Pflege - Patientenrecht & Gesundheitswesen
www.wernerschell.de
Aktuelles
Forum (Beiträge ab 2021)
Archiviertes Forum
Rechtsalmanach
Pflege
Patientenrecht
Sozialmedizin - Telemedizin
Publikationen
Links
Datenschutz
Impressum
Pro Pflege-Selbsthilfenetzwerk
>> Aktivitäten im Überblick! <<
|
Studie der Ruhr-Universität Bochum zum Patienten-Verhalten: Gute
Arzt-Patientenbeziehung verbessert die Heilung
Je ausgeprägter die ursprüngliche Angst und je erfolgreicher ihre
therapiebedingte Abnahme, desto kooperativer ist der Patient. Zu diesem Ergebnis kommt die
Bochumer Wissenschaftlerin Dr. Bozena Scheuble in ihrer Dissertation
"Angstsymptomatik bei Schizophrenien - ein Prädikator für Compliance".
Das Verhältnis zwischen ärztlichem Rat und dem Verhalten des Patienten (Compliance)
weckt in der letzten Zeit immer mehr Interesse bei den behandelnden Therapeuten: Gibt es
Faktoren, die die Compliance beeinflussen? Können die Therapeuten selbst das
Patientenverhalten verändern und so die Genesungschancen steigern? So lauten nur einige
der zahlreichen Fragen, die die Wissenschaftler seit mehreren Jahren beschäftigen. In
ihrer Bochumer Dissertation "Angstsymptomatik bei Schizophrenien - ein Prädikator
für Compliance" widmet sich Dr. Bozena Scheuble einer besonderen Patientengruppe: Da
die Krankheit mit grossem Misstrauen gegenüber der Umwelt und starker Angst verbunden
ist, stellt die Compliance eine grosse Herausforderung für Patienten und Ärzte dar. Ihr
Ergebnis: Je ausgeprägter die ursprüngliche Angst und je erfolgreicher ihre
therapiebedingte Abnahme, desto kooperativer ist der Patient.
Angst und Misstrauen behindern Heilung
Die Compliance des Patienten zu messen, ist an sich schon ein Problem: Blut- und
Urinproben zeigen auch dann die gewünschten Werte, wenn der Patient sein Medikament nur
am Tag vor der Untersuchung einnimmt, die Einschätzung des Arztes ist oft nicht richtig,
und eine Befragung des Patienten muss nicht immer ehrlich beantwortet werden. Die
Behandlung von Schizophrenien ist besonders schwierig, weil sie zum einen mit Angst und
Misstrauen verbunden sind, und ausserdem mit Psychopharmaka behandelt werden, die zum Teil
als Nebenwirkung Angstzustände hervorrufen. Es gibt bereits zahlreiche Studien über
Faktoren, die die Behandlungsbereitschaft des schizophren erkrankten Menschen
beeinflussen: Alter, Geschlecht, Bildung, Krankheitsvorgeschichte,
Arzt-Patientenbeziehung, Art der Unterbringung in der Klinik (offen oder geschlossen) und
Krankheitseinsicht sind nur einige von ihnen. Ob das Ausmass der Angst in der akuten Phase
der Erkrankung und die unter der Behandlung erlebte Angstabnahme jedoch Auswirkungen auf
die Kooperationsbereitschaft des Patienten haben, dazu fehlten bisher umfassende
Studienergebnisse - diesem Zusammenhang ging Dr. Scheuble nach.
Drei Fragebögen geben Antworten
Für ihre Studie untersuchte sie 54 Frauen und Männer, die mit einer akuten Psychose in
der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Hemer aufgenommen wurden. Sie
benutzte zwei Angstfragebögen, einen Fremdbeurteilungs- und einen
Selbstbeurteilungsbogen, die sowohl körperliche als auch psychische Angstsymptome
einschlossen. Dazu kam ein eigens entwickelter Compliance-Fragebogen, den der Therapeut
gemeinsam mit dem Patienten ausfüllte. Die Befragung nahm sie dreimal vor: Zu Beginn der
Behandlung, vier Wochen später und unmittelbar vor der Entlassung des Patienten. Bei der
Befragung achtete sie darauf, dass die Atmosphäre zwischen Arzt und Befragtem entspannt
war, damit die Patienten offen ihre Kritik zu äussern wagten. Besonders wichtig dafür
war auch, dass der Arzt, der die Befragung durchführte, nicht selbst an der Behandlung
des Patienten beteiligt war.
Wesentlich für schnelle Genesung: Ein guter Arzt-Patienten-Dialog
Bei der Auswertung der Ergebnisse zeigte sich, dass Patienten, die beim Ausbruch der
Krankheit unter einer besonders stark ausgeprägten Angst litten, eine positivere
Einstellung zur medikamentösen Behandlung haben und beabsichtigen, die
Psychopharmakaeinnahme auch ambulant fortzusetzen. Eine besonders hohe
Kooperationsbereitschaft bewiesen diejenigen, die eine deutliche Angstreduktion im
Behandlungsverlauf verspürten. Die Vermutung, dass z. B. das Alter und die Bildung eines
Patienten seine Compliance beeinflussen, entkräftet die Studie: Diese Merkmale ändern
nichts am Behandlungsverlauf. Viel einflussreicher ist eine vertrauensvolle Beziehung
zwischen Arzt und Patient. Sie kann die Angst verringern und so zu einer besseren
Befolgung der Therapievorschläge beitragen. Die teilweise in dieser Studie
unterschiedliche Angsteinschätzung durch die Patienten selbst und die Therapeuten zeigt
aber, dass diese Beziehung nicht unproblematisch ist. Ein verbesserter Dialog zwischen
Arzt und Patient könnte dazu führen, dass die Angst bei der gegenwärtigen Erkrankung
erfolgreich abgeschafft werden kann und bei einem eventuellen Rückfall deutlich weniger
zum Vorschein kommt.
Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum (05.04.2000)
Werner Schell (9.4.2000)
|