Leitfaden zum Umgang mit FEM
Verfasst: 21.12.2010, 10:58
Schriftwechsel vom 21.12.2010 in einer Mailingliste (anonymisiert) vorgestellt:
Frau .... schrieb:
.... In ... wird derzeit an einem Leitfaden für den verantwortungsbewussten Umgang mit Freiheit entziehenden Maßnahmen gearbeitet. Für die Erarbeitung wurde u. a. eine Arbeitsgruppe mit Trägern, Einrichtungen und der Heimaufsicht gebildet. Träger und Einrichtungen sollen diese Erklärung unterzeichnen und natürlich danach handeln. Gibt es in Ihrer Region bereits Leitfäden/Erklärungen zum Thema FEM oder z.B. Arbeitsgruppen, die sich mit diesem Thema befassen (Ergebnisse)? ........
Antworttext:
Sehr geehrte Frau ....,
es gibt zum Thema bereits umfangreiches Informationensmaterial (Handlungsanleitungen und vieles mehr). In meinem Forum finden Sie insoweit viele Beiträge. Sie können diese mit der Suchfunktion und Eingabe von "Redufix", "Freiheitsentzug", "Freiheitsentziehung", "Fixierung", "Bettgitter", "Psychopharmaka" .... (usw.) auffinden. Zahlreiche Buchveröffentlichungen helfen ebenfalls weiter (siehe z.B. http://www.wernerschell.de/web/07/redufix.php ). - Zusätzliche Leitfäden usw. halte ich für komplett überflüssig.
Es sollte endlich verstanden werden, dass wir auch hinsichtlich der Freiheitsgewährleistung kein Erkenntnis-, sondern vornehmlich ein Durchsetzungsproblem haben. Dieses Problem (und auch andere - z.B. Magensonde) haben einzig mit unzulänglichen Stellenschlüsseln bzw. fehlendem Personal zu tun. Wir können noch soviele Anleitungen und Standards entwickeln, ohne mehr Personal ist das doch ernstlich alles nicht umsetzbar. In Köln gab es kürzlich eine Befragung unter rd. 3.000 Pflegefachkräften. Danach ergab sich, dass 90% der Befragten erklärten, die vorhandenen Standards könnten nur unvollkommen oder überhaupt nicht umgesetzt werden. Die Arbeitsbelastung hindere sie daran. Unter solchen Umständen erscheint es wenig hilfreich, noch mehr Papier mit Handlungsvorschriften auf den Weg zu bringen. Wollen wir nicht auch Bürokratie abbauen und mehr auf Lebens- und Ergebnisqualität setzen?
Die o.a. Absichten erinnern übrigens an die "Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen". Alle bekennen sich an "Runden und sonstigen Tischen" zu den Grundsätzen. Wenn es aber an die Umsetzung geht, mangelt es an den personellen (und sonstigen) Möglichkeiten. Gleichwohl werden tausende von Broschüren zur Charta verteilt (mit hohem Kostenaufwand) und als Erfolg gefeiert.
Wann werden diese Gegebenheiten endlich verstanden? Das BMG bastelt an einer Pflegereform und erkennt offensichtlich nicht, dass eine allseits zu gewährleistende menschenwürdige Pflege nur über ausreichendes Personal funktionieren kann. Ich habe daher auch den "Pflege-Dialog-Gipfel" kritisiert:
viewtopic.php?t=15201
viewtopic.php?t=13003
Sehr geehrte Frau ..., ich bitte um Nachricht, wenn ich Ihre Frage vielleicht nicht wunschgemäß beantwortet habe. Ich will auch die guten Absichten vor Ort nicht grundsätzlich infrage stellen. Aber gleichwohl wollte ich doch auf den entscheidenden Knackpunkt aufmerksam machen. Wir brauchen eigentlich Initiativen, die den Verantwortlichen (v.a. in Ministerien und Parlamenten) deutlich vor Augen führen, was es vor allem zu reformieren gilt, nämlich die Stellenproblematik!
Dieser Antworttext kann gerne weiter gegeben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - Dozent für Pflegerecht
http://www.wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
Frau .... schrieb:
.... In ... wird derzeit an einem Leitfaden für den verantwortungsbewussten Umgang mit Freiheit entziehenden Maßnahmen gearbeitet. Für die Erarbeitung wurde u. a. eine Arbeitsgruppe mit Trägern, Einrichtungen und der Heimaufsicht gebildet. Träger und Einrichtungen sollen diese Erklärung unterzeichnen und natürlich danach handeln. Gibt es in Ihrer Region bereits Leitfäden/Erklärungen zum Thema FEM oder z.B. Arbeitsgruppen, die sich mit diesem Thema befassen (Ergebnisse)? ........
Antworttext:
Sehr geehrte Frau ....,
es gibt zum Thema bereits umfangreiches Informationensmaterial (Handlungsanleitungen und vieles mehr). In meinem Forum finden Sie insoweit viele Beiträge. Sie können diese mit der Suchfunktion und Eingabe von "Redufix", "Freiheitsentzug", "Freiheitsentziehung", "Fixierung", "Bettgitter", "Psychopharmaka" .... (usw.) auffinden. Zahlreiche Buchveröffentlichungen helfen ebenfalls weiter (siehe z.B. http://www.wernerschell.de/web/07/redufix.php ). - Zusätzliche Leitfäden usw. halte ich für komplett überflüssig.
Es sollte endlich verstanden werden, dass wir auch hinsichtlich der Freiheitsgewährleistung kein Erkenntnis-, sondern vornehmlich ein Durchsetzungsproblem haben. Dieses Problem (und auch andere - z.B. Magensonde) haben einzig mit unzulänglichen Stellenschlüsseln bzw. fehlendem Personal zu tun. Wir können noch soviele Anleitungen und Standards entwickeln, ohne mehr Personal ist das doch ernstlich alles nicht umsetzbar. In Köln gab es kürzlich eine Befragung unter rd. 3.000 Pflegefachkräften. Danach ergab sich, dass 90% der Befragten erklärten, die vorhandenen Standards könnten nur unvollkommen oder überhaupt nicht umgesetzt werden. Die Arbeitsbelastung hindere sie daran. Unter solchen Umständen erscheint es wenig hilfreich, noch mehr Papier mit Handlungsvorschriften auf den Weg zu bringen. Wollen wir nicht auch Bürokratie abbauen und mehr auf Lebens- und Ergebnisqualität setzen?
Die o.a. Absichten erinnern übrigens an die "Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen". Alle bekennen sich an "Runden und sonstigen Tischen" zu den Grundsätzen. Wenn es aber an die Umsetzung geht, mangelt es an den personellen (und sonstigen) Möglichkeiten. Gleichwohl werden tausende von Broschüren zur Charta verteilt (mit hohem Kostenaufwand) und als Erfolg gefeiert.
Wann werden diese Gegebenheiten endlich verstanden? Das BMG bastelt an einer Pflegereform und erkennt offensichtlich nicht, dass eine allseits zu gewährleistende menschenwürdige Pflege nur über ausreichendes Personal funktionieren kann. Ich habe daher auch den "Pflege-Dialog-Gipfel" kritisiert:
viewtopic.php?t=15201
viewtopic.php?t=13003
Sehr geehrte Frau ..., ich bitte um Nachricht, wenn ich Ihre Frage vielleicht nicht wunschgemäß beantwortet habe. Ich will auch die guten Absichten vor Ort nicht grundsätzlich infrage stellen. Aber gleichwohl wollte ich doch auf den entscheidenden Knackpunkt aufmerksam machen. Wir brauchen eigentlich Initiativen, die den Verantwortlichen (v.a. in Ministerien und Parlamenten) deutlich vor Augen führen, was es vor allem zu reformieren gilt, nämlich die Stellenproblematik!
Dieser Antworttext kann gerne weiter gegeben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - Dozent für Pflegerecht
http://www.wernerschell.de
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de