Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
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Ausbau von Patientenrechten und
Verbraucherschutz im Gesundheitswesen
Selbstbewusste Patienten als Leitbild einer
zukunftsweisenden Gesundheitsreform
Verbraucher- und Patientenorganisationen fordern Ausbau von Patientenrechten und
Verbraucherschutz im Gesundheitswesen
Berlin, 11. September 2002 - Der
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hat dazu aufgerufen,
Patientenrechte und Verbraucherschutz ins Zentrum der anstehenden
Gesundheitsreform zu stellen. "Selbstbewusste Patienten und informierte
Verbraucher sind die Basis für ein funktionierendes Gesundheitssystem. An
diesem Ziel müssen alle Beteiligten ihre Bemühungen ausrichten", so Prof.
Dr. Edda Müller bei einer Tagung in Berlin. Als eine zentrale Maßnahme, um den
Patienten mehr Gehör zu verschaffen, forderte der vzbv die Einsetzung eines
Patientenbeauftragten der Bundesregierung.
Aus Sicht der Verbraucher beurteilte Prof. Dr. Edda Müller die bisherigen
Reformschritte der rot-grünen Bundesregierung weitgehend positiv:
"Prävention und Selbsthilfe sind gestärkt worden; die unabhängige
Patientenberatung wird unterstützt und Patientenrechte stehen auf der
politischen Agenda der Bundesregierung." Zudem habe sich die Einbeziehung
von Verbraucher- und Patientenorganisationen in gesundheitspolitische
Reformvorhaben verbessert. "Trotzdem können wir hierbei nicht stehen
bleiben", betonte Müller. "Von der rechtlichen Klärung des
Behandlungsvertrages zwischen Patient und Arzt über die Regelungen im
Schadensfalls bis hin zur Frage der Beteiligung von Verbraucher- und
Patientenorganisationen in den Gremien der Selbstverwaltung bieten sich noch
etliche Ansatzpunkte, um Patientenrechte und Verbraucherschutz weiter zu
entwickeln." Unter anderem setzt sich der vzbv dafür ein,
Behandlungsfehler in einem bundesweiten Medizinschadensregister systematisch zu
erfassen.
"Patientinnen und Patienten sollen in die Lage versetzt werden, Kompetenz
für ihre Gesundheit zu entwickeln", erklärte Bundesgesundheitsministerin
Ulla Schmidt. "Um Eigenverantwortung für ihre Gesundheit und Krankheit
übernehmen zu können, brauchen sie Informationen, Beratung und die
Möglichkeit der Mitsprache und Mitgestaltung." Nur so könnten die
Patientinnen und Patienten die Einrichtungen des Gesundheitssystems sinnvoll
nutzen und zum Erfolg von Gesundheitsförderung und Krankheitsbehandlung
beitragen. "Mit gut informierten Patientinnen und Patienten wird der
Wettbewerb um die optimale Versorgung gefördert und es wächst das Vertrauen in
das Gesundheitssystem", sagte die Ministerin. Die Bundesregierung habe mit
ihren Reformschritten wesentliche Bedingungen für mehr
Verbrauchersouveränität im Gesundheitswesen geschaffen.
Ulrich Laschet, Geschäftsführer des Soziaverbands VdK Deutschland betonte,
dass "Patientinnen und Patienten nicht länger in der Praxis passive
Empfänger von Leistungen sein dürfen". Mehr tatsächliche Patientenrechte
bedeuteten auch mehr Mitverantwortung in den einzelnen Behandlungsabläufen.
Laschet sprach sich für eine aktive Mitsprache und Mitwirkung in den zentralen
Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens aus. Als Beispiel nannte er den
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, der den Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenkassen festlegt.
"In Zukunft kann nicht mehr auf die Kompetenz der Betroffenenvertreter
verzichtet werden", erklärte Christoph Nachtigäller, Geschäftsführer
der Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte (BAGH). Aus der Sicht von
chronisch kranken und behinderten Menschen sei es besonders wichtig, alle
Behandlungs- und Versorgungsleistungen im Sinne integrierter Versorgung auf
einander abzustimmen. "Diese ganzheitliche Sichtweise bezieht sich nicht
nur auf die medizinische, sondern auch die soziale und persönliche
Lebenssituation," sagte Nachtigäller.
An der vom vzbv gemeinsam mit der BAGH und dem Sozialverband VdK veranstalteten
Konferenz unter dem Titel "Patientenschutz und Verbraucherrechte im
deutschen Gesundheitswesen" nahmen neben Verbraucher- und
Patientenschutzorganisationen rund 150 Vertreter aus Politik, Ärzteschaft,
Pharmaindustrie, der Versicherungsbranche und Wissenschaft teil. Ziel der
Veranstaltung war es, den gesundheitlichen Verbraucherschutz in Deutschland als
Leitmotiv der künftigen Gesundheitspolitik zu verankern. Kernthemen der
Veranstaltung, die in drei Foren diskutiert wurden, waren der Ausbau der
Patientenberatung, der Einstieg in eine integrierte Versorgung und eine
stärkere Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen.
Das Tagungsprogramm sowie die gesundheitspolitischen Wahlprüfsteine des vzbv
finden Sie unter www.vzbv.de.
Weitere Informationen:
* Thomas Isenberg, Leiter des Fachbereichs Gesundheit/Ernährung vzbv, Tel.
030/25800-431, Mail: isenberg@vzbv.de
* Dr. Stefan Etgeton, Gesundheitsreferent vzbv, Tel. 030/25800-433, Mail: etgeton@vzbv.de
* Christian Fronczak, Pressereferent, Tel. 030/25800-524, Mail: presse@vzbv.de
Quelle: Pressemitteilung vom 11.9.2002
Ulla Schmidt:
Mitsprache und Mitgestaltung der
Patientinnen und Patienten sichern und ausbauen
Zur Pressekonferenz des Verbraucherzentrale
Bundesverbandes erklärt Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt:
„In den letzten vier Jahren hat der gesundheitliche Verbraucherschutz einen
neuen Stellenwert erhalten. Wir haben unsere Reformen daran orientiert, dass die
Patientinnen und Patienten die Gesundheitspolitik mit gestalten. Bei dem von mir
einberufenen „Runden Tisch" waren Vertreterinnen und Vertreter der
Versicherten und Patientinnen und Patienten von Anfang an beteiligt. Mit der
Gesundheitsreform 2000 haben wir entscheidende Verbesserungen zur Stärkung der
Kompetenz der Patientinnen und Patienten erreicht:
-Die Spitzenverbände der Krankenkassen wurden verpflichtet, Einrichtungen zur
Verbraucher- und Patientenberatung vor einer eventuellen Regelfinanzierung im
Rahmen von Modellvorhaben zu fördern. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu
einem wirksameren Patientenschutz.
- Die Kompetenz in eigener Sache wird gefördert. Deshalb wurden die
Krankenkassen verpflichtet, Selbsthilfegruppen, -organisationen und
-kontaktstellen mit 35 Millionen Euro jährlich zu unterstützen.
- Außerdem wurden die Krankenkassen verpflichtet, ihre Versicherten bei der
Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen.
Die schadensersatzrechtlichen Vorschriften haben wir modernisiert und
europäischen Standards angeglichen. Das neue Arzneimittelgesetz enthält jetzt
Beweiserleichterungen für Patientinnen und Patienten und schafft einen
Auskunftsanspruch gegen das Pharmaunternehmen und auch gegen die zuständige
Behörde. Damit können Geschädigte ihre Ansprüche vor Gericht jetzt leichter
durchsetzen. Zur Durchsetzung eines Schmerzensgeldanspruchs muss der
Geschädigte jetzt kein Verschulden des Unternehmens mehr nachweisen.
Qualitätssicherung ist der beste Patientenschutz Wir brauchen mehr Transparenz,
damit Patientinnen und Patienten sich über die Qualität der medizinischen
Leistungen informieren können. Das erreichen wir:
- Mit dem neuen Fallpauschalengesetz, mit dem wir die Vergütung der
Krankenhausleistungen reformieren, werden die Krankenhäuser im Rahmen der
Qualitätsoffensive auch verpflichtet, Qualitätsberichte vorzulegen. Das
schafft zukünftig für die Patientinnen und Patienten Durchblick. Sie können
in Zukunft mit den Füßen abstimmen und für sich das ihrer Meinung nach beste
Krankenhaus auswählen.
- Besonders die strukturierten Behandlungsprogramme bieten neue Chancen, die
Kompetenz für die eigene Gesundheit und den Umgang mit der Krankheit zu
stärken. Patientinnen und Patienten werden über Diagnose und Therapie genau
informiert und in die Behandlungsentscheidungen von Anfang an mit einbezogen.
Das Arzt-Patienten-Verhältnis bekommt ein neues Gewicht und die Patientinnen
und Patienten haben die Hoheit über ihre Daten. Trotz der ablehnenden Haltung
z. B. des Länderausschusses der Kassenärztlichen Bundesvereinigung können
Behandlungsprogramme starten. Die Uniklinik Aachen hat in der letzten Woche ihre
Bereitschaft erklärt, eine eigenständige Vereinbarung auf der Basis des
bereits paraphierten Vertrages zwischen den Kassenverbänden in
Nordrhein-Westfalen und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zu
schließen, wenn der Vertrag mit der Ärzteschaft endgültig nicht zustande
kommt.
- Mit der elektronischen Gesundheitskarte erhalten die Patientinnen und
Patienten Entscheidungshoheit, ob zusätzliche Informationen auf ihrer neuen
Chipkarte gespeichert werden sollen. Sie werden erstmals selber Informationen
einsehen, die ihnen bisher nicht oder nicht so leicht zugänglich waren. Durch
die Gesundheitskarte schaffen wir mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit.
Mehrfachuntersuchungen können vermieden werden. Vor allen Dingen verbessert die
Gesundheitskarte die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und
niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und weiteren Gesundheitsberufen.
- Ärztinnen und Ärzte müssen bei Angeboten, die sie privat liquidieren
wollen, objektiv darüber informieren, weshalb dies keine Kassenleistungen sind.
Dies ist z. B. der Fall, wenn es sich um Reiseprophylaxe handelt oder um
Angebote aus dem Wellnessbereich. Bei manchen Leistungen sind Qualität und
Wirksamkeit nicht ausreichend gesichert.
Zur Sicherung der Patientenrechte werden wir in der nächsten Legislaturperiode
einen Patientenschutzbeauftragten bestellen. Bei der Ausgestaltung dieses Amtes
werden die Verbände und Patientenorganisationen ihre Ideen einbringen können.
Die solidarische Krankenversicherung ist Garant für Verbraucherschutz
Nur die solidarische Krankenversicherung gewährleistet, dass jeder das
medizinisch Notwendige bekommt - unabhängig von einer Gesundheitsprüfung,
unabhängig vom Alter und unabhängig vom Einkommen. Durch die Mitsprache und
Mitgestaltung der Versicherten und Patientinnen und Patienten kann
Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit wahrgenommen werden.
Diese Sicherheit setzt die Opposition mit Ihren Forderungen nach einer
Aufspaltung des Leistungskatalogs aufs Spiel, indem
1. der gesetzlichen Krankenversicherung Finanzmittel entzogen werden, die für
eine qualitativ gute Versorgung der Patientinnen und Patienten notwendig sind,
2. nur Junge, Gesunde und besser Verdienende solche Angebote wählen können.
Kranke, Behinderte und Familien können keine Leistungen abwählen. Ihre
Beiträge würden um 0,5 % steigen."
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums vom 11.9.2002
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