Aufsichtspflicht - Stürze - Sorgfaltspflicht - Haftung

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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ProPflege
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Aufsichtspflicht - Stürze - Sorgfaltspflicht - Haftung

Beitrag von ProPflege » 11.07.2010, 06:53

Aufsichtspflicht - Stürze - Sorgfaltspflicht - Haftung

Es gibt hier immer wieder Anfragen, vor allem zu haftungsrechtlichen Fragen. Darauf antworten wir, ohne eine konkrete Rechtsberatung vornehmen zu wollen. Ein solcher Schriftwechsel hat sich nun wieder im Zusammenhang mit der Frage der Aufsichtspflicht und den Sturzrisiken von Demenzkranken ergeben. Er wird anonymisiert vorgestellt:

Fragetext:
Ein demenzkranker Patient, der auf unsere Station knapp 2 Wochen da ist, ist gestürzt mit der Folge eines Oberschenkehalsbruches. Nun ist bei allen an diesem Tage anwesenden Kollegen die Verunsicherung bzgl. Aufsichtspflicht groß. Daher mache ich mir natürlich auch meine Gedanken und würde gerne für mich persönlich wissen, wer in solch einer Situation evtl. haftbar gemacht werden kann = ich, die gesamte Schicht oder die Klinik? Habe mir leider vorher keine großen Gedanken dazu gemacht, doch nun... ? Was kann im schlimmsten Fall passieren? Wer kann mir bitte diese Frage beantworten bzw. wo kann ich so etwas nachlesen?

Antwort:
Fragen der Aufsichtspflicht spielen in der Pflege natürlich eine große Rolle. Je größer die Gefährdungsmöglichkeiten, um so intensiver werden in aller Regel die Überwachungspflichten sein. Allerdings sind auch immer gebührend die Freiheitsrechte der Patienten bzw. pflegebedürftigen Menschen zu bedenken, so dass zwischen Fürsorge und Selbstbestimmungsrecht abzuwägen ist. Das konkrete Handeln (Tun oder Unterlassen) bestimmt sich daher anhand der Einzelumstände. Wahrscheinlich werden Stürze älterer Menschen nie ganz vermeidbar sein. Der Bundesgerichtshof hat in einer Reihe von Haftungsklagen die Auffassung vertreten, dass solche Stürze als eine Art Lebensrisiko mit Rücksicht auf die Selbstbestimmung hingenommen werden müssen.
Die MitarbeiterInnen in der Pflege müssen aber immer mit der erforderlichen Sorgfalt arbeiten (§§ 276 , 278 BGB). Dies bedeutet letztlich, dass derjenige, der sorgfaltswidrig handelt, im Zweifel auch haftet. Dabei kann es auch zu einer gesamtschuldnerischen Haftung kommen. D.h., wenn mehrere Personen pflichtwidrig gehandelt haben, können sie auch alle in Verantwortung genommen werden. Das kann kompliziert werden und nicht nur schadensersatzrechtliche Folgerungen nach sich ziehen, sondern auch arbeitsrechtlich bzw. strafrechtlich geahndet werden.
ArbeitnehmerInnen sind demnach gut beraten, die Haftungsfrage immer im Auge zu behalten und sich tunlichst gegen Haftpflichtansprüche aus beruflichem Handeln zu versichern. Meistens besteht aber eine Betriebshaftpflichtversicherung, die die arbeitsvertraglichen Verrichtungen der Beschäftigten mit einschließen. Dann ist eine private Berufshaftpflichtversicherung eher entbehrlich. Daher sollte jeder bei seinem Arbeitgeber abklären, ob es einen ausreichenden Haftpflichtschutz gibt.
Weitere Informationen finden Sie u.a. unter
http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... aftung.php
http://www.pflegerechtportal.de

Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk steht seinen Mitgliedern in geeigneten Situationen auch mit hilfreichen Informationen zur Seite. Daher sollten Sie eine Mitgliedschaft bedenken. Flyer mit Beitragsformblatt finden Sie unter:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwe ... tzwerk.php

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schell - http://www.wernerschell.de
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk
Unabhängige und gemeinnützige Initiative
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