neutralität und Unabhängigkeit voraus. Das Ausgabenvolumen hierfür soll jährlich 10 Mio. DM umfassen und entsprechend den jährlichen Anhebungen des Budgets steigen. Es wird in Form einer Umlage für alle Kassen von den Spitzenverbänden sichergestellt, dass die für die Modellmaßnahmen zur Patientenberatung vorgesehenen Mittel ausgegeben und gleichmäßig verteilt werden.

Weitere Verbesserungen
Die Verbesserungen im Rahmen des SBG V sind ein wichtiges politisches Signal, Patientinnen und Patienten ernster zu nehmen, sie sind jedoch nur ein erster Schritt. Darüber hinaus streben wir eine Verbesserung der Rechtsstellung der Patienten an. Dabei ergeben sich drei Schwerpunkte:

1. Die Verbesserung der Transparenz im Gesundheitswesen, denn aufgeklärte Patienten können sich im Gesundheitswesen rationaler und rationeller verhalten und ihre Rechte eher wahrnehmen.

2. Die institutionelle Erweiterung der Patientenbeteiligung, dabei geht es um die eigenständige Beteiligung bzw. Mitwirkung von Versicherten und Patienten in den verschiedenen Entscheidungsgremien, die das Gesundheitswesen gestalten.

3. Die Verbesserung der Behandlungsfehlerhaftung, hier haben wir als Ausgangspunkt das Arztrecht und Arzthaftungsrecht, dessen Fortentwicklung wir prüfen wollen.

Transparenz durch Information
Der erste Aspekt, das Thema Information, hat für uns eine vorrangige Bedeutung. Dabei geht es nicht allein um die selbstverständliche Pflicht des Arztes, seinen Patienten gründlich aufzuklären, bevor dieser zu einer ärztlichen Maßnahme seine Einwilligung gibt. Darüber hinaus brauchen Bürgerinnen und Bürger mehr Möglichkeiten, sich generell über die Fülle medizinischer Leistungsangebote und deren Qualität zu informieren. Die Patienten müssen in einer von der konkreten ärztlichen Behandlung unabhängigen Weise Informationen über bestehende Behandlungsmethoden und Versorgungsstrukturen bekommen können. Diese Informationen müssen verständlich, neutral und objektiv sein.
Institutionen, die diese Art von Information bereitstellen existieren in Deutschland bislang nur wenige. In einen Großstädten gibt es Patientenstellen, in Hamburg und Berlin wurden die Verbraucherzentralen mit dem Aufbau von Patientenberatungsstellen betraut. Im vergangenen Jahr wurde in Bremen eine von den Kassen der Ärztekammern, der Krankenhausgesellschaft und dem Gesundheitsressort gemeinsam getragene Patientenberatungsstelle eingerichtet. Letztere wird vom BMG wissenschaftlich begleitet.
Eine flächendeckende Etablierung entsprechender unabhängiger Einrichtungen ist nicht einfach. Das Hauptproblem für die Länder und Kommunen ist zur Zeit, dass diese Einrichtungen der öffentlichen Förderung bedürfen. Deshalb ist es mir wichtig, neue Wege der Finanzierung wie z.B. in Bremen zu begleiten, um daraus evt. Erkenntnisse für ein flächendeckendes Beratungsnetz zu gewinnen.
Auch kommerzielle Informationsanbieter offerieren sich immer mehr als Informationsgeber und Lotsen durch den Dschungel des Gesundheitswesens. Ihr Manko ist allerdings, dass sie sich im Wesentlichen an zahlungskräftige Kunden wenden oder durch Werbung finanziert werden und ihre Informationen keiner Qualitätskontrolle unterliegen.
Ein Beispiel für ein krankheitsbezogenes Informationssystem auf hohem Niveau ist der Krebsinformationsdienst KID. Dieser bietet interessierten Bürgern die Möglichkeit, sich quasi aus erster Hand Informationen zu allen krebsrelevanten Fragen zu besorgen. Dies geschieht unvoreingenommen und auf dem letzten wissenschaftlichen Stand. Die hohe Akzeptanz dieses Dienstes belegt den Bedarf und die unbestrittene Qualität der Einrichtung, auf deren jahrelange Förderung das BMG durchaus stolz ist. Nicht nur per Telefon, sondern inzwischen auch über das Internet haben alle Bürgerinnen und Bürger hier die Möglichkeit, Antworten auf ihre Fragen zum Thema Krebs zu erhalten. Der Krebsinformationsdienst liefert somit wichtige Voraussetzung für eine angemessene Mitentscheidung des Patienten.
Ein anderes Modellprojekten ist das vom BMG seit mehreren Jahren geförderte DISA (Deutsches Informationssystem Allergien) für das Krankheitsspektrum der Allergien. Die in diesen Modellversuchen erprobten Strukturen haben sich bewährt. Daher hat Bundesministerium für Gesundheit am 09.11.1999 einen Initiativ-Kongress veranstaltet, um Verbesserungen im Bereich der multimedialen Gesundheitsinformationsangebote anzustoßen. Die Initiative, ein Aktionsforum zu etablieren, das die Grundlagen und Strukturen für ein umfassendes, qualitätsgesichertes und bedarfsorientiertes Gesundheitsinformationssystem auf der Basis von dezentralen Kooperationsverbänden schafft, wurde allgemein begrüßt.
Durch eine zielgerichtete Kooperation aller wichtigen Akteure im Gesundheitswesen und die Vernetzung ihrer Informationssysteme, soll ein effektives und seriöses Informationsangebot für Fachleute, Bürger und Patienten geschaffen und in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden.

Erweiterung der Patientenbeteiligung
Information ist jedoch nicht alles. Darüber hinaus wollen wir prüfen, welche Institutionen unseres Gesundheitssystems zu einer Verstärkung der Rolle des Patienten genutzt werden können.
Auch hier existieren bereits vielfältige Ansätze. Die eben genannten Patientenstellen und Verbraucherberatungen bieten nicht nur Information, sondern auch konkrete Unterstützung im Einzelfall. Auch in einigen Krankenhäusern wurde bereits das Amt des Patientenfürsprechers geschaffen. Darüber hinaus sind auf diesem Feld vor allem die zahlreichen Selbsthilfegruppen und Patienteninitiativen aktiv, die für den einzelnen oft die wertvollste Unterstützung sind.
Zu nennen sind auch die schon seit langem existierenden Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern, die heute einen Großteil der Fälle von Behandlungsfehlern für die Patienten klären. Ihre Arbeit wird häufig kritisch bewertet, vor allem in Bezug auf die Unparteilichkeit.
Meines Erachtens wäre eine Stärkung dieser außergerichtlichen Streitschlichtungsverfahren und die Verstärkung ihrer Befriedungsfunktion durch eine bessere Transparenz der Verfahren, weitergehende Anhörungs- und Beteiligungsrechte der Patienten sowie der betroffenen Ärzte bei der Gutachterauswahl möglich. Allzu oft entsteht der Eindruck, dass die Ärzteschaft in diesen Gremien gegenseitige Kritik scheut. Deshalb muss auch über eine paritätische Besetzung mit Patientenvertretern nachgedacht werden.
In jedem Fall sind eine bessere Transparenz der Verfahren, aber vor allem weitgehende Anhörungsrechte und Beteiligungsrechte der Patienten sowie der betroffenen Ärzte und Beteiligten bei der Gutachterauswahl nötig.
In der für den Bereich der Justiz von der Bundesregierung herausgegebenen Broschüre " Schlichten ist besser als richten" wird der Grundgedanke vertreten, dass Gutachter- und Schlichtungstätigkeiten nicht Sache des Stärkeren sein können, sondern nur entweder eines unbeteiligten Dritten oder aber eines Konsortiums von Vertretern aller beteiligten Seiten. Es ist reizvoll, diesen Gedanken auch für den medizinischen Bereich durchzuspielen. Das o.g. Modell auf ärztliche Schlichtungsstellen übertragen, bedeutete, dass Schlichtungsstellen in Zukunft von vier Partnern getragen würden: Ärztekammern/Krankenhausgesellschaften, Krankenkassen, Patientenvertretern und den Aufsichtsbehörden. Vorbilder für solche paritätisch besetzten Schlichtungsstellen finden sich z.B. in den Niederlanden oder im österreichischen Bundesland Kärnten.
Die bereits vorhandenen Ansätze der Patientenbeteiligung sind erfreulich und die Bundesregierung betreibt den weiteren Ausbau. Trotzdem bleibt die Wirkung dieser Einrichtungen punktuell. Es bedarf deshalb der institutionellen Erweiterung der Patientenbeteiligung. Hier ist insbesondere zu denken an die Beteiligung von Patientenvertretern in Gremien und Einrichtungen des Gesundheitswesens, so z.B.

  • bei Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen,
  • bei den berufsständischen oder universitären Ethik-Kommissionen,
  • die Einräumung von Anhörungsrechten bei Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und der Krankenkassen sowie
  • die Mitarbeit in Selbstverwaltungsgremien der Ärzteschaft und der Krankenkassen.

Dies wirft natürlich eine Reihe von Problemen, insbesondere der Legitimation auf, die wir in Angriff nehmen müssen. Vor allem bedarf es einer sorgfältigen Prüfung und Klärung, welche Personen und Organisationen als Patientenvertreter auftreten können und sollen.
Hier ist ein Dilemma erkennbar: Zum einen muss der Pluralität der Interessen und Organisationen Rechnung getragen werden. Zum anderen vermindert aber gerade diese Pluralität der Interessen und Organisationen die Möglichkeit, Patientenvertreter zu finden, die für "die Patienten" als Gesamtheit stehen. Es wird also auch Aufgabe der Patientenorganisationen sein, eine Struktur zu finden, die eine wirksame Vertretung der Patienten bei Wahrung der Interessenspluralität ermöglicht.

Haftungsrecht
Am wenigsten konkretisiert haben sich bisher die Überlegungen zu dem dritten Komplex, der Verbesserung der Stellung des Patienten bei Behandlungsfehlern.
Das Haftungsrecht für Produkte und Dienstleistungen ist in Deutschland hoch entwickelt. Selbst bei offensichtlichen Behandlungsfehlern ist es jedoch für Patientinnen und Patienten schwer, zu ihrem Recht zu kommen und ihre Forderungen durchzusetzen. Die Verfahren dauern in der Regel sehr lange. Die Patientinnen und Patienten sind ohnehin in einer benachteiligten Situation, sowohl in Bezug auf das Fachwissen als auch meist in Bezug auf ihren psychischen und physischen Zustand. Deshalb wollen wir vor allem bei der Klärung der Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, die Situation für Patientinnen und Patienten verbessern.

Schluss
Die Diskussion über Patientenrechte wird nicht einfach werden. Um den Veränderungsbedarf zu klären und Gestaltungsvorschläge zu machen - nicht nur im Bereich des Arzthaftungsrechtes, sondern in allen angesprochenen Bereichen - hat das Bundesministerium für Gesundheit am 26. Oktober 1999 eine Arbeitsgruppe eingesetzt. An ihr sind Vertreter des Bundes, der Länder, der Ärzteschaft, der Krankenkassen und ihrer Verbände, der Pflegeverbände, der Kommunen und Vertretern von Patientenorganisationen beteiligt. Sie soll Vorschläge für eine Fortentwicklung der Patientenrechte und -beteiligung erarbeiten. Damit folgt das Bundesministerium für Gesundheit auch einem auf der 72. Gesundheitsministerkonferenz im Juni 1999 in Trier gefassten Beschluss der Gesundheitsminister der Länder.
Das Thema Patientenrechte hat viele Facetten, von denen ich heute nur einige anreißen konnte. Die Stärkung von Patientenrechten erfordert eine intensive Debatte, sowohl in der Gesellschaft als auch mit den Leistungserbringern im Gesundheitswesen, vor allem den Ärztinnen und Ärzten.
Im Zentrum stehen der Schutz des Patienten und die Sicherung der Arzt-Patient-Beziehung als Vertrauensbeziehung. Beides steht in einem gewissen Spannungsverhältnis. Die Ärzteschaft muss jedoch zur Kenntnis nehmen, dass die Patienten von heute mündige Patienten sind. Sie wollen selbst entscheiden und wissen ebenso wie die Ärzte selbst, dass das Bild vom Halbgott in Weiß längst der Vergangenheit angehört.
Viele Ärzte befürchten jedoch von einer Stärkung der Rechtsstellung der Patienten offenbar vor allem eine Häufung haftungsrechtlicher Auseinandersetzungen. Ich gehe im Gegenteil davon aus, dass klare rechtliche Regelungen eher zu einer Verminderung solcher Auseinandersetzungen beitragen können. Ein echtes partnerschaftliches Verhältnis wird die Arzt-Patient-Beziehung erleichtern und zu einem besseren Gelingen von Heilungsprozessen beitragen. Die Bundesregierung wird bei der Fortentwicklung der Patientenrechte auf jeden Fall den Konsens mit allen Beteiligten suchen.