Neue „christliche Patientenverfügung“

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

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Lutz Barth
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Neue „christliche Patientenverfügung“

Beitrag von Lutz Barth » 26.01.2011, 18:15

Vorwegbemerkung der Moderation:
Die von EKD und DBK gemeinsam herausgegebene christliche Patientenverfügung wurde vollständig, unter Berücksichtigung der neuen Gesetzeslage überarbeitet.
Infos dazu finden Sie unter:
http://www.ekd.de/presse/pm25_2011_chri ... sorge.html
Die neue Handreichung (incl. Formular):
http://www.ekd.de/presse/pm25_2011_chri ... sorge.html
Das Formular separat:
http://www.ekd.de/download/patientenvor ... rmular.pdf
++++

Statement von Lutz Barth:

Die neue „Christliche Patientenverfügung“, die heute der Öffentlichkeit von den Kirchen vorgestellt wurde, verdient in einem säkularen Verfassungsstaat in erster Linie Respekt und eine Bewertung des Dokuments wird sich in erster Linie daran zu orientieren haben, dass Art. 4 des Grundgesetzes zu den zentralen Grundfreiheiten in unserer Gesellschaft zählt.

Insofern ist die christliche Patientenverfügung Ausdruck tiefster christlicher Überzeugungen und genau dies macht den beachtlichen Unterschied im Vergleich zu anderen Einstellungen und damit Patientenverfügungs-Vorlagen aus.

Insofern überrascht es nicht, dass in der christlichen Patientenverfügung zugleich darauf hingewiesen wird, dass „aus ethischer Sicht ist die Beihilfe zur Selbsttötung, die in manchen Ländern (z.B. Schweiz oder die Niederlande) von so genannten Sterbehilfe-Organisationen praktiziert wird, abzulehnen ist (vgl. S. 8 der Christlichen Patientenverfügung)“.

Bereits aber im Geleitwort (S. 5) wird aber ausgeführt, dass die christliche Patientenverfügung sich von christlichen Überzeugungen leiten lässt, mithin also auch „beispielsweise von der deutlichen Ablehnung der Tötung auf Verlangen und der ärztlichen Beihilfe zur Selbsttötung.“

Damit haben sich die Kirchen deutlich positioniert und ich möchte ausdrücklich betonen, dass diese Position nicht nur zu akzeptieren ist, sondern angesichts der christlichen Überzeugungen nur allzu konsequent ist.

Indes verbleibt es aber dabei, dass der säkulare Verfassungsstaat für abweichende Positionen offen bleiben muss und zur ethischen und religiösen Neutralität verpflichtet ist und zwar insbesondere in den Fällen, wo unsere Verfassungsordnung uns allen Bürgerinnen und Bürgern das Selbstbestimmungsrecht nebst der individuellen Gewissensentscheidung einräumt. Der Beurteilungsspielraum des staatlichen Gesetzgebers reicht nicht soweit, wie er den verfassten Amtskirchen oder anderen Glaubensgemeinschaften zu konzedieren ist, bei denen u.a. die christlichen Überzeugungen von den Gesetzen und Lehren eines „göttlichen Gesetzgebers“ maßgeblich vorgegeben und dem Inhalte nach bestimmt werden. Aus christlicher Sicht sind hier „Gesetze“ zu befolgen, die zu übertreten den gläubigen Christen nicht gestattet sind, während demgegenüber der zur Neutralität verpflichtete Gesetzgeber nach einer Regelung zu streben hat, die dem Pluralismus von Werten – aus welchen Quellen diese sich auch immer speisen mögen – entspricht. Auch das „Selbstbestimmungsrecht“ in seiner konkreten verfassungsrechtlichen Ausformung ist insoweit „neutral“, als dass sein Inhalt und seine Ingebrauchnahme nicht von christlichen Überzeugungen her bestimmt oder abhängig gemacht werden darf und insofern verbleibt es bei dem auch von Theologen völlig zu Recht angemahnten Prinzip der Toleranz – einem Prinzip mit Verfassungsrelevanz, dem der staatliche Gesetzgeber aus guten Gründen verpflichtet ist und – was vorausgesetzt werden darf – sich auch verpflichtet weiß!

Lutz Barth

Vgl. weiterführend zur Christlichen Patientenverfügung
>>> http://www.dbk.de/presse/details/?press ... 3fe40e8b53
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Neue Christliche Patientenvorsorge veröffentlicht

Beitrag von Presse » 26.01.2011, 19:34

"Selbstbestimmung und Fürsorge" Neue Christliche Patientenvorsorge veröffentlicht

Hannover (ots) - Die neue Christliche Patientenvorsorge ist heute in Köln der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Die Handreichung und das Formular treten als kirchliches Angebot an die Stelle der bisherigen "Christlichen Patientenverfügung" von 1999 und 2003. Aufgrund der veränderten Gesetzeslage in der Bundesrepublik Deutschland seit September 2009 war eine Neukonzeption nötig geworden. Das Dokument wurde gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Zusammenarbeit mit zahlreichen Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) erarbeitet.

Bei der Vorstellung betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, es sei "sinnvoll und ethisch verantwortlich" Vorsorgeverfügungen zu treffen. Die Beschäftigung mit der eigenen Sterblichkeit "in gesunden Tagen" sei eine Chance, die man nutzen solle, sagte Zollitsch. Er stellte die besondere Erwartungshaltung vieler Menschen gegenüber den Kirchen heraus: "Viele Menschen erwarten zu Recht gerade bei den Fragen und Problemen am Lebensende Orientierung und Antworten von den Kirchen: Wir verfügen dank unseres caritativen Dienstes über ein breites Erfahrungswissen in diesem Bereich. Daher wissen sich viele Menschen, gerade auch wenn es um das Lebensende geht, bei der Kirche gut aufgehoben."

Der Erzbischof wies auf den neuen Titel "Christliche Patientenvorsorge" hin, der verdeutlicht, dass das Dokument gegenüber seinem Vorgängerdokument nicht nur die eigentliche Patientenverfügung enthalte. Drei weitere Möglichkeiten der selbstbestimmten Vorsorge seien angeboten, nämlich die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung und die Äußerung von Behandlungswünschen. Zollitsch stellte die Dimension der Verantwortung heraus. Selbstbestimmung erfolge nicht "unabhängig von der eigenen Leiblichkeit und auch nicht unabhängig von der mitmenschlichen und sozialen Einbindung, in der man steht. Der Selbstbestimmung, und damit der Verantwortung für sich selbst, ist die Verantwortung zur Seite gestellt, die Dritte - auch der Staat - für einen Patienten tragen oder übernehmen können. Die Christliche Patientenvorsorge solle einen Weg aufzeigen, "wie Menschen an ihrem Lebensende ihren Vorstellungen Geltung verschaffen und zugleich eine nicht verantwortbare Lebensverkürzung vermieden wird". Es brauche aber auch Menschen, die andere "gerade am Lebensende fürsorglich begleiten und so einen wichtigen Beitrag zu einem menschenwürdigen Sterben leisten", so Zollitsch.

Bei seiner Einführung in das Formular der neuen Patientenvorsorge wies der stellvertretende Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Jochen Bohl, darauf hin, dass das neue Patientenverfügungsgesetz einen "sehr weiten Rahmen" vorgebe, innerhalb dessen man Vorsorgeregelungen treffen könne. Auf jeden Fall gelte aber, dass die Vorsorgeregelung "im Ernstfall" nur beachtet werden könne, wenn sich anstelle des oder der Betroffenen jemand für ihn oder sie einsetze. Deswegen laute die "erste und wichtigste Frage" in Sachen Patientenvorsorge: "Wer soll an meiner Stelle entscheiden, wenn ich es nicht mehr selbst kann?"

Weiter wies Landesbischof Bohl auf einen zweiten wichtigen Aspekt des neuen Formulars hin, nämlich auf die Möglichkeit, entweder selbst vorher festzulegen, wie sich die ärztliche Behandlung im Ernstfall gestalten solle, oder aber dies der Vertrauensperson anheimzustellen. Die "Bestimmungen für meine künftige medizinische Behandlung" trügen dem neuen Gesetz Rechnung, das verlange, dass ärztliche Maßnahmen und Situationen so genau beschrieben werden, dass sich daraus ein "vorweggenommenes Ja oder Nein" zu einer bestimmten ärztlichen Maßnahme entnehmen lasse. Aus diesem Grunde, so Bohl, seien im neuen Formular die Bestimmungen über die ärztliche Behandlung wesentlich genauer gefasst als in der alten Patientenverfügung. Abschließend sagte der Landesbischof, dass sich das neue Formular gegenüber dem alten dadurch auszeichne, dass es "zum einen die Vertrauensperson und damit die Vorsorgevollmacht deutlich in den Vordergrund" stelle und "zum anderen die Bestimmungen über die ärztliche Behandlung wesentlich genauer" fasse.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), der braunschweigische Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber, gab in seinen Ausführungen seiner Freude darüber Ausdruck, dass auch "bei dieser wichtigen Thematik" die Zusammenarbeit zwischen den christlichen Kirchen so gut funktioniert habe. Es sei den Kirchen mit der Christlichen Patientenvorsorge erneut gelungen, den christlichen Glauben und die von ihm ausgehenden ethischen Orientierungen "gemeinsam zu formulieren". Dies sei angesichts mancher kontroverser Themen zwischen den Kirchen ein wichtiges Signal, denn es zeige, so Weber weiter, dass die Kirchen einander brauchen, weil sie sich gegenseitig "ergänzen, korrigieren und bereichern".

Obwohl das Gesetz weder eine rechtliche noch eine ärztliche Beratung vorschreibe, empfahl Weber diese sehr, denn Patientenverfügungen und Behandlungswünsche könnten nur umgesetzt werden, wenn sie so "konkret" verfasst seien, dass sie auf die später "möglicherweise eintretende Situation" zutreffen. Eine fachkundige ärztliche Beratung könne hier helfen, "Klarheit" zu schaffen und so "Widersprüche zwischen einzelnen Festlegungen" zu vermeiden, so Weber weiter.

Abschließend betonte der ACK-Vorsitzende, dass die Christliche Patientenvorsorge dazu beitragen wolle, "den Dialog zwischen der Ärzteschaft, dem Pflegepersonal, der Krankenhausseelsorge, den Patientinnen und Patienten sowie ihren Angehörigen über die verschiedenen Möglichkeiten der Patientenvorsorge zu intensivieren". Außerdem wollten die Kirchen die Menschen ermutigen, sich "mit dem Sterben und den eigenen Wünschen im Umgang mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auseinanderzusetzen und mit vertrauten Menschen darüber ins Gespräch zu kommen".

Die Christliche Patientenvorsorge ist abrufbar unter http://www.ekd.de/patientenvorsorge

Sie ist zum Preis von 0,27 EUR zzgl. Porto und Versandkosten beim Kirchenamt der EKD, Herrenhäuser Str. 12, 30149 Hannover, Fax: 0511/2796-457,Mail: versand@ekd.de zu bestellen.

Quelle: Pressemitteilung vom 26.01.2011
Pressekontakt: Evangelische Kirche in Deutschland
Reinhard Mawick
Herrenhäuser Strasse 12
D-30419 Hannover
Telefon: 0511 - 2796 - 269
E-Mail: reinhard.mawick@ekd.de

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Christlichen Patientenvorsorge

Beitrag von Presse » 26.01.2011, 19:37

Zur Patientenverfügung in der Neufassung der "Christlichen Patientenvorsorge" der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland erklärt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Prof. Dr. Wolfram Höfling, in Köln:

"Wenn die christlichen Kirchen in Deutschland Hilfe suchenden Menschen eine Handreichung für eine Patientenverfügung anbieten, dann ist dies zu begrüßen. Ebenso haben wir als Patientenschutzorganisation Verständnis dafür, dass dieses, von den Kirchen angebotene Vorsorgemodell, den ethischen Überzeugungen der Verfasser entspricht. So ist es nicht überraschend, dass sich die heute vorgestellte christliche Patientenverfügung auf zwei Bereiche konzentriert: Zum einen auf den aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbaren Sterbeprozess, zum anderen auf das Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit. Auf diese Beschränkung der Reichweite, die sich weder aus dem Patientenverfügungsgesetz noch aus dem BGH-Sterbehilfe-Urteil des Jahres 2010 ergibt, geht das Standardformular der Kirchen nicht ein. Jedoch werden in diesem Behandlungen als Optionen angeboten, die weder im Sterbeprozess noch im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit indiziert sind und daher schon heute den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen können. Die künstliche Flüssigkeitszufuhr beispielsweise kann bei Sterbenden eine Qualen verursachende Behandlung darstellen. Ihre Reduzierung ist nach palliativmedizinischen Gesichtspunkten keine Option, sondern ein Gebot ärztlicher Begleitung. Für die in der Praxis weitaus gewichtigere Situation einer demenziellen Erkrankung werden keine überzeugenden Hinweise für eine Patientenverfügung gegeben, die den Menschen die Möglichkeit bietet, Behandlungen abzulehnen oder gar gewünschte Behandlungen einzufordern. Entsprechendes gilt auch für die Ausführungen zum so genannten Wachkoma. Ohne Not setzen sich die christlichen Kirchen dem Vorwurf aus, eine Broschüre anzubieten, die den Menschen keine wirkliche Hilfe beim Erstellen ihrer Vorsorgedokumente ist und die in der Praxis kaum schwierige Fälle lösen wird."

Quelle: Pressemitteilung vom 26.01.2011
Bei Rückfragen und Interview-Wünschen:
Andrea Breddermann 02 31 / 73 80 73 0
breddermann@patientenschutzorganisation.de
http://www.patientenschutzorganisation.de

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Kirchen stellen neue christliche Patientenverfügung vor

Beitrag von Presse » 26.01.2011, 19:44

Kirchen stellen neue christliche Patientenverfügung vor

Köln – Die christlichen Kirchen in Deutschland haben den Anspruch der Bürger auf ein menschenwürdiges Sterben betont und eine neue Handreichung zur christlichen Patientenvorsorge vorgestellt.
„Wir hoffen, damit einen Weg zwischen unzumutbarer Lebensverlängerung und nicht verantwortbarer Lebensverkürzung aufzuzeigen“, heißt es in der heute in Köln veröffentlichten, rund 50 Seiten umfassenden Broschüre. .... weiter lesen
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... ng_vor.htm

zum Thema
zur Broschüre "Christliche Patientenvorsorge"
http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/v ... ternet.pdf

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Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende

Beitrag von Presse » 01.02.2011, 07:57

Selbstbestimmung und Fuersorge am Lebensende: Neue Christliche Patientenvorsorge veroeffentlicht

Koeln (ALfA). Am 26. Januar ist die neue "Christliche Patientenvorsorge" in Koeln der Oeffentlichkeit vorgestellt worden. Die Handreichung und das Formular treten als kirchliches Angebot an die Stelle der bisherigen "Christlichen Patientenverfuegung" von 1999 und 2003 und geben Empfehlungen fuer den Fall, dass eine Person in eine lebensbedrohliche Lage geraet, in der sie ihre Behandlungswuensche nicht mehr selbst zum Ausdruck bringen kann. Aufgrund der veraenderten Gesetzeslage in der Bundesrepublik Deutschland seit September 2009 war eine Neukonzeption noetig geworden.

Das Dokument wurde gemeinsam von der Deutschen Bischofkonferenz (DBK) und vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Zusammenarbeit mit zahlreichen Mitglieds- und Gastkirchen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) erarbeitet. Es beruecksichtigt, im Gegensatz zu anderen aehnlichen Vorsorgetexten, theologisch-ethische Aspekte eines christlichen Umgangs mit dem Lebensende und erlaeutert darueber hinaus die wichtigsten juristischen Gesichtspunkte. Gegenueber dem Vorgaengerdokument enthaelt die "Christliche Patientenvorsorge" nicht nur die eigentliche Patientenverfuegung, sondern auch drei weitere Moeglichkeiten der selbstbestimmten Vorsorge: Die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfuegung und die Aeusserung von Behandlungswuenschen.

Bei der Vorstellung der Papiere betonte der Vorsitzende der DBK, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, in einer gemeinsamen Presseaussendung, es sei "sinnvoll und ethisch verantwortlich", Vorsorgeverfuegungen zu treffen. Die Beschaeftigung mit der eigenen Sterblichkeit "in gesunden Tagen" sei eine Chance, die man nutzen solle. Hierbei soll das Papier Hilfestellung bieten und auf Fragen und Probleme am Lebensende Orientierung und Antworten von den Kirchen geben. Zollitsch stellte dabei die Dimension der Verantwortung heraus. Selbstbestimmung erfolge nicht "unabhaengig von der eigenen Leiblichkeit und auch nicht unabhaengig von der mitmenschlichen und sozialen Einbindung, in der man steht. Der Selbstbestimmung, und damit der Verantwortung fuer sich selbst, ist die Verantwortung zur Seite gestellt, die Dritte - auch der Staat - fuer einen Patienten tragen oder uebernehmen koennen." Die Christliche Patientenvorsorge solle einen Weg aufzeigen, "wie Menschen an ihrem Lebensende ihren Vorstellungen Geltung verschaffen und zugleich eine nicht verantwortbare Lebensverkuerzung vermieden wird". Es brauche aber auch Menschen, die andere "gerade am Lebensende fuersorglich begleiten und so einen wichtigen Beitrag zu einem menschenwuerdigen Sterben leisten", so Zollitsch. Explizit sprach er sich gegen die aerztliche Beihilfe zur Selbsttoetung und aktive Sterbehilfe aus.

Weiter Rahmen fuer Vorsorgeregelungen

Bei seiner Einfuehrung in das Formular der neuen Patientenvorsorge wies der stellvertretende Vorsitzende der EKD, Landesbischof Jochen Bohl, darauf hin, dass das neue Patientenverfuegungsgesetz einen "sehr weiten Rahmen" vorgebe, innerhalb dessen man Vorsorgeregelungen treffen koenne. Auf jeden Fall gelte aber, dass die Vorsorgeregelung "im Ernstfall" nur beachtet werden koenne, wenn sich anstelle des oder der Betroffenen jemand fuer ihn oder sie einsetze. Deswegen laute die erste und wichtigste Frage in Sachen Patientenvorsorge: "Wer soll an meiner Stelle entscheiden, wenn ich es nicht mehr selbst kann?" Weiter machte Bohl auf einen zweiten wichtigen Aspekt des neuen Formulars aufmerksam, naemlich auf die Moeglichkeit, entweder selbst vorher festzulegen, wie sich die aerztliche Behandlung im Ernstfall gestalten solle oder aber dies der Vertrauensperson anheimzustellen.

Die "Bestimmungen fuer meine kuenftige medizinische Behandlung" truegen dem neuen Gesetz Rechnung, das verlange, dass aerztliche Massnahmen und Situationen so genau beschrieben werden, dass sich daraus ein "vorweggenommenes Ja oder Nein" zu einer bestimmten aerztlichen Massnahme entnehmen lasse. Aus diesem Grunde seien im neuen Formular die Bestimmungen ueber die aerztliche Behandlung wesentlich genauer gefasst als in der alten Patientenverfuegung, so Bohl. Das neue Formular zeichne sich gegenueber dem alten dadurch aus, dass es "zum einen die Vertrauensperson und damit die Vorsorgevollmacht deutlich in den Vordergrund" stelle und "zum anderen die Bestimmungen ueber die aerztliche Behandlung wesentlich genauer" fasse.

Aerztliche Beratung als Ergaenzung

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, der braunschweigische Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber, empfahl ergaenzend eine aerztliche Beratung, auch wenn das Gesetz dies nicht vorschreibe. Denn Patientenverfuegungen und Behandlungswuensche koennten nur umgesetzt werden, wenn sie so konkret verfasst seien, dass sie auf die spaeter moeglicherweise eintretende Situation zutreffen. Eine fachkundige aerztliche Beratung koenne hier helfen, "Klarheit zu schaffen" und so "Widersprueche zwischen einzelnen Festlegungen" zu vermeiden, so Weber.

Abschliessend betonte der ACK-Vorsitzende, dass die Christliche Patientenvorsorge dazu beitragen wolle, "den Dialog zwischen der Aerzteschaft, dem Pflegepersonal, der Krankenhausseelsorge, den Patientinnen und Patienten sowie ihren Angehoerigen ueber die verschiedenen Moeglichkeiten der Patientenvorsorge zu intensivieren". Ausserdem wollten die Kirchen die Menschen ermutigen, sich "mit dem Sterben und den eigenen Wuenschen im Umgang mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auseinanderzusetzen und mit vertrauten Menschen darueber ins Gespraech zu kommen".

Kritik der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Prof. Dr. Wolfram Hoefling, begruesste die neue "Christlichen Patientenvorsorge", aeusserte aber auch Kritik an den Inhalten. Mit Blick auf die ethischen Ueberzeugungen der Verfasser erklaerte er in einer Pressemitteilung, es sei nicht ueberraschend, dass sich die christliche Patientenverfuegung auf zwei Bereiche konzentriert: Zum einen auf den aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbaren Sterbeprozess, zum anderen auf das Endstadium einer unheilbaren, toedlich verlaufenden Krankheit. "Auf diese Beschraenkung der Reichweite, die sich weder aus dem Patientenverfuegungsgesetz noch aus dem BGH-Sterbehilfe-Urteil des Jahres 2010 ergibt, geht das Standardformular der Kirchen nicht ein. Jedoch werden in diesem Behandlungen als Optionen angeboten, die weder im Sterbeprozess noch im Endstadium einer unheilbaren, toedlich verlaufenden Krankheit indiziert sind und daher schon heute den Tatbestand der Koerperverletzung erfuellen koennen", warnte Hoefling. Die kuenstliche Fluessigkeitszufuhr beispielsweise koenne bei Sterbenden eine Qualen verursachende Behandlung darstellen. Ihre Reduzierung sei nach palliativmedizinischen Gesichtspunkten keine Option, sondern "ein Gebot aerztlicher Begleitung."

"Fuer die in der Praxis weitaus gewichtigere Situation einer demenziellen Erkrankung werden keine ueberzeugenden Hinweise fuer eine Patientenverfuegung gegeben, die den Menschen die Moeglichkeit bietet, Behandlungen abzulehnen oder gar gewuenschte Behandlungen einzufordern. Entsprechendes gilt auch fuer die Ausfuehrungen zum so genannten Wachkoma", kritisierte er. "Ohne Not setzen sich die christlichen Kirchen dem Vorwurf aus, eine Broschuere anzubieten, die den Menschen keine wirkliche Hilfe beim Erstellen ihrer Vorsorgedokumente ist und die in der Praxis kaum schwierige Faelle loesen wird", so Hoefling abschliessend.

Weitere Informationen:

Handreichung "Christliche Patientenvorsorge durch Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfuegung, Behandlungswuensche und Patientenverfuegung"
http://www.dbk.de/themen/christliche-patientenvorsorge/

Quelle: Pressemitteilung vom 31.01.2011
Aktion Lebensrecht fuer Alle (ALfA) e.V.
Geschaeftsstelle Augsburg:
Ottmarsgaesschen 8
D-86152 Augsburg
Telefon: 08 21 / 51 20 31
Telefax: 08 21 - 15 64 07
E-Mail: bgs@alfa-ev.de
Internet: http://www.alfa-ev.de

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Christliche Patientenverfügung ... Bewertungen

Beitrag von Service » 06.02.2011, 07:36

Christliche PV jetzt auf aktueller Gesetzesgrundlage - aber stark eingeschränkt

Fast eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Patientenverfügungs-Gesetz haben am 26. 1.2011 auch beide christlichen Kirchen ein der Gesetzeslage angepasstes Formular zu Patientenverfügung in einer neuen Broschüre präsentiert:
http://www.ekd.de/presse/pm25_2011_chri ... sorge.html

Es wird zusammen mit einer Gesundheitsvollmacht nunmehr „Christliche Patientenvorsorge“ genannt und ersetzt die Christliche Patientenverfügung, die seit 1999 insgesamt 2,9 Millionen Mal verteilt wurde.

Lange wurde zwischen Katholischer Bischofskonferenz und Evangelischer Kirche in Deutschland (EKD) um den Grad der Reichweitenbeschränkung gerungen, der darin vorgegeben sein sollte (wobei es natürlich Nutzer/innen bei jedem Muster überlassen bleibt, zusätzliche Situationsbeschreibungen selbst hinzuzufügen). Wegen der Reichweitenbeschränkung auf irreversibles Sterben und tödlichen Verlauf wurde der neue kirchliche Ansatz beschrieben mit dem Kommentar: „Kirchen raten zu Verzicht auf Patientenrechte“
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... echte.html

Unterschiedliche Bewertungen

Das sieht der unabhängige Jurist und Blogger Lutz Barth in einem Forumsbeitrag allerdings so:

„Die neue `Christliche Patientenverfügung´ … verdient in einem säkularen Verfassungsstaat in erster Linie Respekt und eine Bewertung des Dokuments wird sich in erster Linie daran zu orientieren haben, dass Art. 4 des Grundgesetzes zu den zentralen Grundfreiheiten in unserer Gesellschaft zählt. Insofern ist die christliche Patientenverfügung Ausdruck tiefster christlicher Überzeugungen und genau dies macht den beachtlichen Unterschied im Vergleich zu anderen Einstellungen und damit Patientenverfügungs-Vorlagen aus.“

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Hospiz Stiftung, Prof. Dr. Wolfram Höfling, sieht demgegenüber keinen Nutzen in einem Vordruck, der keine wirkliche Hilfe darstellt:

"… Auf diese Beschränkung der Reichweite, die sich weder aus dem Patientenverfügungsgesetz noch aus dem BGH-Sterbehilfe-Urteil des Jahres 2010 ergibt, geht das Standardformular der Kirchen nicht ein. Jedoch werden in diesem Behandlungen als Optionen angeboten, die weder im Sterbeprozess noch im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit indiziert sind und daher schon heute den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen können. … Ohne Not setzen sich die christlichen Kirchen dem Vorwurf aus, eine Broschüre anzubieten, die den Menschen keine wirkliche Hilfe beim Erstellen ihrer Vorsorgedokumente ist ….“

Quelle: viewtopic.php?t=15397

Enttäuscht zeigen sich insbesondere wohl christlich orientierte Kreise, die sich mehr erwartet hatten. In der WELT AM SONNTAG hieß es:

„Allerdings ist in dem neuen Dokument auch deutlich die Wertvorstellung vor allem der katholischen Kirche enthalten. Schon vor zwei Jahren unterstrich die Deutsche Bischofskonferenz, dass sich aus ihrer Sicht Patienten im Wachkoma oder mit schwerster Demenz nicht in der Sterbephase befinden. In der nun vorgestellten Version rät deshalb die katholische Kirche „dringend“ davon ab, das Sterben im Wachkoma zuzulassen.

Auch aus Sicht der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospizstiftung sind die Handlungsempfehlungen der Kirchen `unzureichend, um schwierige Fälle zu lösen. Gerade für schwer Demenzkranke, die künstlich ernährt würden, fehlen klare Anweisungen in der Broschüre, so die Organisation.´"

... Bei der Überprüfung von Patientenverfügungen auf Wunsch von Bewohnerinnen einer Berliner Seniorenresidenz zeigte sich die Bundesbeauftragte des Humanistischen Verbandes, Gita Neumann, "bestürzt". Denn bei den Gesprächen mit den Seniorinnen und ihren vorgezeigten Patientenverfügungs-Inhalten „klafften Wunsch und Wirklichkeit deutlich auseinander. `Alle Bewohner haben mir gesagt, dass sie das Heim nicht verlassen wollen und auf künstliche Ernährung verzichten´, berichtet Neumann. `Aber viele haben eine Patientenverfügung, die das genaue Gegenteil besagt.`Teilweise willigten die Senioren sogar unwissend in medizinische Versuche ein....“

Quelle: Printausgabe der WELT AM SONNTAG, Selbstbestimmt bis zum Schluss, vom 29.1.2011
http://www.welt.de/print/wams/finanzen/ ... hluss.html

Quelle: Mitteilung vom 05.02.2011
http://www.patientenverfuegung.de

Lutz Barth
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Christliche Patientenverfügung in der Diskussion

Beitrag von Lutz Barth » 07.02.2011, 19:57

Sterbebegleitung
Warum die Kritik an der neuen Christlichen Patientenvorsorge unberechtigt ist

Quelle: Welt online v. 01.02.11 >>> http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... -ist.html# <<<


Vgl. im Übrigen kritisch zur katholischen und evangelischen Ethik, einschließlich der Tendenz zur „Re-Dogmatisierung“ kirchenspezifischer Zentraldogmen

Hartmut Kreß
Katholische und evangelische Ethik im Nebeneinander – fördernd oder hemmend für den Ethikdiskurs
in MD, Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, 03/2008, S. 59 ff.; online zugänglich unter >>> http://www.sozialethik.uni-bonn.de/kres ... m_2008.pdf <<< (pdf.)


ders., Dogmatisierung ethischer Fragen
in MD, Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, 01/2010, S. 3 ff.; online zugänglich unter >>> http://www.sozialethik.uni-bonn.de/kres ... i_2010.pdf <<< (pdf.)
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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