Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
www.wernerschell.de
Aktuelles
Forum (Beiträge ab 2021)
Archiviertes Forum
Rechtsalmanach
Pflege
Patientenrecht
Sozialmedizin - Telemedizin
Publikationen
Links
Datenschutz
Impressum
Pro Pflege-Selbsthilfenetzwerk
>> Aktivitäten im Überblick! <<
|
Behandlungsfehler - welche Rechte haben
Patienten?
Interview mit Christoph Kranich, Verbraucher-Zentrale Hamburg
Welche Rechte haben Patienten? Was tun bei Beschwerden oder
Behandlungsfehlern? Wo kann man sich informieren und beraten lassen?
Frage: Es wird viel vom "mündigen Patienten" gesprochen, der seine
gesetzlich garantierten Rechte kennt. Was muss noch verbessert werden?
Kranich: Wir haben in der Tat gar nicht so schlechte Patientenrechte in
Deutschland, jedenfalls auf dem Papier. Allerdings sind die oft nur für die
drei großen "R" nutzbar: die Reichen, Rechtsschutzversicherten und
Risikobereiten. Ein Prozess vor Gericht kann viel Geld kosten und lange dauern.
Da brauchen wir bessere Hilfen: unabhängige Unterstützungsstellen bei
Beschwerden und beim Verdacht auf Behandlungsfehler. Denn Rechte zu haben ist
nur von Vorteil, wenn man sie auch in Anspruch nehmen kann.
Frage: Gab es Fortschritte in den vergangenen Jahren?
Kranich: Seit 20 Jahren haben sich Ansätze der unabhängigen Unterstützung
entwickelt, zum Beispiel bei Patientenstellen und Verbraucherzentralen. Die
müsste man jetzt auf ganz Deutschland ausdehnen und in jedem Landkreis
verankern. Stattdessen werden aber durch die Krankenkassen gegenwärtig wieder
ganz neue Modelle gefördert und wissenschaftlich beforscht, und niemand weiß,
wie es nach Ende der Modellphase ab Mitte 2004 weitergeht.
Frage: Welche unabhängigen Patientenberatungseinrichtungen sind denn zu
empfehlen?
Kranich: Die meiste Erfahrung und Kompetenz finden Sie wahrscheinlich bei
Patientenstellen und Verbraucherzentralen. Letztere haben auch die Befugnis zur
Rechtsberatung. In vielen konkreten, vor allem medizinischen Fragen können auch
Selbsthilfeorganisationen wertvolle Hinweise geben - allerdings sollte da immer
das Prinzip der Gegenseitigkeit bedacht werden. Und natürlich können oft auch
die nicht unabhängigen Stellen, etwa bei Ärztekammern oder Krankenkassen,
guten und kompetenten Rat geben. Sie eignen sich aber nicht so gut als Vertreter
von Patienteninteressen.
Frage: Wo fehlt es noch konkret an politischer Unterstützung und finanzieller
Förderung?
Kranich: Patienten müssen von der Politik noch ernster genommen werden. Es
reicht nicht, dass sie immer mehr einbezogen werden. Sie brauchen dafür auch
Strukturen und Organisationen. Und Kompetenzen, um das Gesundheitswesen zu
verstehen und sich eine fundierte Meinung zu bilden. In den Niederlanden zum
Beispiel repräsentiert der nationale Patientenverband 15 Prozent des Volkes und
erhält vom Staat 15 oder 20 Millionen Euro im Jahr - entsprechend müssten wir
für das viel größere Deutschland 100 Millionen Euro pro Jahr fordern.
Frage: Stimmt es, dass Deutschland im europäischen Vergleich ein
"Entwicklungsland" ist im Hinblick auf Patientenrechte?
Kranich: Viele andere Länder haben die Patientenrechte längst in eigenen
Gesetzen zusammengefasst, haben Beschwerdewege definiert, haben regionale
Unterstützungs- und Beratungsstrukturen geschaffen usw. In Deutschland dagegen
scheitert das alles am Widerstand der Lobby der Ärzte und Krankenhäuser, der
Pharmaindustrie und der Juristen. In einem freien Land, in dem der Staat nicht
alles regelt, werden die Dinge eben von denen entschieden, die die mächtigsten
Verbände haben. Und das waren noch nie die Patienten!
Die Verbraucher-Zentrale Hamburg hat Deutschlands größte unabhängige
Unterstützungsstelle für Patienten, Versicherte und Verbraucher im
Gesundheitswesen. Anschrift: Verbraucher-Zentrale Hamburg, Kirchenallee 22,
20099 Hamburg, Tel. 040-248320, Internet www.vzhh.de.
Christoph Kranich (49) leitet die Fachabteilung Gesundheitsdienstleistungen der
Verbraucher-Zentrale Hamburg. Er ist außerdem als Versichertenvertreter
Mitglied des Verwaltungsrates der SECURVITA BKK.
Quelle: SECURVITAL Nr. 1-2003 (31.1.2003)
www.securvita.de
|